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~ Dialoge über aktuelle und weniger aktuelle Kinofilme

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Schlagwort-Archiv: Benedict Cumberbatch

National Theatre Live: Frankenstein

24 Freitag Apr 2015

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A View from the Bridge, Al Pacino, Avengers: Age of Ultron, Benedict Cumberbatch, Coriolanus, Danny Boyle, Frankenstein, Jonny Lee Miller, Mark Strong, National Theatre Live, Patrice Chereau, Salmoé, Tom Hiddlestone

Kann Theater auf der großen Leinwand funktionieren? Als 2011 das von Danny Boyle inszenierte Theaterstück „Frankenstein“ am National Theatre Premiere feierte, begann es einen ungeahnten Erfolgslauf auch über die Kinoleinwände dieser Welt. Wir unterhalten uns über Theater im Kino.

PD: Viel zu lange hat es gedauert, aber nun konnte ich endlich „Frankenstein“ in seiner Bühnenform sehen. Vor allem hat mich dieser Kinoabend vom Konzept der Spezialvorstellung für nur einen Abend überzeugt. Zuvor war ich ja recht skeptisch, ob eine Opern-, Ballett- oder Theateraufführung im Kino wirklich funktionieren kann.

YP: Abgesehen von im TV übertragenen Burgtheater-Aufführungen in Studienzeiten oder zu Studienzwecken, hatte ich bei „Frankenstein“ auch erstmals die Freude, an einer Theaterübertragung im Kino teilzunehmen, allerdings ist das bei „Frankenstein“ jetzt über ein Jahr her. Seitdem bin ich großer Fan des Formats und konnte schon die „Coriolanus“, „A View From The Bridge“ , „Swanlake“ und „Macbeth“-Aufführungen von NT Live begutachten.

Ich bin begeistert. Der Live-Aspekt bleibt trotz Kinoleinwand gewahrt. Natürlich bleibt eine gewisse Portion Theater dabei auf der Strecke, das nimmt man dann in Kauf.

PD: Die Fernsehaufzeichnungen aus Bayreuth (vor allem Patrice Chereaus „Ring des Nibelungen“ blieb mir im Gedächtnis) oder einige spezielle Übertragungen von den Salzburger Festspielen, habe ich auch noch im Kopf. Das waren aber eben meist Fernsehübertragungen.

Die in den letzten Jahren immer populärer werdenden Kino-Ereignisse, mit Übertragungen auf verschiedene Leinwände in der ganzen Welt, zeigen das Verlangen eines globalen Publikums diese Inszenierungen zu sehen. Es ist einfach nicht jedem möglich, eine Karte für ein Stück in London zu kaufen, da ist das Kino-Erlebnis ein sehr feiner Kompromiss. Auch wenn ich anfangs skeptisch war. Die Bühnenatmosphäre kann aber auch mit verschiedensten Kameraperspektiven nicht ganz übertragen werden.

YP: Da ich ohnehin gerne ins Theater gehe, neige ich immer dazu, die Live-Übertragungen mit Theaterinszenierungen zu vergleichen. Dabei fällt mir auf, dass ein Theaterbesuch fast immer atmosphärisch ein tolles Erlebnis ist, aber bei Live-Übertragungen entsteht dann schnell eine gewisse Nähe (meistens durch die Einstellung der Nahaufnahme), die es so im Theaterraum nicht und nur sehr selten gibt. Theater-Untypisch, aber nichtsdestotrotz finde ich es toll.

In „Frankenstein“ wurde auch oft in Nahaufnahme gezeigt, quasi an die Figuren herangezoomt.

PD: Darin liegt aber auch eine Schwierigkeit der Live-Übertragung. Ein Theaterschauspieler agiert auf der Bühne ja ganz anders, denn vor der Filmkamera und so ist auch die Darbietung dann eine gänzlich andere, denn wenn sie im Zuge einer Filmadaption zu sehen wäre.

Ich bin mir auch nicht sicher, ob bei einer Filmadaption, der Kreatur (ich habe Benedict Cumberbatch in dieser Rolle gesehen) so viel Raum gelassen würde, um sich von einem undefinierten Wesen hin zu einer eigenen Persönlichkeit zu entwickeln. Die Filme tendieren doch dazu, die grausamen Taten ins Zentrum zu rücken.

YP: Wir dürfen aber gerade bei „Frankenstein“ nicht vergessen, dass es von Danny Boyle, einem Filmregisseur, inszeniert wurde. Sowohl Johnny Lee Miller als auch Benedict Cumberbatch sind primär als Filmschauspieler tätg. Auch wenn alle drei immer wieder auf das Theater zurückkommen, bzw. ihre Anfänge dort haben, ist der filmische Bezug sehr präsent. Wobei das ein Theaterstück durch und durch ist und gerade als solches auch unglaublich gelungen. Den Körpereinsatz, den Johnny Lee Miller als Creatur mitbrachte, würde im Film weniger wirken, wie es auf der Bühne der Fall war. Der Körper als Instrument ist im Theater sichtbarer, augenscheinlicher, auch wenn in diesem Fall gelegentlich das Gesicht in Großaufnahme gezeigt wurde. Filme neigen mittlerweile durch Schnitttechniken dazu, fast alles zu zerstückeln. Und Miller war grandios, fast ein Athlet im schauspielerischen Sinne.

