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Interstellar

14 Freitag Nov 2014

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2001, Anne Hathaway, Casey Affleck, Christopher Nolan, Contact, Deep Space Nine, Douglas Adams, Grapes of Wrath, hans zimmer, Inception, Interstellar, Jessica Chastain, John Lithgow, Matt Damon, matthew mcconaughey, Michael Caine, Neil deGrasse Tyson, Stanley Kubrick, The Black Hole, The Dark Knight, The Prestige, The Right Stuff, Topher Grace, Wes Bentley

Einmal die Luft anhalten. Christopher „Arthouse-Blockbuster-Cinema“ Nolan hat einen neuen Film ins Kino gebracht.

Dicke Spoilerwarnung!

PD: Wie gefielen dir die vielen Einflüsse die zu erkennen waren? Mir schien, Nolan durchpflügte geradezu die Sci-Fi-Geschichte. Von „2001“ über „The Right Stuff“ bis hin zu Douglas Adams. Im Endeffekt hatte ich aber das Gefühl, dass Nolan das geschafft hat, was „Contact“ von Robert Zemeckis versuchte. Einen Unterhaltungsfilm auf Basis der wissenschaftlichen Theorien eines großen Forschers (Carl Sagan vs. Kip Thorne) zu erschaffen.

YP: Überrascht dich das? Nolan ist dafür bekannt, dass er immer noch eines draufsetzen kann. Für mich ist er ein größenwahnsinniger Filmemacher, der Blockbuster mit eskapistischem Anspruch ins Kino bringt.

PD: Ich wusste nicht wirklich was ich mir von „Interstellar“ erwarten soll, aber einen Sci-Fi-Film, der zu großen Teilen eine überraschend sentimentale Familiengeschichte erzählt vor dem Hintergrund einer Öko-Katastrophe, hatte ich nun wirklich nicht erwartet.

YP: Meine Erwartungshaltung war bescheiden. Viel erwartet habe ich mir nicht. Ehrlich gesagt, weiß ich jetzt auch nicht, was ich davon halten soll. Der Film lässt mich irgendwie kalt. Nicht so wie die Filme bisher. Und doch will ich ihn unbedingt wiedersehen. Zum Beispiel hat mir Matthew McConaughey sehr gut darin gefallen und doch ärgert es mich, dass Murphs Storyline viel zu kurz kommt. Die zum Teil komplett stummen Weltraumaufnahmen waren wirklich wunderschön. Im Gegenteil nervte mich wieder die Nolansche Herangehensweise der Musikverwendung zum Schluss des Films.

PD: Womöglich hat es auch geholfen, dass ich dem Hype – der auch zu einer eigenwilligen Anti-Nolan-Tendenz in vielen Rezensionen geführt hat – entgangen bin. Kalt ließ mich „Interstellar“ nicht, das passierte mir bislang nur bei „The Prestige“. Keineswegs. Mir gefiel viel mehr, dass es sich hier gar nicht um einen Blockbuster handelte, sondern um einen ruhigen Sci-Fi-Film, der sich in großen Teilen für die theoretische Seite der Geschichte interessierte. Ich kann mich nicht erinnern, wann ein Weltraum-Film, tatsächlich wissenschaftliche Theorien abhandelte und nicht bloßes Technobabble ablieferte. In dem Zusammenhang gefielen mir auch die Twitter-Kommentare von Neil deGrasse Tyson.

„Inception“ oder auch die „Dark Knight“-Trilogie, sind sexier, haben viel mehr Action, viel mehr eye candy zu bieten. Zudem eine Superstarbesetzung. Ich glaube kaum dass ein Großteil des Publikums in Verzückung geriet Matthew McConaughey zu sehen, oder in kleinen und feinen Auftritten John Lithgow oder Michael Caine.

Die Musik von Zimmer war diesmal wieder ein Graus, die hat mich den ganzen Film über genervt. Was das angeht, gibt es bei Nolan eindeutig Verbesserungsbedarf. So wie mir auch die Sentimentalität im Finale zu platt ausgebreitet wurde. Murphs Handlungsstrang war mir deshalb sogar zu lang.

