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~ Dialoge über aktuelle und weniger aktuelle Kinofilme

Film Im Dialog

Schlagwort-Archiv: Christopher Nolan

Interstellar

14 Freitag Nov 2014

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

≈ 2 Kommentare

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2001, Anne Hathaway, Casey Affleck, Christopher Nolan, Contact, Deep Space Nine, Douglas Adams, Grapes of Wrath, hans zimmer, Inception, Interstellar, Jessica Chastain, John Lithgow, Matt Damon, matthew mcconaughey, Michael Caine, Neil deGrasse Tyson, Stanley Kubrick, The Black Hole, The Dark Knight, The Prestige, The Right Stuff, Topher Grace, Wes Bentley

Einmal die Luft anhalten. Christopher „Arthouse-Blockbuster-Cinema“ Nolan hat einen neuen Film ins Kino gebracht.

Dicke Spoilerwarnung!

PD: Wie gefielen dir die vielen Einflüsse die zu erkennen waren? Mir schien, Nolan durchpflügte geradezu die Sci-Fi-Geschichte. Von „2001“ über „The Right Stuff“ bis hin zu Douglas Adams. Im Endeffekt hatte ich aber das Gefühl, dass Nolan das geschafft hat, was „Contact“ von Robert Zemeckis versuchte. Einen Unterhaltungsfilm auf Basis der wissenschaftlichen Theorien eines großen Forschers (Carl Sagan vs. Kip Thorne) zu erschaffen.

YP: Überrascht dich das? Nolan ist dafür bekannt, dass er immer noch eines draufsetzen kann. Für mich ist er ein größenwahnsinniger Filmemacher, der Blockbuster mit eskapistischem Anspruch ins Kino bringt.

PD: Ich wusste nicht wirklich was ich mir von „Interstellar“ erwarten soll, aber einen Sci-Fi-Film, der zu großen Teilen eine überraschend sentimentale Familiengeschichte erzählt vor dem Hintergrund einer Öko-Katastrophe, hatte ich nun wirklich nicht erwartet.

YP: Meine Erwartungshaltung war bescheiden. Viel erwartet habe ich mir nicht. Ehrlich gesagt, weiß ich jetzt auch nicht, was ich davon halten soll. Der Film lässt mich irgendwie kalt. Nicht so wie die Filme bisher. Und doch will ich ihn unbedingt wiedersehen. Zum Beispiel hat mir Matthew McConaughey sehr gut darin gefallen und doch ärgert es mich, dass Murphs Storyline viel zu kurz kommt. Die zum Teil komplett stummen Weltraumaufnahmen waren wirklich wunderschön. Im Gegenteil nervte mich wieder die Nolansche Herangehensweise der Musikverwendung zum Schluss des Films.

PD: Womöglich hat es auch geholfen, dass ich dem Hype – der auch zu einer eigenwilligen Anti-Nolan-Tendenz in vielen Rezensionen geführt hat – entgangen bin. Kalt ließ mich „Interstellar“ nicht, das passierte mir bislang nur bei „The Prestige“. Keineswegs. Mir gefiel viel mehr, dass es sich hier gar nicht um einen Blockbuster handelte, sondern um einen ruhigen Sci-Fi-Film, der sich in großen Teilen für die theoretische Seite der Geschichte interessierte. Ich kann mich nicht erinnern, wann ein Weltraum-Film, tatsächlich wissenschaftliche Theorien abhandelte und nicht bloßes Technobabble ablieferte. In dem Zusammenhang gefielen mir auch die Twitter-Kommentare von Neil deGrasse Tyson.

„Inception“ oder auch die „Dark Knight“-Trilogie, sind sexier, haben viel mehr Action, viel mehr eye candy zu bieten. Zudem eine Superstarbesetzung. Ich glaube kaum dass ein Großteil des Publikums in Verzückung geriet Matthew McConaughey zu sehen, oder in kleinen und feinen Auftritten John Lithgow oder Michael Caine.

Die Musik von Zimmer war diesmal wieder ein Graus, die hat mich den ganzen Film über genervt. Was das angeht, gibt es bei Nolan eindeutig Verbesserungsbedarf. So wie mir auch die Sentimentalität im Finale zu platt ausgebreitet wurde. Murphs Handlungsstrang war mir deshalb sogar zu lang.

YP: Kalt ließ mich „Interstellar“ nicht. Muss auch dazusagen, dass ein actionreicherer Film einfach leichter runtergeronnen wäre als das, was er uns hier präsentierte. Ich bin hin- und hergerissen. Einerseits gefällt mir diese ruhigere Herangehensweise, andererseits wirkt mir das einfach nur unausgegoren.

PD: Unausgegoren? Mir gefiel der Rhythmus-Wechsel. Zunächst geht es ja hauptsächlich um die Beziehung von Cooper zu seinen Kindern und auch um die Probleme, denen die Menschheit auf der Erde gegenübersteht. Erst danach gibt es diesen etwas abrupten Wechsel in den Weltraum.

YP: Matthew McConaughey war hier streckenweise sogar richtig gut, besser als als in „Dallas Buyers Club“. Da gab es Passagen des Films, wo er einfach nur Cooper ist. Bei McConaughey passiert mir das oft, dass seine Person meistens nie die Figur wird bzw. ich seine Person mit der Figur, die er spielt gleichsetze. Natürlich ist das ihm gegenüber ziemlich unfair, macht er nun schon seit einigen Jahren einen großartigen Job als Schauspieler.

PD: Das Schauspiel ist eher ein starker Kritikpunkt. McConaughey hat den erdigen Piloten ganz gut verkörpert, und war auch der richtige Typ um dieses „The Right Stuff“-Gefühl, diese positive Sicht auf Technik und Fortschritt, entsprechend zu vermitteln. Doch zu seinen besten Leistungen würde ich dies hier nicht zählen. Er ist gut und trägt den Film, aber da fand ich ihn in „Dallas Buyers Club“ stärker. Neben ihm gefiel mir vor allem Matt Damon sehr gut.

