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~ Dialoge über aktuelle und weniger aktuelle Kinofilme

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Schlagwort-Archiv: Keanu Reeves

Point Break

12 Freitag Feb 2016

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Blue Steel, Kathryn Bigelow, Keanu Reeves, Lexi Alexander, Michael Mann, Near Dark, Patrick Swayze, Point Break, Strange Days, The Hurt Locker, Zero Dark Thirty

Ganze 25 Jahre nachdem das Original von Regisseurin und Oscar-Preisträgerin Kathryn Bigelow in die Kinos kam, kommt „Point Break“ in einer neuen Version in die Kinos. Das nehmen wir uns zum Anlass, Bigelows Film wieder zu sehen, genauer unter die Lupe zu nehmen und an dieser Stelle zu besprechen.

YP: Alles in allem ist „Point Break“ ein feiner und handwerklich gut gemachter Action-Thriller, typisch für die Endachtziger und Neunzigerjahre. Für Reeves ging es ab 1991 eigentlich nur noch stetig bergauf mit der Karriere. Was mir allerdings schon in den Sinn gekommen ist: Reeves hat immer das gleiche Spiel. Hier liefert er eine solide Leistung, aber viel verlangt ihm die Rolle des FBI-Agents Johnny Utah auch nicht viel ab. Wobei Patrick Swayze die bessere Vorlage bekam und auch mehr Freunde an der Interpretation dieser beweis. Einen sehr guten Text zu Reeves und seinem Schauspiel-Stil hast du auf der Roger Ebert-Seite entdeckt: „The Grace of Keanu Reeves“ by Angelica Jade Bastién. Kann ich jedem empfehlen, der sich schon mal länger mit Reeves auseinandergesetzt hat (siehe auch der Dialog zu „John Wick“).

PD: Wäre das Remake nicht aktuell in den Kinos, dann hätte ich kein großes Interesse daran gehabt, mir Bigelows Actionklassiker erneut anzusehen. Bei meiner ersten Sichtung vor über zehn Jahren, hat der Film wenig Eindruck auf mich gemacht und auch heute, bin ich nicht so fasziniert davon, dass ich den Kultstatus verstehen würde. Solide trifft es ganz gut. Es gibt schon einige Sequenzen, die handwerklich beeindruckend sind, wie die Fallschirmsprung-Szene, oder auch die Verfolgungsjagd zu Fuß, die auch in „Hot Fuzz“ herrlich parodiert wurde.

Inhaltlich und darstellerisch bietet „Point Break“ aber wenig, was mich beeindruckt hätte. Gerade Reeves‘ Darstellung ist derart eintönig, dass ich mich schon wundere, weshalb er danach zu einem gefragten Action-Darsteller wurde.

YP: Die Darstellung in „Hot Fuzz“ war aber eher eine Parodie auf das gesamte Genre der Buddy-Bromance-Movies und eher eine Hommage an „Point Break“, vor allem eben diese Szene, die du erwähnst. Für einen Actionfilm, der zu Beginn der Neunziger gedreht wurde, ist er aber gelungen. Mir gefällt auch das Tempo, der Film nimmt sich auch wirklich 120 Minuten Zeit und zeigt dabei keine Hektik. Auch kommt für mich der Film zwar nicht an den wunderbaren Millennium-Thriller „Strange Days“ heran, aber ist durchaus sehr sehenswert.

PD: Es gibt Szenen, in denen alle Elemente hervorragend zusammenpassen. Wenn erstmals der Bankraub der „Ex-Presidents“ gezeigt wird, dann hat das schon auch ein wenig von einem Michael-Mann-Film. Wie auch Bigelows Interesse an den Charakteren und ihren Lebensumständen. Die Philosophie, die hinter Bodhis Leben steckt und in die Johnny immer mehr versinkt.