PD: Man sieht viele Elemente in Boyles Inszenierung, die auf die Herkunft aus dem Filmbereich deuten. Etwa das Lichtspiel bei der Geburt oder die Schienenarbeiter und die sehr drastisch beleuchtete Lokomotive. Andererseits hat man sich beinahe zu viel Zeit in den ersten 30 Minuten gelassen. Cumberbatch hat die Kreatur sehr unschuldig und verspielt dargestellt (natürlich auch mit den entsprechenden athletischen Verrenkungen), während Miller den Doktor als abgehobenen und Weltfremden Prototyp des größenwahnsinnigen Wissenschaftlers spielte. Das Dilemma in welches das Erschaffen der Kreatur den Doktor stürzt, fand ich in den gemeinsamen Szenen von Miller und Cumberbatch hervorragend dargestellt.

Hingegen fand ich das gekippte Bühnenbild in den Szenen im Hause Frankenstein wieder zu eindeutig. Ein „Dutch Angle“ fürs Theater. Das war mir zu viel.

YP: Miller als Kreatur war verwundbar und gnadenlos zugleich. Anfangs noch verhalten und zurückhaltend werden sowohl Performance als auch die Figur zur Wucht. Anfangs war ich enttäuscht, nicht Cumberbatch als Kreatur gesehen zu haben. Nach der Vorstellung war ich froh darüber, dass es Miller war. Meine Vermutung ist, dass sich die beiden – egal in welcher Rolle wir sie zu sehen bekommen – ergänzen, was auch von Kritiken zum Stück bestätigt wird.

PD: Das ist noch ein Fernziel für mich. Die Aufführung in der umgekehrten Besetzung zu sehen. Miller stellte fest, dass das Stottern von Cumberbatch als Kreatur schlussendlich auch langsam ein wenig in Millers Darstellung des Doktors überging.
Auch wenn es für das Stück nicht von allzu großem Belang war, so fand ich es doch reizvoll, die beiden Sherlock Holmes-Darsteller gemeinsam auf der Bühne zu sehen.

Im Rückblick bin ich überrascht, wie wenig ich vom Soundtrack bemerkt habe. Gerade bei Danny Boyle spielt die Musik immer eine sehr wichtige Rolle, aber in „Frankenstein“ spielte er sie nicht in den Vordergrund. Wenn ich mich jetzt durch die Stücke höre, erkenne ich zwar einige Passagen, aber sie unterstützten eher die Stimmung als dass sie für sich stehen würden.

YP: Da bei mir die Sichtung nun mehr als ein Jahr zurückliegt (Jänner 2013), fällt es mir ziemlich schwer, mich an die musikalische Untermalung zu erinnern. Insgesamt war es für mich aber sehr stimmig.

Erstaunlich ist, dass die Premiere Anfang 2011 war und wir im April 2015 noch immer darüber reden, und es noch immer Kinos gibt, die die Aufzeichnungen der Übertragung zeigen. War deine Vorstellung gut besucht?

PD: Gut, meine Eindrücke sind ein wenig frischer, aber die Musik wäre mir auch nicht mehr eingefallen, wenn ich nicht ein wenig noch zum Stück gelesen hätte. Dass es Bühnenerfolge logischerweise leichter haben, derart lange gezeigt zu werden, ist logisch.

Dass die Vorstellung heute noch zieht, wundert mich schon etwas mehr. In meinem Saal blieb kaum ein Platz frei. Viele Besucher hatten das Stück schon öfter gesehen.

Dazu fällt mir ein, dass laut dem Filmmagazin „Sight & Sound“, ein Kinoabend von „Coriolanus“ mit Tom Hiddleston mehr Besucher anzog, denn die etwa zur selben Zeit laufende Filmadaption von und mit Ralph Fiennes.

YP: Umso erstaunlicher, da die „Coriolanus“-Inszenierung von NT Live viel textlastiger ist und als Kammerspiel dementsprechend unspektakulär, auch viel weniger reisserisch daherkommt. Tom Hiddleston ist ein großartiger Charakterdarsteller (mit Theater-Background) und sein Status im Marvel-Universum hat dem Stück sicher das eine oder andere Fangirl oder Fanboy in der ersten Reihe beschert. Den Butler-Fiennes-Film habe ich leider nicht gesehen.

PD: Die Popularität der Darsteller ist sicher auch ein Faktor, der zu dem erhöhten Publikumsinteresse beiträgt. Wenngleich  auch weniger prominent besetzte Stücke oder auch Musical- und Opern-Aufführungen gute Besucherzahlen in den Kinos vorweisen können.

Ich bin schon gespannt wie sich die Übertragung von „A View From The Bridge“ mit Mark Strong anfühlen wird, aber ich zog während „Frankenstein“ ständig Vergleiche mit der „Salomé“-Inszenierung von und mit Al Pacino, die ich zu Hause auf DVD habe. Pacino hat auf der Theaterbühne eine Filmversion des zur selben Zeit gespielten Stückes inszeniert. Das ist ein faszinierender Theater-Film-Hybrid, aber doch näher dem Kino verhaftet. Bei „Frankenstein“ wird das anwesende Publikum durch ausgedehnte Schwenks immer ein wenig mit in das Erlebnis einbezogen und auch der Ton fängt immer ein wenig vom Publikum ein. Das macht auch den Reiz aus.

YP: Mir gefällt die Zusammenfassung des Stückes in der Besprechung zum Stück von Michael Billington: „Dear and Boyle highlight the feminist critique of male usurpation of divinity that lurks in Shelley’s text. Above all, they constantly make us ask which of the two main characters is the real monster. Is it the disfigured, repulsive Creature or Frankenstein himself with his subordination of love and friendship to the idea of creative perfection? “

Die eigentlichen Monster sind näher als man denkt. An dieser Stelle lässt sich auch eine passende Verbindung zu unserem nächsten Dialog ziehen. Da gibt es auch so ein schönes Zitat in „Avengers 2: Age of Ultron“, von Ultron, oder vielleicht doch von Tony Stark: „Everyone creates the thing they fear …“

The Imitation Game

13 Freitag Feb 2015

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Alan Turing, awards season, Benedict Cumberbatch, Charles Dance, Keira Knightley, Mark Strong, Matthew Goode, The Imitation Game

Das Leben von Alan Turing und der Kampf um die Entschlüsselung der deutschen Verschlüsselungsmaschine Enigma sind die Hauptthemen des für acht Oscars nominierten „The Imitation Game“. Ist Morten Tyldum ein sehenswerter historischer Thriller gelungen oder langweilt er mit banalen Simplifizierungen? Dies besprechen wir in unserem neuen Dialog.

