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~ Dialoge über aktuelle und weniger aktuelle Kinofilme

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Schlagwort-Archiv: Vertigo

Christian Petzold

15 Freitag Apr 2016

Posted by filmimdialog in Personalia

≈ Ein Kommentar

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Barbara, Benjamin Heisenberg, Carnival of Souls, Christian Petzold, Christoph Hochhäusler, Die innere Sicherheit, Dominik Graf, Dreileben, Jerichow, Phoenix, Valeska Grisebach, Vertigo, Yella

Seit seinem Kinodebüt „Die innere Sicherheit“ (2000) ist der deutsche Regisseur Christian Petzold nicht mehr aus der ersten Reihe des deutschen Gegenwartskinos wegzudenken. So widmet ihm das Österreichische Filmmuseum noch bis 4. Mai eine Retrospektive. Das reicht uns als Anlass, seine Filme in einem Dialog zu besprechen.

YP: „Yella“ war der erste Film von Christian Petzold, den ich im Kino gesehen habe. Das war 2007. Seitdem habe ich keinen Film versäumt und alle anderen nachgeholt. Am meisten habe ich mich mit „Barbara“ beschäftigt, dieser gehört auch zweifellos zu meinen Lieblingsfilmen (nicht nur von Petzold).

PD: Erstmals aufgefallen ist mir Christian Petzold mit „Gespenster“. Die Geschichte der Teenagerin Nina (Julia Hummer) und einer Französin, die Nina für ihre einst verschwundene Tochter hält, hat mich gleich gefesselt. Allerdings war es ein eher ungünstiger Einstieg, denn abgesehen von einigen interessanten Einstellungen, konnte mich „Gespenster“ nicht fesseln. Erst als ich „Die innere Sicherheit“ im Fernsehen sah, wurde mir bewusst, dass es sich hier um einen sehr interessanten Filmemacher handelt.

Gerade „Yella“ zeigt als inoffizielles Remake von „Carnival of Souls“, dass die Einflüsse für Petzolds Werk sich auch aus dem amerikanischen Genre-Kino speisen.

YP: Auch wenn er sich natürlich eindeutig am westlichen Kino orientiert hat, spielen seine Geschichten in östlichen Gefilden und arbeiten sich an der deutschen Geschichte ab. „Jerichow“ und „Yella“ sind in der Provinz im Osten Deutschlands angesiedelt. Aus „Barbara“ hat er ein DDR-Liebesdrama gemacht. „Phoenix“ spielt im Nachkriegsdeutschland und befasst sich mit dem Schicksal einer Holocaust-Überlebenden, die ihren Mann sucht. Die Szenarios haben  – in manchen Einstellungen so menschenleer und verlassen wie sie wirken – stets etwas Gespenstisches und Ungreifbares an sich. Das zeichnet Petzolds Kino auch irgendwie auch und gibt ihm einen hohen Wiedererkennungswert.

PD: Gespenstisch trifft es ganz gut. Natürlich vor allem in „Gespenster“, aber auch in „Die innere Sicherheit“, in der die RAF-Vergangenheit ganz ohne die Nachbildung der Attentate aufgearbeitet wird. Die Personen wirken allesamt wie Schatten, während Petzolds Hauptaugenmerk auf der Entwicklung der Tochter des auf der Flucht lebenden Paares ruht. Generell dominieren bei Petzold starke Frauencharaktere. Ob Julia Hummer in „Die innere Sicherheit“ und „Gespenster“, oder Nina Hoss, die von „Yella“ weg zu seiner bevorzugten Hauptdarstellerin wurde.

Es scheint auch, dass Petzold von Film zu Film, sich immer intensiver mit den Möglichkeiten des Genres auseinandersetzt. Filme wie „Barbara“ oder „Phoenix“ hätten sehr leicht im trivialen B-Movie-Kitsch enden können.

YP: Aber wenn ich an seine Werke denke, dann kommen die Begriffe Genrekino oder Genrefilme kaum in den Sinn. Diese Filme machen Gebrauch von den Möglichkeiten dieser Machart, aber keineswegs definieren sie sich dadurch. Wenn ich an das stilistisch perfekt inszenierte „Barbara“ denke und wie viel Liebe da im Detail liegt, aber das die verschiedenen Erzählstränge trotzdem sehr einnehmend bleiben, sodass die Optik auch in den Hintergrund tritt.

