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~ Dialoge über aktuelle und weniger aktuelle Kinofilme

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Creed

29 Freitag Jan 2016

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12 years a slave, Academy Awards, Ava DuVernay, Bridge of Spies, Chi-Raq, Creed, Michael B. Jordan, Oscars, Ryan Coogler, Selma, Straight Outta Compton, sylvester stallone, Tessa Thompson, The Big Short, The Revenant

Rocky Balboa alias „Rocky“ ist zurück, diesmal steigt er natürlich nicht in der Ring, sondern trainiert Apollo Creeds Sohn Adonis bei seinem Aufstieg als Newcomer im Box-Universum. „Creed“ ist nicht nur eine schöne filmische Hommage der Rocky-Reihe, auch ist es ein gelungenes Anknüpfen an das Rocky-Universum.

YP: „Creed“ ist aber dann überraschenderweise doch nicht so geworden, wie ich ihn mir erwartet habe. Zugleich auch ist der Film ein Beispiel dafür, wie man Sylvester Stallone in seiner Rocky-Rolle doch noch zu einer weiteren Oscar-Nominierung verhilft. Heute zwar als Nebendarsteller, im Jahre 1977 doch noch als Hauptdarsteller.

PD: Ich kenne aus der „Rocky“-Saga vor allem den ersten Film und auch den sechsten Teil „Rocky Balboa“. Mir waren aber viele Anspielungen in „Creed“, die auf das Schicksal von Apollo und die Entwicklung der Beziehung zwischen Rocky und ihm hindeuteten, nicht wirklich bekannt. Das ist schon auch ein kleines Hindernis, um in „Creed“ hinein zu finden. Es wird mit derartig viel Nostalgie gearbeitet, dass ein Zuseher, der ohne das Vorwissen in diesen Film hinein geht, von etlichen Momenten kaum so gefangen sein wird, wie das gedacht war.

Auch Stallones Darstellung ist eine Übung in „kunstvoller Nostalgie“. Es ist schön ihn tatsächlich schauspielern zu sehen, was er Abseits von „Rocky“ im Grunde nur in „Copland“ getan hat. Viel interessanter war jedoch, wie Michael B. Jordan in diese Rolle hinein zu wachsen schien. Wie auch sein Charakter Adonis.

YP: Ich würde aber von keinem Hindernis sprechen. Schön war es, dass sich der Film an die Rocky-Reihe bezieht, aber für das Verständnis war es nicht essentiell. Für das Publikum ohne Vorwissen funktioniert der Film aber auch. Wobei ich nicht davon ausgehe, dass es viele Menschen gibt, die in so einen Film gehen, ohne die vorherigen Filme zu kennen. Wie ich schon in unserem Dialog zu „Rocky“ erwähnte: dieses Genre liegt mir auch nicht, aber wenn der Film gut gemacht ist, dann umso besser. Und in dieser Hinsicht ist „Creed“ gelungen und gut gemacht.

PD: Das Genre liegt mir auch nicht sonderlich, aber zumindest schafft es Coogler mit „Creed“ einen Boxer-Film hinzulegen, der im Grunde all dieselben Elemente wie „Southpaw“ trägt, nur im Gegensatz zu „Southpaw“ auch funktioniert. Was auch daran liegt, dass die Chemie zwischen Michael B. Jordan und Stallone stimmt.

Inszenatorisch stach aber vor allem der erste Profi-Kampf von Adonis heraus, den Coogler in einem langen Take zeigte. Das war sehr gut gemacht. Dagegen imponierten mir die Trainings-Montagen, aber auch die Liebesgeschichte nicht.

YP: Die Trainingsmontagen und die Liebesgeschichte sind so fixe Bestandteile eines Sportfilms, dass sie mir in „Creed“ weder positiv noch negativ auffielen. Gelungen inszeniert fand ich vor allem den Aufbau, der Adonis‘ Background und seinen Weg zu Balboa zeigt. Und hier unterscheidet sich Adonis auch grundlegend von Stallone: der soziale Aufstieg fällt bei ihm gänzlich weg, er wohnt bereits in der Villa seines verstorbenen Vaters, er hat einen College-Abschluss und einen guten Job, bei ihm geht es um Selbstverwirklichung und Abgrenzung der übergroßen Vaterfigur, die er nie kennenlernen durfte. In Balboa sieht er dann auch eine Art Vaterfigur, allerdings kommt der gegenseitige Einfluss Balboa mehr zugute als Adonis. Adonis ist ein sehr intelligenter Sportler, der genau weiß, was er will. Seine Kämpfernatur – geprägt und gezeichnet von seinen Aufenthalten in Jugendanstalten, bevor ihn die Frau seines Vaters zu sich holte – scheint ihn zwar immer wieder einzuholen, aber Adonis gibt da nie auf, er beherrscht diesen Trieb.

PD: Um die Trainingssequenzen wird man kaum hinweg kommen, aber der Liebesgeschichte fehlte die Chemie. Dass Adonis seine Nachbarin Bianca (Tessa Thompson) auf den ersten Blick nicht beeindruckt und für sie zunächst nicht wie ein Boxer wirkt, da er zu langweilig sei, ist hübsch konstruiert, aber das Zusammenspiel von Jordan und Thompson konnte mich nicht überzeugen. Auch wenn Coogler das Publikum in die Eigenheiten der Stadtkultur von Philadelphia hinein führt, erscheint die Liebesgeschichte auch, als wäre sie nicht mehr, wie eine Eselsbrücke um ein wenig über Philadelphia und die Kultur quatschen zu können.

