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White God – Fehér isten

16 Freitag Okt 2015

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

≈ Ein Kommentar

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bullhead, fehér isten, kornél mundruczó, Matthias Schoenaerts, Stummfilm, szelíd teremtés: a frankenstein-terv, white god

Der ungewöhnliche Film des ungarischen Regisseurs  Kornél Mundruczó ist nichts für schwache Nerven. Darin werden auf zwei Plotebenen zwei Coming-of-Age-Geschichten erzählt. Einerseits geht es darin um 13-järigen Lili, andererseits um eine Odyssee ihres Hundes Hagen. Beide verlieren sich aus den Augen, um in einem noch nie gesehenen Showdown zusammenzufinden.

YP: Mich hat „White God“ sehr aufgewühlt und emotional mitgenommen. Einen Großteil der Filmminuten sehen wir Hagen dabei zu, wie er sich – erst einmal von Lilis Vater neben der Autobahnauffahrt ausgesetzt – in den Straßen von Budapest gegen andere Hunde und Menschen behaupten muss, um schließlich wie in einer Traumsequenz seinen Feldzug gegen alles Unrecht, was ihm zugestoßen ist, anzutreten.

PD: Mundruczó lässt gar keinen Zweifel aufkommen, worum es ihm in seiner Hunde-Fabel geht. Wenn im Treppenhaus die Nachbarn von Lilis Vater sofort darauf hinweist, dass ein nicht reinrassiger Hund hier nichts zu suchen hätte, ist die Stoßrichtung sehr rasch vorgegeben. Die feindselige Atmosphäre die jeden Lebensbereich durchzieht, vom Wohnhaus über die Schule hin zu den Hinterhöfen, taucht die aktuelle ungarische Gesellschaft in kein freundliches Licht.

Hagens Irrweg, nachdem er ausgesetzt wurde, war für mich der verstörenste Teil des Films.

YP: Herrenlose Hunde bzw. Straßenhunde sind gesellschaftlich unerwünscht. Nicht reinrassige Hunde haben einen noch geringeren Stellenwert. Verstörend war für mich vor allem der Teil, wo Hagen in die Hände des Trainers gerät. Und diese perverse Faszination mit dem Tier, welches man dann respektlos und bestialisch behandelt, wie es nur der Mensch fertig bringt. Fertig gemacht hat mich am meisten die Tatsache, wie man aus einem Hund wie Hagen – diesem treuherzigen, unverdorbenen, gutgesinnten Haustier – eine Kampfbestie macht. Die Schläge und der Terror, dem er dann ausgesetzt war, schienen halb so schlimm, wie das Ergebnis, seine Transformation. Und der Zwiespalt, dem er dann bei seiner Irrfahrt ausgesetzt war. Als Hagen in der letzten Szene wieder auf Lili trifft – beide von Grund auf verändert, dann schwingt in den Blicken beider so viel Vorwurf mit. Das Schöne an dieser Parabel war doch, wie zugestoßenes Unrecht und Leid Berge versetzen kann. Nach all dem Horror schwingt so viel Hoffnung mit.

PD: Für mich war der Weg hin zu seiner endgültigen Veränderung zum Kampfhund schwerer zu ertragen, denn dann das Ergebnis zu sehen. Hagen im Ring beim Kampf den gegnerischen Hund zerfleischend zu sehen, war zu erwarten und so hatte ich damit weniger zu kämpfen, denn mit den brutalen Erziehungsmethoden, denen er ausgesetzt war. Was auch schön zeigte, dass es in der Macht des Menschen liegt, wie sich das Tier entwickelt oder auch wozu man es macht. Deshalb war ich auch erleichtert, als er aus dieser Hundekampf-Arena fliehen konnte.

Der Aufstand der Hunde, die dann mordend durch die Stadt zogen und sich zu großen Teilen an ihren Peinigern rächten, war deshalb aber auch nur zum Teil von reinigender Wirkung für den Zuseher. Denn so sehr man mit den gepeinigten Tieren litt und den Bösewichten (darunter Regisseur Mundruczó als Imbissbuden-Betreiber) ihr blutiges Ende wünschte, so schnell geriet die Gewalt auch außer Kontrolle. Man konnte sich nie wirklich sicher sein, wann die Hunde wieder unter Kontrolle gebracht werden würden.

