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Film Im Dialog

~ Dialoge über aktuelle und weniger aktuelle Kinofilme

Film Im Dialog

Monatsarchiv: September 2014

Sin City 2: A Dame to Kill For

26 Freitag Sept 2014

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

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A Dame to Kill For, Bruce Willis, Clive Owen, Dennis Haysbert, Eva Green, Frank Miller, Jessica Alba, joseph gordon-levitt, Josh Brolin, Josh Hartnett, Juno Temple, Just Another Saturday Night, Long Bad Night, Mickey Rourke, Nancy's Last Dance, Powers Boothe, Ray Liotta, Robert Rodriguez, Rosario Dawson, Sin City

Knapp eine Dekade nach „Sin City“ bringen Regisseur Robert Rodriguez und Comicschreiber Frank Miller das heißersehnte Sequel ins Kino. Nicht allzu viel vorwegnehmen wollend starten wir gleich mit dem Dialog, der wieder einige Spoiler enthält.

YP: Mehr Noir, mehr Gewalt, mehr Sex. Das ist das Sequel zu „Sin City: A Dame to Kill For“. Und macht dann im Vergleich zum ersten Teil nicht nur weniger, sondern überhaupt keinen Spaß.

PD: Mehr? Vielleicht ein Mehr an Sex, ja, allerdings war der Rest einfach eine Wiederholung des bereits Gesehenen aus dem ersten Film. Tatsächlich macht aber die Fortsetzung wirklich weniger Spaß. Der Hauptschuldige daran ist für mich Frank Miller.

YP: Du hast doch einmal die Stärke der Vorlage angemerkt! Was ist dann das Problem? Ich für meinen Teil kenne diese nicht.

PD: Das Problem ist eben, dass Miller die Vorlage mit zuvor nicht publiziertem Material verknüpft. Die Titelgeschichte „A Dame to Kill For“ ist der wohl beste Band aus der „Sin City“-Reihe und auch die stärkste Geschichte. „Just Another Saturday Night“ ist ebenfalls eine bereits zuvor publizierte Geschichte, und gibt dem Film, im Prolog, wenn Marv die Studenten tötet, den richtigen Ton und die richtige Dynamik.

All das geht aber mit den Geschichten verloren, die entweder von Miller aus dem Archiv gezogen oder schlicht neu geschrieben wurden. Vor allem jene in der Nancy (Jessica Alba) Rache für den ermordeten John Hartigan (Willis) sucht. Die ist grauenhaft, langweilig und bietet keinerlei Spannung oder Unterhaltungswert.

YP: Folgendes Problem hat sich bei mir aufgetan: Ich kam nie so wirklich in die Geschichte rein. Die Storylines waren zerstückelt statt zusammengefügt. Die Bildgewaltigkeit des ersten Teils hat gänzlich gefehlt. So bin ich knappe zwei Stunden im Saal gesessen und habe mich gewundert, wann das denn ein Ende nimmt. Also so gleichgültig gehe ich selten aus dem Kino.

PD: Die Zerstückelung war aber schon ein grundlegendes Merkmal des ersten Films.

YP: Ich weiß, die Zerstückelung des Materials hat im ersten Teil gut funktioniert. Langweile kam bei mir nicht auf. Aber hier merkte man richtig die Übergänge der Storylines und dann wunderte ich mich einfach über den Werdegang. Ich wurde richtig vor den Kopf gestoßen.

PD: Da muss ich dir zustimmen. Der erste Film war einfach besser geschnitten, insofern muss ich auch Rodriguez einen Großteil der Schuld zuschieben. Die beiden neuen Geschichten (jene rund um Nancy und jene rund um den Profi-Spieler Johnny) hatten einfach nicht die Substanz um in dieser Noir-Collage zu bestehen.

Allerdings fehlt dem gesamten Film auch ein stimmiger Bogen. Wenn Ava Lord (Eva Green) ihr Ende gefunden hat, dann hätte auch der Film zu Ende sein können. Alles was danach kam, wirkte unnötig hinzu gepackt, um eine halbwegs sinnvolle Spielfilmlänge zu erreichen.

Im ersten Film war vor allem der Prolog mit Josh Hartnett als Profi-Killer, der dann auch in der letzten Szene wieder auftauchte, um den Film zu beenden, viel besser.

YP: Das All-About-Eve Ending des ersten Films hat das ganze besser zusammengefügt, das stimmt. Wobei ich dazusagen muss, dass mir die Storyline mit Nancy gar nicht gefallen hat. Die Ava-Story war dann schon etwas besser. Und die Episode mit Gordon-Levitt fand ich auch toll. Man könnte sagen, dass Marv das verknüpfende Glied war. Aber der hatte mir zuwenig Spielraum.

PD: Die „A Dame to Kill For“-Handlung litt einfach unter den darum herum gespielten Episoden. Für sich alleine stehend, ist das der ultimate Comic-Noir. Schade nur dass Clive Owen keine Zeit hatte, um am Ende als umoperierter Dwight aufzutauchen.

Was mir auch missfiel, war, dass ich durch die neuen Episoden, ständig mit der Chronologie beschäftigt war. Genau genommen, ergibt die Nancy-Handlung keinerlei Sinn. Denn diese spielt laut Frank Miller, vor der Handlung aus dem ersten Film, in der Marv am Ende am elektrischen Stuhl landet. Wenn man das aber zusammenfügt, geht es sich schlicht nicht aus.

Natürlich hat sich auch der Überraschungseffekt vom ersten Film mittlerweile überlebt. Der Stil wurde mehrfach imitiert und so kann sich „A Dame to Kill For“ nicht rein auf der visuellen Ebene ausruhen.

YP: Auch wenn ich kein allzu großer Fan von Rodriguez bin, er ist und bleibt ein Nischenfilmemacher. Und das macht auch seinen Reiz als Regisseur aus.

PD: Dass er quasi in seinem Privatstudio derartige Filme machen kann, nötigt mir schon Respekt ab. Leider waren aber nun weder „Machete Kills“ noch „Sin City: A Dame to Kill For“ große Würfe.

YP: Das stimmt allerdings. Zumindest wirkt es so, als könne er kreativ arbeiten auch wenn das Ergebnis manchmal zu wünschen übrig lasse.

Mir haben auch die Darsteller im ersten Teil besser gefallen. Den oben erwähnten Clive Owen, Elijah Wood als Bösewicht. Dann Willis, Madsen.