Es war teilweise auch undankbar für die vielen bekannten Gesichter. Anne Hathaway musste den schmalzigsten und unnötigsten Punkt des Films (die Kraft der Liebe) in einem viel zu langen Monolog erörtern. Casey Affleck und Topher Grace waren so kurz zu sehen, dass man sie kaum bemerkte.

YP: Die Musik hat mich diesmal nicht so gestört. Vor allem, weil die schönen Einstellungen hauptsächlich stumm waren.

PD: Im Vergleich zu anderen Filmen etwas weniger, aber eben auch deshalb, da Nolan sehr viele stumme Passagen einbaute und so den Musikteppich von Zimmer immer wieder unterbrach.

YP: Übrigens teile ich die Meinung vieler Film-Twitterer nicht. Für mich muss ein Science-Fiction-Film keinen realistischen Hintergrund haben, damit ich ihn verstehe und schon gar nicht bin ich der Meinung, dass ich erst einen Film mögen kann, wenn ich ihn verstanden habe. Mich regt diese Diskussion auf. Seit wann hat meine (vielleicht sogar eingeschränkte) Weltsicht Allgemeingültigkeit. Nämlich so sehr, dass ich keinen Zugang zu anderen Werken der Kunst habe.

PD: Gerade deshalb gefielen mir die Tweets von deGrasse Tyson so gut. Ein Science-Fiction-Film, der sich nicht rein auf das optische Spektakel verlässt, sondern tatsächlich in die Theorien die er verwendet eintaucht, wird natürlich auch hinterfragt. Wäre das Schwarze Loch nur als Gimmick benutzt worden, wie etwa in dem Disney-Film „The Black Hole“ (1979), dann würde man sich darüber beschweren, dass Nolan einen so oberflächlichen Zugang gewählt hätte. Es ist aber schon sehr befremdend, dass es teilweise weniger um die Erzählung und mehr um die Wissenschaft dahinter geht. Dabei wird völlig übersehen, dass ein Film, der ein theoretisches Denkkonstrukt durcharbeitet, natürlich spekulieren muss, wie die Handlung fortgeführt werden kann.

YP: Ein Hindernis in der Auseinandersetzung stellen diese Theorien – nicht Logikfehler – allerdings schon dar. Je mehr man sich mit dem Film auseinander setzt, desto mehr Fragen wirft er auf. Das ist keine schlechte Sache, das ist im besten Falle sogar erwünscht. Hier allerdings fehlt irgendwas. Man hängt in der Luft. Ich kann das nicht erklären. Und weil ich oben geschrieben habe, dass mich der Film kalt gelassen hat: diesen Film habe ich mir nicht erwartet und das finde ich gut.

Und diese überraschende Rührseligkeit war zum Haareraufen.

PD: Mich ließ Nolan ein wenig in der Luft hängen, da er zu sehr versuchte alles zu erklären. Da vieles Theorie ist, bleibt einem nur die Spekulation und da hätte ich mir gewünscht, dass man einfach auch mal mit seinen Gedanken alleine gelassen wird.

Die Rührseligkeit hat mich am Anfang weniger gestört, aber zum Ende hin, wurde es mir zuviel. Cooper wieder seine nun gealterte Tochter am Totenbett besuchen zu lassen, war einfach unnötig. Von mir aus hätte Cooper auch, á la Benjamin Sisko in „Deep Space Nine“, verschollen bleiben können.

YP: Du sagst es hier richtig, so viele Erklärungsversuche für spekulative Theorien. Muss aber dazusagen, dass mir das in „Inception“ bereits viel zu viel war. Warum alles auf dem Tablett offenbaren wollen, was ohnehin verständlich ist, verstehe ich nicht.

PD: Da scheint mir immer, dass Nolan zu sehr auf die Massentauglichkeit schielt. Gut, er muss auch ein 150-200 Millionen Dollar hohes Budget wieder herein bekommen, aber das war mir zu viel.

Im Gegensatz zu „Inception“ bezeichne ich „Interstellar“ schon als komplex. „Inception“ war unterhaltsam, packend, mitreißend aber nicht komplex. Er hat die Traum- und Erzählebenen übereinander gestapelt, aber bei „Interstellar“, fühlte ich mich eher herausgefordert, mich mit dem Gesehenen weiter auseinander zu setzen.

YP: Das schon, das liegt aber der Thematik zugrunde. Da dies nicht einfach irgendeine Traumebene ist, sondern im Weltall spielt, kommen darin physische Prozesse vor, die mir als Normalsterbliche nicht so geläufig sind. Aber komplex macht es den Film deswegen nicht. Aber „Interstellar“ wirft natürlich ganz andere Fragen auf. Universelles. Stellt interessante Thesen auf, Individuum versus Menschheit.

Das, was Nolan hier tut, ist eine Ebene auf die andere zu setzen. Wie schon in „Inception“ würde ich das nicht als komplex bezeichnen. Und bei all der Komplexität löst er es ziemlich salopp auf. Du folgt der Storyline 150 Minuten lang und dann wird dir eine unzufriedenstellende Möglichkeit der Auflösung geboten, die du einfach hinnehmen musst.

PD: Nolan verlässt sich stellenweise zu sehr auf die Action ab dem Moment, ab dem sie durch das Wurmloch sind und dabei geht es öfters vorhersehbar zu. Das Schicksal Doyles (Wes Bentley) war klar, als er sich im Wasser mehrfach umdrehte, genauso wie die wahren Beweggründe von Dr. Mann viel zu schnell ersichtlich waren. Für all die Komplexität, die in die ersten zwei Drittel von „Interstellar“ flossen, geriet mir das Finale zu Actionreich. Zudem hatte ich mir gewünscht, dass sich Nolan am Ende etwas mehr an Kubrick orientiert, aber stattdessen lässt er Cooper im Gespräch mit TARS die gesamte Struktur der 5. Dimension erklären. Da wäre auch weniger mehr gewesen. Hingegen funktionierte die Darstellung der Zeitdilation fantastisch. Es war klar und leicht verständlich, was es für die Astronauten bedeutete, ein oder zwei Stunden auf dem Planeten in der Nähe von Gargantua (das Schwarze Loch) zu verbringen.