PD: Jetzt hat Benedict Cumberbatch seine unausweichliche Oscar-Nominierung also auch in der Tasche. Ich kann nicht sagen, dass mich das stört. Seine Darstellung von Alan Turing hat mir sehr gut gefallen, vor allem weil der Film selbst eher auf der leichtgewichtigen Seite zu finden ist.

YP: Seine Darstellung war für mich auch das Highlight des Films obwohl Cumberbatch hier nichts Außergewöhnliches macht. Für mich ist das eine Routineübung, verglichen mit Filmen wie „The Fifth Estate“, „Star Trek Into Darkness“ und sogar „Sherlock“. Jetzt fällt mir auf, dass Cumberbatch besser ist als die Filme, in denen er mitspielt. Das überrascht mich aber wenig.

Er abonniert sich auf die Darstellung des exzentrischen Außenseiters, wie wir ihn in den TV-Produktionen „Van Gogh“ und „Hawking“, bzw. im National Theatre „Frankenstein“ gesehen haben. Mir hat er aber in Filmen und den kleineren Nebenrollen wie „12 Years A Slave“, „Atonement“ und „Tinker Tailor Soldier Spy“ aber noch besser gefallen.

PD: Das zeigt aber auch nur, dass es äußerst schwer ist, mit einer guten Leistung in einem schwachen Film zu reüssieren. Die Darstellung in „The Fifth Estate“ hat Ähnlichkeiten mit seiner Darbietung in „The Imitation Game“, aber das kann man ihm schwer negativ auslegen. Weder in „Van Gogh“ noch in der Theaterproduktion zu „Frankenstein“ konnte ich ihn bislang sehen, aber ich widerspreche doch, dass er etwa in „Star Trek Into Darkness“ oder in „Atonement“ oder gar in „12 Years a Slave“ besser gewesen wäre. Bei Letzerem allerdings auch nur, weil die Rolle des Sklavenhalters leider zu wenig Raum bekam.

Es spricht für ein gut gemachtes Casting, dass das ganze Ensemble sich innerhalb seiner Komfortzone bewegt und das sieht man ihren Darbietungen auch an. Matthew Goode ist ebenso unterhaltsam als Hugh Alexander, wie auch Charles Dance als Turings autoritärer Vorgesetzter oder Mark Strongs Geheimdienstler. Auch Keira Knightley überzeugte mich. Das war einfach eine schöne Bühne, für gute Darsteller, die zeigen, was sie können. Dass Cumberbatch als Turing dabei den Rest überragt, ist allein aufgrund der Geschichte schon klar.

Ein Sinn der also genau weiß was er will und dies auch bietet. Im besten Sinne unterhaltsam, aber auch nicht wirklich wagemutig.

YP: Die Rollen von Keira Knightley, Mark Strong und Matthew Goode sind Trostpflaster, aber dermaßen eindimensional und langweilig. Strong liefert sich ohnehin Einzeiler, Goode schaut die meiste Zeit skeptisch drein und Knightleys Rolle der Quotenfrau (sowohl im Film als auch im Plot), lässt stark zu wünschen übrig. Ehrlich gesagt war ich gelangweilt, der Film ist so zurückhaltend, dass ich dem einfach nichts abgewinnen kann.

Kommt hinzu, dass ich den Film am gleichen Wochenende gesehen habe wie „Birdman“ und letzterer ist in meinen Augen unterhaltsam. Beides für die Kategorie „Bester Film“ nominierte Oscar-Filme, die im Grunde Welten trennen. „The Imitation Game“ repräsentiert alles, was ich an diesem ganzen Award-Zirkus eigentlich verabscheue. Mittelmäßigkeit in Reinkultur. Für mich pure Zeitverschwendung.

PD: Quotenfrau. Der zu Grunde liegenden Geschichte war sie aber eben auch die einzige Frau innerhalb dieser Codeknacker-Truppe. Als Zeitverschwendung würde ich den Film auch keineswegs bezeichnen, denn dafür hat das Drehbuch viel zu viele amüsante Szenen geschrieben, die auch von den Darstellern entsprechend transportiert wurden. Weshalb Morten Tyldum für den Regie-Oscar nominiert wurde, vestehe ich nicht. Denn die Inszenierung ist bieder. Aber nicht langweilig.

YP: Vielleicht ist der Begriff „langweilig“ auch zu eine Spur zu heftig, aber leider bringe ich für diese mittelmäßigen Filme einfach keine Begeisterung auf. Es ist in gewisser Weise Stangenware und das wird mir dann als Award-Material verkauft.

Andererseits: es ist jedes Jahr dasselbe Theater und trotzdem ärgere ich mich darüber.  Nicht alle Filme entsprechen meinem Geschmack.

PD: Da sehe ich das Problem in der „Awards Season“. An und für sich ist „The Imitation Game“ ein unterhaltsamer Film im besten Infotainment-Stil. Es wird ein wenig historischer Hintergrund aufbereitet, ein wenig die Person Alan Turing beleuchtet und auch über die juristische und gesellschaftliche Lage von Homosexuellen im England dieser Zeit erzählt. Alles mit nicht zu hohen aber auch nicht zu niedrigen Ansprüchen. Innerhalb seinen Grenzen funktioniert der Film ganz gut, was aber auch an den guten Rahmenbedingungen liegt.