Stallones Balboa funktioniert als Vaterersatz hingegen sehr gut, und es überrascht mich nicht, dass er dafür eine Oscar-Nominierung erhielt, doch ohne den ganzen nostalgischen Überbau, fehlt sowohl Stallones Darstellung, als auch dem Film im Gesamten, viel von seinem Reiz.

YP: Es ist eine sehr zurückhaltende Liebensgeschichte, die Annäherung zwischen den beiden passiert sehr langsam, weil auch die Lebensinhalte der beiden das Boxen und das Musizieren sind. Die Liebe spielt hier nur eine Nebenrolle. Bianca hatte ihr eigenes Leben, wir sehen sie bei der Arbeit – öfters. Im Gegensatz zu vielen Hollywood-Filmen, wo den Frauen alleinig die Aufgabe zuteil kommt, die Männer zu unterstützen und sie zu besseren Menschen zu machen (Beispiele: „Bridge of Spies“, „The Big Short“, „The Revenant“), wird hier auch Biancas Seite gezeigt. Alleine diese Szene bei ihrem Konzert, welches er ihr um ein Haar vermasselt. Das fand ich auch sehr gut eingefangen. Das hier ist eine nachvollziehbare Liebesgeschichte, die Chemie passte daher trotzdem.

Schade finde ich allerdings, dass es Michael B. Jordan, der Adonis Creed spielt, nicht zu einer Oscar-Nominierung gekommen hat. Er ist der Kopf und das Herz des Films und hat mindestens auch eine verdient.

PD: Ihr Charakter war interessanter, denn alle weiblichen Charaktere in den von dir genannten Filmen, aber das machte für mich weder ihre Lebens- noch deren Liebesgeschichte interessant. Gerade sein gewalttätiger Ausbruch bei ihrem Konzert entsprang allen Klischees, die möglich waren. Schließlich wütete Adonis los, da ihn die Krankheit von Rocky so mitnahm. Dies hätte auch anders transportiert werden können, aber man entschloss sich für einen Ausbruch in aller Öffentlichkeit, der zu einer Entschuldigung an ihrer Haustür führen musste.

Bei allem Verständnis für die Problematik rund um die Oscar-Nominierungen, sehe ich bei „Creed“ kaum einen Aspekt, den ich bei den Oscars sehen würde. Stallone reitet auf der Nostalgie-Welle, während Coogler aber auch Jordan und Thompson solide Arbeit leisteten. Das ist alles ansehnlich und unterhaltsam, aber kam für mich nicht wirklich in die Nähe des Preisverdachts. Da war ich verstörter, als im Vorjahr Chadwick Boseman für seine Rolle in „Get on Up“ oder Ava DuVernay und David Ayelowo für ihre Arbeit an „Selma“ nicht nominiert wurden. Auch hätte ich gerne Jason Mitchell für seine Darstellung des Eazy-E in „Straight Outta Compton“ unter den Nominierten gesehen. Zudem bekam Teyonah Parris für ihre Rolle in Spike Lees „Chi-Raq“ leider keinerlei Aufmerksamkeit, wie auch schon für ihre tolle Darbietung im Vorjahr in „Dear White People“.

YP: Auf der anderen Seite: „Creed“ ist nicht schlechter, als viele der nominierten Filme, also kann man diesen Anspruch durchaus stellen. Bei den Oscars geht es um Präferenzen einer antiquierten Jury und diese Jury ist natürlich nicht repräsentativ. Leider ist die Bedeutung der Oscar zu groß, um das mit einer Handbewegung wegzuwischen.

Der Film war unterhaltsamer als auch die oben von mir erwähnten Filme: „The Martian“, „The Revenant“, „Bridge of Spies“ und „The Big Short“ („Room“ und „Spotlight“ habe ich nicht gesehen). Keiner dieser Filme verdient meiner Meinung nach eine Best-Picture-Nominierung und trotzdem haben sie eine. In „Creed“ war ich nicht weniger unterhalten. Mir sind Filme wie „Carol“ oder „Girlhood“ lieber, aber davon sind wir Jahrzehnte entfernt.

Eigentlich ist die Abwesenheit an schwarzen Filmemacherinnen (das Frauenproblem in Hollywood!) und Filmemachern zu kritisieren und zu bemängeln, aber wenn sie dann Filme wie „Selma“ rausbringen, werden sie trotzdem nicht bedacht.

PD: Da möchte ich doch entgegen halten. Sowohl „The Big Short“ als auch „Bridge of Spies“ fand ich sehr gelungen und vor alle „The Big Short“ sehe ich als würdigen Best Picture-Kandidaten. „The Martian“ und „Bridge of Spies“ sind auf ihre Weise ebenso solide und vor allem unterhaltsame Genre-Arbeiten wie „Creed“, nur dass ich bei den beiden zuvor genannten Filmen ein klein wenig mehr Kreativität in der Ausarbeitung sah. Abgesehen davon, neigt das Academy-Prozedere (und hier sind auch die ganzen Guild Awards – Producer, Director, Screen Actor – ebenso zu nennen), nicht unbedingt die mutigsten Filme zu ehren. Zudem beschränkt sich dies ja nicht nur auf schwarze FilmemacherInnen. Unterrepräsentiert sind auch weiterhin Hispanics, Asiaten oder eben auch Frauen bei all diesen Preisverleihungen.