YP: Ich schlage mich da übrigens auf die Seite von Dr. Mann. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich unsentimental bin.

PD: Dr. Mann hat grundsätzlich natürlich recht, wenn er das Überleben der Spezies über jenes einzelner Personen stellt. Er ist nur scheinheilig, da er im Endeffekt sein eigenes Überleben über alle anderen stellt. Deshalb wird er ja zu so etwas wie einem Bösewicht.

YP: Das ist auch eine sehr amerikanische Weltsicht, die Nolan da verbreitet, findest du nicht auch? Diesmal ist zwar eine Frau die Weltenretterin und TROTZDEM muss ich die Geschichte des weißen Mannes verfolgen. Nach wie vor abgedroschen.

PD: Interessanter Punkt. Daran hatte ich gar nicht gedacht. Die Besetzung von McConaughey als Cooper folgte aber natürlich auch Marktstrategien. Ein vor allem von Kritikern gerade hoch gelobter Oscar-gekrönter Darsteller, als Hauptdarsteller deines ambitionierten Blockbusters? Da spielt natürlich auch viel Kalkül mit.

Die Sicht der „Final Frontier“ ist natürlich eine ur-amerikanische. Vor allem wenn man bedenkt, dass man eigentlich nur die langsam verödende Farm von Cooper und dann das Weltraum sieht. Da schwingt auch ein wenig „Grapes of Wrath“ mit. Man lässt die Ödnis hinter sich und macht sich auf ins gelobte Land, welches in diesem Fall hinter einem Wurmloch liegt.

YP: Nein, verstehe mich nicht falsch, finde Matthew in dieser Rolle toll. Aber da ist die Figur vor die Story gestellt worden. Ein großer Schwachpunkt des Films. Weil eben die Murph-Storyline umso interessanter ist.

Cooper hätte man schon im Weltraum lassen können und die unspektakuläre Weltrettungsaktion von Murph weiterverfolgen. So wird das in nur einem Satz abgetan.

PD: Ja, da stimme zu. An dem Punkt hätte ich auch Cooper verlassen und mich gerne mehr mit Murph beschäftigt. Stattdessen labert Cooper TARS voll, was das nicht alles bedeutet was gerade passiert.

YP: Wäre stimmiger. Vor allem, ich dachte, wir sehen dann mehr von Murph, weil wir ja dann Cooper verlassen. Bei der Videobotschaft, ihrer ersten, hätte sich Nolan mehr auf sie konzentrieren müssen. Darunter leidet der Film.

Wie fandest du die love story zwischen Cooper und Dr. Brand (Hathaway)?

PD: Findest du, dass es wirklich eine Liebesgeschichte war? Sie sind die beiden letzten Menschen im All, klar, aber sie waren eben durch die Ereignisse zusammengeschweißt. Brands Liebe galt ja noch immer Dr. Edmund auf dem letzten Planeten.

YP: Umso mehr hat mich gestört, wie Nolan den Film zum Abschluss bringt. Das ist auch so eine Boxoffice-Vorgabe, schätze ich.

PD: Du meinst Brand alleine auf dem Planeten?

YP: Und Cooper auf dem Weg zu ihr?

PD: Ja, stimmt, das hatte etwas Kalkuliertes. Daran hatte ich ehrlich gesagt gar nicht gedacht, aber jetzt wo du es erwähnst. Als ich es im Kino sah, dachte ich mir nur, wie schlecht diese Raumstation gesichert ist, dass Cooper einfach so davon fliegen kann.

Was „Interstellar“ bei mir auf jeden Fall geschafft hat, war, mich wieder einmal mit der entsprechenden Literatur auseinander zu setzen. Dass mehr oder weniger zur selben Zeit auch noch die Rosetta-Mission zu bestaunen war, hat natürlich dem Reiz sich der Material zu nähern, nicht gemindert.

YP: Hat dich ein Nolan jemals kalt gelassen?

PD: Doch. Sein Magier-Thriller „The Prestige“ hat mich überraschend unberührt gelassen. Wie sieht deine persönliche „Christopher Nolan“-Reihung aus?

YP: 1. Inception, 2. Batman Begins, 3. Memento, 4. The Dark Knight, 5. The Prestige, 6. The Dark Knight Rises, 7. Interstellar, 8. Following, 9. Insomnia

PD: 1. The Dark Knight, 2. Memento, 3. Interstellar, 4. Inception, 5. Insomnia, 6. The Dark Knight Rises, 7. Batman Begins, 8. The Prestige, 9. Following & Doddlebug

Zum Abschluss noch eine Liste mit Dialogen, in denen uns Christopher Nolan über den Weg lief.
31 Tage, 31 Filme (2/3)
31 Tage, 31 Filme (1/3)
Scarlett Johansson
Jaws
Godzilla
Transcendence
Snowpiercer
The Hunger Games: Catching Fire

Scarlett Johansson

22 Freitag Aug 2014

Posted by filmimdialog in Personalia

≈ 4 Kommentare

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Brian De Palma, Captain America The Winter Soldier, Christopher Nolan, Her, Luc Besson, Lucy, Scarlett Johansson, Under the Skin, Woody Allen

Innerhalb eines Jahres sind vier Filme mit ihr in den heimischen Kinos zu sehen gewesen. Scarlett Johansson zeigt von „Her“ über „Under the Skin“ bis hin zum aktuell laufenden „Lucy“ die Facetten ihrer Schauspielerkunst. In unserem aktuellen Dialog betrachten wir einen Star, der mehr als nur oberflächlichen Glanz zu bieten hat.

PD: „Lucy“ hat einen überraschend starken Zuschauerzuspruch. Bereits 170 Millionen Dollar weltweit wurden eingespielt.

YP: Europäisches Actionkino gibt es nach wie vor und mit Luc Besson verbindet man noch immer kleine Perlen wie „Léon“, „Nikita“ und „The Fifth Element“.

