• About Film im Dialog

Film Im Dialog

~ Dialoge über aktuelle und weniger aktuelle Kinofilme

Film Im Dialog

Schlagwort-Archiv: Russell Crowe

Noah

11 Freitag Apr 2014

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

≈ 2 Kommentare

Schlagwörter

Anthony Hopkins, Bibel, Darren Aronofsky, Emma Watson, Gott, Jennifer Connelly, Logan Lehrman, Noah, Russell Crowe, Schöpfer

Darren Aronofsky bedient sich in seinem neuesten Film „Noah“ eines sehr lockeren Umgangs mit dem alttestamentarischen und symbolischen Noah-Stoff. Sein Noah ist ein zerrissener Charakter, ein in seiner Entscheidungsfindung äußerst menschlicher. Im folgenden Dialog könnt ihr nachlesen, wie sich das auf den Film ausgewirkt hat.

Auch dieser Dialog beinhaltet einige Spoiler!

PD: Bibelfilme waren noch nie mein liebstes Genre und auch Darren Aronofsky konnte daran nichts ändern.

YP: Das nicht, aber er findet einen interessanten und anschaulichen Zugang. Von Anfang an schien das eher nach einer unbewältigbaren Aufgabe. Aronofsky baute mit „Noah“ seine eigene Arche und zeigt die Stolpersteine im Filmgeschäft auf.

PD: Gestolpert ist Aronofsky im Filmgeschäft schon etliche Male. Alleine die Hintergrundgeschichte zu „The Fountain“, einem Film der sehr viel mit „Noah“ teilt, ist eine einzige Odyssee.
Was er mit „Noah“ schafft, ist einige sehr gut aussehende Szenen im besten Stil von Katastrophenfilmen hinzubekommen. Viel mehr gibt es aber nicht zu bestaunen, trotz aller Ambition.

YP: Ich bewundere sowohl „The Fountain“ als auch „Noah“ für Aronofskys Ambitionen. Beide Filme haben unzugängliche Geschichten, kein lineares Storytelling, befassen sich mit universellen Themen. Wohingegen „The Wrester“ und „Black Swan“ kommerzieller angehaucht sind. Dabei natürlich kleiner in der Produktion ausfallen. Dass sich Aronofsky, nach „The Fountain“ überhaupt an einen Stoff wie „Noah“ herangetraut hat, ist mehr als erstaunlich. Umso mehr sehe ich im Endergebnis mehr als nur „einige sehr gut aussehende Szenen“. Er versucht darin, eine Bibelgeschichte einem hauptsächlich atheistischen Publikum zu zeigen. Das kaufe ich ihm ab.

PD: Seine Ambitionen spreche ich ihm auch gar nicht ab, die alleine machen aber noch keinen guten Film. So sehr ich „The Fountain“ schätzte, so simpel war ja dennoch seine grundlegende Aussage der Kraft der Liebe und des „Carpe diem“.
Dass Aronofsky sich die Bibelerzählung zum Bau der Arche und der Sintflut annimmt und diese um den Sündenfall und auch noch die Entstehung der Welt anreichert, ist natürlich interessant und bietet eben einige schöne Szenen. Etwa die Darstellung der Evolution oder den Garten Eden. Doch seine Inszenierung wechselte von klassischem Bibelepos über Fantasy-Film hin zu Sci-Fi-Abenteuer à la „Waterworld“. Das funktionierte für mich nur Stellenweise. Vor allem die Darstellung des Garten Edens hatte den Look eines verfilmten Comics. Sehr schön anzusehen.

YP: Ambition allein macht keinen guten Film daraus, das habe ich nicht gesagt. Ich war nur gefesselt und aufgeschlossen von dem, was mir präsentiert wurde. Mir war es auch egal, ob das ein Bibelepos ist – es war nie als solches angelegt. Es wurde eine Geschichte aus dem alten Testament adaptiert. Schön und gut. Aber keine moralische Grundauslegung, keine Lehrstunde, kein symbolischer Charakter, keine religiösen Metaphern.