PD: Genrekino und detaillierte Erzählformen schließen sich aber doch keineswegs aus. Sein jüngster Film „Phoenix“ erscheint mir da wie ein Paradebeispiel. Es ist ein geradezu klassisch aufgebauter Krimi, vor dem Hintergrund des Holocaust, während gleichzeitig feine Beobachtungen zum Schuldbewusstsein und der Verantwortung verschiedener Personen angestellt werden. Auch sein Beitrag zum Fernseh-Dreiteiler „Dreileben“ zeigt Petzolds Interesse an diesen Genre-Formen.

Und da hat sich Petzold in den letzten Jahren enorm weiter entwickelt. „Yella“ oder „Jerichow“ konnten mich nur bedingt überzeugen, und lebten mehr von einer tollen darstellerischen Leistung oder einer guten Grundidee.

YP: „Phoenix“ lässt diese Genrestimmung durchaus zu. Teile davon erinnern mich an Thriller, Teile wieder an Krimis. Was mir an den Settings vor allem in „Barbara“ und „Phoenix“ gefiel: auf den ersten Blick sind sie unscheinbar und unterstreichen die Story, die sie zu transportieren versuchen. Auf den zweiten Blick merkt man aber, wie perfekt konzipiert sie sind, damit sie eben im Hintergrund bleiben.

Eine gewisse filmische Weiterentwicklung ist bei ihm durchaus zu beobachten. Die aktuellen Werke liegen mir – u.a. auch thematisch – einfach mehr. Vor allem „Barbara“, der fast hoffnungsfroh endet. „Gespenster“, „Yella“ und „Jerichow“ wirken auch etwas distanziert.

PD: Die Distanz, die man zu den Charakteren in „Gespenter“ oder „Yella“ spürte, war wohl auch kalkuliert. Denn sie sind ja zum Teil auch Geister, die durch zwar von Menschen bevölkerte, aber doch seltsam leere und tote Orte wandeln. Dagegen ist die Stimmung in „Barbara“ belebt. In „Yella“ war die wunderbare Nina Hoss inmitten toter Bürotürme zu sehen, in „Barbara“ fuhr sie mit dem Fahrrad durch die DDR. Alleine durch dieses Umfeld, auch wenn die Stimmung wie in einem Thriller aufgeladen war, standen einem die Figuren näher.

Wichtig ist ja auch der Einfluss, den Harun Farocki auf die Arbeiten von Petzold hatte. Mir scheint vor allem die Gestaltung der Szenerie, sehr auf Farockis Einfluss zurückzugehen. Etliche Szenen in „Gespenster“ oder „Yella“ erinnern an alte Filme oder museale Installationen Farockis.

YP: Zu Beginn seiner Filme herrscht immer eine absolute Hoffnungslosigkeit, die Figuren scheinen in ihren Umgebungen nicht nur gefangen, sondern regelrecht verloren. Das wirkt sich natürlich in der von Farocki beeinflussten und mit gestalteten Szenerie aus. Was in „Yella“ und „Gespenster“ nicht der Fall ist, passiert in „Barbara“ und „Phoenix“ auf erwartete bzw. unerwartete Weise: es gibt ein – wenn auch nicht einfaches – Entkommen aus alten, gewohnten, zerstörerischen Mustern. Wenn auch nur als Wachrütteln. Wobei im letztjährigen „Phoenix“ das Publikum auch diese Verzweiflung der Figur regelrecht spüren konnte. Vor allem, weil es über diese wichtige Vergangenheitsbewältigung der Protagonistin Nelly / Ester (Nina Hoss in einer Doppelrolle) und des Nationalsozialismus in Deutschland ging. Sein letzter Film ist eine eindeutige Anlehnung an Alfred Hitchcocks „Vertigo“. „Phoenix“ ist ein sehr wichtiger Film des jüngeren deutschen Kinos.

PD: Genau dieser Einfluss auf die aktuelle deutsche Kinolandschaft gehört abschließend noch einmal betont. Seine immer intensivere Wechsel zwischen Kino- und Fernseharbeiten, erinnern mich an Dominik Graf, mit dem er „Dreileben“ gearbeitet hat. Zudem ist sein Einfluss im Rahmen der so genannten „Berliner Schule“, auf die nachfolgende Generation rund um Valeska Grisebach, Benjamin Heisenberg oder Christoph Hochhäusler beachtenswert. Umso interessanter, dass er mit Hochhäusler, wie mit Graf, an „Dreileben“ gearbeitet hat. Seine zukünftigen Projekte und die von ihm inspirierten Werke, kann ich deshalb kaum erwarten.

