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Zum vierten und vermutlich letzten Mal schlüpft Daniel Craig in die Rolle des britischen Superspions James Bond. Nach dem großen Erfolg, den die Filme mit diesem Quasi-Reboot erfahren durften, kehrt „Spectre“ auf alte und bekannte Pfade zurück. Unter der Regie von „Skyfall“-Maestro Sam Mendes gilt es der legendären Geheimorganisation rund um Superhirn Blofeld (Christoph Waltz) das Handwerk zu legen.

PD: Ich bin schon gespannt, was du von „Spectre“ hältst. Immerhin musst du die typischen Bond-Filme ja geradezu hassen. Zu meiner großen Enttäuschung, war der zweite Bond unter der Regie von Sam Mendes ein Schritt zurück in alte Zeiten. Abgesehen von Daniel Craigs Präsenz und der moderneren Effekte, hätte das auch ein Film aus der Roger-Moore-Zeit sein können.

YP: Hassen ist ein starker Begriff, gerade für eine Feministin wie mich. Irgendwie konnte ich mit den Bond-Filmen nie viel anfangen. Seit Daniel Craig Bond spielt, sehe ich mir die Filme zumindest auch im Kino an, davor hättest du mich in keinen Bond zerren können. Die vier Craig-Bonds (allen voran die Mendes-Bonds „Skyfall“ und „Spectre“) habe ich mir nicht ungern angesehen, aber ich verstehe einfach nicht, warum es so schwer ist, eine derart übertrieben maskuline Figur wie James Bond neu zu erfinden – und nach einem halben Jahrhundert an die gesellschaftlichen Veränderungen anzupassen. Mir gefällt, wie Craig diesen Bond spielt, er bemüht sich auch um Nuancen, vergießt dann auch gelegentlich Tränen, aber es kommt dann doch immer wieder der frauenverspeisende Macho raus, der Bond auch unter Sean Connery war. Wobei mich dann aber die Bond-Figur gar nicht so sehr stört, wie die Abwesenheit einer ordentlichen Frauenfigur – in über 50 Jahren und 24 abendfüllenden Kinofilmen.

PD: Das hat mich eben an „Spectre“ gestört, dass es viel zu sehr ein Rückgriff auf alte Zeiten und bekannte Formeln war. Bond war doch seit seinen Anfängen eine Figur, die mit der Mode (nicht unbedingt mit der Zeit) ging. So hatten wir den Macho-Bond Connery, den Blödel-Bond Moore oder auch den ironischen Bond Brosnan. An George Lazenby und Timothy Dalton habe ich keine Erinnerungen.

Daniel Craig finde ich interessant, aber mit „Casino Royale“ wurde im Grunde auch nur ein Reboot im Sinne der Batman-Filme durchgeführt. Deshalb musste Bond auch plötzlich Schwächen zeigen und Wunden lecken. Das war nicht sonderlich innovativ, aber effektiv. „Skyfall“ war in diesem Sinne der innovativste Film aus der Reihe, da er sich auch intensiver mit den psychologischen Hintergründen der Figur beschäftigte und sowohl M als auch Q und Moneypenny unterhaltsame Geschichten verpasste. „Spectre“ folgt hingegen altbekannten Mustern, bis hin zum Oberbösewicht Blofeld (Christoph Waltz), dessen Hauptquartier inmitten eines Kraters liegt.

YP: Craig hin oder her, das Reboot hat die Reihe wieder spannend gemacht. Es stört mich allerdings, wie mit „Spectre“ auf einmal etwaige Bemühungen in eine neue – modernere Richtung, die mit „Casino Royale“, „Quantum of Solace“ und „Skyfall“ langsam, aber doch durchgeführt wurden, mit einer Handbewegung weggewischt wurden. Eigentlich eignet sich „Spectre“ als Reminiszenz an die alten Streifen und hätte als Jubiläumsfilm Nummer 25 einen besseren Platz in der Reihe.

PD: Dabei hat „Spectre“ mit der großartig gefilmten Sequenz in Mexiko City vielversprechend begonnen. Klassische Bond-Action, aber der Tracking Shot zu Beginn, bis der erste Schuss fällt, ist wunderbar gemacht. Einige Rückgriffe auf das altbekannte Muster funktionieren auch, etwa der kein Wort verlierende muskulöse Handlanger (Dave Bautista) von Blofeld oder die humorvollen Dialoge zwischen Q und Bond. Manches funktionierte weniger, wie der völlig Sinnlose Auftritt von Monica Bellucci. Immerhin starb sie nicht, wie sonst jedes Bond-Girl in dieser Situation.