PD: Manche Darsteller mussten aus leider tragischen Gründen ersetzt werden. So etwa Michael Clarke Duncan, dessen Part als Manute Dennis Haysbert gibt.

Die Rückkehr von Bruce Willis in einem Quasi-Cameo hat mir überhaupt nicht gefallen. Das war unnötig und widersprach auch dem Grundton der gesamten „Sin City“-Erzählungen. Alleine dass es offenbar ein gutes Ende für Nancy und ihren Rachefeldzug gab, ist mir sauer aufgestoßen.

Die Umbesetzung von Owen durch Brolin hat schon Sinn ergeben, da ja Dwight ein anderes Gesicht hatte und erst durch die Operation im Laufe der „A Dame to Kill For“-Ereignisse sein Aussehen aus dem ersten Film erhielt.

YP: Brolin hat sich in dieser Rolle auch verdammt gut gemacht. Es war auch überraschend, der kleinen Nancy (Alba) beim Rachefeldzug zuzusehen, allerdings gefiel mir ihre Motivation gar nicht.

Ein weiterer Punkt, der mir aufstieß: Rodriguez und Miller bedienen derbste Männerfantasien und reproduzieren furchtbar chauvinistische Frauenbilder.

Aber das war im ersten Teil auch nicht anders. Was es nicht rechtfertigt, ich bin keineswegs überrascht.

PD: Die Motivation von Nancy war recht eindeutig und klar. Weshalb hätte sie sich sonst auf diesen Rachetrip begeben sollen?  Es war schlicht nicht gut gespielt. Als Marv die Bar während einer Show von Nancy verließ, ging es mir ähnlich, aber aus anderen Gründen.

YP: Da sehe ich ihren Charakter als primäres Problem.

PD: Bei Miller sind die Rollen sehr klar von den Noir-Produktionen hergeleitet und da finde ich schon, dass es etwas differenzierter zugeht. Die Frauen sind ja großteils keine hilflosen Maiden, die von ihren strahlenden Rittern gerettet werden müssen. Die haben schon selbst in der Hand, was sie tun.

Zudem gibt es weder den einzig wahren männlichen Helden, noch die schöne und gute Jungfrau. Jeder hier ist ein verdorbener Charakter, ob Mann oder Frau. Am schönsten ausgearbeitet ist Ava, die den Typus der Femme Fatale hervorragend wiederspiegelt.

Nancys Charakter funktioniert nur mit Hartigan und das fehlt hier völlig bzw. wirkt es unfreiwillig komisch.

YP: Sicher haben sie es in der Hand, was sie tun. Aber die Ausbeute des eigenen Körpers in der patriarchalen Gesellschaft ist auch eine Art der Unterdrückung. Nancy ist Stripperin. Ava ist ein Golddigger. Und die Prostituierten von Oldtown kleiden sich so, weil es so so schick ausschaut und bequem ist?

Das sind unerträglich eindimensionale Bilder, sowohl die Frauen- als auch Männerbilder. Das hat aber was mit Millers Vorlage zu tun.

PD: Natürlich sind es eindimensionale Bilder, das macht aber auch den Reiz der ganzen Geschichten aus. Es sind im wahrsten Wortsinn Abziehbilder.

Deshalb sehe ich es auch gar nicht problematisch, denn die Männer werden von den Frauen ebenso ausgebeutet und umgekehrt. Ganz Oldtown ist eine Enklave mitten in Basin City, während der über alle herrschende Senator ein Psychopath ohne jedes Gewissen ist. Die Helden sind brutale und äußerst dumpfe Schläger. Genauso gut könnten die allesamt einem Edgar G. Ulmer-Film entsprungen sein.

YP: Da haben wir beide eine andere Definition den Begriff „Reiz“ betrifft. Für mich hat das Sequel jegliche potentielle Nachfolger zu Grabe getragen, ich habe keine Lust mehr auf diesen Stoff.

PD: Ich hätte mir übrigens (außerhalb des Dialogs) das sehr wohl als feine Serie vorstellen können. Als Film haut das nimmer hin.

YP: Gute Idee als Serie. 20-Minuten-Episoden.

PD: 20-Minuten-Folgen. Spitze! Das wäre es.

YP: Jede Woche mit neuer Storyline.

31 Tage – 31 Filme (1/3)

19 Freitag Sept 2014

Posted by filmimdialog in Special

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2001, 31 Tage - 31 Filme, 88 Minutes, A Fish Called Wanda, Am Anfang war das Licht, Barbara, Beau Travail, Chihiros Reise ins Zauberland, City of God, Deliver Us From Evil, Dirty Dancing, Dream Lover, Dune, Edipo Re, Fargo, Fear and Desire, Grizzly Man, Hallo Dienstmann!, House of Versace, I'm Not There, Im weißen Rößl, Inception, JFK, Jurassic Park, La Vie d'Adele, Ladykillers, magnolia, Moonrise Kingdom, Pirates of the Carribean, Plan 9 from Outer Space, Pride & Prejudice, sunrise, The Amazing Spider-Man, The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford, The Hudsucker Proxy, The Invisible Man, The Keep, Top Gun, twilight, Waking Ned Devine, What the Bleep do we know!?, Who Framed Roger Rabbit?

Wir haben uns das berüchtigte Stöckchen für die 31 Tage – 31 Filme geholt, gleich von zwei Bloggern. Einerseits von Gorana, die diese Woche ihre letzte Frage beantwortet hat. Andererseits von Lena, die hier noch einmal die Regeln dafür erklärt. Und weil Abwechslung gut tut, beantworten wir in diesem Dialog die ersten 10 Fragen der Challenge. Teil 2 und 3 der Fragen folgen dann in zwei bzw. vier Wochen.

PD: Ich hatte heute das zweifelhafte Vergnügen mir wieder einen der vielen kaum bekannten Filme mit James Spader anzusehen. „Dream Lover“ aus 1993 von Nicholas Kazan mit Spader und Mädchen Amick. Ein typischer Erotik-Thriller mit einer verführerischen Frau, die sich als bedrohlicher Vamp entpuppt.

