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A Song of Ice and Fire, d. b. weiss, david benioff, Game of Thrones, george r. r. martin, peter dinklage
Politische Intrigenspiele. Familiäre Interessenskonflikte. Inzestöse Liebesbekundungen. Kreuzzüge. Eisige Untote und feuerspeiende Drachen. Gezeigt in einem Fantasy-Mittelalter-Szenario mit einer Messerspitze Erotik und einer Handvoll Gewalt. Das alles und viel mehr ist die Kultserie Game of Thrones. Bevor HBO die 4. Staffel der Erfolgsserie ausstrahlt, nehmen wir einen Dialog über die 3. Staffel zum Anlass, uns ein wenig darüber auszutauschen.
Im folgenden Dialog verstecken sich MEGA-SPOILER.
YP: Du hast es bestimmt schon gelesen, aber die Figur des Daario Naharis wird von einem anderen Schauspieler gespielt. Dieser Cast-Wechsel irritiert mich, denn ich mag solche Änderungen inmitten von Staffeln nicht. Insbesondere weil ich mich an den Schauspieler Ed Skrein gewöhnt habe.
PD: Tja, jetzt hast du mich kalt erwischt, denn von dieser Umbesetzung hatte ich bis zu eben jenem Augenblick nur sehr wenig mitbekommen. Der Charakter hatte einen starken Einstieg gegen Ende der Staffel, aber er ist mir auch nicht so sehr ans Herz gewachsen, als dass ich schockiert über die Neubesetzung wäre. Es ist nicht so dramatisch wie etwa eine Neubesetzung von Tyrion Lannister oder Sansa Stark. Es lässt mich überraschend kalt.
YP: Daario Naharis wird in den kommenden Staffeln – was den Romanen zu entnehmen ist – eine größere Rolle zu spielen haben. Mir ist der Charakter ans Herz gewachsen, muss ich sagen. Auch aus augenscheinlichen Gründen. Aber hauptsächlich deswegen, weil ich mich über eine Staffel lang an ihn gewöhnt habe.
PD: Bei den Romanen bin ich in etwa an derselben Stelle wie die Serie angelangt, beim Ende der ersten Hälfte des dritten Bandes. Mir gefiel die Dynamik zwischen Danaerys und Daario und wie damit auch schon entsprechende Verwicklungen für die kommenden Episoden angedeutet wurden. Dennoch kann ich mit einer Neubesetzung leben. Es ist zwar logistisch sehr schade, aber es trifft mich nicht.
YP: Gibt es eine Szene, die dir aus Staffel 3 besonders in Erinnerung geblieben ist?
PD: Da bin ich dann wohl ein Anhänger der Mehrheitsmeinung: die Ereignisse bei der Hochzeit und das damit verbundene Schicksal von Robb und Catelyn Stark. Das war ein dramatischer Höhepunkt der Staffel, auf den sehr exakt hingearbeitet wurde und der, obwohl man ja erahnt was passieren wird, einen überrascht und auch ein wenig schockiert.
Wie ist es bei dir? Hast du einen einprägsamen Moment in dieser Staffel?
YP: Ich habe die Starks schon abgeschrieben, als Ned Starks enthauptet wurde und mich auf andere Charaktere konzentriert. Was nicht heißen soll, dass mir die 9. Folge der 3. Staffel egal ist, ich habe mich emotional ausgeklinkt. Wenn das zu verstehen ist. Eine der stärksten Szenen war für mich auch, als Jaime seine Hand verliert. Wenn wir schon dabei sind, die Reise von Brienne und Jaime und die damit verbundenen Ereignisse, das ist wirklich eine Glanzleistung der Macher. Was für eine toll inszenierte Beziehung.
Theon und sein Schicksal sind nicht leicht zu schlucken, aber das ist im Vergleich zu den Ereignissen rund um die berüchtigte Red Wedding nichts Weltbewegendens. Was mir nicht einleuchtet, ist, warum Talisa sterben lassen. Jeyne Westerling (Robbs Frau in den Romanen) war gar nicht bei der Red Wedding anwesend. Das ist so typisch brutal. Mir kommt vor, die Serie ist manchmal brutaler als die Vorlage von Martin.