YP: Kalt ließ mich „Interstellar“ nicht. Muss auch dazusagen, dass ein actionreicherer Film einfach leichter runtergeronnen wäre als das, was er uns hier präsentierte. Ich bin hin- und hergerissen. Einerseits gefällt mir diese ruhigere Herangehensweise, andererseits wirkt mir das einfach nur unausgegoren.

PD: Unausgegoren? Mir gefiel der Rhythmus-Wechsel. Zunächst geht es ja hauptsächlich um die Beziehung von Cooper zu seinen Kindern und auch um die Probleme, denen die Menschheit auf der Erde gegenübersteht. Erst danach gibt es diesen etwas abrupten Wechsel in den Weltraum.

YP: Matthew McConaughey war hier streckenweise sogar richtig gut, besser als als in „Dallas Buyers Club“. Da gab es Passagen des Films, wo er einfach nur Cooper ist. Bei McConaughey passiert mir das oft, dass seine Person meistens nie die Figur wird bzw. ich seine Person mit der Figur, die er spielt gleichsetze. Natürlich ist das ihm gegenüber ziemlich unfair, macht er nun schon seit einigen Jahren einen großartigen Job als Schauspieler.

PD: Das Schauspiel ist eher ein starker Kritikpunkt. McConaughey hat den erdigen Piloten ganz gut verkörpert, und war auch der richtige Typ um dieses „The Right Stuff“-Gefühl, diese positive Sicht auf Technik und Fortschritt, entsprechend zu vermitteln. Doch zu seinen besten Leistungen würde ich dies hier nicht zählen. Er ist gut und trägt den Film, aber da fand ich ihn in „Dallas Buyers Club“ stärker. Neben ihm gefiel mir vor allem Matt Damon sehr gut.

Es war teilweise auch undankbar für die vielen bekannten Gesichter. Anne Hathaway musste den schmalzigsten und unnötigsten Punkt des Films (die Kraft der Liebe) in einem viel zu langen Monolog erörtern. Casey Affleck und Topher Grace waren so kurz zu sehen, dass man sie kaum bemerkte.

YP: Die Musik hat mich diesmal nicht so gestört. Vor allem, weil die schönen Einstellungen hauptsächlich stumm waren.

PD: Im Vergleich zu anderen Filmen etwas weniger, aber eben auch deshalb, da Nolan sehr viele stumme Passagen einbaute und so den Musikteppich von Zimmer immer wieder unterbrach.

YP: Übrigens teile ich die Meinung vieler Film-Twitterer nicht. Für mich muss ein Science-Fiction-Film keinen realistischen Hintergrund haben, damit ich ihn verstehe und schon gar nicht bin ich der Meinung, dass ich erst einen Film mögen kann, wenn ich ihn verstanden habe. Mich regt diese Diskussion auf. Seit wann hat meine (vielleicht sogar eingeschränkte) Weltsicht Allgemeingültigkeit. Nämlich so sehr, dass ich keinen Zugang zu anderen Werken der Kunst habe.

PD: Gerade deshalb gefielen mir die Tweets von deGrasse Tyson so gut. Ein Science-Fiction-Film, der sich nicht rein auf das optische Spektakel verlässt, sondern tatsächlich in die Theorien die er verwendet eintaucht, wird natürlich auch hinterfragt. Wäre das Schwarze Loch nur als Gimmick benutzt worden, wie etwa in dem Disney-Film „The Black Hole“ (1979), dann würde man sich darüber beschweren, dass Nolan einen so oberflächlichen Zugang gewählt hätte. Es ist aber schon sehr befremdend, dass es teilweise weniger um die Erzählung und mehr um die Wissenschaft dahinter geht. Dabei wird völlig übersehen, dass ein Film, der ein theoretisches Denkkonstrukt durcharbeitet, natürlich spekulieren muss, wie die Handlung fortgeführt werden kann.

YP: Ein Hindernis in der Auseinandersetzung stellen diese Theorien – nicht Logikfehler – allerdings schon dar. Je mehr man sich mit dem Film auseinander setzt, desto mehr Fragen wirft er auf. Das ist keine schlechte Sache, das ist im besten Falle sogar erwünscht. Hier allerdings fehlt irgendwas. Man hängt in der Luft. Ich kann das nicht erklären. Und weil ich oben geschrieben habe, dass mich der Film kalt gelassen hat: diesen Film habe ich mir nicht erwartet und das finde ich gut.