Im Gegensatz zu späteren Bigelow-Filmen, die mich mehr einnahmen, von „Strange Days“ über „The Hurt Locker“ bis zu „Zero Dark Thiry“, fehlte mir hier aber einfach die Intensität. Swayze spielt den verführerischen Surfer-Guru großartig und es fällt nicht schwer, sich zu fragen, wie man ihm verfallen kann. Daneben sind die Charaktere und ihre Darstellungen aber eher Genre-Abziehbilder. Von Bodhis Handlangern bis hin zu Johnnys Vorgesetztem.

YP: Die Michael- Mann-Filme, die ich mit „Point Break“ assoziiere, sind alle nach 1991 und diesem Film entstanden. Aber grundsätzlich gebe ich dir recht, dass Bigelow ihren späteren Filmen vielmehr ihre eigene Handschrift aufdrücken konnte. Vor allem bei „Zero Dark Thrity“ ist sie zur Höchstform als Regisseurin aufgelaufen – wobei sie bereits in „Near Dark“ und „Blue Steel“, ihren beiden Werken aus den Achtzigern, hervorragende und leider zu wenig beachtete Leistungen gezeigt hat. Sie ist außerdem die einzige Regisseurin Hollywoods, der ich den Titel Action-Regisseurin geben würde.

PD: Manns Ästhetik hatte sich ja schon in den späten Siebzigern („Thief“) und den Achtzigern („Miami Vice“, „Manhunter“) gefestigt. Da sehe ich schon ein paar Parallelen.

Da du ihre Frühwerke erwähnst, muss ich auch zu meiner Schande gestehen, dass ich „Near Dark“ noch nie gesehen habe und die letzte Sichtung von „Blue Steel“ auch schon über zehn Jahre zurückliegt. Trotz des Bekanntheitsgrades von Bigelow, sind diese Filme immer noch unter dem allgemeinen Radar der Filmöffentlichkeit.

Sie ist mit Sicherheit DIE Action-Regisseurin, aber mir fällt auch noch spontan Lexi Alexander ein, die einen missglückten „Punisher“-Film gedreht hat. Die Frage ist auch, weshalb es so wenige Action-Regisseurinnen in Hollywood gibt. Als für die Fortsetzungen der „Hunger Games“-Filme nach einem neuen Regisseur für den abgesprungenen Gary Ross gesucht wurde, wurde dezidiert nur nach einem Mann gesucht. Als ob keine Frau in Hollywood dazu fähig wäre. Immerhin hatte Bigelow auch vor „Point Break“ keine großen Actin-Blockbuster gedreht, sondern sich erst dadurch einen Namen in diesem Genre gemacht.

YP: Was bei Bigelow aber auffällt, wie spät sie eigentlich die gebührende Anerkennung für ihr Werk erhalten hat. Man kann fast behauten, dass sie zur Höchstform aufgelaufen ist. Und trotzdem macht die Frau nun seit vier Jahrzehnten Filme auf einem unglaublichen hohen Niveau. Ich finde das beachtenswert. Ob sich die Qualität ihrer Filme gesteigert hat, kann ich in diesem Sinne nicht beantworten, da ich ihre Frühwerke auch gut finde. Aber sie hat medial natürlich viel mehr Beachtung bekommen – vor allem waren ihre Filme nicht nur zeitgemäßer, sie hat fast einen gewissen Zeitgeist eingefangen. Und neben der politischen Brisanz mit „The Hurt Locker“ und „Zero Dark Thirty“ kam natürlich auch die Anerkennung der Academy (of Motion Picture Arts and Sciences). Wobei da auch Filme dabei sind, die eher in Vergessenheit geraten, wie zB „K-19“.