Was hast du dir zuletzt angesehen? (1)

YP: Ein ziemliches Guilty-Pleasure-Movie: „House of Versace“. Einen Lifetime-Fernsehfilm via SkyGo. Mit Gina Gershon als Donatella Versace. Es ist ein grauenhafter Film voller Platitüden, aber ich bin irgendwie hängen geblieben und bereue es kein bisschen. Gina Gershon als Donatella ließ mich stets an „Showgirls“ von Paul Verhoeven denken, da nimmt der Name Versace auch einen prominenten Platz ein.

PD: Bei Gina Gershon muss ich sowieso immer an „Showgirls“ denken, was ihr gegenüber ein wenig unfair ist. Schließlich hat sie noch so viele andere Filme gedreht, aber der blieb hängen.

Lifetime war bei mir zuletzt mit „Lizzy Borden Took An Ax“ mit Christina Ricci am Schirm. Auch ein typischer Guilty-Pleasure-Film.

YP: “Anna Nicole“ ist auch so einer dieser Filme. Auch sehr schnulzig, gerade deswegen besonders unterhaltsam.

PD: Das sind so Filme, die man sich auch mal zuführen muss. Junkfood für den cineastischen Gaumen. Lieblingsfilme werden die aber nie.

Damit gleich die holprige Überleitung: Was ist dein Lieblingsfilm? (2)

YP: Diese Frage kann ich nicht beantworten. Das ist unmöglich. Es gibt Filme, die ich gerne mag und gerne schaue, aber aus den über 300 Filmen, die ich im Jahr sehe und die letzten Jahre gesehen habe, sich einen herausrauszupicken, grenzt an Unmöglichkeit.

Versuchen wir es vielleicht auf diese Art: „Barbara“ von Christian Petzold ist im Laufe der letzten zwei Jahre zu einem Film geworden, den ich sehr gerne und regelmäßig sehe. Ich würde den Film nicht als expliziten Lieblingsfilm bezeichnen.

PD: Das ist bei mir Stimmungsabhängig. Einen wirklichen Lieblingsfilm gibt es nicht, aber es gibt Filme die einen speziellen Platz in meinem Herzen haben, und die ich immer wieder mal einer näheren Betrachtung unterziehe. Sei es „JFK“ von Oliver Stone oder „The Invisible Man“ von James Whale. Wirklich festlegen würde ich mich aber auch nicht wollen.

In den letzten Jahren gab es aber immer wieder Filme, die ich mit großem Genuss gesehen habe und die ich sicher bald wieder betrachten werde. „The Assassination of Jesse James by the Coward Robert Ford“ etwa.

YP: Und „Pride & Prejudice“ von Joe Wright hat einen besonderen Platz in meinem Herzen. Oder „City of God“ von Fernando Meirelles.

Beim „Assassination“  habe ich den Kinosaal verlassen. Nicht, weil ich ihn schlecht fand, sondern weil er damals nicht zur meiner Stimmung passte. Außerdem war ich nicht allein im Kino.

PD: Den Saal verlassen habe ich vielleicht ein oder zwei Mal, und da handelte es sich um grauenhafte Filme, die ich nicht länger ertragen konnte. Zum Beispiel „Bewitched“.

YP: Dann passt die nächste Frage zum Thema: Nenne deinen Hassfilm? (3)

PD: „Bewitched“ hat da sicher Chancen, aber ich habe ihn ja nie ganz gesehen, das fände ich unfair. Um einen Film zu hassen, muss man ihn schon ganz gesehen haben.

Es ist aber wie beim Lieblingsfilm. Es fällt mir schwer da einen Wahl zu treffen. Am ehesten könnte ich mich auf „Edipo Re“ von Pier Paolo Pasolini festlegen, da ich ihn vor vielen Jahren im Rahmen des Studiums sehen musste. Der Film blieb mir als grauenvolle Erfahrung im Gedächtnis. Dennoch habe ich das Bedürfnis ihn mir wieder einmal anzusehen um zu überprüfen ob mein Hass darauf gerechtfertigt ist, oder damals aufgrund äußerer Umstände bedingt war.

YP: Ich sehe das mit den Hassfilmen genauso. Vor zwei Wochen habe ich „Deliver Us From Evil“ im Kino gesehen. Das war kein gutes Erlebnis, vor allem, weil der Film einen schlecht herausgearbeiteten Plot mit mit vielen Lücken hat. Damals hätte ich den Film zerrissen, heute ist er mir egal. Schlechte Emotionen verfliegen.

PD: Wenn die Emotionen verfliegen, dann sehe ich das auch gar nicht so tragisch. Das war dann ein Film, den ich nicht mochte, aber der keine weiteren Spuren hinterlassen hat. Wenn ich an manipulative Dokumentationen wie „Am Anfang war das Licht“ oder „What the Bleep do we know!?“ denke, dann kommt mir wirklich die Galle hoch.

YP: Und welchen Film könntest du kein zweites Mal sehen? (4)

PD: Wenn man mich zu „The Amazing Spider-Man“ zwingen würde, würde ich mich ein wenig wehren, aber es über mich ergehen lassen. Die „Twilight“-Filme hingegen, ertrage ich mit Sicherheit kein zweites Mal.

YP: Es gibt den einen oder anderen Horrorfilm, den ich bestimmt kein zweites Mal sehen würde. Oder eben „Twilight“. Da sehe ich es überhaupt sehr streng, die wenigsten Filme sehe ich mir ein zweites Mal an. Von 70 % aller Filme, die ich im Kino sehe, sehe ich mir kein zweites Mal an. Das ist eine großzügige Schätzung. Kommt aber hin.

PD: Die schiere Menge macht es schwer, viele Filme ein zweites Mal zu sehen, aber ich plane bei vielen Arbeiten, sie noch einmal zu sehen.

Manche Filme möchte ich, aufgrund persönlicher Erlebnisse nicht wieder sehen.

YP: Hauptsächlich Filme, mit denen ich mich länger auseinandersetze, die sind eine zweite Sichtung wert.

Dazu passt die nächste Frage: Welcher Film erinnert dich an jemanden? (5)

PD: Es gibt einige Filme aus meiner Teenager-Zeit, die mich an gewisse Personen erinnern, aber als erstes schießt mir dann doch „Chihiros Reise ins Zauberland“ in den Kopf. Der erinnert mich an einen alten Freund. Er war derjenige der mich auf Mangas und Animes und natürlich Hayao Miyazaki aufmerksam gemacht hat. Ich selbst wäre vielleicht viel viel später auf Miyazakis Arbeiten aufmerksam geworden.