Sehr amüsant und großartig fand ich auch Ian McKellens Kommentar zur Oscar-Problematik, der zurecht anmerkte, dass auch noch kein offen homosexueller Schauspieler einen Oscar überreicht bekam. “How clever, how clever,” said McKellen of the success of straight actors playing gay. “What about giving me one for playing a straight man?‬”

Problematisch finde ich vor allem, wie die Arbeit schwarzer FilmemacherInnen immer wieder auch mit dem „White Guilt“-Argument geschmälert wird. Großartige Filme wie „12 Years a Slave“ oder „Selma“ wären demnach nur deshalb Kritikererfolge, da sie „White Guilt“-Filme wären, die das schlecht Gewissen der weißen Bevölkerung beruhigen würden. Das ist eine niederträchtige Strategie, die noch viel mehr die Entwicklung mutiger Filme verschiedenster Communities behindert. Mehr noch als eine altbackene Jury, die bei Preisverleihungen einfach einen eingeschränkten Horizont offenbart.

YP: Diskriminierung ist immer problematisch, egal welche Minderheiten davon betroffen sind. Und was Oscar-würdig ist, ist eben streitbar (Eddie Redmayne, ernsthaft?). Der New Yorker schreibt vollkommen treffend dazu: „The intersection between the art of movies and the Oscars is coincidental at best.“

Aber wenn das Streitbare dann auch nicht inklusiv ist, dann können die Oscars auch bedenkenlos boykottiert werden. Es ist auch bezeichnend, dass ich sich Nominierte kaum äußern (Mark Ruffalo).  Und wenn, dann geht das grob daneben (Charlotte Rampling, Julie Delpy). Da sind sie alle froh, dass sie willkommen sind. Wie kann man einer Organisation so viel Bedeutung beimessen, wenn sie sich auf ganzer Ebene an Traditionen und Repräsentationen festkrallt, die nicht nur dermaßen antiquiert und veraltet sind, sondern auch diskriminierend?

Niemand erwartet von den Oscars, dass sie eine an das gesellschaftliche Bild angelehnte Diversität widerspiegeln. Doch sind sie leider zu relevant. Der exzellente Dialog „Oscars So White? Or Oscars So Dumb?“ der drei New-York-Times-Filmkritiker Manohla Dargis and A. O. Scott und Wesley Morris kommt auf diese Relevanz zu sprechen, auch im Vergleich zur Filmindustrie. Es ist doch gut, dass eine derartige Diskussion in die Gänge gekommen ist. Möge sie niemals aufhören.

Rocky

08 Freitag Jan 2016

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

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Burgess Meredith, Creed, John G. Avildsen, Raging Bull, Rocky, Southpaw, sylvester stallone, Talia Shire, The Wrestler

Bevor mit „Creed“ das neueste Kapitel in der „Rocky“-Saga in unseren Kinos startet, widmen wir uns dem ersten Teil. Der Film, der die Karriere von Sylvester Stallone startete und aus ihm einen Oscar-nominierten Schauspieler und Autor machte. Doch kann nach so vielen Jahren die Aufsteiger-Story weiterhin überzeugen?

PD: Ich bin ja zwiegespalten, wenn es um das Genre des Boxfilms geht. Wenn der Film gut gemacht ist, dann tauche ich richtig in die Erzählung ein, aber meine Toleranz ist sehr gering.

YP: Das ist ein Sport (!), dem ich nicht und nie viel abgewinnen konnte. „The Wrestler“ aus 2008 von Darren Aronofsky ist zwar kein Boxerfilm, aber der einzige Film einer ähnlichen Sportart, den ich mir öfters ansehen kann.

Der Reiz am ersten Teil von der sechsteiligen „Rocky“-Reihe liegt auch hauptsächlich darin, welche Ausmaße der Kult drum herum angenommen hat und was der Film aus dem damals 28-jährigen Sylvester Stallone und seiner Karriere gemacht hat. Immerhin stammt auch das Drehbuch zum ersten Teil aus seiner Feder. Das beeindruckt mich immer wieder.

PD: Stallone gehört auch zu dem sehr exklusiven Kreis der Männer, die sowohl für ihre Leistung als Hauptdarsteller wie auch als Drehbuchautor für den Oscar nominiert wurden. Orson Welles („Citizen Kane“), Charlie Chaplin („The Great Dictator“) und eben Sylvester Stallone. Dass er bis heute das damals in „Rocky“ gemachte Versprechen nach einer Karriere als Charakterdarsteller nicht eingelöst hat, gehört ja mittlerweile zum eigenwilligen Reiz dieser Filme.

Der allererste „Rocky“ zeigt einen völlig unverbrauchten und frei aufspielenden Stallone. Sein Spiel wirkt so natürlich, dass ich mir niemals die Frage stellte, wieweit er sich für die Rolle des einfachen aber anständigen Rocky hat verbiegen müssen. Das gilt auch für Burgess Meredith als dessen Ersatz-Vaterfigur Micky. Darüberhinaus reizt mich an guten Boxer-Filmen wie „Rocky“ oder „Raging Bull“ allerdings mehr der Hintergrund der Sportler. Die Boxerei selbst ist meist eintönig.

YP: Wie konnte ich nicht an „Raging Bull“ als einen der besten Filme in diesem Boxer-Genre denken?

Das ist auch der Aspekt am ersten „Rocky“, der mir besonders gefiel: das Greifen nach den Sternen, die Vehemenz des Trainings, Stallones bodenständiges Spiel. Der Plot darin ist auch sehr linear und unspektakulär. „Rocky“ kam 1976 ins Kino und doch sind so viele Filme davon inspiriert.

PD: Scorseses Film ist auch jener, mit den besten Boxszenen. Der funktioniert auf allen Ebenen.

