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Monatsarchiv: November 2013

The Hunger Games: Catching Fire

29 Freitag Nov 2013

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

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catching fire, divergent, donald sutherland, harry potter, jennifer lawrence, the hunger games, twilight

Wer „The Hunger Games“ sagt, muss auch „Twilight“ sagen können. Aus den filmischen Adaptionen der Jugendbücher „Twilight“ und „The Hunger Games“ ist ein Millardengeschäft geworden. Vor einer Woche lief nun „Catching Fire“, der 2. Teil von „The Hunger Games“ in den Kinos an. Über die Franchise und die Rekorde wollen wir uns heute unterhalten. Die Inszenierung wird dabei nicht zu kurz kommen. Und natürlich auch der Umstand, dass die Protagonistin eine Heldin ist.

YP: Let the games begin: Was sagst du zum sensationellen Start von „The Hunger Games: Catching Fire“ am Box-Office-Himmel? Kommt hinzu, dass diese Woche Thanksgiving und den US-Amerikanern ein langes Wochenende bevorsteht.

PD: Gute Frage. Der Erfolg ist für mich schon überraschend. Zumindest in diesem Ausmaß. Der erste Teil war zwar ein sehr guter Erfolg aber diese exponentielle Steigerung am Startwochenende ist einfach sensationell.

YP: Der wird noch einige Rekorde mehr brechen.

PD: Der hat schon Rekorde gebrochen. „Catching Fire“ ist jetzt bereits der erfolgreichste 2D-Start. Noch vor „The Dark Knight Rises“ und der bislang erfolgreichste November-Start. Das liegt aber in keinster Weise an der Qualität des Films. Wohl eher daran, dass sich viele Jugendliche den ersten Teil womöglich erst auf DVD angesehen haben und nun zum zweiten Teil in die Kinos pilgerten.

YP: Warum überrascht dich das? War doch „Twilight“ schon so ein Erfolg, wo viele gesagt haben: was für eine Überraschung!

PD: Die Überraschung sehe ich eher in der Steigerung und zwar am internationalen Markt.

YP: Mich überrascht der Erfolg von „The Hunger Games“ gar nicht, erstens mit dem schon vergleichbaren „Twilight“ im Hintergrund. Zweites: „The Hunger Games“ ist viel besser und drittens, Jennifer Lawrence ist als frisch gebackene Oscar-Preisträgerin eine große Sympathieträgerin. Ich gebe es jetzt zu: Ich mag die Franchise. Ich mag die Filme. Ich mag die Romanereihe.

PD: Lawrence war ja schon davor eine Sympathieträgerin und der Young Adult-Markt ist noch lange nicht zu Ende bearbeitet aber innerhalb von zwei Filmen international solche Zahlen zu schaffen, überrascht mich schon ein wenig. Ich fand die Romane ganz okay. Sprachlich nicht sonderlich aufregend aber flott zu lesen. Das Szenario ist zwar nicht das Allerneueste aber interessant. Die Filme finde ich…nun ja…sehenswert in dem Sinn als dass ich sie wohl noch ein zusätzliches Mal sehen könnte. Den ersten Teil fande ich noch um eine Spur besser. Der zweite Teil wirkte endgültig als wäre er von einem Roboter inszeniert worden.

YP: Beim Lesen der Reihe musste ich immer wieder an Aldous Huxleys „Brave New World“ denken. Vor allem beim 3. Teil von „The Hunger Games“. Sagen wir mal so, hätte mir das jemand als Teenager vor 15 Jahren in die Hände gespielt, wäre ich so dankbar gewesen. Anstatt dessen habe ich alte Männer und ihre Romane gelesen. Über eine solche Heldin hätte ich mich gefreut. Mir gefiel der erste Film auch besser. Nicht, dass ich „Catching Fire“ um soviel schlechter finde, aber mittlerweile wiederholt sich alles, so scheint es zumindest.

PD: Das ist dann aber auch schon der einzige Aspekt, welcher die „Hunger Games“-Reihe ein wenig hervor hebt: eine Heldin. Ansonsten ist das ja schon x-mal durchgekaut worden und vor allem im zweiten Buch wiederholt sich unglaublich viel aus dem ersten Buch, so wie auch im Film. Zudem erschien mir der große Plan, der im zweiten Teil durchgeführt wird, niemals wirklich schlüssig. An „Brave New World“ musste ich dabei nie denken. „Catching Fire“ wirkt so unglaublich anonym. Ich erkenne bei dem Film absolut keine eigene Handschrift. Nicht dass dies unbedingt notwendig wäre bei derartigen Franchises. Bei „Harry Potter“ konnte auch nur Alfonso Cuarón wirklich einen eigenen Stil ausarbeiten. Bei „Twilight“ war auch überhaupt nicht zu sehen, wer welchen Teil inszenierte.