Es ist aber auch eine jener Produktionen, die ohne den Oscar-Rucksack vielleicht ein wenig milder beurteilt würde.

YP: Erstaunlicherweise muss ich dir jetzt zustimmen. Hätte ich den Film in einem anderen Zusammenhang gesehen, dann würde ich ihn wahrscheinlich genauso sehen wie du: unterhaltsames biederes Biopic. Aber im Zusammenhang mit der Award-Season bietet er mir für meinen Geschmack einfach zu wenig. Da schwingt dann auch immer ein bisschen der Frust um die mittelmäßigen Award-Filme mit.

Mein größtes Problem mit diesem ergibt sich in der Rezeption und dem Rummel darum. Da bin ich dem Film gegenüber eventuell auch nicht sonderlich fair. Nichtsdestotrotz ist der Plot rund um den schwulen Turning ziemlich latent.

PD: Die Diskussion ob der Film nun „gay enough“ wäre, hat dieser Beitrag auf Gawker ganz gut zusammengefasst. Es fehlt zwar eine Romanze oder auch eine prominentere Darstellung von Turings Homosexualität (etwa in Form von Arnold Murray), aber sie wurde auch keineswegs unterschlagen. Die Beziehung zu seinem Schulfreund Christopher, das Geständnis gegenüber seinen Kollegen oder eben die ganze Rahmenhandlung rund um seine Verhaftung wegen „grober Unzucht und sexueller Perversion“ (sic!).

YP: Das wirkte leider auch so, als wäre ihnen (den Filmemachern) dieses Thema sehr unangenehm und sie streuen zwar das eine oder andere diesbezüglich ein, aber so wirklich wird das nicht thematisiert. Eher abgehandelt. Vergleichen wir das mit Filmen wie „Pride“, hatte „The Imitation Game“ starke Schwierigkeiten nach Außen zu gehen mit der Homosexualität. Natürlich sind das zwei ganz unterschiedliche Filme, aber auch  beides period pieces, nur halt unterschiedlicher Epochen. Da hatte ich auch stark das Gefühl, das falle unter den Tisch, weil eben ein „zurückhaltender“ Film mit einem solchen Thema einfach – und das ist die Tragik dahinter – bekömmlicher ist beim breiten Publikum. Was ich für einen Irrglauben halte, aber ich mache auch keine Filme.

12 Years a Slave

02 Sonntag Feb 2014

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12 years a slave, Benedict Cumberbatch, chiwetel ejiofor, hans zimmer, hunger, Michael Fassbender, shame, steve mcqueen

Vom bildenden Künstler, hin zum ausgereiften Filmemacher. Diese Wandlung hat der Brite Steve McQueen hingelegt und dafür benötigte er nur drei Filme. Nach den eher nur einem kleineren Publikum bekannten Werken „Hunger“ und „Shame“, zeigt McQueen einem breiteren Publikum, eindrücklich den Horror der Sklaverei in „12 Years a Slave“.

PD: „12 Years a Slave“ hat ja das Potential in den Filmkanon als ein großer, wichtiger Film einzugehen.

YP: Simpel gesagt wird er das auch, weil er das einfach ist.

PD: Filme wie dieser müssen nur den Hype überleben, die beinahe automatisch (zyklisch) vorkommenden Kritiken, die den Film vom Podest stürzen wollen. Dabei kann ich – bis auf ein paar Kleinigkeiten – auch nichts am Film aussetzen.

YP: Das spürt man einfach schon im Kinosaal. Ich war von „Gravity“ begeistert, aber in „12 Years a Slave“ beschleicht einen dieses seltene Gefühl, so etwas bekommst du nicht alle Tage geboten. Vielleicht liegt es auch daran, dass mich Filme nicht so oft umhauen.

PD: Was Steve McQueen mit diesem Film geschafft hat – mit seinen beiden Arbeiten davor eben nicht -war, dass mich gewisse Sequenzen auch noch Tage später verfolgt haben. Wenn Paul Dano als Tibeats die Sklaven bei „Dienstantritt“ im Takt klatschen lässt, während er ein rassistisches Hetzlied singt … das war einfach nur gruselig und erschreckend.

… oder die vermeintliche Freundlichkeit, wenn einer Sklavin gesagt wird, sie solle sich ein wenig ausruhen, dann werde sie die Kinder (die ihr genommen wurden) schon vergessen. Das sind richtige Schläge in die Magengrube.

YP: Es ist fast nicht zu ertragen, wie viel Unmenschliches bzw. Bösartiges in manchen Figuren steckt. Die Verbindung, die ich zu „Das radikal Böse“ hier ziehe, ist die des „Begreifenwollens“, des „Nicht-Fassen-Könnens“ …

PD: Da fand ich aber McQueens Film faszinierender und packender. Das kann aber auch daran liegen, dass der Fokus auf Solomon Northup liegt und die auf ihn einprasselnden Grausamkeiten der Sklavenhalter und einfachen Menschen mit ihm durchlitten werden „müssen“.

YP: Ich möchte auch nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. (Non-Fiction mit Fiction).

PD: In einem Punkt, stimme ich McQueen zu, der in einem Interview meinte, dass für ihn der von Benedict Cumberbatch gespielte Sklavenhalter Ford grausamer war, denn Edwin Epps (Fassbender). Denn Ford hätte Northup helfen können, entschloss sich aber sein Eigentum einfach weiterzuverkaufen, da er beim Tod von Northup auf den Kosten sitzen geblieben wäre.