Und diese überraschende Rührseligkeit war zum Haareraufen.

PD: Mich ließ Nolan ein wenig in der Luft hängen, da er zu sehr versuchte alles zu erklären. Da vieles Theorie ist, bleibt einem nur die Spekulation und da hätte ich mir gewünscht, dass man einfach auch mal mit seinen Gedanken alleine gelassen wird.

Die Rührseligkeit hat mich am Anfang weniger gestört, aber zum Ende hin, wurde es mir zuviel. Cooper wieder seine nun gealterte Tochter am Totenbett besuchen zu lassen, war einfach unnötig. Von mir aus hätte Cooper auch, á la Benjamin Sisko in „Deep Space Nine“, verschollen bleiben können.

YP: Du sagst es hier richtig, so viele Erklärungsversuche für spekulative Theorien. Muss aber dazusagen, dass mir das in „Inception“ bereits viel zu viel war. Warum alles auf dem Tablett offenbaren wollen, was ohnehin verständlich ist, verstehe ich nicht.

PD: Da scheint mir immer, dass Nolan zu sehr auf die Massentauglichkeit schielt. Gut, er muss auch ein 150-200 Millionen Dollar hohes Budget wieder herein bekommen, aber das war mir zu viel.

Im Gegensatz zu „Inception“ bezeichne ich „Interstellar“ schon als komplex. „Inception“ war unterhaltsam, packend, mitreißend aber nicht komplex. Er hat die Traum- und Erzählebenen übereinander gestapelt, aber bei „Interstellar“, fühlte ich mich eher herausgefordert, mich mit dem Gesehenen weiter auseinander zu setzen.

YP: Das schon, das liegt aber der Thematik zugrunde. Da dies nicht einfach irgendeine Traumebene ist, sondern im Weltall spielt, kommen darin physische Prozesse vor, die mir als Normalsterbliche nicht so geläufig sind. Aber komplex macht es den Film deswegen nicht. Aber „Interstellar“ wirft natürlich ganz andere Fragen auf. Universelles. Stellt interessante Thesen auf, Individuum versus Menschheit.

Das, was Nolan hier tut, ist eine Ebene auf die andere zu setzen. Wie schon in „Inception“ würde ich das nicht als komplex bezeichnen. Und bei all der Komplexität löst er es ziemlich salopp auf. Du folgt der Storyline 150 Minuten lang und dann wird dir eine unzufriedenstellende Möglichkeit der Auflösung geboten, die du einfach hinnehmen musst.

PD: Nolan verlässt sich stellenweise zu sehr auf die Action ab dem Moment, ab dem sie durch das Wurmloch sind und dabei geht es öfters vorhersehbar zu. Das Schicksal Doyles (Wes Bentley) war klar, als er sich im Wasser mehrfach umdrehte, genauso wie die wahren Beweggründe von Dr. Mann viel zu schnell ersichtlich waren. Für all die Komplexität, die in die ersten zwei Drittel von „Interstellar“ flossen, geriet mir das Finale zu Actionreich. Zudem hatte ich mir gewünscht, dass sich Nolan am Ende etwas mehr an Kubrick orientiert, aber stattdessen lässt er Cooper im Gespräch mit TARS die gesamte Struktur der 5. Dimension erklären. Da wäre auch weniger mehr gewesen. Hingegen funktionierte die Darstellung der Zeitdilation fantastisch. Es war klar und leicht verständlich, was es für die Astronauten bedeutete, ein oder zwei Stunden auf dem Planeten in der Nähe von Gargantua (das Schwarze Loch) zu verbringen.

YP: Ich schlage mich da übrigens auf die Seite von Dr. Mann. Vielleicht liegt es auch daran, dass ich unsentimental bin.

PD: Dr. Mann hat grundsätzlich natürlich recht, wenn er das Überleben der Spezies über jenes einzelner Personen stellt. Er ist nur scheinheilig, da er im Endeffekt sein eigenes Überleben über alle anderen stellt. Deshalb wird er ja zu so etwas wie einem Bösewicht.

YP: Das ist auch eine sehr amerikanische Weltsicht, die Nolan da verbreitet, findest du nicht auch? Diesmal ist zwar eine Frau die Weltenretterin und TROTZDEM muss ich die Geschichte des weißen Mannes verfolgen. Nach wie vor abgedroschen.