Bei der erneuten Ansicht von „Rocky“ musste ich auch immer wieder an John Travolta in „Saturday Night Fever“ denken. Beide Filme handeln von Männern aus dem italo-amerikanischen Arbeitermilieu, die auf ihren Spezialgebieten (Boxen hier, Tanzen da) nach ein wenig Ruhm und Glanz suchen. „Rocky“ ist dabei optimistischer und lässt seinen Charakteren mehr Hoffnung, was sich allein schon am sehr knapp ausgehenden Kampf zwischen Rocky und Apollo Creed zeigt, aber auch an der Liebesbeziehung mit Adrian (Talia Shire).

YP: Dein Vergleich ist nicht nur treffend, sondern auch witzig. Vor allem, weil Rocky Balboa in einer Szene auf Adriens Frage, warum er denn boxt, sagt, dass er weder Singen noch Tanzen könne. Also bleibt ihm nur das Boxen als einzige Möglichkeit, aus dem Milieu zu entkommen. Als Tänzer – metaphorisch  – im Boxring. Und dann verfolgt er den amerikanischen Traum mit Hingabe und Leidenschaft. Mit hoffnungsfrohem Ausgang.

PD: Wobei er im Film ja anmerkt, dass er immer schon eine furchtbare Beinarbeit gehabt hätte. Der große Tänzer á la Muhammad Ali ist er auch im Boxring nicht.

„Rocky“ ist im Vergleich auch besser gealtert, obwohl die Inszenierung von John G. Avildsen relativ bieder wirkt. Er verließ sich auf die Strahlkraft der universell einsetzbaren „Vom Tellerwäscher zum Millionär“-Geschichte, und zudem auf das Schauspiel. Im Rückblick, vor allem wenn man bedenkt wie Stallones Karriere verlief, erscheint es geradezu komisch, dass Roger Ebert ihn damals mit einem jungen Marlon Brando verglich.

„Saturday Night Fever“ hingegen, ist allein schon wegen des Fokus auf die Disco-Szene derart mit seiner Zeit verbunden, dass er eher wie ein Zeitkapsel wirkt.

YP: „Rocky“ ist – im Gegensatz zum Hauptdarsteller – würdig gealtert, aber bewahrt sich – im Gegensatz zum Hauptdarsteller – diesen Charme der Siebziger Jahre ziemlich gut. Diesen Film habe ich insgesamt drei Mal gesehen, Mitte der Neunziger, Mitte der Nullerjahre und kürzlich. Mir gefällt er heute besser als früher, da er mit den Jahren einfach auch an Bedeutung im Film-Kanon gewonnen hat. Stallones Karriere mit Brandos zu vergleichen ist vielleicht ein Treppenwitz, aber der Mann ist noch immer im Geschäft. Das ist beeindruckend.

Außerdem gehen Boxer-Filme scheinbar nicht aus der Mode. Ganz im Gegenteil, wie Pilze sprießen sie regelmäßig aus dem Hollywood-Boden. Wohl auch darauf zurückzuführen, dass Boxen eben eine populäre Sportart mit breiter Mainstream-Wirkung ist. Erst letztes Jahr erschien „Southpaw“ mit Jake Gyllenhaal. Egal, ob Russell Crowe, Denzel Washington oder Will Smith, jeder dieser Darsteller hat sich schon mal in so einem Film versucht. Nicht zu vergessen Clint Eastwoods „Million Dollar Baby“ mit Hilary Swank. Der wiederum steht durch die weibliche Besetzung fast einzigartig in diesem Genre da.

PD: Mir gefällt „Rocky“ im Vergleich zu früheren Sichtungen auch immer besser, was mich jedoch bislang dennoch nicht dazu führte, den Fortsetzungen von Teil 2 bis Teil 5 eine Chance zu geben. Einzig der äußerst nostalgisch verbrämte „Rocky Balboa“ hat mich dazu gebracht, auch den Originalfilm wieder einmal anzusehen. Es ist für mich nicht nur der Charme der damaligen Machart, sondern auch die Naivität und Authentizität der Darstellungen.

Sehr schön, dass du „Southpaw“ erwähnst, denn diese Box-Genre-Schablone ist ein perfektes Beispiel dafür, dass ein bereits erprobtes Handlungsmuster nicht automatisch zu einem tollen und einnehmenden Film führt. Gyllenhaal als abgestürzter Box-Weltmeister und Forest Whitaker als sein Trainer, können sich bemühen, aber die Inszenierung Antoine Fuquas ist die reinste Genre-Parodie.

YP: Genau so sehe ich das auch. Wenn ich an das Genre Boxerfilm denke, dann fallen mir doch einige Vertreter dieser Gattung ein, aber keine Handvoll Filme – und zu denen gehört nun mal „Rocky“ dazu – schaffen es, auch nicht so Box-Affine Menschen wie mich dafür zu begeistern.

Dredd

28 Freitag Aug 2015

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

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Alex Garland, Dredd, John Wick, Judge Dredd, Karl Urban, Mad Max Fury Road, Pete Travis, sylvester stallone

Der von Alex Garland produzierte und geschriebene und von Regisseur Pete Travis inszenierte Action-Streifen „Dredd“ erwies sich im Jahr 2012 als Überraschungshit bei Filmfans weltweit. Inwieweit das moderne Reboot den Vorgänger „Judge Dredd“ aus 1995 (seinerzeit eine Comic-Adaption mit Sylvester Stallone als namensgebender Richter Dredd) in den Schatten stellt, wollen wir an dieser Stelle besprechen.

PD: Mittlerweile habe ich „Dredd“ drei Mal gesehen und mit jeder Sichtung gefällt mir dieses sarkastisch-gewaltätige Universum besser.