PD: „The Fifth Element“ würde ich keine kleine Perle nennen, aber ja, Besson ist der Markstein für das europäische Actionkino. Beinahe jede Produktion in Europa geht nur unter seiner Aufsicht über die Bühne. Darunter auch die Liam-Neeson-Actionfilme „Taken“ oder „Unknown“ und die „Transporter“-Reihe mit Jason Statham.

YP: Das stimmt, aber „Lucy“ ist sein eigener Kram.
So viel wie heuer war er schon lange nicht mehr in den Schlagzeilen präsent, findest du nicht?

PD: Finde ich gar nicht. In den letzten Jahren hat er sich als DER große Produzent von Mainstream-Ware in Europa profiliert und in Hintergrundberichten ist immer wieder seine Marktmacht behandelt worden. Auch jetzt berichtet man ja auch mehr von Scarlett Johansson und weniger von Luc Besson.

YP: Mir ist aufgefallen, dass er die letzten Jahre auch als Regisseur sehr geschäftig war, aber kann sein, dass Johanssons Hollywood-Image hilft, „Lucy“ zu hypen.

PD: Er ist wieder etwas aktiver, denn um die Jahrtausendwende herum. Nach „Angel-A“ schien mir, war er leer. Daher wohl auch seine Arbeit als Drehbuchautor und Produzent. So konnte er sich an vielen verschiedenen Filmen und Filmreihen abarbeiten, ohne selbst die Inszenierung verantworten zu müssen. Dass er jetzt wieder vermehrt als Regisseur arbeitet, ist ganz erfrischend, seine Filme kommen aber nicht an die Qualität von Klassikern wie „Léon“ heran.

Dass ein recht platter aber amüsanter Film wie „Lucy“ so erfolgreich und effektiv ist, hängt wohl vor allem mit dem Star-Faktor Scarlett Johanssons zusammen.

YP: Vielleicht ist auch die Zeit reifer als zuvor für weibliche Action-Stars.

PD: Daran musste ich ständig denken. Johansson verkörpert eine gänzlich andere Art von Actionheldin, denn etwa Bridget Fonda, Angelina Jolie oder Gina Carano zuvor.

YP: Johansson ist aber auch nicht gerade für RomComs bekannt.

PD: Die Auftritte in den Marvel-Filmen haben sicher ihrer Glaubwürdigkeit in Sachen Action geholfen, aber ich würde sie dennoch nicht als klassische Action-Darstellerin beschreiben.

YP: Ganz und gar nicht, ich bin aber froh, dass sie sich an die Marvel-Sachen und auch „Lucy“ herantraut. Johansson war niemals festgefahren in ihrer Rollenwahl, doch diesmal geht der Schuss nach vorne. Insbesondere die Filme, die sie 2014 herausbrachte. „The Winter Soldier“, „Her“, „Under the Skin“ und nun „Lucy“. Sie beweist Mut zur Abwechslung und es zahlt sich aus.

PD: Es sind auch Rollen, die sie in jeglicher Facette als Schauspielerin und „Star“ fordern. Schließlich stellen diese Rollen allesamt unterschiedliche Anforderungen an sie.

Im Arthouse-Sektor musste sie zunächst in „Her“ rein durch ihre Stimme einen lebendigen Charakter erschaffen und in „Under the Skin“ funktioniert ihr Schauspiel alleine durch Andeutungen, Gesten und eine sparsame Mimik.

Die beiden Blockbuster sind hingegen Beispiele dafür, wie sie sich langsam den Status erarbeitet, einen Mainstream-Film auch alleine tragen zu können. Als einst „The Island“ floppte, wurde das ihrem fehlenden Star-Status zugeschrieben. Mittlerweile wirkt sie sicherer und souveräner.

YP: Allerdings hat sie auch sehr sehr viel gearbeitet. Bedenkt man, dass sie noch keine 30 ist, kann sie auf eine lange Filmliste zurückblicken. Klar, sie hat schon als Kind gedreht, aber eine Pause gab es für sie keine. Und an Rollenangeboten hat es auch nicht gemangelt. Mir schien, als hätte sie (so ziemlich) jedes Angebot angenommen. Jetzt wirkt sie selektiver. Und der Starstatus gebührt ihr.

Davor blieben höchstens „Lost in Translation“ und „Vicky Christina Barcelona“ hängen.

PD: Hängen geblieben wäre bei mir noch mehr. „Match Point“ oder „Ghost World“.

YP: Von mir aus, aber es bleibt nicht mehr als eine Handvoll guter Filme. Jetzt hat sie mit „Her“ und „Under the Skin“ zwei erinnerungswürdige Performances in einem Jahr.

PD: Das vergisst man bei ihr sehr leicht, dass sie noch so jung ist. Dadurch, dass sie in so vielen Filmen mitgespielt hat, erscheint sie bereits wie eine Altgediente.

Bei so einer jungen Schauspielerin stellt sich auch die Frage, ob man an ihrer Stelle, die Angebote von Woody Allen, Christopher Nolan oder Brian De Palma einfach so ausgeschlagen hätte.

YP: Dank ihr taugt „The Winter Soldier“ wenigstens ein bisschen was.

PD: Die erinnerungswürdigen Performances hatte sie auch zuvor schon. Die Fülle an verschiedenen Filmen – die dann nicht immer gelungen waren – hat ihre bisherige gute Arbeit ein wenig überschattet. Umso erfreuter war ich, sie in so toller Form in „Her“ oder dem fantastischen „Under the Skin“ zu sehen.

YP: Für mich ist Johansson im Cast ein Grund, ins Kino zu pilgern. Und das vielleicht seit „Match Point“.

PD: Bei „Lucy“ auf jeden Fall. Der Name Besson in Verbindung mit der Handlung, hätte mich nicht ins Kino gezogen. Ansonsten würde ich nicht so weit gehen. Sie war doch meist Teil eines starken Ensembles („The Black Dahlia“, „The Other Boleyn Girl“, usw.).

YP: „We Bought a zoo“, „The Nanny Diaries“, „Scoop“, „He’s Just Not That Into You“ usw. Allesamt weit von gut entfernt.