PD: Bis auf Noah war auch keine einzige Figur ausgereift. Seine Frau (Jennifer Connelly) war immer nur besorgt, genau wie auch seine Adoptivtochter Ila (Emma Watson), sein Gegenspieler Tubal-Cain (Ray Winstone) war nur auf seinen eigenen Vorteil bedacht. Noah war die am besten ausgearbeitete Figur und selbst da kamen große Lücken zum Vorschein. Russell Crowes Darstellung war wirklich gut, aber wie er etwa mit dem Konflikt des von Gott auferlegten Auftrags und seiner freien Willensentscheidung zu kämpfen hatte, hätte platter nicht ausfallen können.

Ob Bibelepos oder nicht, Aronofsky hat sich eine Geschichte aus dem Alten Testament (die in anderen Versionen ja schon früher existierte) heraus genommen, da ihn diese offenbar persönlich faszinierte. Weshalb soll ein Bibelfilm automatisch belehrend sein? Gerade die großen Produktionen mit Charlton Heston sind wenn überhaupt Spektakel ohne großen pädagogischen Anspruch. Da ist Aronofskys „Noah“ intelligenter, indem er seiner Adaption einige Facetten hinzufügt, aber so weit weg vom Spektakelkino alter Hollywood-Granden wie Cecil B. DeMille ist er nicht.

YP: Da stimme ich auch wieder nicht mit dir überein. Diese Hin und Her, diese Zwiespältigkeit, das war doch mehr als ersichtlich und kam oft zum Vorschein. Vor allem, weil nie klar war, woher seine Motivation – sein Antrieb – kommt. Außerdem Vorsicht beim Begriff Gott. Das ist nämlich das nächste Problem: Nicht ein einziges Mal fiel der Name Gottes. Im Film hieß es die ganze Zeit Creator. Und dieser Begriff ist nun seit weit auslegbar.

Eine Anmerkung: Aronofsky mag nun die Bibelgeschichte adaptiert haben und sehr sehr frei interpretiert haben. Aber der Creator steht in meinem Verständnis des Films nicht für den Begriff Gottes, den wir darunter verstehen.

PD: Was den Begriff des Creators angeht. Ob du nun Gott, Creator oder Spaghettimonster dazu sagst, ist ja einerlei. Es bleibt ein Wesen, welchem die Entstehung allen Lebens zugesprochen wird und welches derart erzürnt über „die Bosheit der Menschen“ ist, dass es die Welt in einer Sintflut ertränken will. Wie man dazu nun sagt, ist da doch nicht wichtig. Wie Noah seine „Befehle“ von Gott erhält, fand ich wieder sehr gut gelöst. Es ist kein brennender Dornbusch oder ein Erzengel oder eine Stimme die zu ihm spricht, sondern eine Vision. Das fand ich kreativ. Mir gefiel übrigens auch, wie Aronofsky das Geschehen auf der Erde darstellte. Auf einer Art Superkontinent, der doch sehr an Pangea angelehnt scheint.

YP: Ich bin mir nicht sicher, dass Noah Befehle vom „Schöpfer“ erhalten hat. Er war am Rande der Halluzination. Waren seine Eingebungen nur Träume, waren es Halluzinationen, oder doch freier menschlicher Wille? So wie ich das betrachtet habe, hat er gar keine Befehle entgegengenommen. Er verfolgte seine Visionen, die von den Geschichten um ihn herum genährt wurden. Geschichten, die ihm sein Vater erzählt hat. Oder sein Urgroßvater. Und Creator ist nur der Begriff, den sie verwendet haben. Auch geschickt gelöst war das, weil so Gott nicht adressiert wurde.
Auf der Szene auf der Arche, wo er seiner Familie die Geschichte der Weltentstehung erzählt. Das schaut mir nicht nach biblischer Schöpfung aus. Eher nach Evolution.

PD: Das wäre dann aber schon ein irrwitziger Zufall, dass all die Dinge passieren, genau so wie sie Noah vorhergesagt wurden. Zudem haben wir noch die versteinerten Wächter, die zwar mehr an Tolkien-Figuren erinnerten, aber dennoch gefallene Engel darstellten und die ebenso vom Schöpfer sprachen. Ich hatte auch keine Sekunde lang einen Zweifel daran, dass Aronofsky seinem Noah sehr wohl diese göttliche Eingebung gab. Erst als es darum ging, ob Ila ihre Kinder behalten darf oder nicht, kippt die Darstellung und man kann sich die Frage stellen, ob Noah ein radikaler Fundamentalist geworden ist, oder es doch einen göttlichen Befehl gibt. Im Gegensatz zum Bau der Arche, hat man aber nie eine Vision hierfür gesehen…
Die Entstehung der Welt war wie eine Vermischung von Evolution und biblischem Schöpfungsmythos. Das war auch schön gelöst.