YP: Ich kann mit diesem Vergleich nichts anfangen. Der ist auch irrelevant. Geholfen hat ihm schließlich nur der von Brad Pitt gespielte kanadische Hilfsarbeiter und Vagabund mit der freiheitsliebenden Auffassung.
Als der Kanadier Epps darauf aufmerksam macht, wie er seine Sklaven, sein Eigentum behandle, bekam ich eine Gänsehaut. Das war eine der besten Szenen im Film, weil man in Epps‘ Gesicht schon sieht, das es nicht zusammenpasst, was er sagt und was er tut. Der Zwiespalt stand ihm ins Gesicht geschrieben.

PD: In der Charakterisierung ist er sehr wohl relevant, denn Ford wurde so gezeigt, als würde ihm am Leben der Sklaven etwas liegen. Im Falle einer Eskalation der Situation war er aber dennoch dazu bereit, den Sklaven kurzerhand zu verkaufen. Interessant, gerade die Szene mit Pitt, fand ich eher irritierend, durch das Casting. Ein weniger bekannter Darsteller, hätte die Rolle nicht so sehr mit seinem Image überladen. Pitt hätte da in der Rolle des Produzenten bleiben sollen.

YP: Ford ist wohl jemand, der etwas von Wirtschaft versteht und Epps ist einfach ein gnadenloser Sadist und Alkoholiker obendrein. Ford fand ich in der einen Auktions-Szene schlimmer, wo er die Kinder der Frau nicht kauft, weil er nicht zu viel ausgeben will. Bis zu dem Punkt, wo er Solomon hätte helfen können, war er für mich ein geldgetriebener Unmensch. Wie wir wissen, hat Brad Pitt hat den Film mitproduziert, sein Auftritt betrachte ich somit als Schmankerl. Nicht mehr nicht weniger.

PD: Während der von Paul Giamatti gespielte Sklavenhändler von Anfang bis Ende ein Geschäftsmann ist, der sich gar keine Gefühle erlaubt.

YP: Wie gesagt, bevor ich eine Reihung aufstelle, wen ich schlimmer fand (Danos Figur, die von Epps Frau, usw.), konzentrieren wir uns lieber auf Solomon

PD: Eine wunderbar subtile Darstellung von Chiwetel Ejiofor.

YP: Seine Figur und seine zurückgenommene Art zu spielen, Solomon darzustellen.

PD: Es hat auch wehgetan, Solomon so in sein Unglück taumeln zu sehen. Beinahe naiv, kann er gar nicht glauben, dass ihm diese beiden Männer ein Unrecht zufügen wollen.

YP: Mir ist das auch durch den Kopf gegangen die ganze Zeit: Willst du überleben, musst du dich um jeden Preis anpassen.

PD: Das wird Northup schon auf der Plantage von Ford klar, und das bringt er in aller Deutlichkeit der Leidensgenossin gegenüber auch zum Ausdruck, die weiter um ihre Kinder trauert. Anpassung, oder Tod.

YP: Ein klitzekleiner Kritikpunkt meinerseits wäre, dass die Szenen vor der Entführung wohl ein wenig zu sorglos und hell beleuchtet dargestellt wurden. Und ich hätte mir auch gewünscht, dass die Familienzusammenkunft nicht gezeigt wird, der Schnitt erfolgt, als er vor der Tür zu seinem Haus, in dem seine Familie auf ihn wartet, steht.

PD: Mir war der Schwenk über Washington hin zum Kapitol ein wenig zu sehr mit Bedeutung aufgeladen. Als ob der Zuseher noch darauf hingewiesen werden müsste, wo sich das alles abspielt und dass nur unweit von seinem Gefängnis die vermeintlichen Hüter der Freiheit sitzen. Die Familienzusammenführung am Ende war mir auch zu kitschig. Doch da hat McQueen offenbar einen positiven Abschluss für nötig gesehen. Dabei war der bereits mit seiner Befreiung gegeben.

YP: Nein, zu kitschig war mir die Zusammenführung nicht. Ganz und gar nicht. Ich hätte nur gut drauf verzichten können.

„12 Years a Slave“ ist Steve McQueens zugänglichster Film, man glaubt es kaum.

PD: Seine Filme werden immer zugänglicher. „Hunger“ ist noch am schwersten zu verdauen, während „Shame“ unter seinem eigenen Stilbewusstsein kollabiert. Bei „12 Years a Slave“ ist McQueen an einem Punkt angelangt, an dem er sowohl Stilist und Erzähler ist (etwa die Sequenz in der Solomon aufgehängt wird … ein Musterbeispiel für die perfekte Verschmelzung von Form und Inhalt). Ein weiterer kleiner Kritikpunkt: Der Film heißt „12 Years a Slave“ aber ich hatte überhaupt kein Gefühl dafür, wie viel Zeit denn nun verging.

YP: Das hat man aber Solomons Gesicht angesehen, da waren keine Zeitangaben nötig. Mir gefiel auch das Vor- und Zurückspringen in der Zeit, die Flashbacks im Film.

PD: Die waren gut eingesetzt. Positiv überrascht war ich auch von Hans Zimmers Soundtrack. Der war stellenweise sehr unkonventionell und hat gerade deshalb so gut gepasst.

YP: Das Gute am Zimmer-Soundrack war, dass es kein typischer Zimmer-Soundtrack war. Ich hoffe der Film bekommt die Auszeichnungen, die er verdient. Vor allem aber, weil es ein Meisterwerk ist.