YP: Zwei Mal habe ich das Sequel nun gesehen und die Gewaltätigkeit – also die gewaltätigsten Szenen darin – versuche ich einigermaßen auszublenden, bzw. zu verdrängen. Wobei die Inszenierung ein visuelles Wagnis darstellte, vor allem diese ganzen Zeitlupen-Sachen. Wie notwenidig das war, sei dahingestellt. Begeistern kann ich mich aber hauptsächlich für die Inszenierung als kleines Kammerspiel.

Das musst du dir einmal vorstellen: wir haben da diese Post-Apokalyptische Welt Mega City One mit 800 Millionen Einwohnern und die gesamte Länge des Films geschieht in Peach Trees, einem Gebäudekomplex bestehend aus 200 Stockwerken. Gerade auf dieser Enge werden dir die Größenverhältnisse offensichtlich.

PD: Die Zeitlupen-Szenen sollen ja auch den Effekt der Droge Slo-Mo darstellen. Dies ist an einigen Stellen sehr effektiv umgesetzt, etwa beim ersten Einsatz von Dredd oder auch wenn Dredd und Anderson erstmals gemeinsam eine Wohnung stürmen. Regisseur Pete Travis nutzt diese visuelle Spielerei aber ein wenig zu sehr ab. Erst beim großen finalen Urteil gegen Ma-Ma (Lena Hadey) konnte ich diesem Effekt wieder etwas abgewinnen.

Die Gewalt ist aber geradezu essentiell für „Dredd“. So wird auch klar, weshalb die faschistoiden Judges überhaupt so viel Macht zugestanden bekommen. Die nackten Zahlen, dass 96 % der Bewohner von Peach Trees arbeitslos sind und der Block von der Ma-Ma-Gang kontrolliert wird, sind im Endeffekt ohne Wirkung, wenn man nicht die Auswirkungen zeigt.

YP: Da wird dir eine Dystopie ziemlich atmoshärisch etabliert und dargestellt, dass sich mir die Haare am Nacken aufstellen. Je mehr ich über „Dredd“ nun nachdenke, desto mehr ergeben sich Parallelen zu „Mad Max: Fury Road“, der bereits im August 2015 zu meinen Lieblingsfilmen des Jahres gehört. Nun mag das Setting ein anderes sein, da hierbei das Pendel in die andere Richtung ausgeschlagen hat (Überbewölkerung versus ein paar Überlebende, wuchernde Urbanisierung versus karge Wüstenlandschaft, Diktatur der Richter statt Diktatur eines Demagogen).

Vielleicht hat es etwas mit dieser kompromisslosen Herangehensweise zu tun. Beide Filme reden nicht um den heißen Brei herum, sondern kommen schnell zum Punkt. Ein großes Plus schreibe ich beiden zu, weil sie mich zu überraschen vermochten.

Um dich aus unserem Dialog zu „John Wick“ zu zitieren: „Mir gefiel der dunkle Grundton und auch diese Geradlinigkeit (oder auch Sturheit) von Wick. Da erinnerte er mich ein wenig an den ebenfalls sehr eindrucksvollen Action-Film “Dredd” mit Karl Urban.“

PD: Die Charaktere sind mir in „Dredd“ dann doch näher, als in dem sehr unterhaltsamen „Mad Max“. Es mag recht wenig sein, was man über die Judges erfährt, aber dennoch fieberte ich mit, ob sie ihren Auftrag erfüllen würden können. Das lag wohl auch an Karl Urbans perfekt eingesetzter Kinnpartie.
Die Comics habe ich nie gelesen, aber es erscheint mir im Film zumindest sehr klar, dass die in einem einzigen riesigen Wohnblock angesiedelte Handlung auch an die Vorlage angelehnt ist.

Der thematisch ähnliche Action-Reißer „The Raid“ hat mich da viel weniger mitreißen können obwohl da die Actionsequenzen einen hohen Unterhaltungswert haben.

Um noch einmal den Stellenwert der Gewalt in derartigen Filmen auszuführen: Es gibt dem Geschehen einfach einen ganz andere Qualität. Wenn ich mir etwa FSK 12-Blockbuster á la „Star Trek“ (wo Karl Urban Schiffsarzt McCoy mimt) oder „Man of Steel“ ansehe, dann fällt dort auf, wie folgenlos die Gewalt dort bleibt. In Filmen wie „Dredd“ hat diese übersteigerte Brutalität ihre Folgen.

YP: Aber gerade in beiden Beispielen, die du hier anführst, hat die Gewalt etwas Reißerisches, etwas Unterhaltsames an sich, die einem Massenpublikum vorgelegt werden soll, wobei in „Man of Steel“ mehr als in „Star Trek“. Oft ist es schwierig, die gezeigte Brutalität oder Gewalt zu rechtfertigen, Zack Snyder-Filme sind mir zu exploitativ und zuwider, wobei aber J.J. Abrams Neuauflage die alten Filme und Serien wie einen Kindergeburtstag aussehen lassen. Wir reden hier trotzdem von einer Zielgruppe, für die diese Art von Blockbustern gemacht wurden. Die Gewaltexzesse darin (mit „The Raid“ kann ich wenig anfangen) fungieren als dramaturgisches Mittel. Reflektierte Selbst- oder Gesellschaftkritik werden wir kaum in diesen Filmen finden.

Karl Urban fand ich insofern großartig darin, als er gänzlich Darsteller sein konnte, ohne irgendwelche Star-Attitüden auszuleben, wie es einem Tom Cruise schier unmöglich geworden ist, sich von dieser Starpersonen zu trennen.

