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Schlagwort-Archiv: Mia Wasikowska

Maps to the Stars

10 Freitag Okt 2014

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

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Bruce Wagner, David Cronenberg, John Cusack, Julianne Moore, Maps to the Stars, Mia Wasikowska, Olivia Williams, Robert Pattinson, State & Main, The Player

Wenn man etwas mit Gewissheit von David Cronenbergs Arbeit behaupten kann, dann dass sie keinerlei Bezug zum Studiosystem in Hollywood hat. Das ändert sich nun mit „Maps to the Stars“, auch wenn Cronenberg – auf Basis eines Drehbuchs von Bruce Wagner – sich auf satirische Wege durch Hollywood begibt. Inwiefern ihm es gelungen ist, die Traumfabrik auf die Schaufel zu nehmen, behandeln wir in unserem aktuellen Dialog.

PD: Für mich hat sich Cronenberg hier ein wenig verhoben.

YP: Ganz und gar nicht, er hat nach den Sternen gegriffen und was er in die Hände bekommen hat, war Sternenstaub. Hollywood-Sternenstaub.

PD: Den man einerseits schon x-mal in anderer Form, teilweise bissiger („The Player“, „State and Main“, „Sunset Boulevard“) zu sehen bekam und der andererseits auch sehr auf der Spiellaune seiner Darsteller ruht.

Beinahe jeder Aspekt des Films, der mir daran gefällt (und es gefällt mir recht viel an „Maps to the Stars“) hängt mit der guten darstellerischen Leistung von Julianne Moore und Co. zusammen.

YP: Die Tatsache, dass die Thematik x-beliebig verfilmt wurde, lasse ich nicht als negatives Argument gelten. Für mich ist „Maps to the Stars“ viel mutiger und dekadenter. Und mir gefällt dieser anfangs noch satirische Ton, der bis zum Schluss hin vollends zum emotinalen Drama um emotional verkrüppelte Seelen wird.

PD: Das ist natürlich oberflächlich betrachtet, aber wenn ein Film eine gewisse Thematik abarbeitet, kann er dem Vergleich nicht entkommen und da zieht „Maps to the Stars“ den Kürzeren. Zumindest was die satirische Komponente angeht.

Es sind nicht sonderlich interessante Klischees die hier durchgearbeitet werden und sie hängen auch ein wenig im Luftleeren Raum. Der Macaulay Culkin-Justin Bieber-Klon, der seinen Agenten wüst beschimpft, die überspannte alte Diva, der Möchtegern-Schauspieler. Da gibt es immer wieder mal ein kurzes Schmunzeln, aber Cronenbergs etwas kalte Inszenierung, nimmt den Szenen die Wirkung.

YP: Es ist doch diese „oberflächliche Komponente“ des Films, die sich als die tiefgründigere erweist. Die Figuren sind affektiert und karikiert und zum Schluss hin schälen sie sich wie Zwiebeln und werden verwundbare. Das geht doch auf und ist sehr auffällig, vielleicht nicht sonderlich überrasched. Ich stimme dir zu, dass der Reiz von den Darstellern ausgeht, aber auch die Figuren an sich sind so ausgearbeitet, dass man über ihre Weltblindheit staunen und lachen muss, bis das Lachen gefriert.

PD: Ach, ich fand gar nicht dass sich die Figuren wie Zwiebeln schälen. Es ereignen sich schlicht die Konflikte, die man vorher sehen konnte. Agatha (Mia Wasikowska) trägt ihre inneren Narben und Konflikte auch noch als Wunden und Narben sichtbar am Körper.

Havana (Julianne Moore) ist von Anfang bis Ende die überspannte Diva, die mit ihren Selbstzweifeln kämpft. Ein tiefer ausgearbeitetes Figurenpersonal konnte ich da nicht erkennen.

YP: Die Sache ist eben: da gibt es nicht viel zu schälen. Das mag schon sein, dennoch trifft es zu.

Nichtsdestotrotz wird man unterhalten, mir gefällt diese Welt unter der Oberfläche, unter dem Glanz, unter dem Glamour. Außerdem noch: es ist alles gelogen, jeder spielt ständig Rollen, jeder will wer sein, der er bzw. sie nicht ist. Wie gesagt, das Lachen bleibt im Halse stecken. Das ist bitterböse und überspielt natürlich – so stelle ich mir das zumindest vor – sehr zutreffend.