PD: Ersteren habe ich noch nicht gesehen, aber bei den restlichen würde sich wohl niemand darüber ärgern, würde man sie vergessen.

Ich halte sie für eine richtig gute Schauspielerin, aber sie neigte zumindest in der Vergangenheit oft dazu, ihre Rollen ein wenig eindimensional anzulegen.

Alleine in den vier Filmen, die dieses Jahr mit ihr zu sehen waren, sieht man, wie sich ihre schauspielerische Bandbreite langsam erweitert hat. Sie kann, so scheint mir, nun auch in ein und demselben Charakter all ihre Qualitäten einfließen lassen. Zuvor war sie entweder nur die süße Naive („The Nanny Diaries“) oder die Femme Fatale („The Spirit“).

Ausnahmen wie „Match Point“ und „Lost in Translation“ zeigen, wie viel Potential in ihr steckt.

YP: Ich mag sie als Schauspielerin auch sehr gerne und bin gespannt, was sie noch aus ihrer Karriere macht. Aber experimentierfreudig war sie schon immer, erinnere dich an ihr Tom-Waits-Album …

PD: Das Album war eine interessante Angelegenheit, auch wenn ich sie nicht für eine gute Sängerin halte. Sie versucht sich aber eben in anderen Bereichen aus. Deshalb bin ich auch schon gespannt, wie ihr Regiedebüt „Summer Crossing“ (nach einem Roman von Truman Capote) wird.

YP: Vor allem würde ich mir mehr Action-Filme mit ihr als Leading Lady wünschen.

PD: Das muss nicht unbedingt sein. Sie darf gerne weiterhin zwischen Action-Ware und Arthouse-Kino hin und her pendeln. Mir wäre es sehr recht, wenn es generell mehr Actionheldinnen gäbe. So wartet eine Gina Carano heute noch auf passable Rollen, nach ihrem tollen Auftritt in „Haywire“.

YP: Sie stellt beispielsweise in „The Winter Soldier“ den blassen Chris Evans locker in den Schatten. Und auch im starbesetzten „Avengers“ nimmt sie den Raum ein, den sie braucht.

PD: Evans würde ich gar nicht als blass bezeichnen. Der Charakter des Captain America ist einfach der etwas uninteressantere. Vor allem, im Vergleich zu den anderen Avengers.

Jaws

18 Freitag Jul 2014

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

≈ 2 Kommentare

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Christopher Nolan, E.T., Indiana Jones, Jaws, Jurassic Park, Richard Dreyfuss, Roy Scheider, Steven Spielberg

Beinahe 40 Jahre hat Steven Spielbergs legendärer Blockbuster „Jaws“ (1975) nunmehr auf dem Buckel und hat doch nichts von seiner Faszination verloren. Was macht den Hai-Klassiker so anziehend und wo steht er im Vergleich zu anderen Werken Steven Spielbergs? Eine Annäherung an den ersten Blockbuster des einstigen Wunderkindes.

PD: Du hast „Jaws“ im Rahmen der Haydn Classics (das English Cinema Haydn feierte auf diesen Weg sein 100-Jahr-Jubiläum) gesehen. Wie war es, diesen Klassiker in einer schönen 35mm-Kopie zu betrachten? Ich kenne den ja nur von VHS-Bändern oder der DVD.

YP: War er ja nicht! Es war digitally remastered. Aber die Leinwand war schön groß und ich hatte tolle fußfreie Sitze!

PD: Ich hatte bei meiner erneuten Sichtung meinen alten Fernseher vor mir, dazu allerdings auch fußfreie Plätze.

YP: Nachdem ich den Film nun über zehn Jahre nicht mehr gesehen hatte, war das schon beeindruckend, ihn erstmals auf der großen Leinwand zu bewundern. Und ich habe mich köstlich amüsiert.

PD: Bei mir ist es etwa acht Jahre her, seitdem ich ihn das letzte Mal sah, aber ich war sehr überrascht, wie blutig „Jaws“ ist. Das hat mich sehr überrascht.

YP: Deine Sichtungsweise hat etwas Nostalgisches. Immerhin kenne ich den Film aus dem spätabendlichen Fernsehprogramm der deutschen Privatsender.

PD: Mir haben meine älteren Cousins stets von „Jaws“ vorgeschwärmt und so lernte ich ihn erstmals am kleinen Fernseher, als VHS-Kopie, bei meinen Verwandten kennen.

YP: Als filmaffine Nachtschwärmerin bin ich ohnehin nicht um „Jaws“ herumgekommen. Als ich den Film als Teenie sah, war mir ja nicht einmal Steven Spielberg ein Begriff. Das hat sich erst später zusammengefügt, durch die Indiana-Jones-Reihe, „E.T.“ und vor allem natürlich „Schindler’s List“.

PD: Spielberg war mir bereits ein Begriff, allerdings nur als Name, der mit Mainstream-Filmen in Verbindung gebracht werden konnte. Zum Beispiel als Produzent von „The Goonies“, „Gremlins“ oder „Back to the Future“.

Es hat länger gedauert, bis ich ihn auch als Regisseur entdeckte. Dabei konnte ich „E.T.“ nie ausstehen. Erst der Thrill und die Freude von „Jaws“ und den „Indiana Jones“-Filmen, haben mich seinem Schaffen näher gebracht.

YP: Ging mir genauso. Was mir nur bei meiner Wiederentdeckung von „Jaws“ in den Sinn gekommen ist: Den habe ich damals in viel zu jungen Jahren gesehen. Und amüsiert war ich von den Einzeilern („You’re going to need a bigger boat“) und dem Schmäh. Ich muss gestehen, dass mir die Gewalt gar nicht als solche ins Auge fällt. Das führe ich darauf zurück, dass sich eine gewisse Toleranzgrenze gegenüber gewalttätigen Inhalten manifestiert hat. Das ist erschreckend, aber Realität.

PD: Heute, bei einer erneuten Sichtung, kann ich mich darauf konzentrieren, wie der Film aufgebaut wurde, wie er gemacht wurde. Als Kind und auch später als Teenager, war ich versessen darauf, wann denn der Hai zuschlagen würde. Dass man viel Blut, aber kaum den Hai selbst zu Gesicht bekommt, überrascht mich allerdings immer wieder.