YP: Das hast du schon in unserem letzten Dialog erwähnt und du triffst den Kern: Der Film könnte wahrscheinlich von jedem gemacht worden sein. Ich hätte mich so gefreut, hätte man das einer Regisseurin in die Hände gelegt. Wir haben hier ein Buch, von einer Frau geschrieben, aus weiblicher Sicht, höchst prominent besetzt aber Lawrence trotzdem als Zugpferd und dann …

PD: Das hat mich auch gestört als Gary Ross aus dem Projekt ausstieg. Es wurden Namen über Namen durch die Gegend geworfen. Von Cronenberg über James Cameron bis hin zu schließlich Francis Lawrence, der eh ein braver Handwerker ist aber es kam nicht mal im Ansatz die Idee eine Frau für den Regieposten zu besetzen.

YP: Leider war der Cuarón-„Potter“ erzählerisch nicht um so viel besser als die restlichen Potter-Filme.

PD: Erzählerisch hing bei den Potter-Filmen ja auch sehr viel vom Ton und der Ausrichtung der Bücher ab. Die ersten beiden Teile (unter Chris Columbus) waren noch sehr weihnachtliche Kinderfilme, während Cuarón stilistisch in eine etwas erwachsenere und düstere Richtung ging. Spätestens bei David Yates wurde dann daraus ein Jugendblockbuster mit entsprechender Bildgebung. Erzählerisch blieb da kaum eine Freiheit, schien mir.

YP: Gut zusammengefasst. Ich habe die „Potter“-Reihe damals im Kino gesehen und seitdem nie wieder und weiß du was, bei so einer Franchise erwartet man sich ja gar keine Handschrift des Machers. Wir nehmen das einfach so hin, schließlich wird es ohnein als Spektakel vermarktet. Das ist eigentlich schade.

PD: Bei den „Hunger Games“-Filmen wurde bislang ja nicht so dramatisch viel verändert, schließlich sind die Bücher auch nicht derart komplex aber es war schon interessant zu sehen, wie etwa die Rolle von Spielmacher Heavensbee verändert wurde. Es war nur ein Detail aber dadurch wurde schon etwas im Verlauf der Handlung verändert. Eine Handschrift bei einer Franchise kann aber schon vorhanden sein. „Der Herr der Ringe“ und „Der Hobbit“ sind eindeutig Peter-Jackson-Filme, so wie etwa die „Indiana Jones“-Filme eindeutig als Spielberg-Werke zu erkennen sind.

YP: Oder auch die „Batman“ und „The Dark Knight“-Filme von Christopher Nolan.

PD: Jep, die „Dark Knight“-Reihe. Selbst die Batman-Filme von Burton und dann von Schumacher haben eine eigene Handschrift.

YP: Hat sich das nicht verlagert? Mir kommt vor, den Spielraum, den Filmemacher vor 20-30 Jahren hatten, haben sie nicht mehr. Sie sind austauschbarer geworden, es fließt mehr Geld in so ein Projekt rein. Und du erwähnst Filmemacher, die sich bis zum gewissen Grad ihre eigenen Filme produzieren. Wie Jackson, Spielberg, Nolan, Cameron.

PD: Na ganz alleine produzieren sie das auch nicht, sie brauchen schon noch die Unterstützung und Logistik eines großen Studios. Spielberg hat(te) George Lucas aber Peter Jackson musste regelrecht um einen dreiteiligen „Herr der Ringe“ betteln und Christopher Nolan hat erst langsam seine eigene Vision durchsetzen können. James Cameron ist da vielleicht die Ausnahme. Der schwebt in einer eigenen Dimension. Allerdings stimmt es schon, der Mut ist weniger vorhanden. Wie Steven Soderbergh es sagte, es gilt nur mehr das riesige Projekt oder das ganz billige Projekt. Der 50 Millionen-Dollar-Film existiert nicht mehr.

YP: Sagen wir mal so, wenn die genannten Regisseure heute Filme machen wollen, haben sie bestimmt keine Probleme mehr, die nötigen Finanzen aufzustellen. Das habe ich damit gemeint. Klar produzieren sie nicht alleine und es ist ein Studio dahinter, aber Freiräume haben sie trotzdem mehr.

