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Film Im Dialog

~ Dialoge über aktuelle und weniger aktuelle Kinofilme

Film Im Dialog

Monatsarchiv: Juni 2014

„Bend It Like Beckham“ und „Dhan Dhana Dhan Goal“

27 Freitag Jun 2014

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

≈ Ein Kommentar

Schlagwörter

Bend It Like Beckham, Bollywood, Dhan Dhana Dhan Goal, Fußball, Gurinder Chadha, John Abraham, Jonathan Rhys Meyers, Keira Knightley, Kick It Like Beckham, Parminder Nagra, Vivek Agnihotri

Auch im aktuellen Dialog widmen wir uns Filmen, die Fußball zum Thema haben. Diesmal allerdings nehmen wir zwei Spielfilme unter die Lupe. „Dhan Dhana Dhan Goal“ (2007) ist auch des Genres wegen als Bollywood-Film Geschmacksache und „Bend It Like Beckham“ (2002) dürfte bei Nicht-Fans kaum unbekannt sein.

YP: Man könnte sagen, sowohl „Dhan Dhana Dhan Goal“ als auch „Bend It Like Beckham“ behandelen das Thema der indischen Identitäte im Ausland. In diesem Falle beide Male England.

PD: Erst als ich beide Filme hintereinander gesehen habe, fiel mir auf, dass es sich um dasselbe Thema, noch dazu im selben Umfeld handelt. Die Frage nach der Identität im fremden Land, mit Fußball als Ausdruck kultureller Freiheit. Gut, bei „Dhan Dhana Dhan Goal“ wurde daraus ein überraschend boshafter Kommentar zu Verrat und Gruppenbildung.

YP: Es kommt bei „Bend It Like Beckham“ auch noch die Suche nach einer Geschlechtsidentiät hinzu. Im Film der britischen Regisseurin Gurinder Chadha werden familiäre Werte genauso hinterfragt wie im Bollywood-Film. Natürlich ist auch der eine Film viel westlicher ausgerichtet als der andere.

PD: Bei „Bend It Like Beckham“ gibt es nicht nur eine westlichere Ausrichtung, sondern auch eine besser ausgearbeitete Figurenriege. Jesminders (Parminder Nagra) Familie ist, genau so wie jene von Jules (Knightley), eine Parade an Klischees, aber immer mit einem Augenzwinkern. Es wird mit viel Humor transportiert, dass sich eine traditionell-indische Familie nicht ganz mit den Ansichten ihrer unkonventionell denkenden Tochter anfreunden kann.

Genauso wie bei der typisch-englischen Familie. Jules‘ Mutter ist auch ein reines Klischee an Vorurteilen und Ängsten, aber es wird derart überzeichnet, dass sofort klar ist, dass man es hier mit einer gutherzigen Komödie zu tun hat.

Bei „Dhan Dhana Dhan Goal“ wird als Losung, die Abkapselung in die eigene Kultur angeboten. Starspieler Sunny (John Abraham) ist entweder ein Verräter seiner Kultur, oder ein Mitglied der Community. Da gibt es kein Dazwischen. Noch dazu gibt es bei „Dhan…“ keinen einzigen „weißen“ Charakter, der nicht bösartig und rassistisch wäre. Ganz im Gegensatz zu „Beckham“.

YP: Damit triffst du ins Schwarze. Als Sunny von Aston, seiner ersten Fußballmannschaft, ausgeschlossen wird und er danach seinem Trainer vorwirft, das sei wegen seiner Hautfarbe passiert, war sofort klar, welche Richtung der Film einschlägt. Jetzt ist Rassismus im Fußball ein weit verbreitetes Phänomen, aber hier ging es eben um seine „wichtigere“ indische Identität und die Tatsache, dass diese nicht mit der britischen vereinbar sei. Auch der Vater-Sohn-Konflikt beruht darauf.

PD: Je länger der Film von Vivek Agnihotri dauerte, desto wütender wurde ich.

Es gibt natürlich Probleme. Weit verbreiteter Rassismus unter Fans oder auch bei Clubs, doch der Film nimmt jeden einzelnen Aspekt zum Vorwand, um, wie du richtig sagst, eine Hymne auf die Unvereinbarkeit von britischer und indischer Identität anzustimmen.

YP: Für mich ist der Film eigens für das Bollywood-Publikum gemacht. Diese Sentimentaliäts-Ausbrüche sind nichts für mich.

PD: Dass laut Wikipedia noch dazu gute Kritiken aus Indien zu dem Film geschrieben wurden, zeigt für mich nur, dass da auch tief sitzende Ressentiments bedient wurden. Eigenartigerweise hat ja die im Bollywood-Kino unumgängliche Tanz- und Gesangsnummer noch am besten funktioniert.

Für einen Film über Fußball, war das auch unglaublich schlecht recherchiert.

YP: Fußball ist hier hintergründig. Klar geht es um eine Fußballmannschaft, aber primär sollen hier Familien zusammengeführt werden, Freundschaften entstehen, den Bösen eines ausgewischt werden, der fesche Stürmer mit der Ärztin zusammenkommen.

PD: Gut, Fußball ist hier natürlich nur die „Folie“ über die diese ganzen Themen bearbeitet werden sollen. Genauso wie bei „Bend It Like Beckham“ oder anderen Fußballfilmen. Bei „Dhan Dhana Dhan Goal“ sitzt man aber beinahe drei Stunden davor, und muss sich mit geradezu lachhaft inszenierten Fußballszenen abmühen. Nicht nur ergibt der Meisterschaftsmodus innerhalb der fiktiven Liga kaum einen Sinn, es ist auch der Ablauf der Spiele schlicht unsinnig (die wie beim Football, Basketball oder Eishockey einen Countdown herunter zählende Uhr etwa ist furchtbar).

Gestört hat mich auch, wie einfach behauptet wird, dass es Sunny als Engländer mit indischen Wurzeln niemals schaffen wird, von den Engländern akzeptiert oder in eine Topmannschaft integriert zu werden. Dabei gibt es Spieler mit indischem Hintergrund, die in England auf Profiniveau spielen, zum Beispiel Michael Chopra. Anstatt einen real existierenden Spieler als Vorbild für die Underdogs herzuziehen, wird eine rassistische Erzählung aufgebaut, die schlicht ungut anzusehen ist.