PD: Ihr Gesamtwerk betrachte ich mit Respekt. Sie hat sich ja auch mit „The Hurt Locker“ und „Zero Dark Thirty“ trotz aller Komplexität, vor allem als moderne Action-Regisseurin positioniert. Ein Genre, in dem die Filmöffentlichkeit doch nur den Michael-Bay-Machismo sehen will. Umso erstaunlicher, mit welchem Erfolg sie arbeitet. Dass sie bislang eine Ausnahmeerscheinung ist, finde ich hingegen wieder traurig. Sobald eine Regisseurin einen Misserfolg abliefert, wie die zuvor angesprochene Alexander, dann wird dies sofort auf das Geschlecht reduziert. Ich kann mich nicht erinnern, wann einem Mann der finanzielle und/oder künstlerische Misserfolg eines Films mit seinem Geschlecht in Verbindung gebracht wurde.

YP: Das, was du ansprichst, ist ein allgemeines Sexismus-Problem: bei Frauen werden Misserfolge leider nach wie vor mit dem Geschlecht konnotiert, in einer überwiegend patriarchalen Gesellschaftsstruktur ist die Diskriminierung leider in vielen Bereichen Norm. Allerdings glaube ich nicht, dass die Filmöffentlichkeit das so haben will. Die Branche hat sich scheinbar gut damit arrangiert. Vielmehr werden alte Muster nur schwer durchbrochen. Das ist dann oft ein Teufelskreis und steht für den ganzen Umgang mit Minderheiten in Hollywood. In unserem Dialog zu „Creed“ sind wir auch ausführlich darauf eingegangen. Der Sexismus (Rassismus, usw.) ist so stark verwurzelt, dass man das ganze System auf den Kopf stellen müsste. Es fehlen Aushängeschilder, weil dem Nachwuchs auch kaum Chancen geboten werden, diese geschweige denn anerkannt werden. Wie du das auch bereits oben in Bezug auf die „Hunger Games“-Debatte angesprochen hast: Regisseurinnen werden keine Blockbuster-Filme angeboten, wie sollen sie sich denn da überhaupt behaupten können? Dann gibt es aber Regisseure wie David Fincher, die auch nach Schrott wie „Alien 3“ weitere Chancen (was in Finchers Fall auch gut ist) bekommen. Oder es gibt Regisseure wie Zack Snyder, die überhaupt Chancen bekommen.

Bigelows Karriere ist in diesem für Regisseurinnen im Allgemeinen und für Action-Regisseurinnen im Besonderen feinseligen Umfeld wirklich einzigartig. Noch dazu macht sie Filme, die in Erinnerung bleiben.

John Wick

06 Freitag Feb 2015

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

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Dredd, Eva Longoria, Expendables, Face/Off, Get Carter, John Wick, Keanu Reeves, Le Cercle Rogue, Le samourai, Liam Neeson, Point Break, sylvester stallone, the drop

„John Wick“ bedient sich einer einfachen Erzählweise und effektiven Thematik: ein Auftragskiller wird aus seinem Ruhestand zurückgeholt. Die Rache als primäre Triebkraft spornt die Killermaschine John Wick an, den Tod an seinem herzallerliebsten Beagle-Welpen zu vergelten. Ob das für einen angenehmen Kinoabend ausreicht, lest ihr im aktuellen Dialog.

YP: Ich weiß nicht, ob es an mir und meiner anstrengenden Woche lag, aber am Freitagabend empfand ich den Film als anstrengend und unterhaltsam zugleich. Ich war erstaunt, wie stimmig die Handlung in „John Wick“ war.

PD: Ohne jeden Zweifel funktioniert das als Berieselungs-Action nach dem Feierabend, allerdings hat mich „John Wick“ vor allem dadurch beeindruckt, dass es als Genre-Beitrag nicht nur pures Ballerkino produzieren wollte.

YP: Und für einen Genre-Film funktioniert der tadellos. Mir gefiel vor allem das Setting in jeder Szene. Wenn der Teufel im Detail steckt, dann ist „John Wick“ so etwas wie der Vorhof zu Hölle. Das ist eine düstere und stimmige Welt. Die Figuren lassen eventuell an Dimensionen zu wünschen übrig, gespielt wurde jede/r einzelte wirklich fantastisch.

