• About Film im Dialog

Film Im Dialog

~ Dialoge über aktuelle und weniger aktuelle Kinofilme

Film Im Dialog

Schlagwort-Archiv: Denis Lavant

Under the Skin

31 Freitag Okt 2014

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

≈ 4 Kommentare

Schlagwörter

2001, Denis Lavant, Girl With A Pearl Earring, Holy Motors, Jonathan Glazer, Lost in Translation, Mica Levi, Michel Faber, Prometheus, Scarlett Johansson, The Horse Whisperer, Under the Skin

Beinahe zehn Jahre arbeitete Jonathan Glazer an einer Adaption des Romans „Under the Skin“ von Michel Faber. Am Ende dieser langen Reise steht ein herausforderndes und nicht für jeden Kinogänger zugängliches Werk.

YP: „Under the Skin“ ist eigentlich einer dieser Filme, die sich nicht so leicht in Worte fassen lassen. Das werden zwei Stunden lang Stimmungen vermittelt. Ein bischen bizarr ist das Ganze dann schon.

PD: Mir gefiel vor allem, dass sich Jonathan Glazer von der ersten Sekunde weg, diesem nicht unbedingt leicht zugänglichem Stil verschrieben hat. Die Eröffnungssequenz, die sofort Erinnerungen an „2001“ wach gerufen hat, gibt den Ton vor. Man kann darüber spekulieren, wie es zur Entstehung dieses Wesen, in Form einer Frau, kam. Dabei scheint Glazer der gesamte Hintergrund der Frau und ihr Ziel, völlig gleichgültig. Man erfährt mehr über die schottische Landschaft und das menschliche Verhalten.

YP: Einen Vergleich mit Kubricks „2001“ finde ich weit hergeholt. Dann können wir gleich von der Erschaffung des Menschen sprechen,  wie wir das in „Prometheus“ gesehen haben. In diese Richtung schwenkt der Film aber nicht. Eher wie ein gewagtes kleines Experiment des Independent-Kinos. Es ist sehr ungewohnt, etwas so frei Inszeniertes zu Gesicht zu bekommen. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass sich große Teile des Publikums – Scarlett Johansson ist ein Hollywood-Star – ziemlich fehl am Platz fühlen werden.

PD: Den Vergleich finde ich, vor allem was die Ästhetik der ersten Augenblicke angeht, gar nicht so weit hergeholt. Wenn wir uns dann mit dem Motorradfahrer in den Highlands befinden, passt dies natürlich nicht mehr. Experiment würde ich „Under the Skin“ auch nicht nennen wollen, denn Experiment hat auch immer etwas von etwas Willkürlichem und Gescheitertem. So wie ich auch den Begriff Experimentalfilm nicht mag. Das klingt sehr danach, als ob die Macher einfach drauflos werkeln würden, ohne großen Plan.

YP: Nein, ich verwende den Begriff in Hinblick darauf, dass es ein geglücktes Experiment geworden ist. Aber es stimmt, in erster Linie kommt die Konnotation des Gescheiterten. So ist es aber nicht. Ein Wagnis ist er allemal dabei eingegangen und ich bin mir sicher, dass Viele wenig bis nichts mit dem Film anfangen werden.

PD: Obwohl einige gruselige Sequenzen dabei sind, würde ich „Under the Skin“ keineswegs als Horrorfilm klassifizieren. Selbst das Sci-Fi-Genre lässt sich nur schwer verifizieren. Der Beginn und das Ende deuten zwar in klare Genre-Richtungen, aber der gesamte Film hat etwas schwer Einzuordnendes.

YP: „Under the Skin“ findet sich am besten in einer Reihe mit „Holy Motors“ von Leos Carax wieder. Oder in Filmen von David Lynch. Das Schaurige ergibt sich vielmehr aus den Einstellungen, nicht aus der Handlung heraus. Wobei die Kargheit der Landschaft auch Gespenstisches transportiert.

Es wäre dem Film gegenüber sehr unfair, ihn unbedingt ihn eine Genreeinteilung zu packen, insbesondere weil er Genre-Konventionen auf den Kopf stellt.

PD: Die „Holy Motors“-Verbindung gefällt mir gut. Der Charakter oder auch eher die vielen Charaktere die Denis Lavant dort spielte, lassen sich sehr gut in Bezug zu Scarlett Johansson setzen. Beide spielen weniger ausgeformte und „menschliche“ Charaktere, sondern eher leere Hüllen, die sich durch verschiedene Mittel erst einen Charakter aneignen. Bei Lavant geschieht dies spielerischer als bei Johansson, was aber auch an den unterschiedlichen Handlungen der beiden Filme liegt.