Die richtigen guten Filme aus dieser über 50 Jahre alten Franchise, sind auch jene, die wie eine Wegmarke wirken. „Goldfinger“ (1964) – das beste aller Bond-Abenteuer – zeigt Connery in jener Form und mit allen Merkmalen, in der wir die Figur kennenlernten. „GoldenEye“ (1995) brach den tödlichen Ernst und verfiel dennoch nicht in Albernheit. Wie auf Pierce Brosnans Schauspiel zugeschnitten, was danach nicht mehr in dieser Effizienz funktionierte. Dazu kommt eben „Skyfall“. Gerade wenn man sich die Möglichkeiten ansieht, die dieses doch ohnehin immer gleich wirkende Film-Universum anbietet, enttäuschen dann bombastische Langweiler wie „Spectre“ umso mehr.

YP: Mir gefiel die Sequenz in Mexiko-City natürlich ausgezeichnet, vor allem, weil wir da eine wunderbar geschnittene und super choreografierte Action-Szene zu Gesicht bekommen. Das, was nach den Opening Credits kommt, ist wie aus einem anderen Film. Erstens kommt der Film ziemlich schwer in die Gänge, danach stockt alles ziemlich verlässlich. Und, dass Bellucci als älteste Bond-Eroberung nicht stirbt, mag ja als ungewöhnlich gesehen werden, wenn man will, aber mich hat die Tatsache eher abgestoßen, dass sich die Figur an eine trauernde Witwe ranschmeißt. Noch schlimmer war allerdings die Hinrichtung von Bonds One-Night-Stand Severine, von Bérénice Marlohe gespielt.

Fortschrittlich und erfreulich wäre gewesen, wenn Monica Bellucci die Rolle von Madeleine Swann (Léa Seydoux) übernommen und gespielt hätte. Der Altersunterschied zwischen Daniel Craig und Léa Seydoux, ist einfach zu groß, um glaubwürdig oder geschmackvoll zu sein. Für mich ist das dann sehr befremdlich. Nicht, das die Rolle der Swann viel hergibt, ist immerhin besser als nichts.

PD: Frauenfiguren waren bei Bond noch nie viel mehr als optischer Aufputz. Selbst starke Charaktere wie Pussy Galore – ein Name den selbst Russ Meyer wohl als zu albern empfunden hätte – müssen im Endeffekt mit Bond in der Kiste landen. Derartige Handlungsverläufe heute noch in den Bond-Filmen zu sehen, grenzt dann schon ans reaktionäre. Die einfach nur zur Ermordung aufgestellte Severine in „Skyfall“ hat mir da auch besonders missfallen.

Dass Bond sich an eine Witwe ranmacht, empfand ich nicht als geschmacklos, denn es wird auch sehr schnell klar dargelegt, dass Lucia Sciarra keineswegs um ihren verstorbenen Gatten trauert. Ihr Mann war ein Schutzschild und nicht mehr. Dass sie am Abend der Beerdigung mit Bond schläft, kann man glaubwürdig finden oder nicht, aber moralisch verwerflich fand ich das nicht. Léa Seydoux schien mir wie für eine Fortsetzung aufgebaut zu werden. Ihr ganzer Charakter erhielt so viel Hintergrundgeschichte, dass es geradezu Verschwendung wäre, sie nicht noch einmal einzusetzen. Vor allem wenn man bedenkt, dass das Bond-Franchise seit „Casino Royale“ auf eine gewisse Kontinuität setzt.

Dass man dann bei „Spectre“ erst recht wieder den formelhaften Action-Reißer hervor kramte, ärgert mich regelrecht. Allerdings wurde der Tiefpunkt „Quantum of Solace“ nicht unterboten. Denn zumindest bekamen wir ja ein paar gut gemachte Actionszenen zu sehen.

YP: Nur weil etwas „immer-schon-so-war“, hat es deswegen keine Existenzberechtigung. Ich wünsche mir, die Macher legten auch etwas mehr wert auf ein fortschrittlicheres Publikum egal welchen Geschlechts, welches Rollenbilder tatsächlich reflektiert. Das weibliche Publikum  wird derzeit nur mit den optischen Attributen von Daniel Craig bedient, das wirkt mir etwas flach. Andererseits: ich sehe mir die Bond-Filme an und weiß im Vorhinein bereits, was mich erwartet. Ich bin nachher weder enttäuscht noch großartig angetan. Vielleicht ist das auch eine Kontinuität, mit der ich ganz gut leben kann. Action und die ein oder andere entblößte Gliedmaße, einen guten Bond-Song, mehr brauche ich wirklich nicht für einen unterhaltsamen Bond-Filmabend.