PD: Besser funktioniert der Film, wenn er drastisch in die Tragik hinein springt, wo das Lachen nicht mehr gefragt ist, wenn sich die Charaktere gegeneinander wenden. Es ist zwar vorhersehbar, was passieren wird, aber das ist erbarmungslos durchgearbeitet. Hier hat mir „Maps to the Stars“ sehr gut gefallen. Davor hängt es einzig von der Spielfreude von Moore, Wasikowska oder John Cusack ab, wie viel Spaß man hier hat.

Gerade deshalb, weil sich Cronenberg mit seiner Inszenierung in einen Luftleeren Raum begab. Es ist oft kein Ton zu hören, als würde man gar nicht in der realen Welt stehen, sondern einem künstlich erschaffenem Raum. Das gibt den tragischen Ereignissen in der zweiten Hälfte des Films, noch viel mehr Wirkung, während dadurch der Witz in der ersten Hälfte völlig verloren geht.

YP: Eine Frage: Wie viele Filme kennst du, die es als Thema haben, dass eine Frau ab 29 nicht mehr die besten Jobchancen hat?

PD: Da fallen mir auf die Schnelle keine Filme ein. „Der Club der Teufelinnen“ vielleicht.

YP: Ein kleiner Einwand meinerseits: Julianne Moore in ihrer Rolle als Havanna war perfekt gecastet, aber noch besser hätte es mir gefallen, hätte Cronenberg einen gefallenen Stern engagiert.

Eine Schauspielerin, die sich wirklich schwer tut mit dem Comeback. Seien wir uns ehrlich, Julianne Moore gehört zu der begnadeten Handvoll, die immer wieder gute Rollen angeboten bekommt und diese auch spielen kann.

PD: Ohne Zweifel, Moore kann sich die Rollen aussuchen und sie ist gut im Geschäft. Eine Meg Ryan etwa, hätte dem eine doppelbödige Note gegeben.

YP: Tina Fey scherzte über Meryl Streep bei der diesjährigen Golden Globe-Verleihung: „(She’s) so brilliant in ‚August: Osage County,‘ proving that there are still great roles in Hollywood for Meryl Streeps over 60.“

PD: Gibt es eine Rolle die Prestige ausstrahlt, sind Meryl Streep und Helen Mirren die einzigen Kandidatinnen. Darüber hat auch Jessica Chastain vor kurzem gesprochen.

YP: Da habe ich mit „Cosmopolis“ weniger am Hut. Einfach nur, weil er mich mehr langweilte als unterhielt. Hier war ich ganz Ohr.

PD: Das wollte ich gerade anmerken. „Cosmopolis“ hat eine ähnliche Art der Inszenierung, hat mich aber viel mehr gepackt. Der beschäftigt mich teilweise heute noch. Bei „Maps to the Stars“ sind manche Elemente hängen geblieben (Moores Darstellung, der Plan von Agatha), aber insgesamt glaube ich kaum, dass ich noch lange an diesen Film zurückdenken werde.

YP: Eine tolle Anmerkung gab es auch zwischen Havana und Agatha im Film – in der Szene in der Toilette. Als Agatha Havana von ihrem Freund erzählte und diese meinte, er sei Schauspieler und Autor, fragte Havana: Was macht er beruflich?

PD: Das sind eben die kleinen Momente, die mich schmunzeln ließen.

Der letzte Akt war hingegen, und da stehle ich jetzt von britischen Rezensionen, voller sardonischem Humor. Das unterhielt und faszinierte mich weit mehr, denn die Darstellung des Hollywood-Zirkus.

YP: Natürlich, da kommt dann die Tragödie hinzu. Eine Tragödie die sich mit griechischen Vorbildern durchaus messen kann.

PD: Man sieht deutlich die Vorbilder, die sich Bruce Wagner genommen hat. Allerdings dachte ich weniger an griechische Tragödien, sondern mehr an Cronenbergs eigene Filme. Die Beziehungen und wie sie sich entwickeln. Da war schon sehr viel von „Crash“ oder „eXistenZ“ zu sehen.

YP: Es gab auch genügend Anspielungen auf Scientology in „Maps to the Stars“.

PD: Ja, die Anspielungen gab es und gibt es seit Jahren in allen möglichen Werken die sich mit Hollywood auseinander setzen. Mir fällt da sofort Terence Stamp in „Bowfinger“ ein.