PD: Das war ein negativer Aspekt, der ein wenig im Hinterkopf nagte, während ich mich an den hervorragend choreografierten Schusswechseln ergötzte. Die Charaktere sind zu großen Teilen eindimensional gestaltet. Auch das Feindbild Russenmafia ist jetzt nicht sonderlich originell gewählt.

Es rückte allerdings in den Hintergrund, da ja auch die Feindbilder und Charaktere von Action- und Thriller-Klassikern nicht immer vor Tiefgang strotzen. Mich erinnerten die grundlegende Handlung und das Setting an Rache-Filme wie „Point Break“, „Get Carter“ oder „Le Cercle Rogue“. Vor allem die Bar, durch die sich Wick kämpft, ist eine eindeutige Hommage an den Melville-Film und Reeves selbst geht so stoisch durch die Handlung wie einst Alain Delon in „Le samourai“.

YP: Unmissverständlich kennt hier jemand sein Metier sogar ziemlich gut. An den russischen Feindbildern habe ich mich auch gestört, nachdem aber jede Figur – männlich und die eine weiblich – scheinbar nur die düstere Seite auslebt, spielt das dann nicht mehr so die Rolle. Es ist keine Schwarzweißmalerei, es ist alles schwarz. Mit Ausnahme der Rückblenden mit seiner Frau und sie wurde ohnehin wie ein unschuldiger Engel inszeniert (auch immer in Weiß- und Cremefarben).

PD: Sie hat Wick auch dazu gebracht, aus diesem Beruf auszusteigen, insofern muss sie geradezu zwangsweise als Erlöserfigur herhalten. So wie dann der Hund natürlich der süßeste kleine Welpe sein muss, den man offenbar finden konnte. Nicht gerade subtil, aber effektiv.

YP: Erinnere dich an den Hund in „The Drop“. Auch sehr effektiv und supersüß.
Was mir an Keanu Reeves Darstellung von John Wick sehr gut gefallen hat, dass man ihm auch die Angestaubtheit angesehen hat. Er wirkte förmlich so als wäre er ein wenig aus der Übung geraten. Das passte doch perfekt zur Rolle. Er konnte natürlich super kämpfen und hatte die besten Moves schlechthin drauf, aber irgendwo bewegte er sich auch so wie ein Mann um die 50. Und nicht wie ein junger Mann um die 25.

PD: Man könnte das nun natürlich als Trend sehen, denn immerhin haben wir die „Expendables“ oder auch Liam Neeson (62) und Denzel Washington (60) die mit einer eindringlichen Selbstverständlichkeit, den Action-Helden geben.

Keanu Reeves wirkt dagegen sogar relativ frisch und unverbraucht. Doch im Zweikampf mit den ganzen durchtrainierten und zum Teil auch viel jüngeren Killern, ist ihm sein Alter dann schon anzusehen, und man versteckt es auch gar nicht. Die Actionsequenzen haben zwar immer diesen Aspekt, dass sie im Grunde völlig der Fantasie des Stunt-Koordinators entspringen, doch man stürzt sich völlig in sie hinein.

Mir gefiel der dunkle Grundton und auch diese Geradlinigkeit (oder auch Sturheit) von Wick. Da erinnerte er mich ein wenig an den ebenfalls sehr eindrucksvollen Action-Film „Dredd“ mit Karl Urban.

YP: Aber gerade weil er eben nicht der fitteste Mann am Set ist, hat es seinen Reiz. Eine gewisse Authentizität ist hier willkommen. Abgesehen davon sieht man Reeves sein Alter nicht an, erst wenn er kämpft wird das offensichtlich. Hier ist auch anzumerken, dass einer der Regisseure des Films Reeves Stunt-Double aus „The Matrix“ ist. Ein interessanter Aspekt.