YP: Die Frage habe ich mir dann gestellt, wie viele Spieler indischer Abstammung in der englischen Premier League spielen. Anstatt dieses Ressentiment abzubauen, wird es vollends bedient.

PD: Dass im britischen Profifußball British-Asians unterrepräsentiert sind, ist ein Problem, wird mir aber zu unreflektiert dargestellt, um eine ernsthafte Diskussion zu befördern. Die schlichte Moral ist: Bleib bei deinen Leuten, anderswo mag man dich eh nicht.

YP: Dafür ist „Bend It Like Beckham“ eine Parade mit sexistischen Werten. Mir gefällt der Film zu Beginn ganz gut, aber keine Sekunde lang wollte ich es den beiden weiblichen Figuren abkaufen, dass sie sich um diesen Trainer „streiten“.

PD: Bei „Bend It Like Beckham“ gefiel mir die Naivität, mit der Jess und Jules ihre Träume verfolgen. Auch der von Jonathan Rhys-Meyers gespielte Trainer hat mir zu Beginn gut gefallen. Der sehr vorhersehbare Streit um die Gunst des Trainers dann weniger, da hätte ein nicht so konservativer Film aus Jules und Jess vielleicht wirklich mehr als nur Freundinnen und Teamkolleginnen gemacht.

YP: Es hätte gar keine Anspielung gebraucht, um aus ihnen mehr als platonische Freundinnen zu machen. Das, was sie daraus gemacht haben, habe ich denen keine Sekunde abgekauft. Nach der ersten Stunde gab es den Einbruch. Aus dem spritzigen Sportfilm, der eben auch kulturelle Hintergründe ironisch auf den Arm nimmt, wurde eine abgedroschene und sexistische Romcom. Das war unerträglich. Wer macht noch solche Filme?

PD: Lustig, dass du das fragst. In vielen Artikeln die ich zu „Bend It Like Beckham“ gelesen habe, wurde genau dieses „They don’t make them like that anymore“ angeführt, und zwar als Kompliment.

Vor allem die erste Stunde, der Aufbau der Figuren und der Konflikte waren sehr sehenswert. Der qualitative Einbruch, rund um die Streitigkeiten um den Trainer, wird für mich erst durch das Finale wieder wettgemacht. Am Ende gewinnt das Ganze wieder ein wenig von seiner Naivität zurück und entfernt sich etwas von der Romcom-Logik. Da geht es dann wieder mehr um die kulturelle Identität und auch um die Freundschaft zwischen Jess und Jules und ihre Zukunft im Profifußball.

YP: Fußballspielfilme? Da bleibe ich lieber bei den Dokus von letzter Woche. Obwohl, natürlich gibt es gute Beispiele: „Fever Pitch“.

PD: Es wäre interessant, was ein Hollywood-Studiofilm aus dem Fußball-Thema machen würde.

Football („Any Given Sunday“), Baseball („Bull Durham“) und Eishockey wurden zum Teil zu bereits ganz ansehnlichen Filmen herangezogen. Selbst Golf („Tin Cup“) kann für einen humorvollen Film herhalten. Einen wirklich guten Spielfilm mit Fußball als Hintergrundthema habe ich noch nicht gesehen. … auch wenn „Fever Pitch“ ganz tolle Momente hat.

Maradona & Zidane

20 Freitag Jun 2014

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

≈ 2 Kommentare

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Diego Maradona, Emir Kusturica, Zinedine Zidane

Die Fußballweltmeisterschaft in Brasilien ist in vollem Gange, was für uns genau der richtige Vorwand ist, um die filmische Seite des Spiels zu betrachten. Diese Woche behandeln wir mit „Zidane – A 21st Century Portrait“ und „Maradona by Kusturica“ zwei sehr eigenwillige und kreative Ansätze im Dokumentarfilm.

YP: Die Dokumentar-Formate „Zidane – A 21st Century Portrait“ und „Maradona by Kusturica“ könnten unterschiedlicher nicht sein …

PD: Sie zeigen auch zwei sehr ungewöhnliche Vorgehensweisen. Ich kannte bis dahin nur Fernsehdokumentationen, die recht uninspiriert den Lebens- und Karriereweg eines Fußballers abfeierten, oder die ein wenig an MTV gemahnten leicht konsumierbaren Dokus wie „Once in a Lifetime“ über den Glamourfaktor rund um das Spiel.

YP: Zuerst war ich etwas stutzig, als der Kusturica-Maradona seinen Lauf nahm. Aber nach und nach bekommt man ein gutes Gefühl dafür, was der Filmemacher hier vorhatte. In Kusturica sehe ich einen großen Maradona-Fan, der sich mit seinem Film einfach einen Jungbubentraum erfüllen wollte. Der Drehprozess zeigt auch die Arbeitsweise eines Filmemachers.

Da ist was dran an diesem Film. Nicht so viel von Maradona steckt schließlich, aber das ist irrelevant. Viele Zuschauer werden sich vor den Kopf gestoßen gefühlt haben, da bin ich mir sicher!

PD: Ich bin einer dieser Zuseher, die sich vor den Kopf gestoßen fühlten.

Denn bei mir war es genau umgekehrt. Anfänglich war ich von Kusturicas Ansatz eingenommen, da es die leichte und geradezu kindlich befreite Seite von ihm zeigte, der sich den Traum erfüllte, den von ihm so verehrten Fußballer zu dokumentieren.

Wie er dann aber vor allem eine politische Agenda in diese Gespräche hinein arbeitet, die so ganz und gar nicht hinein passt, hat mich einfach nur verärgert. Er verknüpft die zum Teil oberflächlichen Aussagen von Maradona, mit haltlosen Verbindungen. Es wird geradezu eine „Allianz“ hergestellt, die einfach nicht da ist.