PD: Die unterhaltsame Action wie in den beiden Blockbustern angeführt, soll dann aber auch innerhalb eines dramaturgisch tauglichen Rahmens stattfinden. Was nützt mir der „Rettet die Menschheit“-Hintergrund, wenn es im Grunde ja doch nur auf einen Zweikampf zwischen Bösewicht und Held hinausläuft, während im Hintergrund ungesehen die Menschen sterben.

Das war ja auch der Grund, weshalb die „Judge Dredd“-Adaption mit Sylvester Stallone nicht funktionierte. Das Grundkonzept des Charakters ist bis in die Knochen sarkastisch, die Gewalt tut weh. Im Stallone-Film war es aber genau diese unverfängliche oberflächliche Popcorn-Gewalt, garniert mit einem nervenden Sidekick, um noch die letzten Kanten abzuschleifen. „Dredd“ hat all das nicht nötig. Die Gewalt, egal ob ausgeführt von Ma-Ma oder den Judges selbst, schmerzt. Auch wenn die Handlung schließlich zu sehr auf Klischees ausweicht, wie etwa die korrupten Judges.

YP: Ich möchte noch unbedingt anmerken, dass ich die gute Lena Heady (einem breiteren Publikum als Cersei aus Game of Thrones bekannt) großartig fand als skrupellose Drogenbaronin Ma-Ma. Sie hatte so etwas Furchteinflößendes im Blick, dass sich mir stets die Nackenhaare aufstellten.

„Dredd“ gehört zu der Minderheit der Filme, indem es dem Reboot – hier fast mühelos – gelingt, das Original bzw. die filmische Vorlage in den Schatten zu stellen. Ein Umstand, den wir der Feder von Alex Garland und der Regie von Pete Travis zu verdanken haben. Garlands knackige Story wird stilsicher von Travis szenisch umgesetzt. „Judge Dredd“ aus 1995 frönt hingegen mehr dem „style“ als der „subtance“. Wenig verwunderlich auch, wirft man nur einen kleinen Blick auf die schon fast aufregend anmutenden Kostümentwürfe von Gianni Versace höchstpersönlich.

John Wick

06 Freitag Feb 2015

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

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Dredd, Eva Longoria, Expendables, Face/Off, Get Carter, John Wick, Keanu Reeves, Le Cercle Rogue, Le samourai, Liam Neeson, Point Break, sylvester stallone, the drop

„John Wick“ bedient sich einer einfachen Erzählweise und effektiven Thematik: ein Auftragskiller wird aus seinem Ruhestand zurückgeholt. Die Rache als primäre Triebkraft spornt die Killermaschine John Wick an, den Tod an seinem herzallerliebsten Beagle-Welpen zu vergelten. Ob das für einen angenehmen Kinoabend ausreicht, lest ihr im aktuellen Dialog.

YP: Ich weiß nicht, ob es an mir und meiner anstrengenden Woche lag, aber am Freitagabend empfand ich den Film als anstrengend und unterhaltsam zugleich. Ich war erstaunt, wie stimmig die Handlung in „John Wick“ war.

PD: Ohne jeden Zweifel funktioniert das als Berieselungs-Action nach dem Feierabend, allerdings hat mich „John Wick“ vor allem dadurch beeindruckt, dass es als Genre-Beitrag nicht nur pures Ballerkino produzieren wollte.

YP: Und für einen Genre-Film funktioniert der tadellos. Mir gefiel vor allem das Setting in jeder Szene. Wenn der Teufel im Detail steckt, dann ist „John Wick“ so etwas wie der Vorhof zu Hölle. Das ist eine düstere und stimmige Welt. Die Figuren lassen eventuell an Dimensionen zu wünschen übrig, gespielt wurde jede/r einzelte wirklich fantastisch.

PD: Das war ein negativer Aspekt, der ein wenig im Hinterkopf nagte, während ich mich an den hervorragend choreografierten Schusswechseln ergötzte. Die Charaktere sind zu großen Teilen eindimensional gestaltet. Auch das Feindbild Russenmafia ist jetzt nicht sonderlich originell gewählt.

Es rückte allerdings in den Hintergrund, da ja auch die Feindbilder und Charaktere von Action- und Thriller-Klassikern nicht immer vor Tiefgang strotzen. Mich erinnerten die grundlegende Handlung und das Setting an Rache-Filme wie „Point Break“, „Get Carter“ oder „Le Cercle Rogue“. Vor allem die Bar, durch die sich Wick kämpft, ist eine eindeutige Hommage an den Melville-Film und Reeves selbst geht so stoisch durch die Handlung wie einst Alain Delon in „Le samourai“.

YP: Unmissverständlich kennt hier jemand sein Metier sogar ziemlich gut. An den russischen Feindbildern habe ich mich auch gestört, nachdem aber jede Figur – männlich und die eine weiblich – scheinbar nur die düstere Seite auslebt, spielt das dann nicht mehr so die Rolle. Es ist keine Schwarzweißmalerei, es ist alles schwarz. Mit Ausnahme der Rückblenden mit seiner Frau und sie wurde ohnehin wie ein unschuldiger Engel inszeniert (auch immer in Weiß- und Cremefarben).

PD: Sie hat Wick auch dazu gebracht, aus diesem Beruf auszusteigen, insofern muss sie geradezu zwangsweise als Erlöserfigur herhalten. So wie dann der Hund natürlich der süßeste kleine Welpe sein muss, den man offenbar finden konnte. Nicht gerade subtil, aber effektiv.