Sherlock

17 Freitag Jan 2014

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BBC, Benedict Cumberbatch, Mark Gattis, Martin Freeman, Season 3, Sherlock, Stephen Moffat

In unserer Jubiläumsausgabe und dem 10. Dialog widmen wir uns der heißgeliebten BBC-Serie „Sherlock“. Einleitend soll gar nicht viel vorweggenommen werden, es geht hauptsächlich um eine Nachbesprechung der dritten Staffel, aber auch um persönliche Zugänge und Lesarten. Spoiler können nicht ausgeschlossen werden, wurden aber auf ein Minimum reduziert.

PD: Wann war deine erste Begegnung mit Sherlock Holmes?

YP: Meine erste Begegnung mit Sherlock Holmes war während meiner Schulzeit. Irgendwann als Teenager. Bestimmt habe ich schon vorher was gehört, aber damals bekam er Konturen und wurde ein Begriff. Dann mit 15 oder so, mussten wir „The Hound of the Baskervilles“ als Vorbereitung für ein Theaterstück im Vienna‘s English Theatre lesen. Und deine erste Begegnung mit ihm?

PD: Als Schulkind konnte ich noch relativ wenig damit anfangen aber durch ständige Verweise in Zeichentrickserien wurde das langsam immer konkreter. Schließlich war es dann als Teenager (ich glaube mit 12 oder 13 Jahren) der Film „The Hound of the Baskervilles“ aus dem Jahr 1959 mit Peter Cushing als Holmes und Christopher Lee als Graf, der mein Bild von Sherlock ziemlich einzementierte. Dank der Hammer-Studios musste von da weg ein Sherlock-Film immer in satten Farben und mit viel Grusel präsentiert werden.

YP: Vor ein paar Jahren habe ich im Rahmen eines Uni-Seminars fast alle Geschichten gelesen, das war noch vor den Guy Ritchie-Verfilmungen. Im Herbst 2011 bin ich dann in einem Artikel auf den neuen BBC-Sherlock aufmerksam geworden. Witzig war, was ich mir aufgrund des Fotos mit Freeman und Cumberbatch gedacht habe: Ein sehr atypischer Sherlock. Und so jung. Das hat meine Aufmerksamkeit erregt. Und seitdem vergehen kaum Monate, wo ich mich nicht mit dem Stoff befasse, die Serie schaue, oder die Geschichten von Sir Arthur Conan Doyle lese.

PD: Die Geschichten kenne ich noch viel zu wenig. Irgendwann habe ich dann die „Baskervilles“-Geschichte gelesen, einige kürzere Stories als Hörbuch oder Hörspiel kennen gelernt aber zunächst waren da noch einige billige Sherlock-Adaptionen und schließlich der Guy Ritchie-Film, der mir im ersten Moment ganz gut gefiel. Zumindest was die Paarung Robert Downey Jr. und Jude Law angeht. Die beiden machen ihre Sache schon ganz gut, aber nichts auf der Welt könnte mich in einen weiteren Sherlock-Film von Ritchie schleifen.

Als ich erstmals den Teaser für die BBC-Adaption sah, war ich ein wenig skeptisch, da mir die Versetzung von John Watson in die aktuellen Kriegsgebiete ein wenig arg platt und aufgesetzt erschien. Das war auch bei Ansicht der Pilotfolge noch so. Mir wirkte das zu bemüht modernisiert, aber es entwickelte sich sehr natürlich und alles griff flott ineinander. Dass Freeman einen modernen Watson spielt, so wie Cumberbatch einen modernen, jungen und sozial völlig unangepassten Sherlock, hat natürlich geholfen. Da haben Mark Gattis und Stephen Moffat genau die richtigen Kniffe gefunden, um die Charaktere in die Gegenwart zu transportieren. Deshalb war ja auch für mich die Wartezeit zwischen Staffel 2 und Staffel 3 so unerträglich lange …

YP: „The Reichenbach Fall“, also die letzte und dritte Folge der 2. Staffel habe ich mir Monate aufgehoben. Alle drei Folgen dieser Staffel sind im Jänner 2012 rausgekommen und ich habe die letzte Folge irgendwann im April oder Mai gesehen. Hast du eine Lieblings-Staffel bisher?

PD: Schwer zu sagen. Mir gefallen einzelne Episoden zum Teil besser, denn der Allgemeinheit. Meine nostalgische Verbundenheit zur Baskerville-Geschichte ist ein Grund, weshalb ich „The Hounds of Baskerville“ aus Staffel 2 sehr hoch einschätze. Höher als manch anderer. Mir gefällt aber vor allem das Muster, welches sie sich zurechtgelegt haben, Episode 1 – „A Scandal in Belgravia“ baut den Handlungsbogen und den Bösewicht auf, dann gibt es „zur Entspannung“ einen von diesem Haupthandlungsbogen völlig losgelösten Fall und in der letzten Episode kehrt man zum Hauptbösewicht zurück und löst alles auf. Dieser Aufbau der bislang drei Staffeln gefällt mir ganz gut. Mein liebster Cliffhanger ist aber jener von Staffel 1 auf Staffel 2. Da ist noch nicht wirklich klar, wie verrückt Moriarty wirklich ist.

YP: Und ich finde, das fehlt der letzten Staffel gänzlich. Ein ordentlicher Bösewicht. Es gibt keinen! Was mich am Ende der zweiten Staffel so gestört hat – nicht, dass ich für eine Sekunde angenommen habe, sie lassen Sherlock tatsächlich sterben – ist, dass sie Moriarty sterben lassen. Was ist ein Held ohne seinen ebenbürtigen Widersacher. Und Andrew Scott hat das so gut gemacht. Mein Problem mit der 3. Staffel ist ohnehin, die Ereignisse scheinen sich zu überschlagen. Vergessen wir nicht, dass es sich um einen Detektiv handelt. Ich habe nichts dagegen, wenn er Fälle tatsächlich auch löst. Hat das noch in “The Sign of Three“ – gut in die Hochzeitsgesellschaft eingebaut – funktioniert, in „His Last Vow“ kommt mir das alles etwas plump vor.