YP: Verstehe mich nicht falsch, ich fand die Bilder zum Teil unerträglich und beklemmend. Aber nicht so sehr die rohe Gewalt an sich, als einfach nur die Tatsache, was für ein Hund Hagen nach dieser Behandlung wird. Unvorstellbar, wie seine zugängliche und vertrauliche Art zu einem vom Menschen gemachten Tier wird, in all der möglichen Bestialität. Hunde sind da besonders empfänglich für alle Empfindungen des Menschen. Kein Wunder, begleiten sie den Menschen seit Jahrtausenden als Haustiere. Das Wichtigste, was der Film nach Außen transportiert und offenlegt: wie der Mensch mit den Tieren umgeht. Seien es die Hunde darin oder die Rinder. Die Message ist unüberhörbar. Allerdings wird sie nie die Personen erreichen, um die es hier geht.

PD: So eindringlich die Geschichte von Hagen war, so wenig nahm mich hingegen Lilis Schicksal ein. Ihre Rebellion gegen den Musiklehrer oder wie sie bei der Party einschläft und von der Polizei aufgeweckt wird, all das interessierte mich nicht sonderlich. Hingegen war ich fasziniert von der Dreier-Beziehung zwischen Lili, ihrem Vater und Hagen. Denn ihr Vater Dániel (Sándor Zsóter) war exakt ein so wunderbar zwischen den Erwartungen seines Umfelds und seinen eigenen moralischen Vorstellungen zerissener Charakter. Wie er Hagen behandelte, hatte weniger damit zu tun, dass er diesen Hund nicht mochte, sondern dass er durch sein Umfeld ständig darauf aufmerksam gemacht wurde, wie wenig dieses Tier in seiner Umgebung geduldet war.

Es ist aber wie schon bei seinem letzten Film „Szelíd teremtés: A Frankenstein-terv“, dass Regisseur Mundruczó mit seiner Botschaft wohl kaum die Menschen erreichen wird, von denen er möchte, dass sie sich Gedanken um Diskriminierung und Unterdrückung machen sollten.

YP: In vielen Rezensionen zum Film ist immer wieder davon die Rede, wie „White God“ die politische Lage in Ungarn widerspiegeln soll. Für mich ist diese Lesart fast zu einfach und nur weil es sich gerade anbietet, würde ich das nicht sofort ins Auge fassen. Zwar ist allgemein bekannt, wie sich Ungarn unter Orban entwickelt hat, aber dieser Film hat etwas Utopisches. Mir ist der Vergleich Minderheiten mit den Hunden zu einfach. Mundruczó erzählt eine Parabel – schreckt dabei auch nicht vor der Abbildung von Gewalt zurück und dabei appelliert er hauptsächlich an den Menschen und wie ihm der Respekt vor seiner Umwelt und den Tieren darin abhanden gekommen ist (hat er die jemals besessen? Wage ich zu bezweifeln). Die Hunde instrumentalisiert er als Sinnbild dieses abhandengekommenen Respekts.

PD: Die Lesart als politische Parabel – nicht nur auf das aktuelle Ungarn sondern generell auf den Umgang mit Minderheiten – finde ich nicht zu einfach, sondern es ist die Ebene, die mir am deutlichsten hervor tritt. Die Stärke des Films ist aber eben genau die, dass sich verschiedene Interpretationen anbieten.

So kann die Odyssee von Hagen und die Suche von Lili nach ihrem Hund, auch als Variation des „Lassie Comes Home“-Thema gesehen werden.

Wenn ich so darüber nachdenke, dann wirken die Szenen von Hagen im Kampf mit einem anderen abgerichteten Hund auch ein wenig wie die Kampfszenen von Matthias Schoenaerts in „De rouille et d’os“. Da hat Jaques Audiard Mitleidlos auf die Gewalt hingehalten und Menschen gezeigt, deren Umstände es erzwingen, sich wortwörtlich durchzuboxen. Hagen wird zu diesem Dasein gezwungen und bricht aus, als er die Möglichkeit der Flucht erkennt.

