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2012 präsentierte Rodney Ascher seinen Dokumentarfilm „Room 237“ auf der Viennale. Aufmerksamkeit erlangte der Film insbesondere deswegen, weil er sich mit der Bildsymbolik (und den Verschwörungstheorien) von Stanley Kubricks „The Shining“ befasst. Auf der diesjährigen Viennale präsentiert Ascher seinen neuen Film „The Nightmare“, wo er acht Personen vor die Kamera zum Gespräch bittet, die an Schlafparalyse leiden.

PD: „The Nightmare“ ist einer jener Filme, die ich ohne die Viennale wohl kaum entdeckt hätte. Und das obwohl mit Rodney Ascher ein halbwegs bekannter Regisseur die Regie inne hatte.

YP: Vor einigen Jahren haben ich auch im Rahmen der Viennale „Room 237“ gesehen. Aber da auch eher durch Zufall, da ich mir im selben Jahr „The Shining“ angesehen hatte. Eines führte zum anderen und ich fand mich in der Vorstellung von „Room 237“ wieder. Der Film war in seiner Machart als Dokumentarfilm sehr amüsant und gerade deswegen interessiert mich Aschers neueste Dokumentation, auch wenn mir die Thematik ziemlich fremd ist.

PD: „Room 237“ fand ich stellenweise amüsant, aber es hatte eher die Machart eines überlangen YouTube-Verschwörungsclips. Die schiere Menge an Diskutanten und „Experten“ machten daraus einen relativ kurzweiligen Trip in diese Gedankenwelten.

„The Nightmare“ hat mich eher von der Thematik gepackt, denn Ascher gegenüber bin ich nun skeptisch geworden. Ehrlich gesagt hat er mich auch mit dieser Mischung aus Thriller und Dokumentation, in welcher er die Albträume der Betroffenen darstellt, nicht überzeugen können. „Room 237“ ging vor Experten regelrecht über, während „The Nightmare“ stur aus der Sicht der Betroffenen erzählt wird und sich dadurch jeder tiefer gehenden Auseinandersetzung verschließt.

YP: „Room 237“ funktioniert aber dann für das Publikum am besten, wenn man ihn nicht allzu ernst nimmt. Wohingegen sich „The Nightmare“ viel zu ernst nimmt. Das fand ich auf die Dauer ermüdend, denn gerade zu diesem Thema finde ich eine Mischung aus Betroffenenmeinungen und Expertenmeinungen interessanter – fast notwendig. Wie er das im Film aufgezogen hat, verfliegt die Magie recht schnell, bereits nach 30 Minuten. Allerdings muss ich anmerken, dass ich eben diese erste halbe Stunde auch unheimlich finde. Mich hat das sofort dazu animiert, mich in das Thema einzulesen. In dieser Hinsicht teile ich deine Meinung. Ascher schreckte vor allem zu Beginn nicht vor Effekthascherei in der Darstellung zurück.

PD: Bei „Room 237“ kommt hinzu, dass man ohne die Kenntnis von Stanley Kubricks „The Shining“ wohl auch kaum den Spaß hat, sich über all diese Theorien zu amüsieren oder darin zu versinken. Mich störte weniger der ernsthafte Zugang zur Thematik bei „The Nightmare“, denn ich glaube schon, dass den Betroffenen dies das Leben schwer macht. Allerdings haben ihre Erlebnisse und wie sie Ascher in nachgestellten Sequenzen inszeniert, sehr bald den Punkt erreicht, an dem man einen Rhythmuswechsel benötigen würde.

Dieselben Menschen immer wieder verschiedene Träume und Paralysezustände erzählen zu sehen und zu hören, hat sehr bald einen langweilig eintönigen Charakter. Was die Thematik ganz und gar nicht verdient. Hier hätte ich mir von Ascher einige wissenschaftliche Bezugspunkte gewünscht. Stattdessen benutzt er die Träume, um einen Quasi-Thriller zu drehen.

Hier muss ich auch eine Kritik an der Viennale los werden. Das ist ein Film, der schlicht nicht auf dem Festival hätte laufen müssen. Bei der Unmenge an Filmen, die dort jedes Jahr gezeigt werden, ist es natürlich unmöglich stets gute Filme zu zeigen. „The Nightmare“ scheitert aber auf halbem Weg. Da könnte man gerne den Spielplan entschlacken.