YP: Der Wiedererkennungswert des Scores ist als Kultfilm auch sehr groß.

PD: Bei dieser erneuten Sichtung hat mich ebenfalls überrascht, wie effektiv und doch auch unaufgeregt der Soundtrack von John Williams ist. Heute würde solch ein Film, wohl mit einem ständig dahin trommelnden und dröhnenden Klangteppich unterlegt werden.

Mir stach dabei ins Auge, wie sehr sich Spielberg mit den Jahren veränderte. Man vergleiche den Blockbuster „Jaws“ mit dem Blockbuster „Jurassic Park“.

YP: Die Wiederentdeckung ist natürlich um so viel reicher als Seherlebnis, weil es filmtechnisch und dramaturgisch so viel zu entdecken gibt. Auch dieser Spannungs- und Suspense-Aufbau, mit dem sich Spielberg begnügt. Wie er die Leinwandpräsenz des „Great White“ so minimal gestaltet, vor allem was die erste Hälfte des Films betrifft.

PD: …und dann gibt es da auch noch dieses Männer-Trio, welches so stark im Gedächtnis bleibt, auch abseits der eingängigen Dialogzeilen.

Ich musste ständig diese Vergleiche mit „Jurassic Park“ in Gedanken durchspielen. In „Jurassic Park“ ist alles auf der Überwältigung und der Bewunderung der Monster aufgebaut, zudem sind Kinder als Charaktere viel stärker in dem Film präsent. In „Jaws“ wird über Geschichten und Photographien von Wunden, die Gewalt und Gefahr und somit auch der Horror rund um den „Great White“ erzeugt. Es ist mehr ein wohliges Gruseln.

YP: Die gesamte Konstellation zum Schluss (die drei Männer auf dem winzigen Schiff) wirkt etwas grotesk. Auch wie Hooper (Dreyfuss) dann mit seinem instabilen Haikäfig unter Wasser begibt, das hat etwas Bescheuertes. Ich schätze aber, dass die Verzweiflung bei den Männern groß war. Wobei Brodys (Scheider) Idee, wie er schließlich mit dem Hai fertig wurde, einfach gut passt.

PD: Das ganze Unterfangen wirkte auf mich, als ob die Männer bewusst in den Tod gehen würden. Sie sind auf einem alten, klapprigen Boot und eher schlecht denn recht ausgerüstet. Als sie dann anfingen, ihre Narben zu vergleichen und Geschichten auszutauschen, fühlte ich mich wie in einem Kriegsfilm. Als wären dies hier Todgeweihte Soldaten im Schützengraben.

YP: Obwohl für den Haijäger Quint es die letzte Fahrt war. Der war doch auf einem Vergeltungstrip. Brody schien mir als einziger einigermaßen vernünftig und es war auch klar, dass da was bei ihm auch unter der Oberfläche schlummerte, was mit Haien in seiner Vergangenheit zu tun hatte.

PD: Quint hatte ja auch seinen Vergeltungstrip, nachdem das Marineschiff sank und viele der Überlebenden von Haien gefressen wurden, bevor sie gerettet werden konnten. Doch ja, von der Handlungsweise der Charaktere, schien mir einzig der Wasserscheue Brody, mit der nötigen Vorsicht an die Jagd heran zu gehen. Quint und Hooper wirkten beinahe Selbstvergessen.

Den Schluss fand ich aber, bei aller Liebe, einfach unglaubwürdig.

Der explodierende Hai, war ein wenig zu übertrieben auf den Showeffekt hin gedreht. Auch wenn ich diese Anekdote zum Showdown sehr mag: „Peter Benchley was not happy with Steven Spielberg’s ending where the shark is killed when a compressed air tank explodes in its mouth, claiming it was unrealistic. Spielberg defended himself by saying he will have held his audiences‘ attention for two hours and they would believe anything in the end no matter how unrealistic or unbelievable the ending really was.“

Damit sagt Spielberg ja, dass, egal wie unrealistisch das Geschehen ist, das Publikum dir Glauben schenkt, sofern du es zuvor gefesselt hast.

YP: Das schreibt der verstorbene Roger Ebert in einer retrospektiven Besprechung über „Jaws“: „Before „Jaws,“ he was known as the gifted young director of films such as „Duel“ (1971) and „The Sugarland Express“ (1974), After „Jaws,“ „Close Encounters of the Third Kind“ (1977) and „Raiders of the Lost Ark“ (1981), he was the king.“

PD: Das habe ich auch gelesen. Ebert drückt schön auch den neu gewonnen Status von Spielberg nach dem Kassenerfolg aus.

YP: Womit er den Nagel auf den Kopf trifft. Spielberg hatte freie Bahn nach so einem Film. Und das Schöne daran ist auch, dass es absolut nachvollziehbar ist, weil eben „Jaws“ kaum an Reiz einbüßt. Und wir sprechen von einem Zeitraum von knapp 40 Jahren.

PD: Da stimme ich dir voll und ganz zu. Auch ein Publikum, das längst andere Horror- und Thriller-Sehgewohnheiten hat, kann in diesen Film versinken, weil er so intelligent aufgebaut ist.

Ich verehre Spielberg nicht, aber bewundere doch, dass er in seinen besten Arbeiten, diese zeitlose Unterhaltungsqualität zuwege gebracht hat.

YP: In den 80igern und 90igern war er mit seinem anspruchsvollen Unterhaltungskino das personifizierte Hollywood.

PD: Etwas, das man heute von Christopher Nolan sagen kann.
Spielberg hat sich gewandelt, und zwar weil er dies auch so wollte. Weg vom reinen Mainstream-Fantasten und hin zum anerkannten Künstler. Das gelingt ihm auch heute noch („Lincoln“). Seine Mainstream-Arbeiten, wie die Rückkehr zu „Indiana Jones“ haben mich jedoch eher verzweifeln lassen.