PD: Interessanter Punkt. Daran hatte ich gar nicht gedacht. Die Besetzung von McConaughey als Cooper folgte aber natürlich auch Marktstrategien. Ein vor allem von Kritikern gerade hoch gelobter Oscar-gekrönter Darsteller, als Hauptdarsteller deines ambitionierten Blockbusters? Da spielt natürlich auch viel Kalkül mit.

Die Sicht der „Final Frontier“ ist natürlich eine ur-amerikanische. Vor allem wenn man bedenkt, dass man eigentlich nur die langsam verödende Farm von Cooper und dann das Weltraum sieht. Da schwingt auch ein wenig „Grapes of Wrath“ mit. Man lässt die Ödnis hinter sich und macht sich auf ins gelobte Land, welches in diesem Fall hinter einem Wurmloch liegt.

YP: Nein, verstehe mich nicht falsch, finde Matthew in dieser Rolle toll. Aber da ist die Figur vor die Story gestellt worden. Ein großer Schwachpunkt des Films. Weil eben die Murph-Storyline umso interessanter ist.

Cooper hätte man schon im Weltraum lassen können und die unspektakuläre Weltrettungsaktion von Murph weiterverfolgen. So wird das in nur einem Satz abgetan.

PD: Ja, da stimme zu. An dem Punkt hätte ich auch Cooper verlassen und mich gerne mehr mit Murph beschäftigt. Stattdessen labert Cooper TARS voll, was das nicht alles bedeutet was gerade passiert.

YP: Wäre stimmiger. Vor allem, ich dachte, wir sehen dann mehr von Murph, weil wir ja dann Cooper verlassen. Bei der Videobotschaft, ihrer ersten, hätte sich Nolan mehr auf sie konzentrieren müssen. Darunter leidet der Film.

Wie fandest du die love story zwischen Cooper und Dr. Brand (Hathaway)?

PD: Findest du, dass es wirklich eine Liebesgeschichte war? Sie sind die beiden letzten Menschen im All, klar, aber sie waren eben durch die Ereignisse zusammengeschweißt. Brands Liebe galt ja noch immer Dr. Edmund auf dem letzten Planeten.

YP: Umso mehr hat mich gestört, wie Nolan den Film zum Abschluss bringt. Das ist auch so eine Boxoffice-Vorgabe, schätze ich.

PD: Du meinst Brand alleine auf dem Planeten?

YP: Und Cooper auf dem Weg zu ihr?

PD: Ja, stimmt, das hatte etwas Kalkuliertes. Daran hatte ich ehrlich gesagt gar nicht gedacht, aber jetzt wo du es erwähnst. Als ich es im Kino sah, dachte ich mir nur, wie schlecht diese Raumstation gesichert ist, dass Cooper einfach so davon fliegen kann.

Was „Interstellar“ bei mir auf jeden Fall geschafft hat, war, mich wieder einmal mit der entsprechenden Literatur auseinander zu setzen. Dass mehr oder weniger zur selben Zeit auch noch die Rosetta-Mission zu bestaunen war, hat natürlich dem Reiz sich der Material zu nähern, nicht gemindert.

YP: Hat dich ein Nolan jemals kalt gelassen?

PD: Doch. Sein Magier-Thriller „The Prestige“ hat mich überraschend unberührt gelassen. Wie sieht deine persönliche „Christopher Nolan“-Reihung aus?

YP: 1. Inception, 2. Batman Begins, 3. Memento, 4. The Dark Knight, 5. The Prestige, 6. The Dark Knight Rises, 7. Interstellar, 8. Following, 9. Insomnia

PD: 1. The Dark Knight, 2. Memento, 3. Interstellar, 4. Inception, 5. Insomnia, 6. The Dark Knight Rises, 7. Batman Begins, 8. The Prestige, 9. Following & Doddlebug

Zum Abschluss noch eine Liste mit Dialogen, in denen uns Christopher Nolan über den Weg lief.
31 Tage, 31 Filme (2/3)
31 Tage, 31 Filme (1/3)
Scarlett Johansson
Jaws
Godzilla
Transcendence
Snowpiercer
The Hunger Games: Catching Fire

12 Years a Slave

02 Sonntag Feb 2014

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

≈ 6 Kommentare

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12 years a slave, Benedict Cumberbatch, chiwetel ejiofor, hans zimmer, hunger, Michael Fassbender, shame, steve mcqueen

Vom bildenden Künstler, hin zum ausgereiften Filmemacher. Diese Wandlung hat der Brite Steve McQueen hingelegt und dafür benötigte er nur drei Filme. Nach den eher nur einem kleineren Publikum bekannten Werken „Hunger“ und „Shame“, zeigt McQueen einem breiteren Publikum, eindrücklich den Horror der Sklaverei in „12 Years a Slave“.