PD: Die Starks abgeschrieben. Wie böse. Nach den letzten Ereignissen erscheint das aber auch verständlich. Mir gefällt, dass die sich ständig wandelnden Machtverhältnisse sehr wohl auch auf sympathische (Haupt-)Charaktere zurückfallen und ein böses Ende nehmen können. Insofern war ich schon ein wenig überrascht von der Red Wedding.
Die Beziehung zwischen Jaime und Brienne ist eine der schön entwickelten Beziehungen in dieser Staffel. Denn ansonsten ist es ein wildes Hin und Her der Charaktere und wenn man Paardynamik beobachten kann, dann erlahmt sie wie bei Jon Snow und Ygritte sehr bald. Mitunter die schwächsten Dialoge und Szenen kommen beim letztgenannten Paar vor.
Im Vergleich zum Buch scheint die Gewalt drastischer zu sein, dafür ist aber die Sexualität in einem merkwürdigen Ungleichgewicht. In den Büchern hat Martin sehr explizite Szenen eingebaut, während in der Serie einerseits diese Szenen natürlich abgeschwächt wurden, andererseits aber wieder ein Hauptaugenmerk auf die nackten Frauen gelegt wird. Kaum eine Frau ist nicht „Full Frontal“ zu sehen, während Männer im drastischsten Fall mit einem entblößten Hinterteil zu sehen sind.
YP: Was mich wirklich gestört hat – im Vergleich Buch und Serie und in Bezug auf die Gewalt – hat sich schon in der ersten Staffel abgezeichnet: Die Beziehung zwischen Danaerys und Khal Drogo. In keinster Weise haben sich die Ereignisse in der Hochzeitsnacht, so wie sie in der Serie dargestellt werden, so im ersten Buch abgespielt. Daran ist auch gut zu erkennen, wo die Serienmacher hinwollen. Den gewalttechnischen Höhepunkt haben sie wohl bei der Red Wedding erreicht.
PD: Da ich beim Buch noch nicht „voraus“ gelesen habe, warte ich ab, was in Zukunft noch passiert. Die Red Wedding war zumindest ein vorläufiger Höhepunkt. Was ich aber bislang so erfahren habe (vor allem von anderen Lesern der Bücher), ist dass die Red Wedding auch im Buch ein Gewalt-Höhepunkt ist. Es erscheint nur passend, dies in der Adaption entsprechend aufzuarbeiten.
Im Vergleich zur zweiten Staffel, hat aber die dritte Staffel einen viel intensiveren Handlungsbogen und mehr Momente, die in Erinnerung bleiben.
YP: Das kommt auch auf die Figuren an, die gezeigt werden. Danaerys Weg wird erst zum Schluss der Staffel spannender, davor dümpelt sie vor sich dahin. Die interessanteren Sachen spielen sich auf Westeros ab, das ist klar, und dann noch einmal nördlich der Wall.
PD: Wenn ich so an die zweite Staffel zurück denke, dann ist mir auch nur Tyrion in Erinnerung geblieben. Sein Werken als Hand des Königs, seine Beziehung zu Shae. Das hat Eindruck hinterlassen, aber von einem Handlungsstandpunkt aus, ist da nicht viel an das ich mich zurückerinnere.
YP: Tyrion Lannister ist mir in der 2. Staffel sehr ans Herz gewachsen, demnach kann ich auch mit ihm am meisten anfangen. Die Blackwaterbay-Battle-Folge war ein Höhepunkt der gesamten drei Staffeln.
PD: Das empfand ich wieder gar nicht als so spannend. Die sehr drastischen Gespräche die Cersei mit Sansa während der Schlacht führte, habe ich noch in Erinnerung. Es war aber, eine groß angelegte Episode rund um eine groß angelegte Schlacht. Irgendwie nichts, was mich nachhaltig beeindruckte.