YP: Aber er zeigt den Fußballer abseits des Feldes. Vielmehr als andere – vor allem besagte TV-Doku-Formate – geht er eben auf seine politische Tätigkeit ein. Da bleibt auch der Satz hängen, der bezeichnend für den ganzen Film steht: „Wäre er nicht Fußballer geworden, wäre Maradona wohl Revolutionär geworden“.

PD: Dieser Satz zum Beispiel ist purer Blödsinn. Hier wird sein Status als prominenter Fußball schlicht überhöht.

YP: Ja, da gebe ich dir vollkommen recht. Vor allem eben, weil er erst durch seinen Status als Fußballer und Prominenter sich einen Status als politisches Sprachrohr aufbauen konnte.

PD: Maradona hat derartige Dinge schon so oft von sich gegeben, dass man dem „Mann neben dem Platz“ kaum noch ausweichen konnte. Seine Freundschaft zu Fidel Castro oder sein Einsatz für Hugo Chavez und Evo Morales. Da ist nicht wirklich viel Neues dabei und so wie es Kusturica zeigt, ist es, je länger der Film läuft, immer schwerer, sich in Ruhe das anzusehen.

YP: Das mag Kusturica etwas überzeichnet dargestellt haben, aber für mich ist seine Annäherung einfach nur ein Roadmovie, welches Maradona eine Zeit lang begleitet. Ein kurzweiliges Vergnügen. Wenn Kusturica zu philosophieren anfängt, wird das fad. Aber es ist ein Fanmovie!

PD: Ein eher ärgerliches Fanmovie, da er auf den Personenkult rund um Maradona kaum eingeht. Die Maradona-Kirche zum Beispiel, wird einfach nur abfotografiert und nicht analysiert.

Dass hier etwas faul ist, wurde mir klar, als Kusturica die beiden Tore Maradonas gegen England bei der WM 1986 als „Rache“ für den Falklandkrieg darstellte. Dass Maradona selbst sich sehr kritisch zum argentinischen Regime äußert, überging Kusturica einfach. Es passte ihm offenbar nicht ins Bild. Stattdessen musste ein völlig aus der Luft gegriffener Sex Pistols-Bezug her. Das hat mir das Vergnügen eines eher persönlich gefärbten Fanfilms verleidet.

Da war mir die geradezu museale Installationsform von „Zidane“ viel lieber.

YP: Wobei es Douglas Gordon und Philippe Parreno, die Macher von „Zidane“ viel leichter haben. Erstens machen sie etwas noch nie Dagewesenes mit ihrem experimentellen Film. Vor allem den Sportfilm betreffend. Dann aber auch lassen sie einfach die Bilder für sich sprechen.

PD: Gut, auf die Idee muss man aber auch erst einmal kommen. Niemand hat Emir Kusturica vorgeschrieben seinen Film derart zu gestalten.

Gordon und Parreno zeigen auch weniger einen Fußballfilm, sondern mehr schon eine Annäherung an Athletik, Physis und auch Starkult.

YP: Wenn ich ehrlich bin, diese filmische Annäherung an „Zidane“ erscheint mir als die logischste. Sie zeigen ihn beim Fußball. Am Spielfeld. Es gibt kein Interview, nur Perspektiven, Blickwinkel, sogar seine Atmung wird ins Auge gefasst. Gelegentlich hören wir Pfiffe und Buh-Rufe des Publikums, oder die hysterischen Sportkommentatoren. Es geht wirklich 90 Minuten lang um Zidane. Und das Schöne ist: Man kann seine Augen nicht abwenden. Das hat etwas Einnehmendes.

PD: Interessant wäre es, dieses Konzept auch bei anderen Sportlern anzuwenden. Nur, welcher Sport käme da in Frage? Beim Fußball gibt es auch genügend Momente, in denen der Spieler eher ruhig auf seiner Position verweilt. Als Zuseher hat man dann auch die Möglichkeit, sich dem „Objekt“ noch eingehender zu widmen.

In dieser Form, hatte das schon etwas von Andy Warhol für mich. Wir sehen diesem Mann ja auch nur deshalb zu, weil es Zinedine Zidane ist. Irgendein Nobody-Fußballer würde kaum diese Aufmerksamkeit bekommen.

YP: Du meinst, es gibt keinen anderen Fußballer, mit dem das möglich gewesen wäre?

PD: Andere prominente Fußballer hätten sich angeboten (Beckham etwa) oder würden sich anbieten (Christiano Ronaldo, Lionel Messi). Ein eher unbekannter Spieler, würde wohl kaum diese Aufmerksamkeit bekommen, und bei vielen anderen Sportarten ist diese Art der Beobachtung schwer durchzuführen.

YP: Aber über unbekannte Fußballer macht kaum jemand Dokumentationen. Es geht sowohl in „Zidane“ als auch Kusturicas „Maradona“ um die Ikonen. Die Superstars.

PD: Dokumentationen über junge und noch unbekannte Talente gibt es aber auch (im Basketball etwa „Hoop Dreams“).

Mir erschien nur die Herangehensweise an „Zidane“ viel analytischer. Es ging mehr um die Form und weniger um die dargestellte Person. Diese war eher Mittel zum Zweck und damit sich jemand damit auseinandersetzt, musste die zwangsweise populär sein.

YP: Das schon! Aber auch die Tatsache, dass es sich eben um Zidane handelt. Es gibt etliche unzählige Wege, wie man Zidane hätte inszenieren können. Und die haben sich darauf berufen, gar nichts Großartiges zu machen, sondern ihn einfach am Feld zu filmen. Das hat irgendwie etwas Minimalistisches. Wobei natürlich 17 Kameras eher Größenwahn aufzeigen. 17 Mal 90 Minuten ist auch sehr viel Filmmaterial. Es wurde viel selektiert, viel geschnitten. Keineswegs wirkt es jedoch inszeniert, wobei es das natürlich ist.

PD: Was mir weniger gefiel, war die Musikauswahl. Manchmal hat sie hervorragend dazu gepasst und an anderen Stellen war sie „verunglückt“.

YP: Insgesamt fand ich den Score gelungen. Vor allem dann zum Schluss hin, bei diesem „Vorfall“. Da kommt sehr viel Spannung dabei heraus.

