Schlagwörter
Bridge of Spies, Coen, lincoln, Mark Rylance, Roger Donaldson, Steven Soderbergh, Steven Spielberg, The Knick, Thirteen Days, Thomas Newman, Tom Hanks, War Horse
Steven Spielberg wagt sich in den Kalten Krieg. Die wahre Geschichte des Anwalts James B. Donovan, der nicht nur einen sowjetischen Spion verteidigte, sondern schließlich auch für den Austausch des Spions mit einem in der UdSSR gefangenen US-Piloten verantwortlich war, klingt nicht gerade nach innovativem oder spannendem Kino. Wir unterhalten uns darüber, ob es Spielberg in Zusammenarbeit mit seinem Star Tom Hanks gelang, dem angestaubten Genre neues Leben einzuhauchen.
PD: Zugegeben, bevor ich mich in „Bridge of Spies“ hinein setzte, war ich äußerst skeptisch. Das nur noch in glorreichen Einzelfällen – siehe „Tinker Tailor Soldier Spy“ – mit neuem Leben erweckte Kalter-Kriegs-Genre in den Händen von Traditionalisten wie Steven Spielberg und Tom Hanks? Am Ende war ich dann aber doch positiv überrascht.
YP: Spielberg lässt sich leider aber viel zu schnell vom Spannungspotential der Story hinreißen und bauscht das Ganze somit unnötig auf. Jetzt war es ohnehin im Großen und Ganzen ein ruhig erzählter Agentenfilm, aber diese plakative Effekthascherei ist dann auch wieder typisch Spielberg, das lässt er sich einfach nicht nehmen. Der US-amerikanische Blick auf die auf wahren Begebenheiten beruhenden Ereignisse (vom US-amerikanischer Blickwinkel, versteht sich hier) ist diesmal vielleicht nicht so aufdringlich, wie man es vielleicht so einem Film über den Kalten Krieg erwartet, nichtsdestotrotz manipulativ.
PD: Es ist ja weniger ein US-Militär-Blick, denn mehr die Sichtweise des Anwalts James Donovan (Tom Hanks). Dadurch wird auch das zynisch kalt kalkulierende „Spion-gegen-Pilot“-Rechnen deutlicher in den Vordergrund gestellt. Für die CIA ist der verhaftete Student schlicht unwichtig, da er keine Geheimnisse verraten kann. Auch das ach-so-objektive US-Gericht vor dem General Abel (Mark Rylance) stand, war im Grunde nur ein verklärter Schauprozess. Das ist natürlich stur aus der US-Sicht erzählt, aber gerade deshalb gefiel es mir. Hanks mit seiner besten James-Stewart-Version hat da schon perfekt hinein gepasst, als der rechtschaffende Anwalt der sich auch von der Öffentlichkeit nicht unter Druck setzen lässt.
In diesem Sinne erinnerte mich „Bridge of Spies“ sehr an „Thirteen Days“ von Roger Donaldson. Auch rein aus der US-Sicht heraus erzählt, aber darin äußerst effektiv.
YP: Tom Hanks war in diesem Film dermaßen unauffällig, dass ich fast enttäuscht war. Hanks gehört für mich mittlerweile auch zu den Schauspielern, wo ich mir im Vorfeld viel zu viel erwarte. Im Zusammenspiel mit Mark Rylance wirkte er fast zurückhaltend. Dafür war dieser großartig. Die Einstiegssequenz, wo die Kamera auf Schritt und Tritt Abel folgt, ist sehr sehenswert. Vor allem, weil Rylance in seinem Spiel nichts, aber auch rein gar nichts, hergibt. Das ermöglichte auch einen guten Einstieg in den Film.
PD: Ich glaube im Variety wurde Mark Rylance als der MVP von „Bridge of Spies“ benannt. Diese Auszeichnung und die wohl zu erwartende Oscar-Nominierung als Best Supporting Actor hat er sich mehr als verdient. Sein Spiel war auf den Punkt genau, wodurch auch die öfter wiederholte Dialogzeile „Would it help?“ niemals ihre Wirkung verlor. Daneben verblasste der Rest des Ensembles. Hanks‘ Darstellung war sehr unauffällig, aber sein Charakter war auch so angelegt, dass er eher über wenige wohl platzierte Worte sein Ziel erreichte. Die Intensität in „Captain Phillips“ erreichte er dabei aber nie.