YP: Die Steinriesen (die dann Richtung Himmel fahren) und der Samen, der spriesst, das ist so ziemlich Science-Fiction. Der Garten Eden wird auch gezeigt. Das ist halt der Rahmen für Noahs Werdegang. Ila und ihre Zwillinge, das wirkte dann mehr nach Ironie als nach Schicksal.

PD: …und eben als Fantasy- oder Science-Fiction-Film (was genau genommen ja eh jeder Bibelfilm ist) funktioniert es einfach nur bedingt. Denn abgesehen von der Rahmenhandlung, gibt es wenig, was von Interesse wäre. Das liegt eben auch in den Charakteren begründet die – bis auf Noah – schlicht langweilig sind. Gerade einmal Anthony Hopkins schafft es seinem Methusalem eine augenzwinkernde Ironie abzugewinnen. Ansonsten changieren die Darstellungen von eindimensional-gelangweilt (Ray Winstone, Jennifer Connelly) bis hin zu aufgesetzt-nervtötend (Logan Lehrman, Emma Watson).

YP: Bei mir war es eher so, dass ich länger brauchte, um in die Story einzusteigen, da es eben mit den Geschehnissen rund um Garten Eden beginnt. Aber dann war ich gefesselt.
Connelly hatte überhaupt eine sehr undankbare Rolle in „Noah“. Den ganzen Spaß hatte sowieso nur Crowe. Ich fand es schön, die beiden nach „A Beautiful Mind“ wieder in einem gemeinsamen Film zu sehen.

PD: … und Connellys zweite Zusammenarbeit mit Aronofsky nach „Requiem for a Dream“. Was ich mich frage, weshalb ist „Noah“ für dich keine Adaption?

YP: Ich kann nicht leugnen, dass „Noah“ nach einer Bibel-Geschichte kommt. Allerdings ist das so frei, ich sehe ja die Verbindungen, die du siehst, allesamt nicht. Das habe ich nicht einmal „Gott“ rausgelesen und alle anderen Phänomene schreibe ich dem Fantasy-Genre zu. Weil eine Bibel-Adaption so etwas wie „The Passion of Christ“ ist. Also eventuell christliche Propaganda-Filme. Aber ich sehe, dass – wenn man will – einige christliche Moralvorstellungen, Ideologien usw. rauszulesen sind. Aber aus agnostischen bzw. atheistischen Augen ist das nicht so.

PD: Gut, es ist kein Masochistenfest wie „Die Passion Christi“ aber es ist doch natürlich eine Adaption. Aronofsky arbeitet mit den entsprechenden Kapiteln aus dem Buch Genesis und fügt einige seiner eigenen Ideen hinzu, aber das bedeutet doch einen Stoff zu adaptieren. Wenn man will kann man aus jedem Film, viel heraus lesen. Ein Film der sich aber dezidiert einer Geschichte aus einem religiösen Text bedient, wird sich nun einmal damit auseinandersetzen müssen, was der ursprüngliche Text aussagt. Als Atheist sehe ich die gesamte Bibel als Sammlung alter Sagen, aber das heißt nicht, dass die Verfasser das auch so gesehen haben.

YP: Man findet mehr Gefallen am Film, lässt man die Bibelherkunft in der Filmanalyse weg. Nehmen wir „The Lord of the Rings“ als Vergleich her. Das lebt davon, dass es eine Adaption ist. Bei „Noah“ ist das irrelevant. Weil ein Vergleich mit dem Original – im Falle von „Noah“ – einfach die falsche Lesart ist für einen Film, der sehr sehr lose auf dem Original beruht. Eigentlich nur inspiriert davon ist.

PD: Gerade der Vergleich ist aber ein lohnenswerterer Zugang, denn „Noah“ als reinen Fantasyfilm zu sehen, denn dann sieht man auch Aronofskys freien und zum Teil kreativen Umgang mit dem Ursprungstext. Die Entstehung der Welt, die Wächter, der Garten Eden, die ökologische Katastrophe als Darstellung für die Bosheit des Menschen. Als reiner Fantasyfilm funktioniert „Noah“ eben nicht (gut genug), da alles außer dem Titelcharakter selbst uninteressant bleibt. Der Film für sich ist eine stilistisch eher unrhythmische Zusammenstellung von Katastrophenfilm im Fantasygewand, Melodram und Endzeit-Sci-Fi.