YP: Erinnere dich an den Hund in „The Drop“. Auch sehr effektiv und supersüß.
Was mir an Keanu Reeves Darstellung von John Wick sehr gut gefallen hat, dass man ihm auch die Angestaubtheit angesehen hat. Er wirkte förmlich so als wäre er ein wenig aus der Übung geraten. Das passte doch perfekt zur Rolle. Er konnte natürlich super kämpfen und hatte die besten Moves schlechthin drauf, aber irgendwo bewegte er sich auch so wie ein Mann um die 50. Und nicht wie ein junger Mann um die 25.

PD: Man könnte das nun natürlich als Trend sehen, denn immerhin haben wir die „Expendables“ oder auch Liam Neeson (62) und Denzel Washington (60) die mit einer eindringlichen Selbstverständlichkeit, den Action-Helden geben.

Keanu Reeves wirkt dagegen sogar relativ frisch und unverbraucht. Doch im Zweikampf mit den ganzen durchtrainierten und zum Teil auch viel jüngeren Killern, ist ihm sein Alter dann schon anzusehen, und man versteckt es auch gar nicht. Die Actionsequenzen haben zwar immer diesen Aspekt, dass sie im Grunde völlig der Fantasie des Stunt-Koordinators entspringen, doch man stürzt sich völlig in sie hinein.

Mir gefiel der dunkle Grundton und auch diese Geradlinigkeit (oder auch Sturheit) von Wick. Da erinnerte er mich ein wenig an den ebenfalls sehr eindrucksvollen Action-Film „Dredd“ mit Karl Urban.

YP: Aber gerade weil er eben nicht der fitteste Mann am Set ist, hat es seinen Reiz. Eine gewisse Authentizität ist hier willkommen. Abgesehen davon sieht man Reeves sein Alter nicht an, erst wenn er kämpft wird das offensichtlich. Hier ist auch anzumerken, dass einer der Regisseure des Films Reeves Stunt-Double aus „The Matrix“ ist. Ein interessanter Aspekt.

PD: Ein wenig ist dies ja auch das Comeback von Keanu Reeves. Er hat in den letzten Jahren versucht in Independent-Produktionen („Henry’s Crime“) oder missglückten Blockbustern („47 Ronin“) zu reüssieren und zudem hat er sein Regiedebüt mit „Man of Tai Chi“ abgeliefert. Da ist schön, ihn wieder in einem finanziell wie künstlerisch erfolgreichen Film zu sehen.

YP: Witzig fand ich auch, Eva Longoria in der Produzentinnen-Liste herauszulesen.

PD: Eva Longoria hat mitproduziert? Das ist mal schräge Hintergrundinfo.

Bei allem Lob für „John Wick“, wird aber aus Reeves dennoch kein grandioser Darsteller. Er ist in einem Actionfilm immer noch bestens aufgehoben.

YP: Das erwarte ich mir auch nicht von ihm. Es ist nur so, dass es nicht relevant ist. Es haben schon mehrere Personen größere Karrieren auf weniger Talent-Fundament aufgebaut. Und Keanu Reeves sehe ich seit den 90er Jahren gerne im Kino. Es ist schön, ihn wieder zu sehen. Mein letzter Abstecher war das Remake von „The Day The Earth Stood Still“ und auf dessen Qualitäten brauchen wir bestimmt nicht eingehen.
Ich bin grundsätzlich froh, meinen Filmhelden aus Teenagerzeit im Kino zu sehen. „Speed“ und „Matrix“ zählen zu wichtigen Filmen für mich. Aber auch in „Bram Stoker’s Dracula“ ist er mir lieb.

PD:  Diese Art von Nostalgie scheint ohnehin das aktuelle Actionkino mehr als alles andere anzutreiben. Neben der „Fast & Furious“-Reihe und einer Handvoll Filme mit Jason Statham, sind es gerade die Helden aus unserer Jugend, die das Actionkino am Leben erhalten.

Arnold Schwarzenegger, Sylvester Stallone und nun eben auch Keanu Reeves. Vielleicht ist meine Freude über „John Wick“ auch deshalb so groß, weil ich seit Jahren wieder einmal das Gefühl hatte, einem erdigen und unterhaltsamen Action-Reißer beizuwohnen. Das letzte Mal, dass ich mich so über Schußwechsel im Kino freute, war bei „Face/Off“.

YP: Und das ist ewig her!

Homefront

14 Freitag Feb 2014

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

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action, gary fleder, homefront, james franco, jason statham, kate bosworth, sylvester stallone, winona ryder

Gewöhnlich kann man über Actionfilme mit Jason Statham in der Hauptrolle hinweg sehen. Doch der mit James Franco, Kate Bosworth und Winona Ryder in den Nebenrollen interessant besetzte Thriller, nach einem Drehbuch von Sylvester Stallone, sprang uns ins Auge. Was machte diesen Film so reizvoll und worin liegen die Stärken und die Schwächen des zeitgenössischen Actionkinos?

Im folgenden Dialog kommt ein Spoiler vor.

 

YP: Glaubst du, hätte Broker (Jason Statham) einen Filmsohn gehabt, wäre dieser auch entführt worden?

PD: Ich bin mir sogar sicher, dass auch ein Filmsohn entführt worden wäre. Das Kind war in diesem Fall schlicht und ergreifend nur ein Mittel zum Zweck, um den liebenden Vater zu zeigen und die Bösen noch böser zu machen. Das hat mich schon sehr an Schwarzenegger/Dudikoff/Stallone-Filme aus den 1980ern erinnert.