YP: Wie fandest du John Cusack?

PD: Seine Rolle erinnerte mich sehr an Tom Cruise und seinen Selbsthilfeguru in „Magnolia“.

YP: Tolle Rolle, toll gespielt. Er war so groß in den 90igern, dass er mir im neuen Jahrtausend richtig fehlt. Vielleicht ist Cusack Cronenbergs Antwort auf Moores Havana.

PD: Cusacks Darstellung, seine sehr kalte, distanzierte und berechnende Performance als Guru, hat mir sehr gut gefallen. Er schien seine Familie als Investment zu begreifen, welches bei seiner Lesetour und seinen prominenten Klienten nicht im Weg zu stehen hat.

Es war schön ihn wieder einmal in einer etwas fordenderen Rolle zu sehen, denn seit „High Fidelity“ hatte er eine merkwürdig schlechte Rolle nach der anderen. Seine Karriere ist ein wenig aus dem Ruder gelaufen.

YP: Es ist nicht so, dass er keine Beschäftigung hatte, leider war keine seiner Performances erinnerungswürdig.

PD: Exakt. Ich könnte auf die Schnelle keinen Film nennen, den er ab 2001 gedreht hat, obwohl ich einige davon gesehen hab. Er bekommt noch genügend Arbeit, das tut aber ein Nicolas Cage beispielsweise auch.

YP: Er war ein lustiger Nixon in „The Butler“. Einem sehr vergänglichen Film.

PD: Mir gefiel er in „The Paperboy“.

YP: Moore hat den Preis als Beste Schauspielerin bei den Filmfestspielen in Cannes bekommen. Wie schätzt du ihre Chancen auf eine Oscar-Nominierung ein?

PD: Nicht existent, da der Verleih des Films entschieden hat, diesen erst irgendwann 2015 in den USA in die Kinos zu bringen.

Only Lovers Left Alive

03 Freitag Jan 2014

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

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Anton Yelchin, Jim Jarmusch, John Hurt, Mia Wasikowska, Only Lovers Left Alive, Tilda Swinton, Tom Hiddleston, Vampire

Jim Jarmusch ist zurück. Während sein Thriller „The Limits of Control“ kaum überzeugen konnte, kann er mit seinem Liebesfilm unter Vampiren – „Only Lovers Left Alive“ – wieder begeistern. Was genau macht Jarmuschs Werke aus und was genau zieht er aus dem Vampirmythos beziehungsweise kann er dem Mythos abgewinnen? All dies und mehr behandeln wir in unserem neuen Dialog.

YP: „Only Lovers Left Alive“ steht so diametral zu „True Blood“ und „Twilight“, dass die Darstellung unterschiedlicher nicht sein kann. Lebens-Melancholie statt Glamour und Hetze. Jarmuschs Film zeigt Vampirdasein, wie ich es mir vorstelle. „True Blood“ unternimmt zwar den Versuch, Vampire zu sozialisieren, scheitert aber auf ganzer Ebene und macht Monstren aus ihnen. Und „Twilight“ ist süßer Kitsch.

PD: Jarmusch beginnt ja zwar mit den gotischen und blutroten Schriftzeichen, wie sie auch aus einem Hammer-Film stammen könnten, aber mir gefällt vor allem, dass es sich hier ja gar nicht um einen Vampirfilm handelt. Es ist mehr ein Film der zufällig von unsterblichen Intellektuellen bevölkert wird.

YP: Genau das meine ich. Allein die ständigen Aussagen, was die Blut-Beschaffung betrifft: „That’s not the 15th Century“ usw. Obwohl der sinnliche Akt des Bluttrinkens gänzlich weggefallen ist, ist das ein sinnlicher Film für mich. Diese Vertrautheit! Das ist einfach nur schön.

PD: Wer in den Film geht, weiß ja genau, dass es sich um einen Vampirfilm handelt, aber Jarmusch lässt sich ja auch auffällig viel Zeit, bis er das Geheimnis seiner Charaktere offenbart. Es gibt zwar Andeutungen und Hinweise (etwa wenn Adam mit Ian über die kaputte Toilette spricht), aber erst wenn Eve und Marlowe sich unterhalten, ist es klar, dass man es hier mit Vampiren zu tun hat.