The Counselor

06 Freitag Dez 2013

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

≈ 2 Kommentare

Schlagwörter

Brad Pitt, Cameron Diaz, Cormac McCarthy, Gladiator, Michael Fassbender, Penelope Cruz, Ridley Scott, Russell Crowe, Savages, The Counselor

Filme von Ridley Scott sind stets Pflichttermine im filmischen Kalender und wenn er dann auch noch ein Drehbuch von Cormac McCarthy verfilmt, sollte doch eigentlich nichts schief gehen. Ein Gespräch über philosophische oder doch nur aufgesetzte Dialoge, Auslassungen in der Handlung und die Vielseitigkeit von Ridley Scott. Zudem versuchen wir die wichtige Frage zu beantworten, womit genau Cameron Diaz Angst verbreitet.

YP: Welche Szene aus „The Counselor“ ist dir am meisten in Erinnerung geblieben? Das war doch – wenn irgendwas – dann ein bildgewaltiger Film. Sehr auf das Visuelle verlagert.

PD: Das war dann wohl Cameron Diaz und ihr Ritt auf beziehungsweise mit dem Ferrari. Ridley-Scott-Filme sind immer sehr auf die visuelle Ebene fixiert, aber zumeist schafft er es auch darüber hinaus eine interessante Geschichte zu erzählen. In diesem Fall war das Drehbuch eine Ansammlung von Logiklöchern und Möchtegernphilosopischen Dialogen.

YP: Die Szene ist von Reiner (Javier Bardem) schön nacherzählt worden und schön gegengeschnitten von Scott. Aber ehrlich gesagt: so besonders fand ich das dann auch wieder nicht. Was war denn bitte dabei?

PD: Die Szene steht für mich sinnbildlich für das ganze Problem des Films. Reiner erzählt dem Counselor (Fassbender) diese Anekdote von seiner Freundin und dem Ferrari, und am Ende fragt der Counselor „Warum erzählen sie mir das?“ und Reiner meint „Ich weiß auch nicht.“ Das war die meiste Zeit mein Gefühl in diesem Film. Warum sehen wir das? Keine Ahnung. Was blieb dir in Erinnerung?

YP: Zwei Szenen: Einerseits die Jagdszene mit den Geparden, weil die Landschaft einen großen Stellenwert bekommen hat. Die Geparden sind Teil der Natur und die Tatsache, dass sie Malkina (Cameron Diaz) als Schmusekatzen zweckentfremdet, fand ich sehr befremdlich. Und natürlich die rohe Gewalt in der Szene, wo Westray (Brad Pitt) im wahrsten Sinne des Wortes an Kopf und Kragen gegangen wird.

PD: Das fand ich wieder ein wenig verlogen. Der Film hat kein Problem auf recht drastische Art und Weise Gewalt darzustellen, den Zuseher mit der Aussicht auf Gewalt geradezu zu locken (etwa das Gespräch von Westray mit dem Counselor, bezüglich Folterungen und Enthauptungen) und dann wird dies gegen Ende des Films mit einer Demonstration verzweifelter Bürger gegen die Gewalt gegengeschnitten. Das war unglaublich verlogen.

YP: Allerdings handelt es sich um sehr verlogenes Gewerbe.

PD: Das Geschäft ist verlogen, schön und gut, aber die Szene mit den Demonstranten war völlig unpassend.

YP: Ach, das hatte vielleicht auch mit der Verzweiflung vom Counselor zum Schluss hin zu tun. Zu wissen, es werde mit 100 %-iger Sicherheit etwas eintreffen, wovor er sich so fürchtet und nur darauf zu warten, wann das sein wird?

PD: … und deshalb die Demo-Szene vor der Kirche? Nach dem Motto: Du bist nicht allein in deinem Leid? Nein, das war Mitleidsgeheische mit einem Charakter, der sehr wohl wusste, was er tut.

YP: Die Szene war nicht befremdlich. Es sind viele junge Frauen in dieser Gegend verschwunden. Mit der Szene war es so, als wollten sie uns zeigen, was mit den vielen verschwundenen Frauen passiert ist. Wir wissen ja, was dann folgt … Vielleicht war das ein Erklärungsversuch und ein Aufzeigen, wo die ganzen Frauenleichen der Juarez-Region hingekommen sind.