YP: Von der Intensität erinnerte mich der Film irgendwie auch an Michaël R. Roskams „Bullhead“ – auch mit Matthias Schoenaerts in der Hauptrolle. Darin geht es doch gewissermaßen auch um eine Coming-of-Age-Geschichte.

Lilis ruhigere Plotlinie gefiel mir – auch als Kontrast zu Hagens abenteuerlicher Reise durch Budapest – sehr gut und ist mir auch in Erinnerung geblieben. Sie, irgendwie gefangen zwischen Kindheit und Pubertät, zwischen beiden Elternteilen hin- und hergeschoben, hat im Grunde nur Hagen als Vertrauensseele. Und dann wird dieser von ihrem Vater, den sie ohnehin kaum leiden kann, ausgesetzt. Der Film hat Momente, die frei vom Kitsch vorüberziehen, dann aber wieder einige, die zu sehr mit einer Prise Rührung angereichert sind. Mich hat das keineswegs gestört.

Und neben all der mittlerweile üblichen Methoden, derer sich Filmemacher aus der Animation-Trickkiste bedienen, ist es hierbei wichtig, anzumerken, dass „White God“ gänzlich ohne Computeranimierte Tricks auskommt. Was man sieht, wurde tatsächlich so gefilmt. Alles andere ist Schnitt, Montage und Licht. Manchmal – und in diesem Fall – ist es eine Wohltat für geschundene Kino-Augen, wenn sich das Kino auch mit Innovation zurückhält und dabei einfach nur Geschichten erzählt und zeigt.

The Drop

10 Samstag Jan 2015

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

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Schlagwörter

bullhead, Dennis Lehane, James Gandolfini, killing them softly, Matthias Schoenaerts, michael r. roskam, Mystic River, Noomi Rapace, the drop, Tom Hardy

Nach seiner Oscar-Nominierung für den „Best Foreign Language Film“ für „Bullhead“, feiert Michael R. Roskam sein US-Debüt mit einer Gangstergeschichte in Brooklyn aus der Feder von Dennis Lehane.

Der folgende Dialog enthält Spoiler!

PD: Je länger ich über „The Drop“ nachdenke, desto mehr erinnert er mich an „Killing Them Softly“. Atmosphärisch sehr dicht, aber nicht unbedingt mit der innovativsten Handlung versehen.

YP: Die Stimmung und die fantastisch gespielten Figuren geben hier den Ton an. Der Plot funktioniert, auch wenn – und da stimme ich dir auch zu – nicht die bahnbrechendste Auflösung schlußendlich zum Vorschein kommt. Es ist sogar ein wenig so, dass man eventuell was ahnt. Und trotzdem stört das nicht.

In „Bullhead“ spricht auch die Atmosphäre Bände – auch wenn die Story viel wuchtiger ist und auch von einem längeren Zeitraum erzählt wird. Wobei wir das New York Setting natürlich schon Tausend Mal gesehen haben. Die belgische Provinz hingegen – noch konkreter: den Stierzüchter – ist uns eher ein exotischer Ort.

PD: Es funktioniert aber nicht jeder Charakter. Bobs (Tom Hardy) Zufallsbegegnung mit Nadia (Noomi Rapace) führt ins Leere. Da hilft auch die gute Leistung von Rapace nicht wirklich. Sehr schön fand ich vor allem James Gandolfini als Barbesitzer Marv, der den Verlust seines Status‘ nicht verwinden konnte.

Roskam vermochte es aber auch, einen eigenen Blick auf New York zu werfen. Natürlich wurde man immer wieder von den Charakteren darauf hingewiesen, aber rein von den in Szene gesetzten Gebäuden, hätte das etwas Anonymes. Ich hatte den Eindruck, als wären Gangsterfilme der 1970er-Jahre die größte Inspiration gewesen, jene von Sydney Lumet und William Friedkin.