PD: „12 Years a Slave“ hat ja das Potential in den Filmkanon als ein großer, wichtiger Film einzugehen.

YP: Simpel gesagt wird er das auch, weil er das einfach ist.

PD: Filme wie dieser müssen nur den Hype überleben, die beinahe automatisch (zyklisch) vorkommenden Kritiken, die den Film vom Podest stürzen wollen. Dabei kann ich – bis auf ein paar Kleinigkeiten – auch nichts am Film aussetzen.

YP: Das spürt man einfach schon im Kinosaal. Ich war von „Gravity“ begeistert, aber in „12 Years a Slave“ beschleicht einen dieses seltene Gefühl, so etwas bekommst du nicht alle Tage geboten. Vielleicht liegt es auch daran, dass mich Filme nicht so oft umhauen.

PD: Was Steve McQueen mit diesem Film geschafft hat – mit seinen beiden Arbeiten davor eben nicht -war, dass mich gewisse Sequenzen auch noch Tage später verfolgt haben. Wenn Paul Dano als Tibeats die Sklaven bei „Dienstantritt“ im Takt klatschen lässt, während er ein rassistisches Hetzlied singt … das war einfach nur gruselig und erschreckend.

… oder die vermeintliche Freundlichkeit, wenn einer Sklavin gesagt wird, sie solle sich ein wenig ausruhen, dann werde sie die Kinder (die ihr genommen wurden) schon vergessen. Das sind richtige Schläge in die Magengrube.

YP: Es ist fast nicht zu ertragen, wie viel Unmenschliches bzw. Bösartiges in manchen Figuren steckt. Die Verbindung, die ich zu „Das radikal Böse“ hier ziehe, ist die des „Begreifenwollens“, des „Nicht-Fassen-Könnens“ …

PD: Da fand ich aber McQueens Film faszinierender und packender. Das kann aber auch daran liegen, dass der Fokus auf Solomon Northup liegt und die auf ihn einprasselnden Grausamkeiten der Sklavenhalter und einfachen Menschen mit ihm durchlitten werden „müssen“.

YP: Ich möchte auch nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. (Non-Fiction mit Fiction).

PD: In einem Punkt, stimme ich McQueen zu, der in einem Interview meinte, dass für ihn der von Benedict Cumberbatch gespielte Sklavenhalter Ford grausamer war, denn Edwin Epps (Fassbender). Denn Ford hätte Northup helfen können, entschloss sich aber sein Eigentum einfach weiterzuverkaufen, da er beim Tod von Northup auf den Kosten sitzen geblieben wäre.

YP: Ich kann mit diesem Vergleich nichts anfangen. Der ist auch irrelevant. Geholfen hat ihm schließlich nur der von Brad Pitt gespielte kanadische Hilfsarbeiter und Vagabund mit der freiheitsliebenden Auffassung.
Als der Kanadier Epps darauf aufmerksam macht, wie er seine Sklaven, sein Eigentum behandle, bekam ich eine Gänsehaut. Das war eine der besten Szenen im Film, weil man in Epps‘ Gesicht schon sieht, das es nicht zusammenpasst, was er sagt und was er tut. Der Zwiespalt stand ihm ins Gesicht geschrieben.

PD: In der Charakterisierung ist er sehr wohl relevant, denn Ford wurde so gezeigt, als würde ihm am Leben der Sklaven etwas liegen. Im Falle einer Eskalation der Situation war er aber dennoch dazu bereit, den Sklaven kurzerhand zu verkaufen. Interessant, gerade die Szene mit Pitt, fand ich eher irritierend, durch das Casting. Ein weniger bekannter Darsteller, hätte die Rolle nicht so sehr mit seinem Image überladen. Pitt hätte da in der Rolle des Produzenten bleiben sollen.