PD: Allerdings haben sich Jackson, Nolan und Co. diese Freiheit erarbeitet. Vor etwa 10-20 Jahren war es wohl einfacher einen Film wie „The Prestige“ zu machen und heute würde so einen Film wohl kaum mehr jemand produzieren. Freiräume für junge Filmemacher sehe ich kaum noch, außer du gehst in die Radikalopposition wie Shane Carruth. Um zurück zu „Catching Fire“ zu kommen. Philip Seymour Hoffman fand ich recht enttäuschend. Eine unmotivierte Darbietung.

YP: Hoffman fand ich gut, nichts besonderes, aber er muss ja nicht immer jeden und alle an die Wand spielen und er hatte stets ein schelmisches Lächeln am Gesicht. Ob jemand, der die Romane und die Handlung nicht kennt, wirklich so schnell dahinter kommt, wage ich zu bezweifeln.

PD: An die Wand spielen muss er wirklich niemanden aber es war eine farblose Darbietung. Donald Sutherland etwa verleiht dem Präsidenten Snow eine eigene Aura ohne zum „Scene Stealer“ zu werden. Stanley Tucci ist als Caesar ebenso eine beeindruckende Erscheinung ohne gleich den Film an sich zu reißen. Hoffman hingegen war zwar körperlich anwesend aber es schien mir wenig von ihm zu kommen. Da ein Lächeln, dort ein kleiner Blick … das schien mir eher Dienst nach Vorschrift zu sein.

YP: Der Charakter ist im 2. Roman auch recht farblos, das wird sich ändern. Warten wir „Mockingjay 1 und 2“ ab.

PD: Ich mag Hoffman, also bleibe ich optimistisch. Ganz im Gegensatz zu Jennifer Lawrence, die Katniss sehr gut spielt, allerdings ist der Charakter der Katniss Everdeen auch so austauschbar. Vor „Catching Fire“ war etwa die Vorschau zum nächsten Young-Adult-Reißer zu sehen. „Divergent“ mit Shaileene Woodley und Kate Winslet. Schon in dieser kurzen Vorschau war gut zu sehen, dass Katniss im Grunde von jeder jungen Darstellerin hätte gespielt werden können … weil es eben so ein austauschbarer Charakter ist.

YP: „Divergent“ ist „The Hunger Games“ sehr ähnlich. Doch wie wir anhand jüngster Vergangenheit und „Twilight“ wissen, muss die Titelfigur einer Reihe gar keine Heldin sein und bei „Divergent“ und „The Hunger Games“ ist das so und das ist dann auch gut so, wenn das eine Welle auslöst. Ich weiß nicht wie es dir geht, aber ich hätte gerne mehr Frauenfiguren im Kino, die was anpacken. Heldinnen. Ich muss wirklich lang überlegen, damit mir überhaupt welche einfallen.

PD: Mir fallen kaum Heldinnen ein. Immer nur Helden die dann im Idealfall noch eine Frau an ihrer Seite zur Unterstützung haben. In den letzten Jahren eben bei „The Avengers“ Black Widow (Johansson) oder bei „The Dark Knight Rises“ Catwoman (Hathaway) oder Keira Knightley in der „Pirates“-Reihe. Der Wunsch vieler Comicfans nach einem „Wonder Woman“-Film ist da die Ausnahme und hat wohl auch mit ihrem Kostüm zu tun. Eigenständige Heldinnen gab es in den letzten Jahren, wenn überhaupt, eher im Fernsehen. „Buffy“ oder starke Frauencharaktere in „Firefly“ oder in „Dollhouse“. Hm, alles von Joss Whedon.

YP: Angelina Jolie hat „Salt“ gemacht. Und die Lara Croft-Filme.

PD: „Tomb Raider“ soll angeblich neu verfilmt werden. „Salt“ wurde ursprünglich für Tom Cruise geschrieben und dann auf Jolie umgeschrieben. Solch ein Vorgang zeigt ja auch, wie schnell das zu ändern wäre. Und wie oberflächlich die meisten Helden ausgearbeitet sind. Jetzt fallen mir doch noch zwei Filme mit einer Heldin ein: „Kill Bill Vol. 1 & 2“ und „Haywire“. Letzteren hat leider nur kaum jemand gesehen.

YP: Apropos „Dollhouse“. Schaue dir mal das Video von Anita Sarkeesian (Feminist Frequency) auf YouTube an. Ich kenne die Serie nicht, aber dieses Video hat mir einen Sichtungswunsch im Vorhinein vereitelt.

PD: Das vermutlich größte Verdienst der „Hunger Games“-Reihe: Ein weltweit erfolgreicher Blockbuster, der eine starke Frauenfigur ins Zentrum stellt.