YP: Ganz im Gegenteil bei mir, das hatte Spielfilmqualität. Nach wie vor eine meiner liebsten Folgen, wenn nicht meine Lieblingsfolge der gesamten Serie.
Diese eine Szene, die mir in Staffel 3 besonders gut in Erinnerung geblieben ist, ist die Zusammenkunft im Kabinett der Hand des Königs. Darin sind die Machtverhältnisse so wunderbar zu sehen.
PD: Spielfilmqualität hat die gesamte Serie, aber wenn ich mich festlegen müsste, dann würde ich die erste Staffel immer noch vorziehen. Seitdem gab es einige interessante Entwicklungen, aber ich warte darauf richtig „umgehauen“ zu werden.
YP: Diese Szene nenne ich „Game of Chairs“. Wortlos, aussagekräftig, genial! Eine der besten Szenen imho.
PD: Die ist wirklich toll. Peter Dinklage sieht man auch den Spaß an der Rolle an. Mir gefällt auch eine Szene, in der Tywin als Hand des Königs, seinen Enkel und König einfach hinaus wirft. Wie Tyrion am Ende dann auch anmerkt: „You’ve sent the most powerful man of Westeros to bed without a supper.“
Der von Charles Dance verkörptere Tywin Lannister ist auch eine sehr eindrucksvolle Figur, so wie er von Dance gespielt wird. In den Büchern hat er auch eine imposante Aura, aber in der Serie wird ihm noch mehr Platz eingeräumt.
YP: Dinklage spielt Tyrion so pointiert und so ausgesprochen gut. Apropos Charles Dance, die erste Szene mit ihm ist doch die, wo er da in seinem Zelt auf dem Schlachtfeld einen Hirschen … zerlegt. Was für eine Einführung einer Nebenfigur. Bedenkt man dann auch noch, welches Haus den Hirschen im Wappen hat.
PD: Die Szene in der Tywin den Hirschen zerlegt, war sehr Symbolträchtig. Passend zum ganzen Stil der Serie, die mit Andeutungen und Symbolen arbeitet. Man muss oft zwei Mal hinsehen beziehungsweise eine Episode noch einmal ansehen, um die Andeutungen genau zu erkennen.
YP: Zwei mal hinhören muss ich deswegen auch, weil ich beim ersten Mal nicht alles einwandfrei verstehe. Welchen Charakter kannst du am wenigsten ausstehen? Bei mir ist das wahrscheinlich Lord Petyr Baelish, bzw. Littlefinger.
PD: Wenn es um Sympathiefragen geht, dann ist das eindeutig Joffrey. In ihm steckt nicht ein Quäntchen Güte oder Mitleid. Er tötet ja auch zum Spaß mit der Armbrust Ros, die ihm zwar vom nicht minder ekelhaften Littlefinger zugeführt wurde, aber ermordet wurde sie immer noch von Joffrey.
Wenn es aber um die Qualität des Schauspiels geht, dann kann ich mit Jon Snow immer weniger anfangen. Je länger die Serie läuft, desto weniger interessiert mich sein Schicksal. Sein Dilemma ist immer nur von außen zugetragen, niemals durch sein Spiel ersichtlich.
YP: Meine anfängliche Begeisterung mit Jon Snow nimmt stetig, aber sicher ab. Nicht, weil ich seine Schauspielqualitäten nicht gut finde, er spielt ja diesen stoischen Charakter, sondern weil mich seine Figur immer weniger interessiert. Joffrey ist aber so ein Ereignis und ich finde, dass er sehr gut gespielt wird. Daher kann ich Joffrey auch nicht hassen, auch wenn ich ihn abgrundtief hasse. Mir sind aber so viele Nebenfiguren so dermaßen ans Herz gewachsen: Stannis, Davos, Lord Varys, Sandor Clegane als The Hound.