PD: Das kauf ich dem Film nicht ab. Tut mir leid, aber das hat mich in keinster Weise berührt oder nachdenklich gestimmt oder auf die Situation der Frauen in Juarez aufmerksam gemacht.

YP: Die unzusammenhängende Erzählweise des Films, das Auslassen von wichtigen Details, keine Einführung der Charaktere, das hat mich alles nicht gestört. Die Dialoge stehen für sich. Es wird eine Geschichte erzählt, aber der Zuschauer wird nicht bedient.

PD: Ich habe kein Problem mit Auslassungen oder Verknappungen, auch auf der Dialog-Ebene, wenn man es sinnvoll macht. Bei „The Counselor“ hingegen gibt es Auslassungen, die schlicht keinen Sinn ergeben und beinahe jeder Charakter ergeht sich in metaphorischen Gleichnissen. Es klingt nicht nur alles gleich, sondern mit der Zeit auch lächerlich.

YP: Nein, es wurde trotzdem viel mehr erzählt als schließlich gezeigt wurde. All diese Gespräche z.B. jenes des Counselor mit Westray über Snuff Filme usw. Das hätte auch gezeigt werden können. Scott entschied sich dagegen.

PD: Als Westray seine amüsanten exzentrischen Auftritte hatte, waren diese Metaphern amüsant, aber wenn dann schließlich vom mexikanischen Gangster bis zum Counselor und Reiner sich allesamt nur noch in Metaphern unterhalten, wurde es mühsam und gestelzt. Die Charaktere sind überhaupt so ein Thema. Was genau wusste Laura (Penelope Cruz) von den Geschäften ihres Göttergatten?

YP: Sie wird wohl eins und eins zusammengezählt haben. Du kriegst nicht einfach so einen 3,9-Karat-Diamantring geschenkt und stellst keine Fragen. Ich kaufe dem Film Vieles nicht ab, aber er ist vollbepackt mit Informationen, man muss nur wissen, wo man nachschaut.

PD: Mir erschien er eher überladen mit Andeutungen, und die „man muss nur wissen, wo man nachschaut“-Sache, ist dann eben eine Sache des Regisseurs. Der muss dann schon auch entscheiden, was er zeigt und was nicht. Die Dialoge alleine können den Film nicht tragen, dann wäre es ein Theaterstück.

YP: Mich hat ja diese Schwarzweißmalerei bei den Figuren gestört. Was etwa hatte Laura mit Malkina zu tun? Dieses Treffen im Clubhaus am Pool.

PD: Eben. Wieder eine Szene die einfach in der Luft hängt. Malkina amüsiert sich über Laura, über ihren Glauben, über ihre Kirchgänge und später ist Malkina bei der Beichte. Auch so eine völlig wirr in die Geschichte geworfene Szene, die zwar ganz amüsant anzusehen war, aber nichts brachte. Weder für die Ausformung des Charakters, noch für die Handlung.

YP: Darum habe ich auch die Vorlage von Cormac McCarthy gelesen und ob du es glaubst oder nicht: diese lieferte mir keine neuen Erkenntnisse. Bin nicht schlauer als nach dem Film. Das Wenige, was ich nach dem Film wusste, hat sich nur noch mehr manifestiert. Ich wage zu behaupten, dass die Vorlage sehr gut von Scott umgesetzt wurde.

PD: Ich wage eher zu sagen, dass Scott sich sklavisch an die Vorlage (es war ja McCarthys 1. Drehbuch) fesselte. Das ist keine gute Arbeitsweise. Ein guter Regisseur muss auch bei einer Autorenlegende mal das Drehbuch überarbeiten, wenn es wo nicht passt.

YP: Nein, der Schluss ist anders. Er hat einige Szenen weggelassen, auch abstrakte Szenen. Das hätte dann andere noch abstraktere Formen angenommen. Mich faszinierte Malkinas Charakter. Sie ist im Gegensatz zur jungfräulichen Laura sehr facettenreich und macht scheinbar, was sie will, ohne Rücksicht auf Verluste.

PD: Diaz hat sie ganz passabel gespielt, auch wenn ich ständig das Gefühl hatte, dass etwa Charlize Theron aus dem Charakter viel mehr heraus geholt hätte. Bei Diaz war Malkina kalt, aber das war es auch schon. Kalt.