YP: Nehmen wir „Catching Fire“. Beim ersten TV-Auftritt der beiden, wo sie auf dem Eis stolpern und sich dann küssen. Katniss liegt dabei oben und nicht wie sonst üblich unten. Das ist vielleicht nur eine Kleinigkeit, doch wie viele Hollywood-Filme haben wir schon gesehen, wo es umgekehrt war.

PD: Der klassische Filmkuss hat die Frau unten, stimmt schon, aber in dieser Situation musste die Initiative auch von Katniss ausgehen und da ist es wohl logischer, sie oben zu haben. Viel Spaß hatte ich, wie üblich, mit Woody Harrelson. Leider war er weniger zu sehen denn im ersten Film.

YP: Es geht immer um die Initiative, Aktivität und Passivität. Das ist jetzt ein schöner Vergleich wieder mit „Twilight“, der sich ergibt. Da hatte man das Gefühl, Bella ist ein Ball, den sich Edward und Jake immer wieder zuspielen. Bei „Catching Fire“ ist das nicht so. Auch wenn mir diese Romantisierung der Dreiecksbeziehung, die keine ist, überhaupt auf die Nerven geht.

PD: Fangen wir bitte nicht von „Twilight“ an, denn Bella ist die schwache Ausgabe von Sookie aus „True Blood“. Beide stehen zwischen zwei Männern aber während Sookie ihr Schicksal in die Hand nimmt, ist Bella schlicht da und wartet welcher der Männer sie besser umgarnt.

YP: Ich finde nicht, dass Sookie Stackhouse aus „True Blood“ ihr Schicksal in die Hand nimmt. Siehst du, es ist schier unmöglich NUR über „Catching Fire“ zu reden ohne auszuholen. Das finde ich auch interessant.

PD: Könnte man jetzt auch wieder als Symptom dafür sehen, dass in „Catching Fire“ einfach zu wenig drinnen steckt um beim Thema zu bleiben.

YP: Ich muss sagen, dass ich mich auf „Mockingjay“ freue, weil ich gespannt bin, wie sie das mit dem Aufstand angehen, ob und wie viel von dem Liebes-Dreieck reinkommt.

PD: Ich bin eher gespannt wie man den Marketing-Schmäh des zweigeteilten Finales intelligent rüberbringt. Schon „Harry Potter“ hatte das Problem einen riesigen Trailer für den Abschluss zu zeigen und im zweiten Film nur noch einen einzigen Showdown anzubieten. So empfand ich auch „Catching Fire“. Ein riesiger Trailer für das Finale. Wobei ich die erste Stunde – abgesehen von den furchtbaren ersten zehn Minuten im Wald – noch ganz gut fand.

YP: Eine unterhaltsame Verlängerung des ersten Films. Deswegen nicht schlechter. Ich hatte meinen Spaß.

PD: Der Spaß verging mir dann bei den Spielen, in der Arena. Eine reine Wiederholung. So ging es mir schon mit dem Buch.

YP: Interessant. Ich fand Anfang und Mitte zäh und bin dann in der Arena wieder aufgewacht. Nicht, dass ich jemals eingeschlafen dazwischen war.

PD: Die Gespräche zwischen Katniss und Gale fand ich zäh, was vor allem an Liam Hemsworth liegen könnte. Ein so uninteressanter Schönling. Die Tour durch die Distrikte, die Gespräche mit Snow, all das fand ich sehr interessant.

YP: Diesmal war es anders. Es waren mehr Figuren, mehr Sympathieträger. Beim ersten Teil nehmen sie sich ja gar keine Zeit, um auf irgendwen einzugehen. Das hat mich sehr gestört. Da ist es dann nur noch ein Abschlachten.

PD: Der erste Teil nahm sich doch seine Zeit in der Vorbereitung, in den Gesprächen mit Haymitch. Die Spiele in der Arena haben dann natürlich länger gedauert. Da fällt mir gerade ein. Muss denn die Jesus-Erlöser-Pose mittlerweile bei jedem Blockbuster drinnen sein?

YP: Ich finde sowohl Gale als auch Peeta schlecht besetzt, wobei ich mit Gale eher leben kann – nicht weil er womöglich einem verbreiteten männlichen Schönheitsideal entspricht, sondern weil er nicht so viel screen time hat.

PD: Erinnert an die „The Onion“-Review. Bis auf Jennifer Lawrence sind die jüngeren Darsteller allesamt relativ blass geblieben. Die Routiniers können mit geringen Mitteln glänzen, siehe Tucci, Sutherland. Selbst Elizabeth Banks.