PD: In den Büchern hat Jons Charakter aber sehr wohl diese ganzen Abgründe, mit denen er umgehen muss. Bei Kit Harrington sehe ich nur ein hübsches Gesicht, ohne jegliche darstellerische Tiefe. Er spielt stoisch, ohne auch nur erahnen zu lassen, dass in ihm viele Zweifel toben. Die gesamte Beziehung mit Ygritte etwa, gehört zu den schwächsten Passagen der Serie.
Lord Varys ist ein toller Charakter. Bei den Dialogen zwischen Varys und Littlefinger musste ich merkwürdigerweise immer an Odo und Quark aus „Star Trek Deep Space Nine“ denken. Sie können sich nicht ausstehen, aber tief drinnen, mögen und brauchen sie sich doch.
YP: Und natürlich Sam Tarley. Ach, Sam ist einfach unentbehrlich geworden.
PD: Ein Charakter mit dem Namen Sam in einer Fantasy-Geschichte. Der muss offenbar herzig und tapsig sein…so wie in „Herr der Ringe“.
Was mir bislang negativ auffiel war, dass die Episoden, zu denen George R.R. Martin die Drehbücher selber schrieb, oft die schwächsten waren. „The Bear and the Maiden Fair“ in Staffel 3 etwa.
YP: Nein, finde ich nicht. Da die Blackwater-Bay-Battle-Folge für mich eine der besten ist.
PD: Das war groß angelegtes Action-Kino. Für eine TV-Serie schon imposant, aber da sehe ich das Lob dann eher nicht beim Autoren.
YP: Doch, weil alleine schon wie sich die Ereignisse verdichten, die Gespräche zwischen Sansa und Cersei, das kam von Martin. Die Action finde ich nicht so relevant. Mir ging es in dieser Folge eher darum, wie sie angelegt war. War (fast) genauso zu sehen wie zu lesen, demnach für mich geglückt.
PD: Die Gespräche zwischen Cersei und Sansa haben mir auch gut gefallen.
YP: In „The Bear and the Maiden Fair“, so wie es in der Serie dargestellt wird, ist Jaime viel entschlossener. Im Buch ist er dann doch hin- und hergerissen, ob er Brienne zurücklassen soll oder nicht. Ach, vergleichen muss man das nicht immer.
PD: Wenn man „Game of Thrones“ mit dem nicht minder gehypten „The Walking Dead“ vergleicht, dann hoffe ich, dass die Fantasy-Serie sich besser entwickelt denn die Horror-Serie. „The Walking Dead“ hatte eine unglaublich intensive dritte Staffel und ist jetzt in langweiligen, banalen Untiefen angelagt. Da ich bei den Büchern noch nicht so weit bin, hoffe ich, dass „Game of Thrones“ nicht auch dieser Qualitätsabfall ereilt.
Nebenbei noch angemerkt: Die Besetzung von Thomas Brodie-Sangster (der kleine Bub aus „Love … Actually“) als Jojen Reed hätte besser nicht sein können.
YP: Darauf wollte ich auch gerade eingehen. Ich hoffe nicht, dass sich die Macher der Serie (David Benioff, D. B. Weiss) in Superlativen verlieren. In der kommenden vierten Staffel soll es jetzt mehr darum gehen, die Kurve zu kriegen. Die 2. Hälfte des 3. Romans und der 4. Roman gehen dann wieder in eine ganz ganz andere Richtung. Darauf müssen sie sich jetzt konzentrieren. Zudem wird Danaerys immer prominenter in Westeros. Und dann haben wir dann noch die Drachen, die nun groß und stark scheinen. Immerhin sind die Drachen der Grund, warum ich Game of Thrones schaue.
PD: Superlative sind ja kaum ausgeschlossen. Vom Norden droht die, nennen wir es untote Gefahr. Dann ist da noch Danaerys, die noch keiner in King’s Landing wirklich ernst nimmt und die Rolle von Stannis ist auch nicht zu vergessen. Ich hoffe nur, dass das unausweichliche Finale, einen schön ausgearbeiteten Handlungsbogen haben wird.
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