Transcendence

09 Freitag Mai 2014

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

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Captain America, Christopher Nolan, Inception, Johnny Depp, Künstliche Intelligenz, Rebecca Hall, Transcendence, Wally Pfister

Ursprünglich wollte Christopher Nolan inszenieren, hat dann aber „Interstellar“ übernommen und Wally Pfister „Transcendence“ angetragen. Dieser konnte sich bei Filmen wie „Inception“ bisher einen Namen als Kameramann machen. Wie sich das auf Wally Pfisters Regiedebüt ausgewirkt hat und wie viel von Nolans Einfluss außerdem noch im Film steckt, wollen wir folgend besprechen.

YP: Ob du es glaubst oder nicht, mir hat der zweite „Captain America“ besser gefallen als „Transcendence“

PD: Inwiefern hat dir „Captain America“ besser gefallen?

YP: Erstens gibt es Ähnlichkeiten im Plot zwischen „Captain America“ und „Transcendence“. (Das Bewusstsein bzw. das gesamte Denkvermögen und Wissen von jemanden wird virtuell hochgeladen. Welche Sicherheits-Gefahren die virtuelle Welt mit sich bringt usw.) Zwar ist „Transcendence“ schöner anzusehen, aber die Comicverfilmung hat mehr Schmäh und macht dadurch auch mehr Spaß.

PD: Gut, diesen Vergleich kann ich nun nicht ziehen, da ich den neuesten „Captain America“-Film noch nicht gesehen habe. Ich stimme aber auf jeden Fall darin zu, dass „Transcendence“ nicht unbedingt ein humorvoller Film geworden ist.

YP: Nicht nur nicht humorvoll, das muss er nicht. Aber auch so ist der Film absolut zäh und langweilig. Konnte mich kaum mitreissen und ließ mich unbeeindruckt zurück. Schön und gut, er wirft ein paar Fragen auf, über die es sich nachzudenken lohnt. Das wars dann auch.

PD: Keineswegs. So sehr das Debüt von Wally Pfister auch narrative Probleme hatte (und davon gibt es ja doch einige), aber langweilig fand ich ihn keineswegs. Gestört hat mich eher, dass Pfister so viele interessante Themen anschneidet, aber nicht gründlich vertieft, sondern sich stattdessen auf die „Liebesgeschichte“ zwischen Will (Johnny Depp) und Evelyn (Rebecca Hall) versteift und genau darin liegt das Problem. Die emotionale Seite des Konflikts Künstliche Intelligenz vs. „echte“ Gefühle ist sehr schnell ausgearbeitet, alle anderen Aspekte bleiben viel zu oberflächlich.

Im Gegensatz dazu hat „Her“ den richtigen Zugang gefunden, und sich einfach auf einen Aspekt konzentriert.

YP: An „Her“ musste ich auch öfters denken, da der Vergleich auf der Hand liegt. Zugegebenermaßen, ich habe mir jetzt auch kein „Inception“-Spektakel erwartet, aber dadurch, dass der Film keinen roten Faden, bzw. Hering, findet, verliert er mich als Zuseherin. Es hätte nicht schlecht getan, hätte sich die Story mehr auf die Terror-Gruppierung konzentriert, denn auf Evelynes und Wills Beziehung. Die so keine war, sie hat mit einem Computer gesprochen, und es war unmissverständlich, dass es sich um einen Computer gehandelt hat. Erst zum Schluss kippte das um.

PD: Da muss ich dir widersprechen, ich finde das war ein spannender Aspekt, dass man sich eben die Frage stellen musste, ob es sich nun tatsächlich um Will, um eine Simulation von Will oder um eine computerisierte Fortführung von Wills Bewusstsein handelte, mit der Evelyn es zu tun hatte. Seine Reaktionen speisten sich aus den Erinnerungen, die ihm mitgegeben wurden, aber inwiefern er doch noch dem Menschen glich, der er war, ob er nur eine Simulation war oder doch ein weiter entwickeltes Wesen, das war bis zum Schluss nicht klar, sondern oblag dem Zuseher. Ich interpretierte die Entwicklungen in Nano-Technologie und der Transzendenz, mit der Will die Welt überziehen wollte, als die Handlungen eines neuen, eigenständigen Wesens.

Was die Terrorgruppe R.I.F.T. angeht. Zu Beginn hatte ich mich schon über deren Präsenz gefreut, da ich an die Terrorgruppierung aus David Cronenbergs „eXistenZ“ denken musste, aber mehr als ein nie klar ausformulierter Nebenplot, waren sie dann doch nicht. Das gefiel mir an Will als Künstliche Intelligenz. Er war nie wirklich ein Bösewicht. Genauso wie die Menschen nie wirklich die Guten waren. Es blieb alles im Graubereich.

YP: Ein Bösewicht war er nicht im traditionellen Sinne, aber Gutes getan hat er auch nicht. Seine Armee bestand aus Menschen, die er sich zunutze und willig gemacht hat. Er hat sie manipuliert, sie von sich abhängig gemacht. Dieser Aspekt seines Charakters hat mir nicht gefallen, ob es Wills Intelligenz war oder irgend eine artifizielle Computer-Intelligenz. Für mich war das ein Indiz dafür, dass es nicht der Mensch Will sein kann. Und so wie sich Evelyn von ihm distanziert hat, war er es auch nicht. Das Ende ist mir obendrein zu sentimental angehaucht gewesen. Echter Will hin oder her.

PD: Das ist ein schöner Punkt, der nicht schwarz-weiß inszeniert wurde. Einerseits hilft Will den Menschen, indem er sie von ihren Krankheiten heilt, andererseits infiltriert er sie und – in bester „Invasion of the Body Snatchers“-Manier – benutzt sie. Doch seine „Armee“ wird erst aktiv, als die US-Army mit ihrem Angriff beginnt. Es ist nicht klar, ob er überhaupt irgendwelche Pläne mit ihnen hatte.