YP: Mein Problem mit dem Film ist, der Plot ist in einem anderen Jahrzeht steckengeblieben. Wie du schon schreibst, das hätte in den Achtzigerjahren genauso funktioniert. Nun wissen wir ja, dass Sylvester Stallone das Drehbuch adaptiert hat. Bloß frage ich mich, ist es so unmöglich, sich mal neue modernere Storylines auszudenken. Es ist frustrierend, dass du im modernen Actionkino dasselbe geliefert bekommst und das seit 34 Jahren. Mal schlechteren, mal besseren, dennoch Schmarrn.

PD: Darin liegt auch der Reiz von „Homefront“. Es ist ein Achtzigerjahre-Reißer, in Szene gesetzt mit Stars und Sternchen des zeitgenössischen Kinos. Wirklich interessant ist hier die Meta-Ebene für den interessierten Zuseher. James Francos Auftritt als Bösewicht Gator Bodine ist einfach herrlich überzogen, genauso wie Kate Bosworth und Winona Ryder als überzeichnete White-Trash-Frauen, während Statham das macht, was er kann. Den stoischen Actionhelden.

Das ist biederste Routine, aber zugleich doch eine Spur spannender denn das sonst übliche Actionkino der Marke „G.I. Joe“, wo du von Bombast erschlagen wirst. Inhaltlich ist das alles unglaublich öde, der Reiz liegt in dem zurückgenommenen Einsatz von Actionsequenzen und dem Casting.

YP: Bevor ich mir diesen Film angesehen habe, lag die Frage im Raum: „Wo ist es denn hin, das Actionkino“. Das Kino, jenseits der Remakes, Reboots („Total Recall“, „RoboCop“) usw.
Nach dem Film, war ich überrascht, welch solider Streifen „Homefront“ eigentlich ist. Was mir etwas gefehlt hat, war der Humor. Der Film besitzt keinen. Manch witziger Moment ergibt sich aus grotesken Situationen, aber viel zu lachen gibt es im Film nicht. Und Jason Statham liefert. Interessanter war für mich dann eher die Figur von Franco, oder sogar die Bosworths oder Ryders.

PD: Ryder und Bosworth waren wirklich überraschend gut. Das hatte ich mir, zumindest von Bosworth, nicht erwartet. Franco hat schon einen sehr eigenwilligen Humor eingebracht aber so wirklich lustig war das nicht.

Zu lachen gibt es im Actionkino ja genug, wenn man sich Filme wie „The Expendables“, „Machete“ oder „The Last Stand“ oder andere Retro-Streifen ansieht, die ihre Daseinsberechtigung daraus ziehen, dass sie ein wissendes Publikum daran erinnern, was einmal war und wie das Genre damals funktionierte. Selbst Bruce Willis-Filme wie „R.E.D.“ sind Komödie mit ein wenig Action garniert. Die von dir erwähnten Remakes und Franchises sind dafür unglaublich austauschbar.

YP: Ich meinte nicht das Actionkino an sich. Eher „Homefront“ im Besonderen. Da gab es nicht all zu viele Lach-Momente und meistens war James Franco darin involviert, der die Rolle auch so ausgelegt hat. Ihm hat das sichtlich Spaß gemacht und die anderen haben ihre Rollen wohl zu ernst genommen.

PD: Dieser Film ruft auch eher das Actionkino in Erinnerung, welches eher unbewusst für Lacher sorgte.  Wahrscheinlich war für Franco genau da der Reiz, in einem sich selbst sehr ernst nehmenden, geradezu nostalgisch wirkenden Actionfilm, mitzuwirken und dabei seine ganz eigene Note einzubringen.

YP: Die Besetzung ist ein großes Plus in „Homefront“, den Protagonisten mal beiseite lassend. Was gibt es eigentlich Positives an Jason Statham zu sagen? Dass er hier ein wenig mehr gefordert wurde. „Homefront“ ist nicht die typische Statham-Action, die allerdings wahrscheinlich und hauptsächlich nur seine Hardcore-Action-Fanbase anlocken wird. Was eigentlich schade ist, weil ich diese Arbeit ganz gelungen finde. Manche wird wohl Stathams Image ein wenig abschrecken.

PD: Statham kann man gar nicht groß kritisieren, aber ich wüsste jetzt auch nicht was ich an seiner Performance loben soll. Es ist eine solide Leistung, in der er genau zur richtigen Zeit seine Haudraufqualitäten zeigt. Für Freunde von Filmen, die einfach nur eine Actionszene nach der anderen sehen wollen, ist „Homefront“ womöglich auch „zu langsam“. Gerade das gefiel mir wieder. Dass es nicht ein Showdown nach dem anderen war.

Das Drehbuch von Stallone fand ich weniger gelungen. Wie du schon erwähntest, die Handlung ist einfach dasselbe wie wir es seit Jahrzehnten vorgesetzt bekommen.

YP: Und ich habe mir gerade gedacht, ohne die vielen Actionszenen würde der Film genauso funktionieren.

PD: Sicher würde er funktionieren, aber worin würde dann die ganze aufgeladene Spannung münden? Das hatte wieder etwas von „Straw Dogs“. Es muss zumindest eine „Entladung“ in Form einer Actionszene geben.

YP: Ich sage ja nicht alle Actionszenen. Aber drei weniger hätte dem Film nicht geschadet.

PD: Ja, etwas weniger hätte dem Film sicher nicht geschadet.

YP: Eine abschließende Anmerkung meinerseits noch: Vor 30 Jahren hätte Stallone genau dasselbe aus dem Stoff gemacht. Es wäre derselbe Film geworden.

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