YP: Malkina ist in der Vorlage dunkelhaarig. Allerdings spielt sie Diaz so grazil, wie es ihre Geparden sind. Willst du sagen, sie ist so austauschbar?

PD: Diaz war austauschbar. Das liegt aber nicht gerade am scharf ausgefeilten Charakter. Doch da kann man jeden Charakter her nehmen, vom Counselor (der aber ganz bewusst eine Hülle bleibt) über Reiner und Laura hin zu Malkina. Alles sehr flache Charaktere. Auch der Reiz in Westray, liegt rein in der Darstellung und nicht im Charakter. Ich hatte grundsätzlich mit Brad Pitt die meiste Freude. Er spielte diesen weit gewanderten Gangster mit so viel Gusto und Freude. So wie er die Dialoge rüber brachte, von knallhart zu amüsiert wechselte. Das hat Spaß gemacht. So wie Woody Harrelson in „No Country for Old Men“ und wenn man genau ist, ist das im Grunde derselbe Charakter.

YP: Das ist eine Schauspielerin, die 2 Jahrzehnte lang einen Typ Frau gespielt hat und jetzt spielt sie eine sehr düstere Gangsterin. Eben nicht einmal eine Gangsterbraut. Sicher hätte ich mir Charlize Theron auch gut in dieser Rolle vorstellen können. Und Brad Pitt sucht sich seine Rollen mittlerweile gut aus. Auch wenn es – wie in diesem Fall – nur Nebenrollen sind.

PD: Also düster fand ich Malkina nicht, nur kalt und das konnte sie auch schon zuvor, das ist jetzt keine Überraschung. In „Vanilla Sky“ etwa oder selbst die egoistische Lehrerin in „Bad Teacher“. Pitt hat spätestens mit „Troy“ aufgehört den Schnuckel-Typ zu spielen. Der weiß mittlerweile sehr gut, was er tut. Mir gefiel er ja auch in dem unterschätzten „Killing Them Softly“ aus dem Vorjahr.

YP: Düster, weil ich nicht wissen will, was für Geheimnisse sie mit sich rumschleppt. Es gibt Gründe, warum sie so kalt ist. Sogar Reiner – ihrem Lover – ist sie unheimlich.

PD: Sie hat eine gewisse bedrohliche Ausstrahlung an sich, aber hauptsächlich ist sie eiskalt. Wenn sie Reiner eröffnet, dass sie nicht da sein wird, wenn „die Axt fällt“, dann weiß Reiner genau, dass sie nur auf sich selbst schaut. Das ist kalt aber nicht unbedingt düster. Angst hatte er eher nach dem Ferrari-Stunt.

YP: Sie kennt aber auch keine Grenzen. Das hat mir Angst gemacht.

PD: Die wurden aber nicht unbedingt gezeigt. Da fand ich den mexikanischen Boss düsterer, der so gemütlich beim Kaffee über Mord und Totschlag sprechen konnte, wenngleich mir sein pseudo-philosophisches Geschwafel gehörig auf den Geist ging.

YP: Die Dialoge und die Bilder waren zweifellos das Beste am Film. Die Dialoge, weil sie metaphorisch zu verstehen sind.

PD: Die Dialoge waren aber derart aufgesetzt. Wenn du den meisten Charakteren beinahe immer dieselben Dialoge in den Mund legst, verlieren sie ihre Wirkung. Wie schon erwähnt: Wenn Westray seine Metaphern anbringt, ist das humorvoll aber wenn dann auch noch Reiner, der Counselor, Malkina etc. sich in Metaphern ergehen, ist das nur noch öde.

YP: Mir fällt gerade ein, entweder wird viel geredet in „The Counselor“ oder gar nicht. Diese vielen langen wortlosen Einstellungen, wo die Kamera den Figuren auf Schritt und Tritt folgt, z.B. dem The Green Hornet am Motorrad oder dem Wire-Man in der Wüste. Das war schon fesselnd.

PD: Das erinnerte mich an die besten Szenen in „Breaking Bad“, wohl auch aufgrund der Wüstenlandschaft.

YP: … oder an „Savages“ von Oliver Stone.