YP: Aber das ist auch so nebensächlich, die Vampir-Tatsache. Vielmehr geht es um Ewiglebende und Junggebliebene. Der Film strotzt ja von witzigen Szenen und Anekdoten. Wenn Eve zum Beispiel das Hochzeitsfoto mit Adam in der Hand hält und anmerkt, wie jung sie nicht bei ihrer dritten Hochzeit ausgesehen hätten. Sowas ist dann herrlich. Und ein typischer Genre-Film ist das sowieso nicht, für mich geht es da ausschließlich um Unsterblichkeit. Eine Parabel auf das ewige Leben ist das und nachvollziehbar auch noch.

PD: Darin liegt die ganze Stärke. Zwar hat man Spaß daran, ständig sich selbst daran zu erinnern, dass sie Vampire sind – und Jarmusch lässt ja auch immer wieder auf der Meta-Ebene diese Hinweise bzw. Erinnerungen für den Zuseher fallen – aber genau genommen ist es ein Film über die Vergänglichkeit der Dinge. Tom Hiddleston und Tilda Swinton passen da so perfekt in dieses Konzept. Adam ist kaum in der Lage, die Gedankenlosigkeit der „Zombies“ zu ertragen, während Eve sich mit dem zeitlosen Dasein arrangiert hat.
Alleine der Koffer, den sie mit Büchern vollstopft, ist eine einzige Erinnerung daran, wie viele wunderschöne Geschichten es zu entdecken gibt.

YP: Einerseits haben wir es mit einem sehr atypischen Vampir-Film zu tun, andererseits mit einer wunderschönen Liebesgeschichte, wie man sie im Kino nicht oft sieht.

PD: Ich musste da an „The Fountain“ denken. Bei Aronofsky sollte es um eine Liebe über die Jahrhunderte gehen, was nicht ganz funktioniert hat. Bei „Only Lovers Left Alive“ funktioniert dies mit einem kurzen Video-Telefonat und wir sind davon überzeugt, dass die beiden zusammen gehören.

YP: Welcher Gedanke mir auch immer wieder gekommen ist: Adam und Eve sind wohl seit Jahrhunderten zusammen und arrangieren sich, auch die Fernbeziehung scheint kein Problem für die beiden zu sein. Obwohl sie doch so unterschiedliche Wesenszüge haben. Und die Kurzlebigkeit des menschlichen Lebens macht aus Menschen bösartige Geschöpfe. Man müsste doch annehmen, gerade wenn man sich eine Ewigkeit kennt, ist man sich irgendwann überdrüssig. Aber Menschen neigen eher dazu, das so zu handhaben und oft handelt es sich dabei um Zeitspannen von Jahrzehnten und nicht um Jahrhunderte.

PD: Ein sehr romantischer Gedanke, der aber durch die Ankunft von Eves Schwester Ava (Mia Wasikowska) und durch Adams gutmütigen Assistenten Ian (Anton Yelchin) ja widerlegt wird.
Da ist Ava (die mich ein wenig an Kirsten Dunst in „Interview with the Vampire“ erinnerte) die impulsive und ihre Handlungen nicht kontrollierende Boshafte, während der Mensch Ian ein „guter Kerl“ zu sein scheint.
Ava war auch dann jener Punkt, an dem der Film ein wenig zu sehr ins Formelhafte und Genretypische kippte.

YP: Ja, aber das ist dann jugendliche Torheit bei Ava. Wie in „True Blood“, die frisch gebissenen und verwandelten Vampire, die ihre Kräfte oder ihre Triebe noch nicht so im Griff haben. So wirkte Ava auf mich.

PD: Allerdings wird auch davon gesprochen, dass Ava vor etwa 80 Jahren irgendeine Dummheit begangen hat. Das scheint mir doch ein wenig zu lange her, um dann noch von jugendlicher Torheit zu sprechen. Sie dürfte im Gegensatz zu Adam und Eve einfach ein boshafterer Charakter sein.

YP: Adams Figur war auch irgendwie so unnahbar. Ich schätze, Tom Hiddleston hat den Künstlertypen, den Musiker perfekt verkörpert. Ich hab nicht einmal an Loki denken müssen bei seiner Performance. Seine Figur ist eindeutig eine Hommage an Gary Oldman in „Bram Stoker’s Dracula“, zudem ist da noch ein bisschen Kurt Cobain dabei und die moderne Variante: Jared Leto.