YP: Ich möchte nur die Filme aufzählen, nicht die Personen, an die mich die Filme erinnern: „The Assassination“, „La Vie d’Adèle“, „Pirates of the Caribbean“, „I’m Not There“ usw.

PD: Das ist eine lange Liste. Gibt es da irgendwelche Gründe? Gemeinsamer Kinobesuch oder der Inhalt der Filme?

YP: Die Gründe dafür sind zahlreich. Aber ich muss das nicht in die Welt hinausposaunen. Es sind positive und negative Erinnerungen an Menschen und Ereignisse.

PD: Ja, die Frage ist auch überraschend persönlich und bereitet mir nicht sonderlich viel Freude.

Apropos persönliche Fragen. Welches war der erste Film, den du im Kino gesehen hast? (6)

YP: Ich weiß das nicht mehr. Ich war zu jung, im Vorschulalter und im ehemaligen Jugoslawien. Irgendsoein Film mit einer Sängerin.

PD: An das jährliche Osterkino kann ich mich erinnern und der erste Film, der da einen bleibenden Eindruck hinterlassen hat, war „Who Framed Roger Rabbit?“. Danach ist es erst wieder „Jurassic Park“, den ich im Kino gesehen habe.

Es ist aber gut möglich dass ich schon davor mal im Kino war, aber es dürfte sich dann um keinen beeindruckenden Film gehandelt haben.

YP: Bleibender Eindruck hin oder her, ich schätze, ich war einfach zu jung und hab die Erinnerung nicht gepflegt.

PD: Wie gesagt, „Who Framed Roger Rabbit?“ hat einen Eindruck hinterlassen und so oft waren wir auch nicht im Kino, da es in Judenburg viele Jahre keines gab.

YP: Welchen Film hast du am häufigsten gesehen? (7)

Bei mir ist das einfach: „Dirty Dancing“.

PD: Wenn ich daran denke, wie oft ich bei meinem Opa im Wohnzimmer saß und mit Videokasetten ruhig gestellt wurde, dann wahrscheinlich „Im weißen Rößl“ mit Peter Alexander oder „Hallo Dienstmann!“ mit Hans Moser.

Dank meiner Cousins haben aber auch „Top Gun“ und dank meiner Cousinen „Dirty Dancing“ gute Chancen auf diese Ehre.

YP: Den österreichischen Rundfunk hatten wir daheim nicht. Also kenne ich diese Art von Filmen kaum.

PD: Ganz neutral gesprochen, kann man aber sowohl für Peter Alexander als auch für Hans Moser jeweils den vorher genannten Film empfehlen. Da handelt es sich um die interessantesten Arbeiten der Beiden.

YP: Mittlerweile habe ich sie nachgeholt, aber erst seit ein paar Jahren. Verbinde keine Nostalgie damit oder dergleichen.

PD: Wenn die Nostalgie fehlt, dann sieht man die Filme auch etwas nüchterner. Bei mir sind aber sicher schon Jahrzehnte vergangen, seit ich die das letzte Mal sah.

Die nächste Frage: Nenne einen Film von deinem/r LIeblingsregisseur_in (wahlweise: Lieblingsschauspieler_in). (8)

YP: Ich entscheide mir für „Grizzly Man“ von Werner Herzog. Hier könnte aber genauso gut „Magnolia“ von Paul Thomas Anderson stehen. Oder „Moonrise Kingdom“ von Wes Anderson. „Inception“ von Christopher Nolan. Oder „2001“ von Kubrick. Eventuell auch irgendein Film von Pascale Ferran, Ang Lee, Kar-Wai usw.

PD: „2001“ von Kubrick wird ohnehin immer genannt, deshalb möchte ich auch ein wenig weiter ausholen. Bei mir wäre das wohl Edward D. Wood Jr. mit „Plan 9 from Outer Space“. Der Unterhaltungswert seiner bekanntesten Arbeiten ist so groß, da können sich viele renommierte Filmemacher hinten anstellen. Auch wenn die Machart natürlich grauenvoll ist.

Weitere Kandidaten wären die Coen-Brüder mit „Fargo“, F.W. Murnau mit „Sunrise“ oder Al Pacino in so gut wie jedem Film zwischen 1970 und 1995. „Beau Travail“ von Claire Denis wäre auch ein Kandidat.

Es ist im Grunde wie bei der Frage nach dem Lieblingsfilm. Wie soll man das bitte eingrenzen?

YP: Welcher ist der schlechteste Film deines/r Lieblingsregisseurs/in [wahlweise: Lieblingsschauspielers/in]? (9)

Die von mir oben erwähnten Filmemacherinnen und Macher haben keine schlechten Filme gemacht.

PD: Al Pacino hat da leider auch seinen Anteil an der Antwort. Der grauenvolle Thriller „88 Minutes“ gehört zu den allerschlimmsten Arbeiten seiner Karriere.

Daneben gegriffen hat auch ein Stanley Kubrick mit „Fear and Desire“, oder auch Michael Mann mit „The Keep“. Auch die Coen-Brüder haben so manchen schlechten Film abgeliefert, oder zumindest Filme die für mich nicht funktionierten, wie das „Ladykillers“-Remake oder „The Hudsucker Proxy“. Was sich David Lynch bei „Dune“ dachte, wird auch auf ewig ein Geheimnis bleiben.

In einer langen Karriere kann aber kaum ein Künstler auf ein Oeuvre ohne Fehlschlag zurückblicken.

YP: Aber als schlecht bezeichnen will ich diese Filme nicht – mit Ausnahme vielleicht von „88 Minutes“. Es sind im Vergleich zu besseren Arbeiten schlechter geratene Filme, aber nichtsdestotrotz interessant.

PD: Laut diesem sehr schönen Artikel im „New Yorker“ hat Pacino Filme wie „88 Minutes“ auch rein des Geldes wegen gedreht. Was ihn hoffentlich dazu gebracht hat, seine Entscheidungen gründlicher zu überdenken.

YP: Nehmen wir Woody Allen, er macht mittelmäßige Filme oder gute Filme. Mir scheint, da ist bei ihm kaum Spielraum dazwischen. Ich bin aber auch nicht sein größter Fan.

PD: Woody Allen ist ein gutes Beispiel. …und ja, es sind interessante Arbeiten, aber innerhalb ihres eigenen Werkes, kann man schon gute und schlechte Filme heraus ziehen.