PD: An „Savages“ musste ich auch sehr oft denken und mir gefiel „Savages“ besser. Da war zumindest nur ein Charakter der pseudo-philosophischen Blödsinn gefaselt hat. Ich frage mich, ob ein anderer Regisseur den Mut gehabt hätte, sich etwas mehr über die Vorlage hinwegzusetzen, denn Ridley Scott. John Hillcoat hatte ja für „The Road“ ein paar Rückblenden eingebaut. Das ist nicht viel, aber eine kleine eigene Note.

YP: Schwer zu sagen. Eventuell David Fincher? Der hätte es düsterer gestaltet, nicht minder bildgewaltig.

PD: Womöglich eher ein jüngerer Filmemacher. Cary Fukunaga oder Rian Johnson.

YP: Selber Gedanke! Allerdings passt Scott doch gut. Es ist eigentlich unglaublich, er macht Filme wie „Prometheus“, „A Good Year“, „Robin Hood“ und „Kingdom of Heaven“, dann „The Couselor“, um ein paar Filme der letzten Jahre zu nennen. Wobei „Kingdom of Heaven“ und „Robin Hood“ richtig schlecht waren. Ein vielseitiger Regisseur.

PD: Das spricht ihm ja keiner ab. Vielseitig ist er, aber von den genannten Filmen war „Prometheus“ der einzige der auch unterhaltsam war…obwohl der in der zweiten Hälfte auch in sich zusammen fällt. Dennoch scheint mir, der letzte Scott-Film den ich richtig gut fand, ist „Matchstick Men“ (2003). Bis auf den sehr moralinsauren Schluss.

YP: Dazu fällt mir ein Video ein, Russell Crowe war in der Graham Norton Show, um „Man of Steel“ zu bewerben. Ab Minute 7:18 im Video folgt ein Zitat von Russell Crowe über die Zusammenarbeit mit Ridley Scott an „Gladiator“. Er sagt: „I would never ever recommend to make a movie that way. It’s just the way Ridley likes to make a movie.“ http://youtu.be/xxgj5FBP20Q

PD: Heißt wohl, Scott vertraut in Drehbuchfragen Russell Crowe und McCarthy. Deiner Lese-Erfahrung nach ist ja nicht gar so viel anders im Drehbuch von McCarthy denn im Film. Er war aber zu ängstlich, sich ein wenig vom Drehbuch zu entfernen bzw. dieses zu überarbeiten.

YP:. „Gladiator“ war 1999. Vielleicht hat er seitdem seinen Arbeitszugang geändert. Abgesehen davon hatte er ja bei „The Counselor“ ein 200 Seiten Manuskript in den Händen, also ganz so wie bei „Gladiator“ wird es nicht gewesen sein.

Abonnieren

  • Einträge (RSS)
  • Kommentare (RSS)

Archiv

  • September 2016
  • Juli 2016
  • Juni 2016
  • Mai 2016
  • April 2016
  • März 2016
  • Februar 2016
  • Januar 2016
  • Dezember 2015
  • November 2015
  • Oktober 2015
  • September 2015
  • August 2015
  • Juli 2015
  • Juni 2015
  • Mai 2015
  • April 2015
  • März 2015
  • Februar 2015
  • Januar 2015
  • Dezember 2014
  • November 2014
  • Oktober 2014
  • September 2014
  • August 2014
  • Juli 2014
  • Juni 2014
  • Mai 2014
  • April 2014
  • März 2014
  • Februar 2014
  • Januar 2014
  • Dezember 2013
  • November 2013

Kategorien

  • Filmdialoge
  • Personalia
  • Special
  • TV
  • Uncategorized

Meta

  • Registrieren
  • Anmelden

Bloggen auf WordPress.com.

Datenschutz & Cookies: Diese Website verwendet Cookies. Wenn du die Website weiterhin nutzt, stimmst du der Verwendung von Cookies zu.
Weitere Informationen, beispielsweise zur Kontrolle von Cookies, findest du hier: Cookie-Richtlinie
  • Abonnieren Abonniert
    • Film Im Dialog
    • Schließe dich 53 Followern an
    • Du hast bereits ein WordPress.com-Konto? Melde dich jetzt an.
    • Film Im Dialog
    • Anpassen
    • Abonnieren Abonniert
    • Registrieren
    • Anmelden
    • Melde diesen Inhalt
    • Website im Reader anzeigen
    • Abonnements verwalten
    • Diese Leiste einklappen