PD: Ein wenig ist dies ja auch das Comeback von Keanu Reeves. Er hat in den letzten Jahren versucht in Independent-Produktionen („Henry’s Crime“) oder missglückten Blockbustern („47 Ronin“) zu reüssieren und zudem hat er sein Regiedebüt mit „Man of Tai Chi“ abgeliefert. Da ist schön, ihn wieder in einem finanziell wie künstlerisch erfolgreichen Film zu sehen.

YP: Witzig fand ich auch, Eva Longoria in der Produzentinnen-Liste herauszulesen.

PD: Eva Longoria hat mitproduziert? Das ist mal schräge Hintergrundinfo.

Bei allem Lob für „John Wick“, wird aber aus Reeves dennoch kein grandioser Darsteller. Er ist in einem Actionfilm immer noch bestens aufgehoben.

YP: Das erwarte ich mir auch nicht von ihm. Es ist nur so, dass es nicht relevant ist. Es haben schon mehrere Personen größere Karrieren auf weniger Talent-Fundament aufgebaut. Und Keanu Reeves sehe ich seit den 90er Jahren gerne im Kino. Es ist schön, ihn wieder zu sehen. Mein letzter Abstecher war das Remake von „The Day The Earth Stood Still“ und auf dessen Qualitäten brauchen wir bestimmt nicht eingehen.
Ich bin grundsätzlich froh, meinen Filmhelden aus Teenagerzeit im Kino zu sehen. „Speed“ und „Matrix“ zählen zu wichtigen Filmen für mich. Aber auch in „Bram Stoker’s Dracula“ ist er mir lieb.

PD:  Diese Art von Nostalgie scheint ohnehin das aktuelle Actionkino mehr als alles andere anzutreiben. Neben der „Fast & Furious“-Reihe und einer Handvoll Filme mit Jason Statham, sind es gerade die Helden aus unserer Jugend, die das Actionkino am Leben erhalten.

Arnold Schwarzenegger, Sylvester Stallone und nun eben auch Keanu Reeves. Vielleicht ist meine Freude über „John Wick“ auch deshalb so groß, weil ich seit Jahren wieder einmal das Gefühl hatte, einem erdigen und unterhaltsamen Action-Reißer beizuwohnen. Das letzte Mal, dass ich mich so über Schußwechsel im Kino freute, war bei „Face/Off“.

YP: Und das ist ewig her!

Richard Linklater

14 Samstag Jun 2014

Posted by filmimdialog in Personalia

≈ Ein Kommentar

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A Scanner Darkly, before midnight, Before Sunrise, Before Sunset, Ben Affleck, Bernie, Boyhood, Dazed and Confused, Ethan Hawke, Fast Food Nation, Keanu Reeves, matthew mcconaughey, Me & Orson Welles, Richard Linklater, Slacker, Tape, The Newton Boys, uma thurman, Waking Life

Der texanische Regisseur Richard Linklater hat dermaßen viele sehenswerte Filme gedreht, dass wir wahrscheinlich Bände mit Dialogen damit füllen könnten. Machen wir aber nicht, hier nur ein kurzer Streifzug durch sein beachtliches Werk.

PD: Was ist dein Lieblingsfilm von Richard Linklater?

YP: Gute Frage! Mit einer schnellen Antwort: eindeutig „Boyhood“. Bei dir?

PD: So sehr mir „Boyhood“ gefällt, aber da gefallen mir sowohl „Before Sunset“ als auch „Before Midnight“ ein klein wenig besser.

YP: Was ich schon sagen muss, die letzten 4 oder 5 Filme hat er es doch tatsächlich geschafft, sich qualitativ zu steigern. Von „A Scanner Darky“, über „Me and Orson Welles“, über „Before Midnight“, über „Bernie“ bis hin jetzt zu „Boyhood“. Es ist beeindruckend, was er in so kurzer Zeit auf die Beine stellt.

PD: Er hat sehr viele qualitativ hochwertige Filme in kurzer Zeit geschaffen und dabei auch noch in dem Zeitraum, in dem die von dir genannten Werke entstanden, an seinem großartigen „Boyhood“ gearbeitet. Das zeigt schon die Klasse Linklaters. Dennoch ist es doch ein wenig eine Achterbahnfahrt. Qualitativ gesehen.