YP: Und zur letzten Frage: Nenne den lustigsten Film, den du kennst. (10)

PD: Einfach: „A Fish Called Wanda“.

YP: Das ist eine gute Antwort. Mir fällt da leider nichts ein. Mir fallen auch sehr viele sehr gute Serien ein („The Office“, „Arrested Development“, „The IT Crowd“, „Black Books“) usw. Aber Filme?

Vielleicht „Waking Ned Devine“.

PD: Der gehört bei mir in die Liebenswert-Schiene. Wirklich vor Lachen kaum halten kann ich mich eben heute noch bei „A Fish Called Wanda“ und bei den Monty-Python-Filmen. Ansonsten wird es schon wieder schwer. Da lande ich auch eher bei Serien.

Tom à la ferme

12 Freitag Sept 2014

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

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alfred hitchcock, Claude Chabrol, J'ai tué ma mère, Laurence Anyways, Les amours imaginaires, Mommy, Pierre-Yves Cardinal, Tom à la ferme, Wong Kar-Wai, Xavier Dolan

Der frankokanadische Filmemacher Xavier Dolan ist mit gerade einmal 24 Jahren bereits ein Stammgast bei den Filmfestspielen dieser Welt. Nach seinem Regiedebüt 2009 mit „J’ai tué ma mère“, hat er im Jahresabstand neue Filme vorgelegt. Während sein jüngstes, bei den Filmfestspielen von Cannes in diesem Jahr mit dem Großen Preis der Jury ausgezeichnete Werk „Mommy“ noch auf einen Kinostart in Österreich wartet, ist sein Psychodrama/Psychothriller-Hybrid „Tom à la ferme“ aktuell in den Kinos zu sehen. Was den Reiz der Filme dieses jungen Mannes ausmacht, behandeln wir näher in unserem aktuellen Dialog.

PD: Als ich „Tom à la ferme“ sah, musste ich mir stets in Erinnerung rufen, dass der Star/Autor/Regisseur Xavier Dolan erst 24 Jahre alt ist und hier bereits seinen vierten Langfilm vorlegt. Beeindruckend.

YP: Orson Welles war im gleichen Alter als er „Citizen Kane“ gedreht hat. Und „Citizen Kane“ wird stets als Meisterwerk der Filmgeschichte gehandelt. Nun scheinen mir Dolans Filme allesamt gelungen, aber bei Weitem nicht dort angelangt, wo Welles war. Heutzutage ist es für Filmemacherinnen und Filmemacher insgesamt schwieriger, sich zu behaupten.

PD: Wenngleich ich keinem seiner Filme die ich bislang sah (mir fehlen ja noch „Les amours imaginaires“ und sein neuester „Mommy“) als Meisterwerke betiteln würde, bin ich doch von der gleichbleibenden hohen Qualität beeindruckt.

YP: Dolan ist talentiert und eventuell privilegiert. Das reicht doch aus.

PD: Er hat auf jeden Fall dasselbe Sendungsbewusstsein und Selbstbewusstsein wie Welles.

YP: Die Qualität stimmt. Und – was mich immer sehr beeindruckt – wenn sich jemand an ungewohntes Terrain herantraut. Dolans Filme sind vielschichtig und vielseitig. Besonders „Tom à la ferme“. Das ist doch ein Psychothriller, wie er das Filmherz schneller schlagen lässt.

PD: „J’ai tué ma mère“ hat mich sehr unerwartet getroffen. Der ist roh und verspielt. Deshalb hat mich „Laurence Anyways“ nicht so beeindruckt wie viele andere seiner Fans. Da stilisierte er zuweilen, nur um zu zeigen was er kann.

Bei „Tom à la ferme“ hatte ich erstmals das Gefühl, dass er sich an etwas wagt, was ihm fremd erscheint. Die Geschichte entstammt nicht seiner Feder und es ist ein merkwürdiger Mix aus Psychodrama und Psychothriller. Ich wusste oft nicht, ob ich lachen oder mich fürchten soll.

YP: Ich mag auch das flockige und sehr stark an Wong Kar-Wais Werk angelehnte „Les amours imaginaires“ mit den stilistischen Zeitlupen und den opulenten Farben. Seine ersten drei Filme sind dann doch identitätsstiftende Coming-of-Age-Dramen. Wobei „Tom à la ferme“ vielmehr mit den Konventionen des Genres spielt.

PD: Als Coming-of-Age-Dramen kann man alle seiner Filme, dich ich bislang sah, bezeichnen. Auch „Laurence Anyways“. Der Begriff bezieht sich ja nicht unbedingt aufs biologische Alter. Der geistige Reifeprozess, die innere Suche nach dem Selbst ist doch genauso einbezogen.

YP: Es ist fast unverschämt, wie offensichtlich sich Dolan an Kar-Wai bzw. Hitchcock oder Chabrol anlehnt. Aber es macht auch Spaß. Nur ist es so, dass man nicht nach Zitaten suchen muss, sie sind wie Watschen im Gesicht. Sofort präsent.

PD: Es scheint mir aber, als wäre sein Stil rund um „Laurence Anyways“ sehr exakt ausgearbeitet. Bei „J’ai tué ma mère“ ist es noch ein wenig roh und wirkt, als würde er nach einer Ausdrucksform suchen. Das treibt er in „Laurence Anyways“ auf die Spitze. Das war dann aber auch ein Punkt, der mich ein wenig abgestoßen hat.

Da hatte ich mit dem viel strafferen „Tom à la ferme“ viel mehr Freude. Bei seinem Thriller, der mich zeitweilig an die stilisierten Melodramen Douglas Sirks erinnerte, ist er in seiner Genre-Brechung viel konzentrierter.

YP: Aber in „Tom à la ferme“ ist auch Hitchcock nicht übersehbar.

PD: Gerade die Hitchcock-Verweise finde ich ein wenig schwierig. Klar, es gibt da ein unausgesprochenes Geheimnis, welches langsam aufgedeckt wird, aber es scheint mir mehr in Richtung Chabrol zu gehen. Die heile Familienwelt. Dolan versetzt die ganze Szenerie vom gutbürgerlichen Kreis aufs Land. Wie er mit den Aufnahmen des Landlebens spielt, die Klischees die man darüber im Kopf hat verwendet. Das ist auch interessant.