PD: Plump würde ich nicht sagen, aber man bemerkt richtig die Bürde, der alles auflösenden letzten Episode. Die Staffeln funktionieren ja im Grunde wie eine Filmtrilogie, mit drei Filmen á 90 Minuten. In diesem Sinne kommt es beinahe Mainstream-typisch zum alles erschlagenden Finale, das alles auflösen muss. Das war wieder sehr packend inszeniert, aber wenn mehr oder weniger alle 15 Minuten eine alles umwerfende Wendung eingebaut wird, stumpft man mit der Zeit ab. Den Bösewicht gab es in Staffel 3 schon, aber Moriarty ist eben eine eindrucksvolle Persönlichkeit, die kaum durch einen anderen Bösewicht „ersetzt“ werden kann. Magnussen ging schon eher in Richtung Bond-Bösewicht. Zudem verstärkte sich in „His Last Vow“ mein Eindruck, dass die 3. Staffel eher die Martin-Freeman-Show ist und weniger jene von Benedict Cumberbatch.

YP: Magnussen und sein „mind palace“ ist leider nicht vergleichbar mit den Dingen, die Moriarty so draufhatte.

PD: Es ist aber ein netter Gag. Sherlocks Gegenstück auf anderer Ebene. Ihm gar überlegen.

YP: Wenn du die Geschichten gelesen hättest, würdest du es vielleicht nicht als netten Gag sehen. In „A Study in Scarlett“ erklärt Sherlock Watson, wie sein Hirn funktioniert. Das macht er in der Serie auch. Doyle beschreibt das Gehirn als „a little empty attic, and you have to stock it with such furniture as you choose“. Das ist doch vergleichbar mit einem „mind palace“. Wenn Sherlock sich so viel merken kann, warum soll es nicht jemanden geben, der sich nicht noch mehr merken kann?

PD: Wenn ich die Filme – ich sträube mich Episoden zu schreiben – vergleiche, dann würde ich „His Last Vow“ auch als eine eher schwächere Arbeit einschätzen. Ungefähr auf einer Ebene mit der zweiten Episode von Staffel 1 („The Blind Banker“). Es war allerdings auch ein passender Abschluss zu einer Staffel, die bereits ein wenig überheizt begonnen hat. Dass man etwa in der ersten Episode der dritten Staffel mehrere Auflösungen zu Sherlocks „Tod“ anbietet, ist ja nichts weiter gewesen, als ein Zwinkern in Richtung Publikum. Wohl aber auch der weise Entschluss, sich nicht festzulegen, denn jede Auflösung des Cliffhangers, hätte nur für Enttäuschung gesorgt.

Dass man nun zum Abschluss derart die Ereignisse übereinander türmt und eine Wendung auf die andere folgen lässt – inklusive der zeitweise etwas nervig überdrehten Musik – ist da nur mehr symptomatisch. Das bedeutet ja nicht, dass es schlecht gewesen wäre. Es war einfach zu hektisch.

YP: Zuerst: Mir gefiel die erste Folge vielleicht sogar am besten in der Staffel, wenn, dann ist sie zumindest auf Augenhöhe mit der herrlich amüsanten „The Sign of Three“, das war was überraschend Anderes in Sherlock. Die Hochzeit und trotzdem ein paar Fälle. Da sieht man auch wieder toll, wie Sherlock arbeitet. Wie sein Gehirn funktioniert. Uns werden da Bilder geboten, die sind großartig!

Dann noch: Die letzte Folge funktioniert für mich auf so vielen Ebenen nicht. Zuerst einmal der Sexismus in der Serie. In der ersten Staffel hielt es sich noch in Grenzen, ich hätte mir nicht gedacht, dass sie nach der Irene-Adler-Folge („A Scandal in Belgravia“) das fragwürdige Frauenbild noch toppen können, aber es ist geschehen. 1. Sherlock und Janine. 2. Sherlock und Mary. 3. Sherlock und Molly. 4. Sherlock und Mrs. Hudson. Sicher, mir ist durchaus bewusst, dass sich Sherlock mit keiner Menschenseele wirklich versteht und bei Frauen ist er sowieso unsicher und so weiter. Aber nicht für einen Augenblick habe ich ihm das mit Janine abgekauft und zweites, warum muss er alle Frauen so überführen?

PD: Interessant. Ich habe da überhaupt keinen Sexismus wahr genommen. Mrs. Hudson ist eher eine schrullige Landlady, die auch von Watson nicht wirklich für voll genommen wird, der sie aber mit mehr Zurückhaltung behandelt. Sherlock behandelt Frauen ja genauso wie Männer, da sehe ich in der Figur von Sherlock, so wie sie Cumberbatch anlegt, keinen Sexismus. Die bereits in „The Sign of Three“ angedeutete Geschichte mit Janine kann man noch diskutieren, aber es ist ja auch nur ein Mittel zum Zweck. Wie gesagt, Sherlock verhält sich auch gegenüber Männern entsprechend respektlos und führt sie allesamt vor.

Was man vorwerfen kann, ist dass selbst die starken Frauen (Irene, Mary) am Ende doch wieder die Hilfe der Männer benötigen. Molly ist ja vom ersten Auftritt an, als das hoffnungslos in Sherlock verknallte Mädel festgelegt worden. Es wäre eine Überraschung, wenn ihr ein wenig mehr Persönlichkeit zugestanden würde.