PD: Interessant, dass du Jared Leto erwähnst, denn ich war mit meiner Freundin im Kino und sie musste die ganze Zeit an Leto denken. Sie hätte auch kein Problem damit gehabt, hätte er die Rolle gespielt, so sehr erinnerte Hiddleston an ihn.
Als Adam kurz ein Geigensolo zum Besten gab, musste ich auch an den „Teufelsgeiger“-Film denken und dachte mir nur, wie gut Hiddleston dafür passen würde.
Adam ist wirklich sehr stark als leidender Künstler angelegt, der zwar Kunst erschafft, aber das Lob dafür nicht hören will bzw. sich dagegen sträubt, denn eine Reaktion auf seine Arbeit möchte er ja sehr wohl. John Hurt als Marlowe oder Kyd wieder, war eher der eitle Künstler, der am Erfolg hing. So nahm ich ihn zumindest wahr und zudem sieht niemand besser verlottert aus, denn John Hurt.

YP: Nein, Jared Leto wollte ich nicht in dieser Rolle sehen, da ich kein Fan von ihm bin. Und Hiddleston ist ein wunderbarer Schauspieler. Leto hätte da überhaupt nicht gepasst, er ist – wie soll ich sagen – bestimmt nicht Kamerascheu. Es hat jemanden gebraucht, der durch sein Äußeres das Musikerimage romantisch darstellt, das macht Tom Hiddleston überzeugend. „Der Teufelsgeiger“ ist mir bei dieser Szene nicht in den Sinn gekommen, ich habe den Film wohl verdrängt. Eine der schlimmsten Kinoerfahrungen 2013.

PD: Leto kann ich mir schon ganz gut darin vorstellen, aber Hiddleston hat schon perfekt gepasst. Er zeigt diesen Schwermut und diese leidende Aura. Tilda Swinton hat mich derweil wieder an ihre Rolle in „Orlando“ erinnert.
Beim „Teufelsgeiger“ war auch eher Paganini generell gemeint … den Film habe ich ja (wohl zum Glück) gar nicht gesehen.

YP: Tilda Swinton ist eine Grande Dame und steht über den Dingen. Auch als Eve war sie das für mich. Alleine die Leichtigkeit, die sie als Eve an den Tag legt. Wie sie mit ihrem suizidgefährdeten Ehemann spricht. Mit ihrer Schwester. Oder mit Marlowe. Eine großartige Figur.

PD: Sie wirkte wie eine Elfe. Dass sie gar ein nach Blut dürstender Vampir sein könnte, kam mir kaum in den Sinn. Dagegen waren die menschlichen Charaktere entweder naiv-tapsig (Ian) oder auf eine unangenehm-lustige Weise hinterlistig (Jeffrey Wright als Dr. Watson).
Wirklich schön fand ich, wie Jarmusch und Kameramann Yorick Le Saux den Schauplatz Detroit einfingen. Eine völlig leere Stadt, scheinbar ausgestorben und schon fast an einen Kriegsschauplatz erinnernd. Wie Adam und Eve da mit dem Auto in der Nacht hindurch fahren und Eve daran erinnert, dass auch diese Stadt wieder auferstehen wird … das war nicht nur wunderschön, sondern an unwahrscheinlicher Stelle optimistisch.

YP: Mit dem ewigen Grundsatz: Wo es Wasser gibt, gibt es auch Menschen. Und das ist ja ein ander Mal auch noch ein Thema im Film. Das waren wirklich schöne Bilder.
Was mir gerade auch noch einfällt: Eve hat es ja mit Adam und Marlowe mit Künstlern zu tun. Der eine musiziert und der andere schreibt. Sie verkörpert eine Frau, die das Leben aufsaugt. Die Bücher, die Menschen, die Geschichten – wie du das oben schon mal erwähnt hast. Eben noch einmal die Leichtigkeit, mit der sie ihr ewiges Leben sieht und nimmt. Sowohl Adam als auch Marlowe umgibt eine Schwermut. Eve nicht. Geht es darum, dass Kunst aus Schmerz entsteht? Eve ist dann eher eine Lebenskünstlerin.