PD: Ja, in den besten Momenten verbinden sich Bild und Ton sehr gut.

Lustig finde ich, dass die Dokumentation den Aspekt konterkariert, dass es sich bei Fußball um einen Teamsport handelt. Denn immer wieder mal geraten andere sehr prominente Spieler ins Blickfeld (Roberto Carlos, David Beckham), es geht aber einzig um Zidane.

YP: Da muss ich dir widersprechen. Auch wenn hier der Fokus nur auf einem einzelnen Spieler liegt, so ist dieser immer im gesamten Spielverlauf involviert. Keine Sekunde lang habe ich auf seine Mitspieler vergessen, sie sind aber nur Randfiguren. Wie du schon oben schreibst, ein R. Carlos oder ein Beckham werden nicht wirklich wahrgenommen, aber Zidane kommuniziert mit ihnen, das kriegt man mit.

PD: Es waren bei mir eher Seitenblicke, eben da die Kamera(s) stets auf Zizou gerichtet waren. Man sah eher aus dem Augenwinkel vorbei huschende Mitspieler. Das fand ich recht amüsant.

YP: Ich weiß nicht, wie es dir ging, aber es schwingt sehr viel Wehmut mit. Ist Maradona für mich lediglich ein Fußballer, der einen berühmten und klingenden Namen hat, so habe ich Zidane angefeuert und habe mitgefiebert. Für mich nimmt „Zidane“ auch eine nostalgische Seite ein.

PD: Nein, so ging es mir ganz und gar nicht. Mein erstes wirklich bewusst erlebtes Turnier war die EM 1992 und noch klarer dann die WM 1994. Da habe ich auch den letzten großen und auch skandalösen Auftritt von Maradona vor dem Fernseher erlebt (http://www.youtube.com/watch?v=xfwFg7n92Ck).

Die Nostalgie schwingt da eher bei den Spielern dieser beiden Turniere mit. Etwa immer wenn ich den Dänen Brian Laudrup oder den US-Amerikaner Alexis Lalas irgendwo erblicke. Da kommt bei mir Nostalgie auf.

YP: Ich habe erst 1998 begonnen zu schauen. Das war Zidanes große Stunde.

PD: Mit den Franzosen habe ich 1998 auch mitgefiebert, allerdings auch „nur“, da „meine“ Engländer um die damals noch jungen Michael Owen und David Beckham früh aus dem Turnier flogen.

Die EM 1996 war die schmerzhafteste Erfahrung. Der letzte große Auftritt von Paul Gascoigne.

YP: Und das Finale der WM 2006 hat mir das Herz gebrochen. Seitdem ist Fußball nicht mehr das, was es für mich war.

PD: Ach ja, Zidanes Aussetzer und das etwas unwürdige aber auch denkwürdige Ende einer großen Karriere. Zumindest wurde dieser Moment in einer Skulptur verewigt, die vor dem Centre Pompidou in Paris steht.

Richard Linklater

14 Samstag Jun 2014

Posted by filmimdialog in Personalia

≈ Ein Kommentar

Schlagwörter

A Scanner Darkly, before midnight, Before Sunrise, Before Sunset, Ben Affleck, Bernie, Boyhood, Dazed and Confused, Ethan Hawke, Fast Food Nation, Keanu Reeves, matthew mcconaughey, Me & Orson Welles, Richard Linklater, Slacker, Tape, The Newton Boys, uma thurman, Waking Life

Der texanische Regisseur Richard Linklater hat dermaßen viele sehenswerte Filme gedreht, dass wir wahrscheinlich Bände mit Dialogen damit füllen könnten. Machen wir aber nicht, hier nur ein kurzer Streifzug durch sein beachtliches Werk.

PD: Was ist dein Lieblingsfilm von Richard Linklater?

YP: Gute Frage! Mit einer schnellen Antwort: eindeutig „Boyhood“. Bei dir?

PD: So sehr mir „Boyhood“ gefällt, aber da gefallen mir sowohl „Before Sunset“ als auch „Before Midnight“ ein klein wenig besser.

YP: Was ich schon sagen muss, die letzten 4 oder 5 Filme hat er es doch tatsächlich geschafft, sich qualitativ zu steigern. Von „A Scanner Darky“, über „Me and Orson Welles“, über „Before Midnight“, über „Bernie“ bis hin jetzt zu „Boyhood“. Es ist beeindruckend, was er in so kurzer Zeit auf die Beine stellt.

PD: Er hat sehr viele qualitativ hochwertige Filme in kurzer Zeit geschaffen und dabei auch noch in dem Zeitraum, in dem die von dir genannten Werke entstanden, an seinem großartigen „Boyhood“ gearbeitet. Das zeigt schon die Klasse Linklaters. Dennoch ist es doch ein wenig eine Achterbahnfahrt. Qualitativ gesehen.

„A Scanner Darkly“ (mit dem er ja an seinem experimentellsten Film, „Waking Life“, anknüpft) ist stärker als der löbliche aber zerfahrene „Fast Food Nation“ oder das süße aber doch etwas leichtgewichtige „Me & Orson Welles“.

YP: Was für „Boyhood“ und die „Before“-Reihe spricht, ist die Zeit. Er hat sich Zeit gelassen. Davon leben alle 4 Filme.

PD: Man merkt diesen Filmen auch die Reife an. Bei „Boyhood“ kann man die Einflüsse aus seinem gesamten Schaffen erkennen, während in der „Before“-Reihe nicht nur die Inszenierung ausgereifter wirkt, sondern auch die Charaktere und die Erzählung selbst. Kein Vergleich zu dem herrlich naivem „Before Sunrise“.

YP: Also nicht die Produktionszeit, sondern die Zeit dazwischen. In der schnelllebigen Industrie ist das fast ein Oxymoron. Da traut sich einer was. Das ist ganz was Besonderes.

PD: Seine besten Filme leben von der Zeit, die er sich nimmt. Auch wenn „A Scanner Darkly“ und „Fast Food Nation“ gemeinsam bei den Filmfestspielen von Cannes präsentiert wurden, so ließ er sich für die Nachbearbeitung von „A Scanner Darkly“ über ein Jahr Zeit. Dies sieht man der großartigen Adaption von Philip K. Dicks Roman auch an.