Mir gefiel grundsätzlich das Drehbuch sehr gut. Das schreibe ich jetzt einfach mal den Coen-Brüdern zu, dass derart viel humorvolle Momente in einem grundsätzlich doch recht trockenem Agentenfilm zu finden waren. Alleine die Szene, in der Donovan die vorgebliche Familie Ables in der sowjetischen Botschaft in Ost-Berlin traf, war einfach nur herrlich.
YP: Oh ja, tatsächlich kam ich einige Mal ins Schmunzeln. Allerdings doch selten. Wobei mir an diesen ganzen Ost-Block-Szenen niemals gefiel, wie furchtbar überzeichnet Abels Pseudo-Familie doch ausgesehen hat und wie sie dargestellt wurden. Alle Szenen in Berlin waren lieblose Studioaufnahmen, dass es eine Qual war, zuzuschauen. Abgesehen auch davon, dass Ost-Berlin so ausgesehen hat, wie sich der Amerikaner wohl Sibirien (oder Moskau) vorstellt.
PD: Gerade diese Überzeichnung fand ich schön. Während der Humor rund um Abel und Donovan staubtrocken war.
Die Ost-Berlin-Aufnahmen fand ich nicht lieblos, aber sehr wohl etwas zu einseitig. Wie auch die Dämonisierung des sowjetischen Gerichts, aber das schiebe ich wieder eher auf die sture US-Sicht. Hätten wir beide Seiten zu sehen bekommen, wäre das Bild wohl differenzierter ausgefallen.
Wirklich gestört hat mich aber die Darstellung des so genannten Todesstreifens an der Mauer. Niemand wird behaupten, dass es dort keine Morde gab, aber Spielbergs Verbindung der Erschossenen an der Grenze mit den spielenden Kindern in New York, war mir einfach zu platt. Gemeinsam mit dem zu melodramatischen Score von Thomas Newman, sind das für mich die allergrößten Kritikpunkte.
YP: Mittlereile erkennt man Spielberg-Filme schon am rührseligen und auf die Tränendrüse drückenden Score. Unter dem Score in „Bridge of Spies“ – das war aber auch schon in „Lincoln“ oder „War Horse“ nicht anders – leidet auch die Qualität der Filme. Das mochte ich an Spielbergs Filmen noch nie, wie der da auf der auditiven Ebene manipuliert wird. Wobei ich hier den Soundtrack bzw. insbesondere die Titelmusik von „Indiana Jones“ natürlich herausnehmen möchte, denn die hat hohen Wiedererkennungswert.
PD: „War Horse“ habe ich, alleine aufgrund der Thematik, nie gesehen. Bei „Lincoln“ fand ich die Musik keineswegs zu melodramatisch, dort hat sie mich gar nicht gestört. Viel mehr war es die Tatsache, dass er leider noch die letzten Momente vor dem Weg ins Theater zeigen musste. Dadurch verlor „Lincoln“ ein wenig an Qualität.
Bemerkenswert ist bei „Bridge of Spies“ jedoch, dass er die ersten 20 Minuten ohne Soundtrack auskam. Die Doppelspiegelung beim Selbstportrait Abels oder die Jagd durch die U-Bahn sind perfektes Spannungskino und dies ganz ohne Musik. Es bleibt leider ein Gedankenspiel, wie der Film gewirkt hätte, hätte er auf die Musik komplett verzichtet.
Weil du seine Manipulationsstrategien ansprichst. Das macht im Grunde doch jeder Filmemacher und jede Filmemacherin. Mir fällt da etwa Steven Soderbergh ein, der für seine Filme und Serien ganz bestimmte Farben einsetzt und bei dem die Musik eine Modernität vermittelt, selbst in historischen Settings, wie bei „The Knick“.