„A Scanner Darkly“ (mit dem er ja an seinem experimentellsten Film, „Waking Life“, anknüpft) ist stärker als der löbliche aber zerfahrene „Fast Food Nation“ oder das süße aber doch etwas leichtgewichtige „Me & Orson Welles“.

YP: Was für „Boyhood“ und die „Before“-Reihe spricht, ist die Zeit. Er hat sich Zeit gelassen. Davon leben alle 4 Filme.

PD: Man merkt diesen Filmen auch die Reife an. Bei „Boyhood“ kann man die Einflüsse aus seinem gesamten Schaffen erkennen, während in der „Before“-Reihe nicht nur die Inszenierung ausgereifter wirkt, sondern auch die Charaktere und die Erzählung selbst. Kein Vergleich zu dem herrlich naivem „Before Sunrise“.

YP: Also nicht die Produktionszeit, sondern die Zeit dazwischen. In der schnelllebigen Industrie ist das fast ein Oxymoron. Da traut sich einer was. Das ist ganz was Besonderes.

PD: Seine besten Filme leben von der Zeit, die er sich nimmt. Auch wenn „A Scanner Darkly“ und „Fast Food Nation“ gemeinsam bei den Filmfestspielen von Cannes präsentiert wurden, so ließ er sich für die Nachbearbeitung von „A Scanner Darkly“ über ein Jahr Zeit. Dies sieht man der großartigen Adaption von Philip K. Dicks Roman auch an.

YP: Was Linklaters Filme außerdem noch auszeichnet: die Protagonisten weigern sich, erwachsen zu werden. Besonders die männlichen. Egal, ob Jesse aus der „Before“-Reihe, Mason aus „Boyhood“, oder die Teenager aus „Slacker“ und „Dazed and Confused“.

Und der Stellenwert, den er der Musik bzw. dem Soundtrack einräumt. Auch besonders in „Dazed and Confused“, „School of Rock“ und wieder „Boyhood“.

PD: So hatte ich das gar nicht betrachtet. Da ist schon etwas dran.

Es gibt aber auch Filme in seiner Werkliste, in denen die Männer sich mit Haut und Haaren einem anderen Lebensstil verschreiben. Die Bankräuber in „The Newton Boys“ inszeniert er als Männer der Tat, die wissen, dass ihnen das Leben nur diese eine Chance gibt und sie nehmen sie sich. Jack Black in „School of Rock“ mag zwar nicht ein Mann mit Verantwortungsbewusstsein sein, aber er bleibt auch an seinem Traumbild hängen, der Karriere als Musiker.

YP: Natürlich, nicht nur!

PD: Wichtig sind bei Linklater auch die etwas aus dem Rahmen fallenden Typen. So wie sie zuhauf in „Slacker“ auftauchen, oder auch in „Waking Life“, „A Scanner Darkly“ oder selbst in „Boyhood“ (der mit sich selbst sprechende Mann im Diner).

YP: Da steckt eben so viel drinnen. Wobei Celine aus den „Before“-Filmen eindeutig mein Lieblings-Linklater-Charakter ist. Und ich rechne ihm hoch an, dass er immer wieder tolle Frauenfiguren schreibt. Auch Violetta aus „Boyhood“. Das sind starke Frauen, die nicht durch die Mutterrolle definiert werden. Die Figuren sind nachvollziehbar und nicht einfach Einheitsbrei.

PD: Es stehen zwar die männlichen Figuren immer ein wenig im Vordergrund, wohl auch weil mit Ethan Hawke ein loyaler Mitspieler beinahe immer dabei ist, aber mir gefallen auch viele der von ihm kreierten weiblichen Charaktere. Etwa die von Uma Thurman gespielte Amy in „Tape“.