YP: Was Linklaters Filme außerdem noch auszeichnet: die Protagonisten weigern sich, erwachsen zu werden. Besonders die männlichen. Egal, ob Jesse aus der „Before“-Reihe, Mason aus „Boyhood“, oder die Teenager aus „Slacker“ und „Dazed and Confused“.

Und der Stellenwert, den er der Musik bzw. dem Soundtrack einräumt. Auch besonders in „Dazed and Confused“, „School of Rock“ und wieder „Boyhood“.

PD: So hatte ich das gar nicht betrachtet. Da ist schon etwas dran.

Es gibt aber auch Filme in seiner Werkliste, in denen die Männer sich mit Haut und Haaren einem anderen Lebensstil verschreiben. Die Bankräuber in „The Newton Boys“ inszeniert er als Männer der Tat, die wissen, dass ihnen das Leben nur diese eine Chance gibt und sie nehmen sie sich. Jack Black in „School of Rock“ mag zwar nicht ein Mann mit Verantwortungsbewusstsein sein, aber er bleibt auch an seinem Traumbild hängen, der Karriere als Musiker.

YP: Natürlich, nicht nur!

PD: Wichtig sind bei Linklater auch die etwas aus dem Rahmen fallenden Typen. So wie sie zuhauf in „Slacker“ auftauchen, oder auch in „Waking Life“, „A Scanner Darkly“ oder selbst in „Boyhood“ (der mit sich selbst sprechende Mann im Diner).

YP: Da steckt eben so viel drinnen. Wobei Celine aus den „Before“-Filmen eindeutig mein Lieblings-Linklater-Charakter ist. Und ich rechne ihm hoch an, dass er immer wieder tolle Frauenfiguren schreibt. Auch Violetta aus „Boyhood“. Das sind starke Frauen, die nicht durch die Mutterrolle definiert werden. Die Figuren sind nachvollziehbar und nicht einfach Einheitsbrei.

PD: Es stehen zwar die männlichen Figuren immer ein wenig im Vordergrund, wohl auch weil mit Ethan Hawke ein loyaler Mitspieler beinahe immer dabei ist, aber mir gefallen auch viele der von ihm kreierten weiblichen Charaktere. Etwa die von Uma Thurman gespielte Amy in „Tape“.

Der Film scheint sich um die Rivalität der beiden Männer (Hawke und Robert Sean Leonard) zu drehen, selbst als Amy auftaucht. Doch im Endeffekt sieht man, dass das Geschehen in ihren Händen lag. Diese Rolle der Kontrolle im Hintergrund hat er immer wieder eingebaut.

YP: Weil eben viele Aspekte in seinen Filmen autobiographisch gehandhabt werden. Wenn du dir „Boyhood“ anschaust und wie Linklater seinem Geburtsstaat diese bedeutende Rolle zugesprochen hat.

PD: Das macht auch den Reiz seiner Filme aus. Selbst wenn Stars wie Keanu Reeves oder Bruce Willis darin auftauchen, so ist er (bislang) nie im Hollywood-System gelandet. Er lebt und arbeitet in Austin (das er aber in „Boyhood“ ein klein wenig glorifiziert, für meinen Geschmack) und man merkt ihm auch diese Verbundenheit an.

YP: Das macht seine Filme umso authentischer.

Ich habe ja zum Beispiel einen Faible für diesen breiten Südstaaten-Akzent, wie in Matthew McConaughey in „Bernie“ spricht.

PD: McConaughey und Linklater. Eine Verbindung die ich zunächst ganz übersah. Dabei debütierte McConaughey ja in „Dazed and Confused“ und war ein toller Lead in „The Newton Boys“.
Der von dir erwähnte Musik-Aspekt ist ja auch mit der lebendigen Musikszene von Austin verbunden.

Authentisch fühlen sich alle seine Filme an. Einzig das Remake „Bad News Bears“ möchte ich, wohl weil es ein Remake ist, nicht so unbedingt sehen.

YP: Auch die „Before“-Filme, die alle eigentlich Übersee und in Europa spielen. Wien, Paris, Griechenland. Und sowohl Jesse als auch Celine vermitteln Authentizität. Das sind Figuren, wie sie der Realität entnommen sind.

PD: Wohl auch, weil der erste Film zum Teil auf einer Begebenheit beruht, die Linklater selbst widerfuhr.

YP: Wenn du dir nachträglich vor Augen führst, wer in „Dazed and Confused“ mit von der Partie ist und wer sich noch immer hoch im Kurs hält.

PD: Ben Affleck, Matthew McConaughey.

YP: In kleineren Rollen, aber dennoch: Renée Zellweger, Mila Jovovich.

PD: Wiley Wigins, mit dem er dann „Waking Life“ drehte. Parker Posey. Adam Goldberg.

YP: Wobei es schon immer die selben Gesichter sind, die man sieht: Ethan Hawke, Jack Black. Matthew McConaughey.

PD: An Zellweger konnte ich mich gar nicht mehr erinnern. Linklater arbeitet nun einmal offenbar auch gerne mit demselben Team. Selten dass einmal jemand wie Greg Kinnear in dieses Team hinein bricht, wie bei „Fast Food Nation“. Keanu Reeves hat zwar in „A Scanner Darkly“ hervorragend hinein gepasst, aber er war wohl auch ein wenig der nötige Promi-Schauspieler, um den Film zu finanzieren.

Mich erstaunt ja, wie sehr sich Linklater einerseits im Laufe seiner Karriere wandelte und doch in jedem seiner Filme, seinem Stil treu blieb. Von der Reife der „Before“-Filme oder dem Humanismus in „Boyhood“ ahnt man bei „Slacker“ oder „Dazed and Confused“ noch gar nichts. Während die Leichtlebigkeit und die Freude an der Musik in „School of Rock“ nun wirklich niemand überraschen dürfte.