Citizen Kane

05 Dienstag Mai 2015

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

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Schlagwörter

alfred hitchcock, Citizen Kane, Joseph Cotten, Orson Welles, Rosebud, Sight and Sound, Touch of Evil, Vertigo, Xanadu

Orson Welles wäre dieses Jahr 100 Jahre alt geworden. Grund genug, um uns seinem aus 1941 stammenden und legendären Regiedebüt „Citizen Kane“ genauer zu widmen.

YP: Erstmals habe ich den Film mit offenen Augen während des Studiums gesehen. Alles davor (vor 2004) war mit geschlossenen und auch irgendwie zusammenhangslos. Auch als Teenager wusste ich um die filmhistorische Bedeutung und Reihung im Filmkanon (Sight and Sound-Poll), aber qualitativ einordnen konnte ich das damals nicht. Im Studium wurde dann der Film öfter in Seminaren in die Einzelteile zerlegt und der Stempel war endgültig drauf.

Wie oft hast du „Citizen Kane“ schon gesehen?

PD: Natürlich war mir Welles‘ Meisterwerk als Teenager ein Begriff, da ich eine abgegriffene Ausgabe eines Buches über die Filmhistorie besaß, in der die Qualität und Bedeutung von „Citizen Kane“ mehr als nur einmal hervorgehoben wurden. Insofern hatte es etwas von einer Schatzsuche, den Film auch endlich mal im Fernsehen zu sehen. Mit dem Studium und dem Aufkommen der DVDs wurde die Sichtung von „Citizen Kane“ ein wenig entmystifiziert, aber nicht weniger unterhaltsam.

Gerade das wachsende filmhistorische und analytische Wissen, welches durch das Studium vermittelt wurde, bescherte mir neue Perspektiven. Was ich allerdings bei meiner jüngsten Sichtung bemerkte, waren die vielen Zitate, die bei den Simpsons eingebaut wurden. Die herrliche „There is a man“-Szene läuft in meinem Kopf mittlerweile parallel mit jener für Mr. Burns ab. Wie oft ich ihn mittlerweile gesehen habe, kann ich kaum sagen. Mit Sicherheit mein am öftesten gesehener Film von Orson Welles. Noch vor „Touch of Evil“.

YP: Selbstverständlich war es mir möglich, den Film von vielen Seiten zu durchleuchten. Und bei jeder Sichtung kann man sich zB auf neue Aspekte konzentrieren. Es ist einer dieser Filme, wo eine Sichtung auch viel zu wenig ist.

Allerdings – und um da noch einmal auf deine erste Aussage zurückzukommen – es ist schon alles gesagt worden, überall kann das nachgelesen werden. Mit der ganzen Sekundärliteratur im Hintergrund trübt das ein wenig das eigene Bild, die eigene Rezepzion ist vorbelasted gewesen.

Diesen Film nach so vielen Jahren und so vielen Meinungen und so vielen Wertungen zu sehen, irritiert auch. Schön ist es trotzdem. Langweilig wird er nie, auch wenn er in Dauerschleife laufen würde.

PD: Das ist genau der Punkt. So oft man auch „Citizen Kane“ gesehen hat, er wird nie langweilig. Alleine der dynamische Beginn mit den Rückblicken auf das Leben von Charles Foster Kane könnte auch heute noch so in jedem Film eingebaut werden, ohne angestaubt zu wirken.

Aufgrund des historischen Ballasts muss ein „Erstseher“ aber auch ein wenig arbeiten, um hinter die dem Film so oft angehefteten Etiketten zu blicken. „Bester Film aller Zeiten“ ist schließlich etwas, womit man nur schwer konkurrieren kann. Auch wenn mittlerweile Hitchcock den Thron in der „Sight & Sound“-Umfrage eingenommen hat.

YP: Das ist aber ein Punkt, der mir erst nach der vielen Beschäftigung einleuchtete. Bevor ich mir mit diesem Film wissenschaftlich auseinandergesetzt habe, schien er mir fast überbewertet. Aber nach und nach und mit den Jahren ist die Reihung begründet. Allerdings und das dürfen wir nicht vergessen, spielt der eigene Filmgeschmack auch eine große Rolle. Da finde ich mich immer auf der „Vertigo“-Seite wieder. Oder es ist dann aber „Der Mann mit der Kamera“.

