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Alden Ehrenreich, Channing Tatum, Ethan Coen, George Clooney, Hail Caesar!, Joel Coen, jonah hill, Josh Brolin, Scarlett Johansson, Tilda Swinton
Ein neuer Film von den Brüdern Joel und Ethan Coen ist für viele eines der großen Jahreshighlights. Zuletzt begeisterten sie mit „Inside Llewyn Davis“. Diesmal begeben sie sich mithilfe eines Star-Ensembles, angeführt von Josh Brolin als Fixer Eddie Mannix, in die Zeit der 1950er-Studioproduktionen. Eine Entführung, viel Eitelkeit und Kommunismus stehen im Zentrum von „Hail, Caesar!“.
PD: Wenn ich an die Filme der Coen-Brüder denke, dann fällt mir vor allem ihr tiefschwarzer Humor ein, den ich aus „Fargo“ oder „Barton Fink“ kenne. Dagegen wirkt „Hail, Caesar!“ regelrecht milde.
YP: Und wenn ich an die Coen-Brüder denke, dann fallen mir aber auch Filme wie „O Brother, Where Art Thou? „, „Burn After Reading“, „The Big Lebowski“, „A Serious Man“ und „Intolerable Cruelty“ und genau in diese Richtung begeben sie sich mit „Hail, Caesar“. „Fargo“ und „No Country For Old Men“ sind auch von den Ethan und Joel Coen, aber mit dem aktuellen Film haben diese aber – bis auf die beiden Regisseure – kaum etwas zu tun. Nachträglich betrachtet steht „Fargo“ auch irgendwie fast allein da.
PD: Das ist das Schöne an ihrem Werk, sie haben eine derartige Vielfalt und doch ihren stets wieder erkennbaren Stil. Abgesehen von „The Hudsucker Proxy“ und dem missratenen „The Ladykillers“-Remake, fällt mir auch kein Film von ihnen ein, den ich nicht immer wieder gerne mal ansehen würde.
Was bei „Hail, Caesar!“ aber schon sehr ins Auge sticht, ist der geradezu leichtgewichtige Humor, den sie hier zelebrieren. Die alten Studiofilme werden mit viel Liebe zum Detail parodiert, aber schon auch zur selben Zeit gefeiert. Für all ihren Pomp und Pathos. Am Schönsten fiel dabei die Titelgebende Sandalen-Film-Version aus, in der George Clooney, den die Coens ja einfach zu gern als Dämlack hinstellen, schamloses Over-Acting betreiben durfte.
YP: Leichtgewichtiger als andere Coen-Filme finde ich diesen hier nicht. Mir war er etwas zu übereifrig und wohlmeinend. Die Hommage wurde zu oft betont und unterstrichen. Zwar fand ich auch die einzelnen Episoden gelungen (Ralph Fiennes und Alden Ehrenreich waren miteinander großartig) , wie die diversen Plots dann miteinander verknüpft wurden, war nicht allzu stimmig. Die Besetzung war großartig, auch ein Clooney macht sich ganz gut in so einen Ensemble. Clooney und Brolin hatten wenigstens gebührend Screen time, wobei ich mir das bei anderen aus dem Cast auch gewünscht hätte. Scarlett Johansson war mir viel zu kurz drinnen. Gerne hätte ich auch mehr von Tilda Swinton gesehen. Frances McDormand und Jonah Hill waren gerade ein paar Minuten im Bild.
PD: Ich bin mir auch nicht sicher, ob das nun gewollt war oder nicht. Denn die Handlung dreht sich ja um den Fixer Eddie Mannix (Josh Brolin) und seine wechselnden Begegnungen mit verschiedenen Stars an verschiedenen Sets. Klar wird dadurch der Raum für die einzelnen Protagonisten zwangsweise kleiner, aber diese Star-Ensemble-Inszenierung führte auch dazu, dass man von den einzelnen Charakteren nur wenig vermittelt bekam, abgesehen von einzelnen Gags. Etwa Scarlett Johanssons Promiskuität oder ihr Divenhaftes Gehabe, ebenso die homoerotischen Untertöne bei der Matrosen-Tanz-Nummer mit Channing Tatum. Es ging in diesen Stellen nicht über die Parodie hinaus.
