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Lars von Triers neuester Film „Nymph()maniac“ erscheint nicht nur in zwei Teilen, sondern auch in einer ungekürzten und gekürzten („zensierten“) Version. Was wir davon im Allgemeinen und vom Film im Besonderen halten, folgt in unserem zweigeteilten Dialog.

PD: Ich fand die Zweiteilung von „Nymph()maniac“ irritierend und unharmonisch.

YP: Das haben wir den Verleihern und Kinobetreibern zu verdanken. Lars von Triers Idee ist es nicht, ganz im Gegenteil. Aber ehrlich gesagt, ich hoffe doch, den Film in einer Version als Ganzes bald zu sehen zu bekommen. In der ungekürzten, nicht zweigeteilten Version. Der Regisseur ist immer der Autor des Werkes und ich finde es ganz wichtig, Filme so zu sehen zu bekommen, wie vom Regisseur beabsichtigt. Und nicht unter Berücksichtigung der geldbringenden Methoden von Verleihern et cetera.

PD: Regisseure, die mit Verleihern und Produzenten um die letztgültige Schnittfassung zu raufen haben, das ist ja ein geradezu unerschöpfliches Thema. Bei von Triers neuestem Werk sehe ich einfach in der Zukunft Filmvorführungen und DVD-Sichtungen in einem Stück. Die aus kommerziellen Gründen herbei geführte Trennung in zwei Filme wird so einfach wegfallen. Ich musste da auch an den von uns besprochenen „Cleopatra“ zurückdenken, der aus kommerziellen Gründen eben nicht (wie vom Regisseur gewollt) in zwei Filmen gezeigt wurde. Wie sich doch die Zeiten ändern.

YP: Das ist ein guter Vergleich! Woanders funktioniert das auch. Vor ein paar Monaten haben wir beide doch „Hamlet“ im Burgtheater gesehen. Dabei handelt es sich um ein Stück, das 5 Stunden dauert (ohne Aufpreis an der Kassa). 5 Stunden sind ein harter Brocken, aber definitiv machbar. Wieso kann sowas dem Kinopublikum nicht zugetraut werden, aber dem Opern- und Theaterpublikum schon?

PD: Zugemutet kann es wohl schon werden, ansonsten hätten wir keine beinahe drei Stunden langen Blockbuster á la „Der Hobbit“, aber bei einem Film wie „Nymphomaniac“ will man als Produzent einfach so viele Menschen wie möglich ins Kino locken. Der einmal gedrehte Film soll so zwei Mal verwertet werden. Aus finanzieller Sicht natürlich nachvollziehbar.

Mir erschien die Trennung hier in Vol. 1 und Vol. 2 aber viel unnatürlicher als etwa bei „Kill Bill“. Tarantino hat die beiden Filme wie zwei separate Filme angelegt, während es bei „Nymph()maniac“ offensichtlich ist, dass da einfach mal in der Mitte der Film auseinander geschnitten wurde.

YP: Die Trennung hatte etwas Komisches an sich. Am Ende des ersten Teils kommt dann die Vorschau für Teil 2, das hatte einen leichten Fernsehserien-Beigeschmack. Wobei ich zwischen Version 1 und 2 fünf Tage vergehen ließ. Du hast es im Double Feature gesehen. Deine Art der Sichtung kommt dem vom Regisseur Angedachten schon näher, wobei offensichtlich die Teilung nichtsdestotrotz befremdlich wirkt.

Diese Teilung mal beiseite lassend, was hältst du von der Zensur der Hardcore-Szenen? Anfangs war ich skeptisch, aber schließlich reichte mein Vorstellungsvermögen doch aus. Ich empfinde es nicht als Versäumnis, nicht die Porno-Szenen gesehen zu haben. Wobei es wieder nicht dasselbe ist. Wenn der Regisseur etwas zeigen will, dann kann ich schon vorher entscheiden, ob ich das sehen will oder nicht. Ich bin alt genug, ich will nicht, dass das jemand für mich bestimmt, was mir zugemutet werden kann und was nicht.

PD: Ich glaube, dass die Hardcoreszenen gar nicht so viel ausmachen würden bzw. werden. Schließlich soll der etwa fünfeinhalb Stunden Director’s Cut auch gebracht werden. Das wären 90 Minuten zusätzlich zur bereits existierenden Fassung. Mir scheint, dass da einige Charaktere, die in der offiziellen Fassung nur angeschnitten werden, noch viel weiter vertieft würden. Ob man noch weitere Hardcore-Szenen braucht…wenn von Trier der Meinung ist, dass davon die Geschichte profitiert, bitteschön. Mir gefällt aber die Fassung mit weniger Hardcore, wie sie aktuell zu sehen ist.

YP: Ich will das nicht behaupten, da ich einfach gerne beide sehen würde, bevor ich den Vergleich machen kann.

PD: Deshalb ja auch „Mir scheint…“. Es ist so eine Ahnung.

YP: Um jetzt auf den Film einzugehen, und vom ganzen Drumherum wegzukommen. Ich war gefesselt vom Film. Und ich habe sehr sehr wenig daran auszusetzen. Ich muss auch dazusagen, dass mich Volume 1 nicht mehr losgelassen hat. Warum das so ist, kann ich nicht sagen. Womöglich hängt das auch mit dieser künstlichen Trennung zusammen. Wobei die Geschichten, die uns Joe in Volume 2 erzählt, die nähergehenden sind.

PD: Volume 1 hat auch den Vorteil nicht das unsagbar blöde Ende von Volume 2 mit sich tragen zu müssen. Im Gesamtpaket betrachtet, macht das natürlich keinen Unterschied, aber wenn man die Filme getrennt sieht, ist das schon nicht unwichtig.

Wenn man die betont-provokante Werbung mal hinter sich gelassen hat, dann sah man vor allem ein gut gespieltes Dialogduell zwischen Stellan Skarsgard als Seligman und Charlotte Gainsbourg als Joe. Wie sich die beiden in der Erzählung ergänzen, unterbrechen und auf wenig plausible Stellen aufmerksam machen bzw. erläutern, hat sehr viel Spaß gemacht.

Die stärksten Passagen waren aber für mich der grandiose Auftritt von Uma Thurman als betrogene Mrs. H und Jamie Bell als K.

Eigenartigerweise, war „Nymph()maniac“ auch eine bessere Gaunergeschichte als „American Hustle“.

YP: Beide – sowohl Bell als auch Thurman – haben mich in diesen Rollen und als Schauspieler überrascht, darum fand ich die Leistung dann umso besser. Es ist auch so spannend, wie sich die Geschichte – Joes Lebensgeschichte – entfaltet. Die Hinweise in Seligmans Zimmer, die ihr immer wieder helfen, die Erzählung fortzuführen. Stellan Skarsgard und Charlotte Gainsbourg spielen das auch mit einer Leichtigkeit und Vertrautheit, es tut dem Film sehr gut, dass sie sich bereits kennen und bereits in „Melancholia“ gemeinsam mitgewirkt haben.