YP: Hitchcock findet sich aber auch hauptsächlich in den Einstellungen wieder. Dramaturgisch funktioniert „Suspense“ bei Hitchcock ein wenig anders. Und Chabrol ist im Aufbau des Plots wiederzufinden.

PD: Das dachte ich mir auch. „Suspense“ wird bei Dolan völlig anders benutzt. Da ist er auch wieder näher an Chabrol.

YP: Dolan hat in „Tom à la ferme“ gemeinsam mit dem Schriftsteller Michel Marc Bouchard dessen Theaterstück ausgearbeitet. Auch wenn die Handlung oft im Freien vor sich geht, gibt es stets ein beklemmendes und einengendes Gefühl. Dann gibt es aber wieder sehr viele Autoszenen, alles auf engstem Raum.

PD: Ein recht eigenwilliges Stilmittel war, die veränderte Aspect Ratio, wenn die Ereignisse sich verdichteten. Das war eine ebenso interessante Methode um den Zuseher auf die Dramatik hinzuweisen, wie es aber auch gleichzeitig ein wenig zu platt erschien. Da kam mir wieder Dolans Vorliebe für stilistische Spielereien in die Quere.

YP: Und wie die Figuren zueinander stehen, es ist so ein wahnsinniges Hin und Her. Kaum vorhersehbar, was den Film für eine weitere Sichtung qualifiziert. Der von Dolan verkörperte Tom ist auch ein sehr unsympathischer Charakter. Stets habe ich mich gefragt, ob er Lebensmüde ist, warum er den diesen Hof nicht verlässt. Was er dort verloren hat, wenn er doch so unwillkommen ist. Das machte dann auch den Reiz aus zwischen Tom und Francis. Es ist eine sehr wuchtig erzählte Geschichte.

PD: Die Beziehungen zwischen Tom und Francis (herrlich gespielt von Pierre-Yves Cardinal) sowie jene zwischen Tom, Francis und Agathe waren sehr interessant. Bis zum Schluss quälte mich die Frage, weshalb Francis seine Mutter beim Vornamen nennt und welche Erziehung dahinter stecken muss, dass der starke und geradezu psychopathische Mann, sich so von seiner Mutter herunter putzen lässt. Sie aber gleichzeitig niemals „Mutter“ nennt.

Bei Tom war mir so, als wäre er ein Opfer des „Stockholm Syndroms“. Je länger er dem Martyrium ausgesetzt wurde, desto mehr schien er sich in der Rolle am Hof zu gefallen.

YP: Nein, das ist mir zu salopp erklärt. Es herrscht ständig eine Wechselbeziehung zwischen Zuneigung und Abneigung seitens Francis und wir wissen gar nicht, was für ein Charakter dieser Tom ist.

PD: Das mag zu salopp gedacht sein, aber gerade da Tom ein so undurchsichtiger Charakter bleibt, fällt es mir schwer, eine andere Erklärung für sein Verhalten zu finden.

YP: Mir kommt auch vor, dass im Laufe des Films jede Figur ein wenig die Schalen ablegt, nur Tom nicht. Was wusste Tom von dieser Familie, was hat im Guillaume erzählt. Es bleibt alles so schwammig und unklar.

PD: Selbst die Beziehung zwischen Tom und Guillaume schien voller Rätsel zu sein. Wenn dann die erfundene Freundin Sarah auftaucht und Tom über den wahren Charakter Guillaumes aufklärt, glaubt man auch, dass dieses Versteckspiel vor der Familie ganz andere Gründe hatte.

YP: Ich glaube, da war viel Faszination vorhanden. Immerhin war das der Bruder des Liebhabers. Und wir wissen nicht, was Tom wusste. Vielleicht war ihm Guillaume so wichtig, dass er sich auf diese Familie einließ. Und dies trotz all der Gewalt, die von Francis ausging. Es gibt genauso viele zärtliche Momente im Film. Ich würde sagen, zwischen Gewalt und Zärtlichkeit war nicht viel Spielraum.

Erinnere dich nur an die Tanzszene.

PD: Auf die wollte ich gerade zu sprechen kommen. Francis scheint Tom da so nahe zu kommen und die beiden scheinen sich auch jeden Moment zu küssen, nur um dann sogleich auf ein geschwollenes und blaues Auge von Tom zu schneiden.

Bei Francis ist der Gedanke nahe, dass er mit seiner Sexualität nicht klar kam und dies, da sonst niemand zur Hand war, an Tom raus ließ. So wie er diesen Jungen in der Bar verprügelte.

YP: … und bald kommt Film Nummer Fünf in die Kinos.

PD: Mit etwas Glück sehen wir seinen in Cannes ausgezeichneten Film „Mommy“ schon auf der Viennale.

Night Moves

06 Samstag Sept 2014

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

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Dakota Fanning, Edward Abbey, Jesse Eisenberg, Kelly Reichardt, Meek's Cutoff, Michelle Williams, Night Moves, Old Joy, Peter Sarsgaard, The Monkey Wrench Gang, Wendy & Lucy

Die amerikanische Filmemacherin Kelly Reichardt hat sich in den letzten Jahren einen Ruf als akribische Beobachterin ihrer Umgebung erarbeitet. In „Night Moves“ folgt sie drei Öko-Aktivisten und vermag ein scheinbar vorbereitetes Publikum zu überraschen.

PD: Die erste Hälfte von „Night Moves“ erinnerte mich sehr stark an dieses Buch. Ich frage mich ob Kelly Reichardt und Jonathan Raymond beim Drehbuch sich einige Anleihen dort geholt haben.

YP: Über Öko-Terrorismus, sowie in „Night Moves“?

PD: Der Einfachheit halber, hier ein paar Sätze von der Wikipedia-Seite.

„Easily Abbey’s most famous fiction work, the novel concerns the use of sabotage to protest environmentally damaging activities in the American Southwest, and was so influential that the term „monkeywrench“ has come to mean, besides sabotage and damage to machines, any sabotage, activism, law-making, or law-breaking to preserve wilderness, wild spaces and ecosystems.“

„Their greatest hatred is focused on the Glen Canyon Dam, a monolithic edifice of concrete that dams a beautiful, wild river, and which the monkeywrenchers seek to destroy.“

YP: Damit beschreibst du auch den Inhalt von „Night Moves“. Zumindest die erste Hälfte davon.