YP: Es geht auch darum, dass er mit seinen Filmen erwachsen geworden ist. Dafür ist „Boyhood“ der beste Beweis. Nicht als Regisseur, weil diese Anfangsfilme sind an und für sich gelungen, aber als Mensch.

Die aktuelleren Filme finde ich viel reifer, ausgeklügelter, durchdachter.

Boyhood

13 Freitag Jun 2014

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

≈ 3 Kommentare

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Antoine Doinel, Boyhood, Ellar Coltrane, Ethan Hawke, Lorelei Linklater, Patricia Arquette, Richard Linklater, Stories We Tell, The Tree of Life, Up

Zwölf Jahre nahm sich Richard Linklater Zeit, um einem sechs Jahre alten Buben beim Heranwachsen zuzusehen. Jedes Jahr filmte Linklater mit denselben Schauspielern ein paar Tage und ließ so das außergewöhnliche Porträt eines Kindes das langsam zum Mann wird entstehen. Welche Qualitäten hinter dem interessanten Konzept von „Boyhood“ stecken, besprechen wir in unserem neuesten Dialog.

YP: „Boyhood“ dauert über 160 Minuten. Mit Werbung und Trailern sitzt man über 3 Stunden im Kino. Dem Film ist das keine Minute anzumerken. Da wurde immer im richtigen Moment geschnitten, die Zeitsprünge geschahen zum richtigen Zeitpunkt. Somit war ich jedes Mal von neuem gefesselt.

PD: Bei mir begann sich ein wenig Ungeduld einzustellen, als Mason beinahe ein erwachsener Mann war. Die Probleme und Sehnsüchte die er hatte, wurden in etwas gestelzten Dialogen behandelt.

Doch bis dahin war der Film keine Sekunde zu lang und ich war beeindruckt, wie Linklater die Zeitsprünge unterbrachte. Zum Teil fiel es mir erst nach einigen Augenblicken auf, dass man wieder ein Jahr weiter ist. Das war großartig gemacht.

YP: Auch war es bis zur Masons Pubertät schwer einzuschätzen, wie alt er war. Das verrieten meistens seine Haare. Oder die Menschen in seinem Umfeld.

PD: Bis zu seiner Pubertät war ja eher seine Schwester Samantha eine Art Wegmarkierung, da sich ihr Stil von Jahr zu Jahr veränderte.

Auch waren die Erlebnisse von Mason als Kind, von einer melancholischen Schwere und gleichzeitig wunderschönen Unschuld durchzogen. Da fühlte ich mich auch ein wenig an „The Tree of Life“ erinnert.

YP: Mitten im Film dachte ich mir, wie viel der Schauspieler Ellar Coltrane von sich preisgegeben hat. Seit seinem 6. Lebensjahr kann man ihm beim Erwachsenwerden zusehen. Alle Stadien sind abgedeckt. Das ist in gewisser Weise richtig einzigartig.

PD: Als Vergleich werden ja oft die Antoine Doinel-Filme von Truffaut heran gezogen, doch ich musste viel mehr an die „Up“-Dokumentarreihe von Michael Apted denken. In einer eigenwilligen Solidarität zum Projekt, gibt man immer wieder etwas von sich Preis. Profis wie Ethan Hawke (der den essenziellen Linklater-Charakter spielte und dem ich genauso gern beim Älter werden zusah) und Patricia Arquette, konnten da wohl auch mehr Distanz zum Film aufbauen, denn Ellar Coltrane und die anderen Kinder- und Jugenddarsteller.

YP: Mir ging es dabei eher so, als würde ich im Familienalbum von jemandem stöbern. Lassen wir den fiktiven Aspekt der Geschichte hier weg. „Boyhood“ ist Sarah Polleys „Stories We Tell“ gar nicht so fern. Außer, dass sie weiter in ihrer Familiengeschichte ausholt.

PD: „Stories We Tell“ habe ich leider noch nicht gesehen, aber ja, diese Intimität und Nähe – obwohl man einer fiktiven Handlung zusieht – ist unübersehbar. Wohl deshalb, behält sich Linklater wohl auch bis zum Schluss seinen Optimismus und seine Lebensfreude. Alles wirkt aufregend und schön.

YP: Aber „Boyhood“ zeigt schon ein bisschen das Scheitern der Männer. Vielleicht hat mich das ein bisschen gestört. Und das Gespräch Masons mit seinem Vater zum Schluss, weil sich dieser geweigert hat erwachsen zu werden.
Es war so, als würde ich Mason in die Fußstapfen seines Vater stapfen sehen. Als sei das vorprogrammiert.

PD: Seine Bindung zum Vater war auch ambivalent. Das war vor allem zu sehen, als der Vater aus Alaska zurückkehrte und seinen Kindern mehr oder weniger erklärte, dass ihre Mutter am Zerbrechen der Familie Schuld wäre. Der einzige Moment in dem Mason von seinem Vater enttäuscht war, war als es um den Verbleib des GTO ging.

YP: Es gab weniger Konfliktpotential mit dem Vater, weil dieser eben nicht rund um die Uhr da war. Aber dieses Auto-Gespräch hat auch aufgezeigt, dass der Vater endlich erwachsen geworden ist.

PD: …und sich zu einem Spießer entwickelt hat.

Er hat eine realistische Sicht auf die Welt entwickelt. Dass er dabei auch auf die Gefühle seiner Schwiegereltern in Bezug auf die Taufe seines Sohnes Rücksicht nahm, war für mich der Knackpunkt.

YP: Ich würde ihn nicht als Spießer bezeichnen, eher als verantwortungsbewusst!

PD: Spießer (und das meine ich ja gar nicht als Schimpfwort) eher im Vergleich zu seinem vorherigen Auftreten. Zunächst war er der coole Lebemann und Musiker der mit dem GTO herum kurvte (die auch gar keine Sicherheitsgurte hatten) und dann taucht er plötzlich mit Oberlippenbart, gebügeltem Hemd und Minivan vor der Tür auf.
Die Chemie zwischen Ethan Hawke und Ellar Coltrane war auch fantastisch. Ich glaubte ihnen sofort, dass sie Vater und Sohn sind.