Das Finale war mir auch zu sentimental, wie auch der Score von Mychael Danna zuweilen viel zu sehr ins Sentimentale kippte. Für jeden musikalisch grandios untermalten Moment (da kamen ein wenig Erinnerungen an den tollen Soundtrack von Steven Soderberghs „Solaris“-Remake hoch) gab es einen ebenso furchtbar-klebrig-süßen.

YP: Willst du damit sagen, dass sein Größenwahn ausschließlich im Dienste der Erforschung der Nanotechnologie stand?

PD: Die Problematik, wie er die Nanotechnologie eventuell einsetzt, ist natürlich sehr negativ besetzt und passt ins beste „Großer böser Bösewicht“-Schema. Doch auch hier: Er regeneriert die Umwelt, reinigt Flüsse und Ozeane, lässt Wälder von Neuem wachsen. Es ist ein schmaler Grat auf dem all diese Entwicklungen stattfinden. Die Angst, dass Will damit nur seinem eigenen Größenwahn dienen würde, stammt auch wieder von den Menschen.

YP: Offensichtlich haben wir beide diesen Aspekt ganz anders aufgefasst. Die Stärke des Films lag im Cast – wobei ich hier Johnny Depp herausnehme  – und in den Bildern. Auch wenn Christopher Nolan nur als Executive Producer angeführt wird, der Nolan-Schriftzug ist nicht zu leugnen.

PD: Ja, der Cast ist ein Hauptpunkt, weshalb man sich den Film ansehen soll. Dabei hat Depp zwar den Starfaktor und über ihn wird der Film auch verkauft, aber er verbringt den Großteil des Films doch relativ starr auf einem Computerscreen. Die Kameraarbeit von Jess Hall hat mich hingegen ein wenig enttäuscht. Es waren einige schöne Aufnahmen dabei, aber da ist man von Wally Pfister als Kameramann einfach mehr gewohnt.

Nolans Einfluss ist zwar nicht zu übersehen, aber im Gegensatz zu seinen Filmen, gefiel mir an „Transcendence“, dass es nicht in einem endlosen Actionfinale endete. Die Logiklöcher in der Handlung sind nicht gerade förderlich, für das Gelingen des Films. Darunter leiden dann auch ganze Charaktere, wie etwa die von Kate Mara gespielte Terroristin, oder Cillian Murphys FBI-Agent.

YP: Der Film wirft interessante Punkte auf, über die man sich Gedanken machen kann. Zum Beispiel die Gesellschaft ohne Internetzugang und was es bedeutet, ständig vernetzt und online zu sein. Außerdem das Expandieren des Bewusstseins. Ich kann nicht leugnen, dass da ein gewisser Reiz immer mitschwingt. Aber mich ließ der Film komplett leer zurück und ich hatte Schwierigkeiten dabei, gedanklich nicht abzudriften. Kathartische Action-Sequenzen à la „Captain America“ brauche ich bestimmt nicht, aber in „Transcendence“ passt für mich einiges nicht zusammen.

PD: Die Internetlosigkeit hat mich gar nicht so sehr interessiert. Viel mehr wie leicht es für Will war, an der Wall Street Geld zu verschieben, was der nächste Schritt in der Evolution wäre, würde eine künstliche Intelligenz mit den Ressourcen von Will Forschung vorantreiben und so weiter. Es ist im Grunde die etwas pessimistischere und weniger romantische Version von „Her“. Genau genommen kann man die beiden Filme auch hintereinander in einem Double Feature betrachten.

Was nicht zusammenpasst, sind eben die vielen Logiklöcher. Wie kann etwa niemand von der Regierung bemerken, dass in der Wüste eine riesige Serverfarm aus privaten Mitteln entsteht? Woher kam das Geld? Hat niemand untersucht, wie das Geld an der Wall Street verschoben wurde? Wieso wird über die Jahre nicht einmal versucht, Will aufzuspüren, oder Evelyn?

YP: Das mit dem Geld hat mich auch beschäftigt, sie wird Multi-Millionärin, ihr Unternehmen macht unglaublich hohe Summen an der Wall Street und niemanden fällt es auf, es kommen keine Journalisten usw. In der Wüste entsteht ein technologisches Babylon und niemand kommt dem auf die Schliche. Da ist weggelassen worden, aber es fehlt dann auch dem Publikum, damit die Geschichte ein rundes Ganzes ergibt.

PD: … und die Terrorgruppe entführt Wissenschaftler und mordet sich durch die Gegend, aber der Kern bleibt unbehelligt, obwohl die Behörden ja offenbar wissen, wo die sich herum treiben.

…und warum hat das FBI einfach nichts getan in etwa fünf Jahren? Der von Cillian Murphy gespielte Agent, wurde ja mehr oder weniger darüber informiert, dass bei der Fahndung nach Terrormitgliedern, das Bewusstsein von Will sich ins FBI-System gehackt hat, und es passiert…nichts. Niemand wird dadurch nervös, oder einfach nur aufmerksam. Das fehlt, aber dafür hätte es noch viel mehr Zeit nötig gehabt, oder einen Regisseur, der über solche Logiklöcher geschickter darüber inszeniert und nicht einfach nur woanders hinschneidet.

YP: Nichtsdestotrotz bleibt der Film ein ambitioniertes Regiedebüt von einem exzellenten Kameramann. Gute Regisseure fallen nun mal nicht vom Himmel. Nicht wie die Regentropfen.

PD: Da hätte die Nanotechnologie von Will vielleicht geholfen.

Gerade deshalb stehe ich dem Film vielleicht etwas milder gegenüber. Es ist ein sehr ambitioniertes Projekt, dass einfach die vielen großartigen Ideen nicht gut genug umzusetzen weiß. Leider.

YP: Das verstehe ich schon, aber mich um mein Kinovergnügen zu bringen, stimmt mich nicht sonderlich milde. Da kenne ich kein Pardon.

PD: So ging es mir eben mit „Noah“. Da fühlte ich mich um mein Kinovergnügen gebracht. Bei „Transcendence“ hatte ich zumindest das Gefühl, dass hier etwas versucht wurde. Der Film, so viele Fehler er auch in sich trägt, brachte mich zum nachdenken und zum grübeln.

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