PD: Die Überschneidungen sind wirklich sehr auffällig. In der zweiten Hälfte gleitet der Film mehr in die Sphären des 1970er-Jahre-Paranoia-Thrillers. Zu meiner großen Überraschung.

YP: Und genau dann macht die Filmemacherin Reichardt einen weiten Sprung. Wer ihre bisherigen Filme kennt, kann unmöglich damit rechnen. Und es hat sich ausgezahlt. „Night Moves“ ist ihr bisher bester Film. Der Überraschungseffekt ist dementsprechend groß.

PD: Die erste Hälfte hatte mich auch ein wenig eingelullt. Sie hat mir zu sehr mit den Charakteren gearbeitet, die sie bereits in „Wendy & Lucy“ oder „Old Joy“ aufgebaut hat. Es war zwar sehr schön die Naturaufnahmen aus Oregon und dann die Vorbereitungen auf den Anschlag zu sehen, aber es war bekanntes Terrain. Erst die zweite Hälfte, in der sie sich mit den Konsequenzen des Anschlags auseinander setzt, gibt dem Film die besondere Note.

YP: Es geht auch diesmal um Aussteigerinnen und Aussteiger, beziehungsweise Suchende.

PD: Es ist auch der zweite Teil, in dem die Darsteller wirklich großartig agieren. Inmitten ihrer Selbstzweifel und Rechtfertigungen, gleiten die drei Öko-Terroristen immer mehr ab. Ihre Suche führt sie in sehr dunkle Ecken ihrer Psyche.

YP: Josh, Dena und Harmon, die Figuren, wurden auch wahnsinnig gut mit Jesse Eisenberg, Dakota Fanning und Peter Sarsgaard gecastet.

PD: Allerdings fühlte sich nur Josh (Jesse Eisenberg) besser ausgearbeitet an.

YP: Ich finde es toll, dass Reichardt trotz geringer Budgets immer wieder mit Stars wie Eisenberg oder Fanning arbeiten kann.

PD: …und Peter Sarsgaard, der sich sichtlich sehr wohl in seiner Rolle fühlte.

YP: Josh wird auch mehr von der Kamera begleitet, es ist in Ordnung, dass Dena und Harmon mehr Randfiguren sind.

Ich war auch richtig überrascht, wie gut Eisenberg diese introvertierte Figur auch liegt. Zuletzt agierte er in „Now You See Me“ alles andere als introviertiert.

PD: Zu Filmbeginn war ich der Meinung, dass Eisenberg einem Fall von „typecasting“ unterlag. Es war zu sehr ein Charakter, den er schon so oft dargestellt hat. Als er immer mehr ins paranoide verfiel, konnte man sehen, wie gut er hier passt.

Auch wie er mit sich selbst ringt, während rund um ihn herum über die Notwendigkeit solcher Aktionen diskutiert wird, ist großartig. Die Kamera bleibt da gnadenlos auf ihm drauf.

YP: Und es handelt sich immer um minimales Spiel. Um kleine Gesten, winzige Andeutungen.

PD: Passend zu Reichardts eher minimalistischem Stil. Bislang passte einzig Michelle Williams so perfekt zu Reichardts Filmen.

YP: Natürlich, doch geht es in „Night Moves“ darum, dass einen die Schuld einholt. Und da sind Reaktionen nicht vorprogrammiert. Es entwickelt sich authentisch und nachvollziehbar.

PD: Da gefiel mir auch, wie Dena (Dakota Fanning) immer mehr in Panik verfiel. Sie wurde schön als Frau aus besserem Hause gezeigt, die sich ihrer Handlungen gar nicht bewusst war. Die womöglich niemals mitgemacht hätte, hätte sie gewusst, was passieren könnte.

YP: Was mir auch sehr gefallen hat, dass sie sowohl Verweise auf „Old Joy“ als auch „Wendy & Lucy“ reingepackt hat. Hier sieht man in der ersten Viertelstunde, dass es ein Film von Reichardt ist.

PD: Eindeutig. Dafür ist die zweite Hälfte eher mit „Meek’s Cutoff“ zu vergleichen, da sie hier die Thrillerstruktur für sich erobert und bei „Meek’s Cutoff“ die Strukturen des Western durcharbeitete und für sich eroberte.

YP: In irgendeiner Rezension zum Film habe ich erstmals von der Bezeichnung Öko-Thriller gelesen.

PD: Ich bilde mir ein, diesen Begriff auch schon einmal in Zusammenhang mit „Twelve Monkeys“ gelesen zu haben.

YP: Ähnlich gelagert aber dennoch nicht unbedingt zu vergleichen mit „Night Moves“ ist „The East“. Bei Ersterem sind trotzdem die Figuren im Vordrgrund und in „The East“ vielmehr die Auswirkungen der Taten. Wobei ich dazusagen muss, dass es bei „Night Moves“ eher darum geht, was so einen Aktion aus einem Menschen macht. Als, was der Mensch aus so einer Aktion macht.

PD: Dieses Gefühl hatte ich auch. Die Auswirkungen des Anschlags stehen zwar in der zweiten Hälfte im Mittelpunkt, allerdings um sich anzusehen, wie sich Josh, Dena und Harmon verändern.

Schade war, dass Harmon dabei nicht mehr zu sehen war. Es wurde mehr über ihn gesprochen, als dass er aktiv ins Geschehen eingriff.

YP: Was ich allerdings nicht verstehe, warum die Drei nicht über die Risiken gesprochen haben. Mir kam das ein wenig naiv vor, oder habe ich da was versäumt. Nicht einmal in Erwägung gezogen haben sie es, dass jemand verletzt werden könnte.

PD: Mir schien einzig Dena naiv an die Sache heran zu gehen, während Harmon und Josh dies wohl im Hinterkopf hatten. Schließlich sagte Dena ja, dass ihr versprochen wurde, dass niemand dabei zu Schaden kommen würde.

Ob und wie naiv sie da rangingen, lässt sich aber eher aus den Handlungen nach dem Anschlag heraus lesen. Davor ist es geradezu klassisches Reichardt-Kino. Minimalistisch, knapp und mit wenigen Erläuterungen.

YP: Viel Raum für das Publikum selbst, zu entscheiden, was relevant sein mag und was nicht. Mir gefallen Reichardts Filme immer besser. Sie bringt uns an Orte, die immer so aussehen wie sie aussehen, sich dann doch als etwas ganz anderes entpuppen.