YP: James Gandolifini fühlt sich in dieser Rolle sichtlich wohl, wobei dieser Kleinbandit natürlich nicht mit dem großen Gangster Tony Soprano zu vergleichen ist. Und Tom Hardy zieht die Show schlechthin ab. „The Drop“ ist sein Film. Ein bisschen stieht er Gandolfini die Show, und dass obwohl es sein letzter Filmauftritt ist.

PD: Finde gar nicht, dass er ihm die Show stiehlt. Vielmehr war ich von den Momenten mit Gandolfini sehr eingenommen, wohl wissend, dass wir hier seine letzte Filmarbeit sehen. Die Momente in denen er in seinem Auto sitzt und seinem Ende entgegen sieht, sind erstaunlich.

Außerdem hat mir auch Matthias Schoenaerts in seiner Rolle als brutaler Kleinganove gefallen.

Hardy ist natürlich der darstellerische Höhepunkt des Films. Er gibt dem Charakter Facetten, die im Nachhinein alle stimmig erscheinen, auch wenn ich auf Drehbuch-technischer Ebene, diese Enthüllungen etwas weniger begeistert aufgenommen habe.

YP: Der Schluss hat natürlich diesen Beigeschmack, das will ich nicht leugnen. Dennoch ist die Spannung, die besonders in Szenen zwischen Marv und Bob entsteht, eindeutig Hardy zuzuschreiben. Für mich einer der besten Schauspieler seiner Generation.

Matthias Schoenaerts zeigt hier nur einen Bruchteil seines Könnens, leider, das lässt aber auch die Rolle nicht zu. Wir kennen ihn gut seit „Bullhead“ und „Rust and Bone“ und freuen uns auf mehr. Das hier war nur ein Trostpflaster.

PD: Gandolfini hat aber in diesen Szenen mit Hardy auch diese Wehmut einfließen lassen. Wenn Bob den abgetrennten Arm in Backpapier und Folie einwickelt, als würde er ein Sandwich verpacken, dann ist Marv derjenige, in dessen vor Schock geweiteten Augen sich auch die Reaktion des Publikums Bob gegenüber widerspiegelt. Diese Szenen funktionieren durch das großartige Zusammenspiel von Hardy und Gandolfini.

Dass Hardy nach seiner Galavorstellung in „Locke“ nun mit „The Drop“ noch einmal zeigt, was in ihm steckt und welch schwierige Rollen er übernimmt, ist natürlich nur ein Zeichen für seine Klasse.

Für Schoenaerts hat die Rolle wohl auch etwas von einem Gastauftritt. Immerhin hat er mit Roskam an „Bullhead“ gearbeitet, aber die Rolle lässt wirklich nicht mehr zu. Die Rolle von Noomi Rapace fand ich aber noch schwächer ausgearbeitet.

YP: Liegt vielleiciht daran, dass das ein „männlicher“ Film ist. Gangster-Milieu und Halbstarke, das sagt doch schon alles. Mir gefiel Rapace in ihrer Minirolle trotzdem. Die wirkt nicht wie ein verschrecktes Hascherl, bei dem Ex wäre ich weitaus mehr ausgeflippt. Und bei den Zukunftsaussichten auch. Sie tut es nicht, das hat fast was.

PD: Sie spielt gut, keine Frage, ihr Charakter jedoch hat mir nicht sonderlich imponiert. Dennis Lehane, der hier seine eigene Kurzgeschichte adaptierte, ist ja fähig, starke Frauencharaktere zu schreiben. Das hat er in „Mystic River“ gezeigt.

YP: Ein letzter Satz zu Hardys Dackelblick? Eine sehr augenscheinliche Metapher oder ist das schon wieder ein Spoiler?

PD: Spoiler haben wir eh schon genug. Daran wird es jetzt nicht scheitern. Ja, der Hund selbst ist schon eine sehr augenscheinliche Metapher und hat mich nicht gefesselt, aber es mich auch nicht sonderlich gestört.

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