PD: Interessanter Punkt. Eve scheint ja wirklich mehr Freude am Leben zu haben und da passt sie auch nach Tanger, mehr denn Adam, der dort ein wenig deplatziert wirkt.
Es schien mir aber nicht so, als ob Marlowe schwermütig gewesen wäre. Der wirkte eher wie ein äußerst lebhafter und das Dasein bejahender Charakter, nur dass er auch schon sehr alt ist und am Ende seiner Kräfte. Marlowe schien ja mit seinen Arbeiten eher im Reinen zu sein. Er schenkte seine Werke der Welt auch nicht völlig anonym, während Adam seine Werke anderen Künstlern entweder aufdrängte (der Dialog zu Schubert etwa) oder in aller Heimlichkeit in die Underground-Szene bringt.

YP: Obwohl: Erinnere dich nur an die eine Hamlet-Erwähnung von Marlowe. So ganz zufrieden scheint er ja doch nicht zu sein.

PD: Na ja, in so einem langen Leben wirst du ohne einige Enttäuschungen auch nicht sein können.
Zudem schien es mir ja eher, als hätte er seinen „Hamlet“ noch besser schreiben können, hätte er Adam da schon gekannt.

YP: Ist das für dich ein typischer Jarmusch-Film?

PD: Ein sehr typischer, aber auch überraschend zugänglicher und humorvoller. Ich habe mir kürzlich wieder seinen Western „Dead Man“ angesehen und war überrascht, wie viel absurder Humor sich bei Jarmusch auch da wieder findet. So hätte es mich gar nicht so überraschen dürfen, dass auch bei seinen Vampiren Humor zu finden ist. Außerdem bewegt sich Jarmusch in Territorien, die er kennt. Die Underground-Clubs, der Soundtrack, die Charaktere. Es ist nicht unglaublich neu, für seine Verhältnisse und nach der starken 1. Hälfte baut der Film auch ein wenig ab (ich mochte Ava einfach nicht) aber es ist eben ein starker Film von ihm. Bei weitem nicht so verkopft und zerfahren wie etwa „The Limits of Control“.

YP: Ich mache es mir leicht, darum habe ich dich diese Frage beantworten lassen. Ich habe nicht alle Filme von ihm gesehen, aber ich habe mir schon gedacht: Made by Jarmusch. Die Handschrift ist eindeutig auszumachen. Und ja, dieser Humor wieder. Der sanft eingestreute und ein wenig absurde.

PD: Es gibt nur wenige Jarmusch-Filme, die ich ganz und gar nicht aushalte. Etwa „Mystery Train“, den habe ich gar nicht zu Ende sehen können, oder seine Neil-Young-Doku „Year of the Horse“.

YP: Der Score bzw. Soundtrack ist fantastisch! Grandios.

PD: Ja, der Soundtrack ist spitze und zum Teil ja von seiner eigenen Band geschrieben. Da drängt sich dann natürlich der Gedanke, es handle sich bei Adam um ein Jarmusch-Alter-Ego richtig auf.

YP: Einmal im Film ist mir der Gedanke auch gekommen, habe ihn dann jedoch nicht weiter verfolgt. Jetzt fällt mir nicht ein, bei welcher Szene, aber von autobiografischen Metaphern dürfen wir doch wohl ausgehen.
Ich möchte noch anmerken, ich halte „Only Lovers Left Alive“ für einen zeitlosen Film. In 20 Jahren wird er mir auch noch gefallen.

PD: Ich glaube, der wird in einigen Jahren eine breite Anhängerschaft haben. Das ist ein Film, den man im Laufe der Zeit entdeckt.
Genau genommen ist es ja eine Gemeinheit wenn ein solch guter Film, so spät im Jahr gebracht wird. Nun ist meine Top 10 aus der Vorwoche völlig im Eimer.

YP: Guter Einwand. Ich habe mir gedacht, dass ich einfach „Captain Phillips“ raus werfe. Dann würde ich wahrscheinlich die Titel ein wenig hin und her schieben, aber zumindest wäre „Only Lovers Left Alive“ bei mir in den Top 10 der besten Filme 2013.

PD: Lustig, dass bei dir auch „Captain Phillips“ hinaus fliegen würde, denn „Rush“ mag zwar nicht ganz so gut wie der Greengrass-Thriller, sein aber der ist mir einfach zu sympathisch, um ihn aus den Top 10 fliegen zu lassen. Zudem ist so eine Top 10-Liste ja nicht in Stein gehauen, eher ein Anreiz zur Diskussion und zur Reflexion.

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