YP: Ja, der Vater war eben auch ein Sinnsuchender. Genau so, wie mir dann Mason als Teenager schien. Darum sage ich eben auch, es ist in meinen Augen vorprogrammiert, dass sich Mason in seinen Vater verwandeln wird.

PD: Das wäre eine interessante Fortsetzung, auch wenn ich daran zweifle, dass sich Linklater noch einmal 12 Jahre Zeit nimmt. Obwohl seine Inszenierung so schwere- und mühelos wirkte. Selbst die popkulturellen Referenzen (mit Coldplay und Sheryl Crow zu verorten, in welcher Zeit man sich befindet) waren nie aufgesetzt.

YP: Nein, und die politischen Veränderungen waren immer treffend erwähnt, nie viel zu viel. Die Szene mit den Obama-Plakaten war ja großartig!

PD: Der Redneck-Nachbar mit der konföderierten Flagge, der am Ende der Diskussion einem Teenie-Buben mal so nebenbei damit droht, ihn zu erschießen.
Es bleiben so viele Sequenzen in Erinnerung.

YP: Der Texas-Großvater mit der Flinte!

PD: …oder der Anzug, der Mason viel zu groß war.
Eine kleine Szene die mir auch in Erinnerung blieb war, als Mason in seine neue Schule, in die neue Klasse kommt und neben Kyle gesetzt wird. Jahre später, sieht man wie Mason auf der Toilette von eben diesem Kyle angemacht und mit Prügel bedroht wird. Der Gedanke was in den Jahren passiert sein mag, ist faszinierend.

YP: Die Trunkenbolde haben mich gestört. Musste auch wirklich jeder ihrer Männer ein Alkoholiker sein? Hängt es mit der Wirtschaftskrise zusammen. Ich weiß es nicht, aber es war zu viel. Bis auf den Papa, dessen einziges Vergehen es war, nicht rechtzeitig erwachsen zu werden.

The Canyons

06 Freitag Jun 2014

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

≈ Ein Kommentar

Schlagwörter

Bret Easton Ellis, James Deen, james franco, jennifer lawrence, Kickstarter, Lindsay Lohan, Palo Alto, Paul Schrader, Rocco Siffredi, Romance, The Canyons, Wish I was here, Zach Braff

Eine Zusammenarbeit des alteingesessenen Regisseurs Paul Schrader („American Gigolo“, „Affliction“) mit Hollywood-Schriftsteller Bret Easton Ellis ließ zuerst einmal aufhorchen. Als daraus auch ein per Kickstarter finanziertes Crowdfunding-Projekt wurde, nahm es erst richtig interessante Konturen an. Zudem versprach „The Canyons“ auch ein Wiederbelebungsversuch von Lindsay Lohans Karriere zu werden. Im folgenden Dialog wollen wir diese Punkte besprechen.

YP: Ist „The Canyons“ das erste Crowdfunding-Projekt, das du per Kickstarter unterstützt hast?

PD: Es ist neben „Wish I Was Here“ von Zach Braff eines der prominenteren Projekte. Dabei gebe ich geradezu winzige Summen. In dem Fall war es der Gegenwert der DVD. Ich sehe es gerade bei diesen prominenteren Projekten als Geste meinerseits, in der Hoffnung den Film einmal sehen zu können. Ansonsten unterstütze ich, sofern finanziell möglich, Projekte unbekannterer Filmemacher. Vor allem im deutschsprachigen Raum. Zum Beispiel: etwa „Die Geschichte einer Legende“, „Internal Games“ und „Homesick“. Aber auch James Francos „Palo Alto“.

YP: Warum ausgerechnet „The Canyons“? Ehrlich gesagt war für mich wenig Reiz vorhanden.

PD: Gereizt hat mich allein die Kombination Paul Schrader-Bret Easton Ellis. Mir erschien das geradezu perfekt und ich konnte nicht glauben, dass eine anvisierte Zusammenarbeit von den Studios nie finanziert wurde.

YP:  Wie das dann am Entstehen war, fand ich es zum Scheitern prädestiniert. Vor allem, was die Besetzungsliste betrifft: Mir schienen sowohl Lindsay Lohan als auch James Deen gewagt. Der Film leidet unter beiden Darstellern, allerdings aus ganz unterschiedlichen Gründen.

Auch finde ich das Drehbuch von Bret Easton Ellis ziemlich trocken. Es gibt zu wenig her. Wobei Schraders Regie einiges noch rausholt aus dem Stoff.

PD: Gerade die Besetzung gab dem Projekt den nötigen Schwung und die Aufmerksamkeit. Ansonsten wäre das ein besseres Homevideo von Paul Schrader. Zudem fand ich, dass vor allem aufgrund von Lohan und Deen der Film stellenweise sehr interessant geworden ist.

Das Hauptproblem liegt im betont sterilen Drehbuch. Eine Geschichte voller unsympathischer Charaktere, ohne Tiefgang.

YP: Nehmen wir einmal die Dialoge als Beispiel her. Es wirkt so konstruiert und statisch, dass du permanent das Gefühl hast, hier werden im Schuss-Gegenschuss-Verfahren Satzfetzen rausgeschossen, ohne Sprachmelodie, ohne Dynamik, ohne Bedeutung. Auch wenn ich sowohl Lindasy Lohan als auch James Deen schlecht fand, es ändert nichts daran, dass sie nichts Besseres zu sagen bekommen. Und der Dialog-Inhalt ist eine Katastrophe. Steht für alles Künstliche, was es an Hollywood ohnehin zu bemängeln gibt.

PD: Ellis war auch noch nie ein wirklich guter Dialogautor. Seine Stärke, in den Büchern, liegt ja viel mehr in diesen Darstellungen der Leere der seine Charaktere umgebenden Szenerie. Ob in „American Psycho“ die Wall Street oder in „Less Than Zero“ die ganze Party- und College-Szene. Deshalb hat es mich auch nicht verwundert, dass die Dialoge eher gestelzt und gekünstelt klangen.