YP: Ford ist wohl jemand, der etwas von Wirtschaft versteht und Epps ist einfach ein gnadenloser Sadist und Alkoholiker obendrein. Ford fand ich in der einen Auktions-Szene schlimmer, wo er die Kinder der Frau nicht kauft, weil er nicht zu viel ausgeben will. Bis zu dem Punkt, wo er Solomon hätte helfen können, war er für mich ein geldgetriebener Unmensch. Wie wir wissen, hat Brad Pitt hat den Film mitproduziert, sein Auftritt betrachte ich somit als Schmankerl. Nicht mehr nicht weniger.

PD: Während der von Paul Giamatti gespielte Sklavenhändler von Anfang bis Ende ein Geschäftsmann ist, der sich gar keine Gefühle erlaubt.

YP: Wie gesagt, bevor ich eine Reihung aufstelle, wen ich schlimmer fand (Danos Figur, die von Epps Frau, usw.), konzentrieren wir uns lieber auf Solomon

PD: Eine wunderbar subtile Darstellung von Chiwetel Ejiofor.

YP: Seine Figur und seine zurückgenommene Art zu spielen, Solomon darzustellen.

PD: Es hat auch wehgetan, Solomon so in sein Unglück taumeln zu sehen. Beinahe naiv, kann er gar nicht glauben, dass ihm diese beiden Männer ein Unrecht zufügen wollen.

YP: Mir ist das auch durch den Kopf gegangen die ganze Zeit: Willst du überleben, musst du dich um jeden Preis anpassen.

PD: Das wird Northup schon auf der Plantage von Ford klar, und das bringt er in aller Deutlichkeit der Leidensgenossin gegenüber auch zum Ausdruck, die weiter um ihre Kinder trauert. Anpassung, oder Tod.

YP: Ein klitzekleiner Kritikpunkt meinerseits wäre, dass die Szenen vor der Entführung wohl ein wenig zu sorglos und hell beleuchtet dargestellt wurden. Und ich hätte mir auch gewünscht, dass die Familienzusammenkunft nicht gezeigt wird, der Schnitt erfolgt, als er vor der Tür zu seinem Haus, in dem seine Familie auf ihn wartet, steht.

PD: Mir war der Schwenk über Washington hin zum Kapitol ein wenig zu sehr mit Bedeutung aufgeladen. Als ob der Zuseher noch darauf hingewiesen werden müsste, wo sich das alles abspielt und dass nur unweit von seinem Gefängnis die vermeintlichen Hüter der Freiheit sitzen. Die Familienzusammenführung am Ende war mir auch zu kitschig. Doch da hat McQueen offenbar einen positiven Abschluss für nötig gesehen. Dabei war der bereits mit seiner Befreiung gegeben.

YP: Nein, zu kitschig war mir die Zusammenführung nicht. Ganz und gar nicht. Ich hätte nur gut drauf verzichten können.

„12 Years a Slave“ ist Steve McQueens zugänglichster Film, man glaubt es kaum.

PD: Seine Filme werden immer zugänglicher. „Hunger“ ist noch am schwersten zu verdauen, während „Shame“ unter seinem eigenen Stilbewusstsein kollabiert. Bei „12 Years a Slave“ ist McQueen an einem Punkt angelangt, an dem er sowohl Stilist und Erzähler ist (etwa die Sequenz in der Solomon aufgehängt wird … ein Musterbeispiel für die perfekte Verschmelzung von Form und Inhalt). Ein weiterer kleiner Kritikpunkt: Der Film heißt „12 Years a Slave“ aber ich hatte überhaupt kein Gefühl dafür, wie viel Zeit denn nun verging.

YP: Das hat man aber Solomons Gesicht angesehen, da waren keine Zeitangaben nötig. Mir gefiel auch das Vor- und Zurückspringen in der Zeit, die Flashbacks im Film.

PD: Die waren gut eingesetzt. Positiv überrascht war ich auch von Hans Zimmers Soundtrack. Der war stellenweise sehr unkonventionell und hat gerade deshalb so gut gepasst.

YP: Das Gute am Zimmer-Soundrack war, dass es kein typischer Zimmer-Soundtrack war. Ich hoffe der Film bekommt die Auszeichnungen, die er verdient. Vor allem aber, weil es ein Meisterwerk ist.

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