Der Film scheint sich um die Rivalität der beiden Männer (Hawke und Robert Sean Leonard) zu drehen, selbst als Amy auftaucht. Doch im Endeffekt sieht man, dass das Geschehen in ihren Händen lag. Diese Rolle der Kontrolle im Hintergrund hat er immer wieder eingebaut.

YP: Weil eben viele Aspekte in seinen Filmen autobiographisch gehandhabt werden. Wenn du dir „Boyhood“ anschaust und wie Linklater seinem Geburtsstaat diese bedeutende Rolle zugesprochen hat.

PD: Das macht auch den Reiz seiner Filme aus. Selbst wenn Stars wie Keanu Reeves oder Bruce Willis darin auftauchen, so ist er (bislang) nie im Hollywood-System gelandet. Er lebt und arbeitet in Austin (das er aber in „Boyhood“ ein klein wenig glorifiziert, für meinen Geschmack) und man merkt ihm auch diese Verbundenheit an.

YP: Das macht seine Filme umso authentischer.

Ich habe ja zum Beispiel einen Faible für diesen breiten Südstaaten-Akzent, wie in Matthew McConaughey in „Bernie“ spricht.

PD: McConaughey und Linklater. Eine Verbindung die ich zunächst ganz übersah. Dabei debütierte McConaughey ja in „Dazed and Confused“ und war ein toller Lead in „The Newton Boys“.
Der von dir erwähnte Musik-Aspekt ist ja auch mit der lebendigen Musikszene von Austin verbunden.

Authentisch fühlen sich alle seine Filme an. Einzig das Remake „Bad News Bears“ möchte ich, wohl weil es ein Remake ist, nicht so unbedingt sehen.

YP: Auch die „Before“-Filme, die alle eigentlich Übersee und in Europa spielen. Wien, Paris, Griechenland. Und sowohl Jesse als auch Celine vermitteln Authentizität. Das sind Figuren, wie sie der Realität entnommen sind.

PD: Wohl auch, weil der erste Film zum Teil auf einer Begebenheit beruht, die Linklater selbst widerfuhr.

YP: Wenn du dir nachträglich vor Augen führst, wer in „Dazed and Confused“ mit von der Partie ist und wer sich noch immer hoch im Kurs hält.

PD: Ben Affleck, Matthew McConaughey.

YP: In kleineren Rollen, aber dennoch: Renée Zellweger, Mila Jovovich.

PD: Wiley Wigins, mit dem er dann „Waking Life“ drehte. Parker Posey. Adam Goldberg.

YP: Wobei es schon immer die selben Gesichter sind, die man sieht: Ethan Hawke, Jack Black. Matthew McConaughey.

PD: An Zellweger konnte ich mich gar nicht mehr erinnern. Linklater arbeitet nun einmal offenbar auch gerne mit demselben Team. Selten dass einmal jemand wie Greg Kinnear in dieses Team hinein bricht, wie bei „Fast Food Nation“. Keanu Reeves hat zwar in „A Scanner Darkly“ hervorragend hinein gepasst, aber er war wohl auch ein wenig der nötige Promi-Schauspieler, um den Film zu finanzieren.

Mich erstaunt ja, wie sehr sich Linklater einerseits im Laufe seiner Karriere wandelte und doch in jedem seiner Filme, seinem Stil treu blieb. Von der Reife der „Before“-Filme oder dem Humanismus in „Boyhood“ ahnt man bei „Slacker“ oder „Dazed and Confused“ noch gar nichts. Während die Leichtlebigkeit und die Freude an der Musik in „School of Rock“ nun wirklich niemand überraschen dürfte.

YP: Es geht auch darum, dass er mit seinen Filmen erwachsen geworden ist. Dafür ist „Boyhood“ der beste Beweis. Nicht als Regisseur, weil diese Anfangsfilme sind an und für sich gelungen, aber als Mensch.

Die aktuelleren Filme finde ich viel reifer, ausgeklügelter, durchdachter.

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