YP: Du sprichst dich also für mehr Qualität statt bestehende Quantität aus, da werde ich dir natürlich nicht widersprechen. Bei mir ist es mit der Viennale immer so, dass ich mich auf ein halbes bis ein ganzes Dutzend Filme freue und wenn ich ein bis zwei Perlen entdecke, bin ich froh und betrachte es als Errungenschaft. Trotzdem gefällt mir der Festivalflair, ich gehe gerne hin, wobei ich nicht empfänglich bin für den Hype, der jedes Jahr mitschwingt. (Ich habe auch etliche Taschen zu vergeben). Akkreditiert bin ich auch heuer wieder, aber Job und Freizeit erschweren mir den täglichen Besuch. Besonders gefreut habe ich mich auf „Carol“ und zu dem bin ich peinlicherweise zu spät gekommen, dann keine Karte mehr bekommen. Aber der hat ohnehin einen Starttermin und ich hoffe, dass er breit von uns an dieser Stelle besprochen wird.

PD: Da ich keine Akkreditierung habe, versuche ich Filme auszuwählen, die ich wohl ohne die Viennale nur schwer oder gar nicht zu sehen bekomme. Das trifft dann meist auf Dokumentationen zu. „The Nightmare“ zählt kurioserweise nicht dazu, da diese bereits seit einigen Tagen auf Netflix zur Verfügung steht. Filme wie „Irrational Man“ von Woody Allen, „Mia Madre“ von Nanni Moretti oder „The End of the Tour“ von James Ponsoldt sind womöglich gut um die Kassen zu füllen, aber da die Viennale ohnehin auf ihr eingeschworenes Publikum setzen kann, dass sogar dafür sorgt, dass Kurzfilmvorstellungen ausverkauft sind, wären diese Filme im Programm gar nicht nötig. Immerhin ist die Viennale kein kompetitives Festival und lebt von der Zwanglosigkeit. Diese Zwanglosigkeit steht aber in einem krassen Gegensatz zum ausufernden Programm, welches es fast unmöglich macht, auch nur im Ansatz die Filme zu sichten, die man sehen will.

Zu meiner Freude konnte ich zumindest die neue Arbeit von Peter Tscherkassky – „The Exquisite Corpus“ – auf der großen Leinwand zu sehen bekommen. Dass der heimische Film schon auch sein Rampenlicht erhält, dafür bin ich dann doch ein klein wenig dankbar.

YP: Ich konzentriere mich dieses Jahr besonders auf die Filme der Schauspielerin, Regisseurin und Produzentin Ida Lupino. Bisher habe ich „Outrage“ gesehen und einige ihrer Filme stehen im Laufe des Wochenendes noch an. Dann bin ich froh, dass ich den Film „Nefesim kesilene Kadar“ von der jungen türkischen Filmemacherin Emine Emel Balci sehen konnte. In beiden Filmen geht es um weibliche Coming-of-Age-Geschichten. Ein Genre, welches vom Publikum leider nicht so viel Beachtung geschenkt wurde, nichtsdestotrotz sehr ausdrucksstark ist. Wenn ich Filme wie „Nefesim“ sehe, dann bin ich über das abwechslungsreiche Viennale-Programm froh. Wenn es mal danebengeht, dann hält sich die Freude in Grenzen. Aber mir passiert das nicht allzu oft, da ich mir kaum Filme ansehe, ohne vorher Kritiken gelesen zu haben. Da habe ich während meiner ersten Festivals vor zehn Jahren diese Erfahrung zu häufig gemacht.

PD: Gerade die Kritiken versuche ich zu meiden, um rein vom Festivaltext aufmerksam gemacht zu werden. Insofern konnte „The Nightmare“ darin überzeugen, dass die Viennale genügend Aufmerksamkeit auf diese Dokumentation lenken konnte. Dass ich mit dem ausgewählten Film dann doch nicht so zufrieden war, wie erhofft, ist natürlich auch ein Gutteil Pech.

Insgesamt überwiegt aber selbstverständlich die Freude, ein Festival vor der Haustür zu haben, welches einem die Möglichkeit bietet, eine derartige Bandbreite an Werken verschiedener Filmemacherinnen zu entdecken. Auch wenn ich mir manchmal ein etwas dichteres und tiefer gehenderes Programm wünsche.