YP: In „The Sign of Three“ – bevor sie die Tür zu Sholtos Hotelzimmer eintreten – sagt Sherlock zu Watson „Get your woman under control“, Molly wird sowieso als liebestolle Witzfigur dargestellt und sein Verhalten gegenüber Mr. Hudson lässt auch zu wünschen übrig. Das ist nur in dieser Staffel, von den anderen abgesehen.

PD: Gut, der Satz trieft vor Sexismus und einem entsprechenden Weltbild. Mrs. Hudson macht er aber schon seit dem ersten Film fertig, das ist weniger Sexismus, sondern einfach nur der Charakter von Sherlock, und Molly, ja, die ist als die liebestolle Witzfigur dargestellt. Es wäre vor allem bei Molly schön, wenn man ihr etwas mehr Hintergrund geben würde. Bislang fungiert sie hauptsächlich als Comic Relief. Mit Mary habe ich kein Problem. Eher mit der Art und Weise, wie ihre Probleme wieder gelöst werden. In der Geschichte die „His Last Vow“ zugrunde liegt, wird ja Magnussen/Milverton anders „erledigt“.

YP: Sherlock kaufe ich das mit Janine einfach nicht ab. Dass er das als vernunftgesteuerter Mensch kann: Liebe und Zuneigung derart vorzutäuschen, dass es dem Gegenüber – in dem Falle Janine – nicht auffällt. Es deutet darauf hin, dass er es sich stets mit äußerst leichtgläubigen Exemplaren des weiblichen Geschlechts zu tun hat. Diese Unglaubwürdigkeit war das Problem für mich in „His Last Vow“. Es war schon so unglaubwürdig in der Irene-Adler-Folge.

PD: Das kaufe ich Sherlock aber genauso ab wie ich es Moriarty abkaufe. Damit habe ich weniger Probleme. Wie oben schon einmal erwähnt: Für mich war diese Staffel vor allem von einem großartigen Martin Freeman geprägt.

YP: Genau! Cumberbatch ist so richtig in den Hintergrund getreten in dieser Staffel. Freeman spielt so facettenreich und vielseitig, jede Folge legt er nach Bedarf anders an. Das ist unglaublich gut. Sympathisch ist er mir schon seit „Love Actually“ gewesen, aber seit „Sherlock“ gehört er definitiv zu meinen Lieblingsdarstellern. Natürlich als Figur, der seine Emotionen und Empfindungen auch ausleben darf, hat er eine ordentliche Bandbreite und die nutzt er diesmal auch richtig aus.

PD: Cumberbatch hat ja den „Nachteil“, dass man seine großartiges Spiel als Sherlock nun schon bei sechs Mal á 90 Minuten bewundern durfte und wie es eben so ist, wird man es einfach gewohnt, während Freeman in dieser Zeit zwar gut aber eben bei weitem nicht mit so vielen Varianten auftrumpfen konnte. Stattdessen wurde er eingeklemmt zwischen Sherlock und schließlich Moriarty (Andrew Scott gefiel mir ja auch erst bei der zweiten Ansicht, zunächst war er mir viel zu überdreht). Diesmal darf Freeman schon in „The Empty Hearse“ zeigen, was er alles drauf hat. Die tiefen seelischen Wunden, die ihm die Ereignisse in „The Reichenbach Fall“ zugefügt wurden und der Versuch, ein normales und bürgerliches Leben zu starten, was ihm aber nun mal nicht gelingt. Herrlich.

…und die Dialogzeile: „I don’t shave for Sherlock Holmes“ ist ja jetzt schon eingeprägt in die Fangemeinde. Freeman ist mir in der Vergangenheit auch in „Love Actually“ und in „Hitchhiker’s Guide to the Galaxy „aufgefallen aber nie so positiv wie nun in „Sherlock“.

YP: Zusammenfassend: Mein größtes Problem mit und in „Sherlock“ ergibt sich im Frauenbild. Und da bewegen sich Stephen Moffat und Mark Gattis auch weit weg von Sir Arthur Conan Doyle. Ging es dem letzteren in seinen Schilderungen um die Abenteuer von zwei Junggesellen in einer frauenreduzierten Gesellschaft im viktorianischen England um die Jahrhundertwende, hauen die BBC-Macher ordentlich hin. Für mich wird da ein rückständiges Frauenbild vermittelt.

PD: Da kann ich nicht ganz zustimmen. Zwar sind die Frauencharaktere bei weitem nicht so gut ausgearbeitet wie die Männer aber als Frauenfeindlich würde ich das nicht bezeichnen. Irene Adler und Mary Watson sind schon starke Charaktere, aber die Auflösung aller Probleme wird dann in die Hände von Sherlock oder Watson gelegt. Das ist eher ein Problem. Die Gewichtung. Es wird viel zu sehr auf die Gottgleichen Fähigkeiten von Sherlock vertraut. Mrs. Hudson und Molly sind nun einmal Comic Relief, das sind aber auch Lestrade oder auch der Sherlock-Fanboy Anderson. Die Gewichtung geht einfach in Richtung Sherlock und Watson und eben der Bösewichte.

YP: Lass es mich das so ausdrücken: In keinem für mich realitätsnahen Szenario verliebt sich eine selbstbewusste Lesbe in einen asexuellen Über-Detektiv, egal wie intelligent sie sein mag und für wie sexy sie Intelligenz einstuft (Zitat Irene Adler in der ersten Folge der zweiten Staffel: „Brainy is the new sexy“). Das sind reine Männerfantasien. Aber „Sherlock“ ist modere Fiktion. Und Steven Moffat wird ja wohl noch träumen dürfen.

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