YP: Wobei ich mir immer denke, dass die Menschen immer mehr zu leeren Hüllen hinentwickeln. So aufs Tun und Erledigen, Abhaken ausgerichtet. Die Neugierde bleibt auf der Strecke.

PD: Gut, aber glaubst du wirklich dass in früheren Zeiten, der Mensch ein erfüllteres Wesen war? Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, dass der Landwirt im Mittelalter sehr viel Zeit hatte um sich selbst zu verwirklichen und einen Sinn im Leben und Tun zu finden.

YP: Ach, ich denke nicht, dass die Menschen „erfüllter“ waren. Heute wird den Menschen viel mehr ihr Spiegelbild vorgehalten. Das führt dazu, dass man sich ständig offenbart. Damals hat man übergelebt, heute sinniert man vielleicht mehr übers Leben.

PD: Wie gefielen dir die Szenen im „Black Room“?

YP: Schön anzusehen, ein wenig irritierend und verstörend.

PD: Für mich waren sie das stilistische Highlight. Die Szenen wo das namenlose Alien versucht Männer aufzugabeln, waren eher dokumentarisch und karg gehalten, aber bei den „Black Room“-Szenen, hat Glazer dem Film seine unheimliche Sogwirkung verpasst.

YP: Das ist auch eine schöne Metapher, wie sie diese Männer verführt. Obwohl es etwas ziemlich Eigenartiges darstellt, ist sind diese „Opfer“ respektvoll und fesselnd. Mir geht auch dieser fantastische Score nicht aus dem Kopf.

PD: Der Soundtrack von Mica Levi – hier ein schönes Interview mit ihr – verleiht der Inszenierung von Glazer auch die nötige Atmosphäre. Gerade bei einem Film, in dem oberflächlich so wenig passiert und noch weniger gesprochen wird, ist ein gut abgestimmter Klangteppich, unerlässlich. Man stelle sich etwa 08/15-Klaviermusik vor, die den ganzen Film hindurch erklungen wäre. Die Bilder wären eines Großteils ihrer Wirkung beraubt.

Von Scarlett Johansson habe ich ohnehin eine hohe Meinung, aber hier hat sie einen bisherigen Karrierehöhepunkt gesetzt. Sie drückt perfekt die Verwunderung über diese neue Welt und die Menschen aus und durchlebt auch sichtbar einen Lernprozess. Dass dieser für sie nicht gut endet, sagt viel über Glazers pessimistische Sicht auf die Menschheit aus.

YP: Hauptsächlich passt Scarlett Johansson in diesen Film so perfekt hinein, weil sie schön öfters nur mit ihrem Gesicht gespielt hat. Denken wir an „The Horse Whisperer“, oder an „Lost in Translation“ oder an „Girl With A Pearl Earring“. Sie drückt Verwunderung, Erstaunen, Neugierde in nur wenigen Millimetern Mimik sehr ansprechbar und glaubhaft aus. Und dann umgibt sie in dieser Rolle auch noch eine Aura des Verruchten und Verführerischen, und im nächsten Moment kann sie kalt und gleichgültig sein. Sie ist einfach nur perfekt.

Abonnieren

  • Einträge (RSS)
  • Kommentare (RSS)

Archiv

  • September 2016
  • Juli 2016
  • Juni 2016
  • Mai 2016
  • April 2016
  • März 2016
  • Februar 2016
  • Januar 2016
  • Dezember 2015
  • November 2015
  • Oktober 2015
  • September 2015
  • August 2015
  • Juli 2015
  • Juni 2015
  • Mai 2015
  • April 2015
  • März 2015
  • Februar 2015
  • Januar 2015
  • Dezember 2014
  • November 2014
  • Oktober 2014
  • September 2014
  • August 2014
  • Juli 2014
  • Juni 2014
  • Mai 2014
  • April 2014
  • März 2014
  • Februar 2014
  • Januar 2014
  • Dezember 2013
  • November 2013

Kategorien

  • Filmdialoge
  • Personalia
  • Special
  • TV
  • Uncategorized

Meta

  • Registrieren
  • Anmelden

Erstelle kostenlos eine Website oder ein Blog auf WordPress.com.

Datenschutz & Cookies: Diese Website verwendet Cookies. Wenn du die Website weiterhin nutzt, stimmst du der Verwendung von Cookies zu.
Weitere Informationen, beispielsweise zur Kontrolle von Cookies, findest du hier: Cookie-Richtlinie
  • Abonnieren Abonniert
    • Film Im Dialog
    • Schließe dich 53 Followern an
    • Du hast bereits ein WordPress.com-Konto? Melde dich jetzt an.
    • Film Im Dialog
    • Anpassen
    • Abonnieren Abonniert
    • Registrieren
    • Anmelden
    • Melde diesen Inhalt
    • Website im Reader anzeigen
    • Abonnements verwalten
    • Diese Leiste einklappen