In diesem Sinne war es für mich leichtgewichtiger als etwa andere Komödien der Coens wie „A Serious Man“ oder auch „O Brother, Where Art Thou?“, in welchen Sinnkrisen respektive Rassenkonflikte behandelt wurden. Die Schwarze Liste und der Einfluss der alten Studios auf das Leben seiner Stars wird in „Hail, Caesar!“ eher milde behandelt.
YP: In thematischen Sinne ist dieser Coen-Film bestimmt leichtgewichtiger, aber bewegt sich keineswegs leichtfüßiger als andere. Mir wurde hier auch zu viel parodiert oder zu viel reminisziert. In dieser Szene, in der Eddie einen Jobwechsel in Erwägung zieht und dann aus moralisch fragwürdigen Gründen bei seinem alten Job bleibt, das hat mich irritiert. Bei einigen Szenen fragte ich mich wirklich, was die jetzt zum Plot beigetragen hatten. Einiges wirkte auf mich als wäre es wild und unbedacht zusammengefügt worden. Ich konnte nie ganz bei der Sache sein. Man könnte sagen, der Film hat mich auch nur halbherzig unterhalten. Wohlmeinend gemeint, aber halbherzig.
PD: Die Szenen, in welchen Mannix von einem Lockheed-Vertreter ein lukratives Job-Angebot vor die Nase gehalten bekommt, fand ich nicht ganz unwichtig, da sie die Verbundenheit von Mannix mit diesem „Zirkus“ zeigten. Obwohl scheinbar alle Gründe für einen Wechsel zu Lockheed sprechen (Bezahlung, Arbeitszeiten), kann er sich einfach nicht von dem kreativen Chaos des Studios lösen.
Es ist auch einer jener Filme, bei denen ich mir sicher bin, dass bei erneuten Sichtungen, weitere, beim ersten Mal nicht bemerkte, Gags zu Tage treten werden. Dass die Filme etwa bei Capitol Pictures (das Studio welches schon in „Barton Fink“ eine Rolle spielte) produziert werden, ist noch die auffälligste Anspielung. Enttäuscht war ich eher von dem zerfaserten Kommunisten-Plot. Die Schwarze Liste und der Wechsel von Hollywood-Star Burt Gurney auf die andere Seite wirkten mir ein wenig unkonzentriert inszeniert. Stattdessen gab man dem herrlichen Alden Ehrenreich (der mir schon in „Tetro“ sehr gut gefiel) viel Raum, um die verschiedenen Handlungsstränge miteinander zu verbinden.
YP: Diesem Studio-Chaos bzw. diesen Zirkus treten die Coens in „Hail, Caesar!“ mit viel Respekt entgegen. Wie bereits erwähnt haben sie genau so den Film angelegt. Für das moderne Publikum soll hier nochmal die alte Welt wiederbelebt werden. Und alteingesessene Filmfans können hier in den guten alten Studio-Zeiten schwelgen. Das ist eigentlich genau das, was sie auch bei „Inside Llewyn Davis“ gemacht haben, nur dort auf die Musikindustrie der 1960er Jahre bezogen. Bloß fand ich es dort auch stimmig und gelungen, wohingegen der neueste Streifen hinter den Erwartungen zurückliegt.
PD: „Inside Llewyn Davis“ hat sich allerdings auch viel mehr mit seinem Titelcharakter und dessen Lebensumständen beschäftigt. Es war mehr eine Sinnsuche in einem Musik-Drama (man denke nur an den Road-Movie-Teil mit John Goodman), deren Charaktere dann auch entsprechend ausgebaut waren. Kein einziger Charakter in „Hail, Caesar!“ ist derart mit Leben erfüllt. Da unterscheiden sich die beiden Filme dann doch grundlegend. Meine Erwartungen hat „Hail, Caesar!“ jedoch schon erfüllt und mich gut unterhalten, auch wenn ich mir stellenweise bösere Witze und vor allem einen zwielichtigeren Eddie Mannix (der echte Mannix hatte ja eine viel dunklere Lebensgeschichte) erwartet hatte.