YP: Andererseits: Es ist gewissermaßen ironisch, wie Lindsay die Figur der Tara spielt: Als gescheiterte Schauspielerin, die sich aus Verzweiflung und Bequemlichkeit einen Sugar Daddy zulegt.

PD: Lohan holte da, auch dank der Regie von Schrader, noch das Beste heraus. In den Momenten, in denen Tara mit ihren Ängsten konfrontiert wird, ist das wirklich großartiges Kino. Kaum interagiert sie aber mit einem anderen Charakter, scheint plötzlich alles starr und tot zu sein.

Deen ist für mich auch ein hervorragender Bret-Easton-Ellis-Charakter. Weniger ein Schauspieler der einen Charakter aus seinen Büchern spielt, sondern der passende Charakter. Sein Image allein genügt, um diese Figur zu beleben. Deen selbst kann nicht wirklich viel dazu beitragen. Das wird vor allem in der Szene mit Gus Van Sant als Therapeuten offensichtlich. Deen spielt beinahe alles gleich.

YP: Genau das meine ich: Abgesehen davon, dass Bret Easton Ellis ohnehin selten zugängliche und sympathische Figuren schreibt. Hier ist es durch die Qualität des Spiels eine Spur offensichtlicher, wie wenig sie funktionieren.

Gus Van Sants Kurzauftritt als Therapeut fand ich hingegen gelungen.

Eines muss ich dir sagen. So wenig, wie ich den Film auch gelungen fand, war ich nichtsdestotrotz stellenweise sehr gebannt. Nicht aufgrund der Spannung, sondern einfach nur deswegen, weil ich wissen wollte, was die noch daraus machen.

PD: Mir ging es ebenso. „The Canyons“ ist zu großen Teilen richtig zerfahren, voller missglückter Ansätze, mal mit grandiosem, mal mit grandios schlechtem Schauspiel und gerade deshalb bleibt man gebannt sitzen.

Da scheint auch ein ganz besonderes Missverständnis in der Zusammenarbeit von Schrader und Ellis zu liegen, die sich dann ja auch in aller Öffentlichkeit nur mehr „Nettigkeiten“ ausgerichtet haben. Für Schrader war das Buch von Ellis eine Vorlage, um über den Tod Hollywoods, wie er es kennt, zu philosophieren, während Ellis ein dreckiges B-Picture im Kopf hatte. Da klaffen einfach die Vorstellungen grundsätzlich auseinander.

YP: Genau das ist es. Die Montage der heruntergekommene Lichtspielhäuser als Metapher für den Untergang des Kinos. So habe ich das auch gesehen!

PD: … und Ellis legt Tara dann einen Dialog wie „Do you really like movies?“ in den Mund und es könnte kaum gekünstelter klingen.

YP: Auch die Anfangssequenz mit den Hollywood-Kinos, die an glorreiche Zeiten erinnern sollen, fand ich hingegen hervorragend. Und die gesamte Stimmung mit den Settings im Film zeigt ein Hollywood, welches wir selten zu sehen bekommen.

PD: Schrader hat zu großen Teilen eine hervorragende Stimmung in den Film gezaubert. Auch wenn ich manche Kamerafahrten geradezu unfreiwillig komisch fand. Tara steht im Schlafzimmer und zieht sich bis auf ihre Unterwäsche aus, die Kamera folgt ihr hinunter, nur damit sie sich dann wieder einen Bademantel anziehen kann.

YP: Lindsay Lohan ist eine Schauspielerin, die beide Seiten Hollywoods verkörpert wie keine andere. Der Star und hell leuchtende Stern am Filmhimmel als Teenager, dann wieder die verzweifelte gescheiterte Schauspielerin. Das ist auch der einzige Grund, warum sie dermaßen gut zu Tara gepasst hat.

PD: Dass Lohan diese gebrochene Frau, die ihre Unschuld schon vor langer Zeit verloren hat, spielt, wirkt ja wie ein Treppenwitz, oder auch die letzte Chance für Lohan. Sie ist das Paradebeispiel für einen Teenie-Star, dessen Leben durch die Maschine Hollywood gedreht wurde.  Insofern funktioniert Tara auch nur durch die Besetzung mit Lohan. Ohne diesen Hintergrund, dieses Wissen, ist der Charakter einfach nur hohl.

Eine Frau wie Jennifer Lawrence etwa, ist nicht nur talentierter, sondern scheint auch mit dem ganzen Zirkus viel besser zurecht zu kommen.

YP: Der Pornodarsteller James Deen ist das komplette Gegenteil. Der Star der ebenso in Kalifornien beheimateten Schattenindustrie, der es zwar in ein B-Movie, dennoch Hollywood-Movie schafft.

PD: Bei Deen hatte ich im besten Sinne auf einen Coup wie einst mit Rocco Siffredi in „Romance“ gehofft.

YP: Mir ging auch Breillats „Romance“ mit Siffredi als Vergleich durch den Kopf.

Wobei ich Lohan niemals Talent absprechen würde. Dafür war sie mir in „Mean Girls“, „Freaky Friday“, „A Prairie Home Companion“ und „The Parent Trap“ viel zu gut.

PD: Damit wollte ich ihr auch nicht das Talent absprechen, ich finde nur Lawrence talentierter und im Umgang mit den Hollywood-Mechanismen geschickter. Dass Lohan Talent hat, sieht man nicht nur in den von dir genannten Filmen, sondern eben auch stellenweise in „The Canyons“.

Dass sie das Spiel mit der Öffentlichkeit nicht beherrscht, sieht man auch an Berichten wie diesem aus der New York Times.

YP: Hast du nicht Lawrence in unserem „Catching Fire“-Dialog als austauschbar bezeichnet? 

PD: Da müsste ich jetzt nachsehen, aber ja, in „Catching Fire“ finde ich sie austauschbar. Dabei bleibe ich. Das ist eine akzeptable aber nicht sonderlich aufregende Leistung gewesen. Kein Vergleich mit „Winter’s Bone“ zum Beispiel.

YP: Oder in den David O. Russell-Filmen.

PD: Man sehe sich nur „Divergent“ an. Shaileene Woodley spielt im Grunde dieselbe Rolle und ist dabei ebenso gut.

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