PD: Eventuell ist es die Ästhetik des Hollywood-Kinos dieser Zeit, aber ich neige immer ein wenig dazu, „Citizen Kane“ ganz oben auf diesem Ranking sehen zu wollen. So zeitlos Welles‘ Film über den Verlust der Jugend, das Zeitungswesen und die Macht mächtiger Männer in demokratischen Systemen auch ist, so sehr merkt man doch die Ästhetik der 1940er. Sei es nur an der Kleidung oder an der Ausdrucksweise.

Was mich bei meiner jüngsten Sichtung wieder überraschte war, wie wenig mich das Mysterium „Rosebud“ kümmerte. Es erschien mir wie ein etwas rührseliger und nostalgischer letzter Moment eines sterbenden Menschen. Nicht mehr, nicht weniger.

YP: Repräsentativ für die Ästhetik dieser Zeit ist dieser Film schon. Das Augenmerk liegt hier beim American Dream. Hinter den Kulissen zeichnet sich aber dieses System des damaligen Hollywoods deutlich ab, gut durch die Handlung hindurch spürbar und im film sichtbar.

Rührselig finde ich das nicht. Für mich zielt das All-About-Eve-Ending eindeutig darauf ab, eine Parabel zu sein. Kane wird schließlich sein eigenens Leben zu groß und er träumt nur von der Zeit, als er ein sorgloser unbekümmerter Junge ohne Zukunftsängste war. Oder: Wer den großen Traum lebt, träumt eigentlich vom einfachen Leben

PD: Macht das aber nicht ohnehin jeder? Gut, das erfahren wir dann erst im entsprechenden Moment, aber verklärt nicht jeder Mensch vor allem seine Kindheit?

„Rosebud“ als Symbol für den Moment, den Kane in diesem Moment im Sinn hat, das Zurückblicken auf die verlorene Kindheit die eingetauscht wurde gegen ein finanziell sorgenloses aber insgesamt auffallend kaltes Leben.

YP: Ist dir das zu simpel und zu einfach gestrickt? So habe ich das nicht betrachtet, ich denke nicht, dass jeder seine Kindheit verklärt, aber es gehört sicher zu den psychologischen Prozessen des Erwachsenseins (?). Welles führt dieses Leben des Charles Foster Kane vor und zeigt aber auch, dass das, was fehlt, das Ausschlaggebende ist. Allerdings hätte Kane auch einfach einheizen können, dann wäre es nicht so kalt geworden.

PD: Xanadu hat ohnehin die Atmosphäre eines verwunschenen Märchenschlosses. Man rechnet eher damit die böse Stiefmutter von Schneewittchen zu treffen und weniger reale Menschen. Dabei stehen sich Kane und seine zweite Frau Susan an diesem Punkt ihrer Beziehung nicht mehr nahe. Die Szene, in der sie sich kennenlernen, als Kane vom Schlamm bespritzt vor ihr steht und sie versucht durch ihren geschwollenen Kiefer hindurch sich mit ihm zu unterhalten, wirkt ebenso wie ein verklärter Traum.

YP: Ein bisschen lieblos sind aber alle zwischenmenschlichen Beziehungen in „Citizen Kane“. Ausnahmslos. Wobei mir seine erste Frau gut gefallen hat in dieser genialen Schuss-Gegenschuss-Kollage der gemeinsamen Jahre am Frühstückstisch. Ach, sympathisch ist er nicht, dieser Kane.

PD: Er mag nicht sympathisch sein, aber charmant. Er wickelt das Publikum ebenso um den Finger wie die Charaktere im Film und wie seine Ehefrauen, seine Kollegen (vor allem Joseph Cotton’s Leland) und Freunde, bemerkt auch das Publikum erst viel zu spät, wem man da aufgesessen ist.

YP: Das liegt aber an Orson Welles!

PD: Natürlich liegt das an Welles. Er spielt ja den Charakter, so wie er eben auch in „Touch of Evil“ der perfekte Bösewicht ist oder in „F for Fake“ das Publikum an der Nase herum führt.

YP: Orson Welles hat Charles Kane genauso gebraucht wie umgekehrt.

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