Begin Again

05 Freitag Sept 2014

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

≈ 3 Kommentare

Schlagwörter

Adam Levine, Begin Again, Can A Song Save Your Life, Hailee Steinfeld, James Corden, John Carney, Keira Knightley, Mark Ruffalo, Mos Def, Once

Mit dem kleinen Independentfilm „Once“ sorgte John Carney 2007 für einen gelungenen Überraschungshit. Darin porträtiert er die Freundschaft zwischen einem irischen Straßenmusiker und einer tschechischen Putzfrau in Dublin. Der Titelsong des Films wurde im Jahr drauf sogar mit einem Oscar ausgezeichnet. In „Begin Again“, seinem neuen Film, geht es auch um Freundschaft und Musik, allerdings im aufpolierten Stil und mit Starbesetzung. Mark Ruffalo spielt einen gefallenen Musikproduzenten, der aus Keira Knightleys Figur einen authentischen Star im affektierten Popolymp machen will.

PD: Ein Film, der sich der guten Laune und schönen Songs verschreibt, sollte eventuell gute Songs abliefern. Das waren großteils ziemlich banale und oberflächliche Pop-Balladen die da zum Besten gegeben wurden.

YP: Auf der anderen Seite: Ist das nicht Popmusik, wie sie leibt und lebt? Die Songs waren mittelmäßig, das stimmt. Aber ich kann sie mir gut im Radio vorstellen. Also ist die Mission erfüllt.

PD: Das würde ich akzeptieren, wenn der Plattenmanager Dan nicht als Quergeist mit einzigartigem Geschmack dargestellt worden wäre. Doch dann verfällt er einer sehr banalen U-Bahn-Einsamkeitssong-Ballade. Das passte schlicht nicht zusammen.

Dazu möchte ich aber sagen, dass mir Mark Ruffalo als Dan hervorragend gefiel. Er verleiht dem Charakter seinen ihm typischen Charme.

YP: Ein Mainstream-Abklatsch von „Once“. Wobei ich „Once“ sehr süß fand. Nicht bahnbrechend oder dergleichen. Einfach nur erfrischend authentisch und stimmig.

PD: “Once“ habe ich nicht gesehen. Ich wollte unbelastet in diesen Film hinein gehen. Zum Pech von John Carney habe ich nun keinerlei Lust darauf, ihn mir anzusehen.

YP: Zu mittelmäßig, um einzigartig zu sein. Das ist der Film für mich, die Songs, die Besetzung, die Idee. „Begin Again“ ist konstruiert und langweilig. Dennoch unterhaltsam.

PD: Das schwankt für mich extrem. Einerseits gibt es Momente, in denen man sich der „Feel-Good“-Atmosphäre nicht entziehen kann und dann blickt man wieder regelrecht entsetzt auf furchtbar Klischeebesetzte Konflikte wie jenen von Dan und seiner Tochter Violet (Hailee Steinfeld). Oder jenen zwischen Gretta und ihrem Popstar-Freund Dave (Adam Levine), der auch ein Konflikt zwischen Independent und Mainstream sein soll. Konstruiert ist bei diesem Film wirklich das Schlüsselwort.

YP: Streckenweise konnte ich mich trotzdem in der Geschichte verlieren. Und wie gut, dass das keine love story ist. So hat es dem Film wirklich mehr Würze gegeben.

PD: Davor hatte ich mich gefürchtet, als sich Dan und Gretta häufiger sehr tief in die Augen sahen. Vor allem wenn sie auf den nächtlichen Spaziergang gehen und sich die Songs anhören. Das war ein furchtbar kitschiger Moment und hätte im schlimmsten Fall in einer Schnulze mit Familiendrama enden können.

YP: Abgesehen davon, dass die Popsongs im Film zu vergesslich sind, es ist doch eine nette – auch wenn nicht bahnbrechende – Geschichte. Die so für sich steht, trotz „Once“ im Hintergrund. Ich habe mir nichts Großartiges vorgestellt, nichts wahnsinnig Tolles erwartet und bin dementsprechend unterhalten aus dem Kino gegangen.

Sehen wir über diese stylischen Tricks hinweg: wer Mainstream erwartet, kriegt ihn hier geboten.

PD: Mir war „Begin Again“ nur zu – sagen wir – belanglos. Es wurden viele Konflikte aufgeworfen, die aber durch Zauberhand verschwunden sind. Es benötigte kaum einer wirklichen Anstrengung, um zum Ziel zu gelangen. So treibt die Geschichte vor sich hin, ohne je irgendwelche Höhen zu erreichen.

Das ist mir auch für einen Mainstream-Film zu wenig. Wie immer man das jetzt definiert, denn das hier ist für mich ein Indie-Faserschmeichler. Einzig die gut aufgelegten Darsteller (neben Ruffalo und Knightley auch noch James Corden als Sidekick) und der eine oder andere Song konnten mich unterhalten.

YP: Mehr als leichte und seichte Unterhaltung war das nicht, dem stimme ich schon zu. Ein wenig musste ich schon schmunzeln. Wobei die von Adam Levine und Mos Def gespielten Figuren ein wenig für das Comic Relief sorgten.

PD: Findest du? Adam Levine sah ich überhaupt nicht als Comic Relief, der wurde als ernsthafter Charakter aufgebaut. Mos Def hatte etwas von einem Gastauftritt. Ein Musiker, der einen Label-Chef spielt. Die Komik bei Levine kam ja über die Häme die Corden und Knightley über ihn ergossen.

YP: Ich finde eben schon, weil beide dermaßen überzeichnet dargestellt wurden. Der Rockstar im Amish-Look mit Bart (Levine) und der unnahbare Label-Boss mit unbeweglicher Miene (Mos Def). Das sind doch schon auch ordentliche Seitenhiebe auf die Musik-Industrie.

PD: Es sind doch alle Charaktere im Film reine Klischees. Der unverstandene Manager mit dem Auge für das Besondere. Das Songwriter-Talent, welches zu gut für den Massengeschmack ist. Der Straßenmusiker ohne Glück.

YP: Das ist ein guter Einwand deinerseits. Sympathisch sind die Figuren aber schon, auch wenn nicht besonders originell.

PD: Originalität ist nicht unbedingt die Stärke von „Begin Again“. … und gute Laune alleine ist mir zu wenig.

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