YP: Die Darstellerin, die Prim spielt (Anm.: Willow Shields) verleiht der Figur diesmal mehr Konturen. Das gefiel mir gut. Bleibt in Erinnerung.

PD: Bei Prim hoffe ich auf „Mockingjay“. Bislang hatte sie noch recht wenig zu tun, aber sie blieb in Erinnerung.

YP: Wie gesagt, ich war vom Film unterhalten, auch wenn das natürlich eine Reprise des ersten Teils war. Das hat mich nicht gestört.

PD: Ich finde ja immer noch, so toll Jennifer Lawrence die Rolle interpretiert, es hätte auch jede andere Jungschauspielerin spielen können. Etwa Shaileene Woodley oder Hailee Steinfeld.

YP: Fällt dir außer Prim noch wer ein, der in „Catching Fire“ mehr zum Zug kam?

PD: Ich hatte eher das Gefühl, es wurde noch mehr auf Katniss fokussiert. Gale und Peeta und Haymitch etc. wurden eher in den Hintergrund gedrängt.

YP: Irgendwie war das auch so eine Katniss vs. Snow-Show.

PD: Wobei ich mich sehr darüber freute, ein wenig mehr von Snow zu sehen zu bekommen. Donald Sutherland spielt das einfach sehr souverän.

YP: Ich denke, dass sich die spannenderen Gespräche erst bei „Mockingjay“ ergeben werden, da kommt dann mehr vom Aufstand bzw. Krieg durch. Wie fandest du „Catching Fire“ diesbezüglich? Bereitet er den Zuseher auf den Aufstand gut vor? Vielleicht nicht ausreichend genug, aber der Liebesgeschichte wird jetzt auch nicht so viel Raum gegegeben (was mir als gute Entscheidung schien).

PD: Wie schon weiter oben erwähnt, hatte ich das Gefühl einen einzigen riesigen Trailer zu sehen. Teil 2 ist in der ersten Hälfte eine Vorbereitung auf die kommenden Ereignisse, mit der Tour durch die Distrikte und den verstärkten Sicherheitsmaßnahmen und den Aufständen. Da wird schon ordentlich daran gearbeitet, zu zeigen, dass man doch bitte dran bleiben möge. Gerade deshalb fand ich den Teil in der Arena so enttäuschend. Man kennt das alles schon aus Teil 1 aber das ist auch schon eine Schwäche des Buches.

YP: „Catchinig Fire“ ist wie eine tolle Party, auf der man anwesend gewesen sein muss. Aber wenns vorbei ist, ists vorbei.

PD: Ein besseres Bild kann man gar nicht erstellen.

YP: Vielleicht auch eine Party, auf der man zuviel erwischt hat.

PD: … und dann trinkt man einen dieser tollen Drinks von denen man sich übergeben muss, damit man auch die nächsten Teile runterbringt.

YP: Und sich nicht an allzu viel erinnern kann, weil alles so rauschhaft war. So ähnlich wie bei „Spring Breakers“, der ein einziger großer Rausch war.

PD: „Spring Breakers“ war ein einziger Trip von dem man noch lange zehrt. „Catching Fire“ ist ein Besäufnis mit viel zu viel Alkohol. Den Kater spürt man noch länger und schwört sich, nie wieder so zu übertreiben.

YP: Genau, so ein Jugendbesäufnis. Großartig, das ist ein nahloser Übergang von einem Jugendbuch zu Drogen. Wir holen ja richtig weit aus.

PD: Vielleicht unterschätzen wir ja Suzanne Collins. Genau so war es eventuell gedacht.

YP: Bestimmt tief drinnen die heftigste US-Kritikerin. Amerikas Politik führt sie womöglich einmal in Richtung Panem und Selbstzerstörung.

PD: … und aus der Zerstörung entsteht die neue Ordnung. Damit wären wir, glaube ich, endgültig bei Ayn Rand angekommen.

Captain Phillips

22 Freitag Nov 2013

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

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Captain Phillips, Paul Greengrass, Tom Hanks

Diese Woche unterhalten wir uns über Paul Greengrass neuen Film „Captain Phillips“ mit Tom Hanks in der Hauptrolle. Dass das seit Langem wieder eine Herausforderung für den A-List-Schauspieler darstellt und auch darüber, warum Greengrass für den „Captain Phillips“-Regie-Stuhl Ron Howard vorzuziehen war, wollen wir folgend debattieren.

PD: Tom Hanks hat seit Jahren endlich wieder mal geschauspielert. Kaum zu glauben.

YP: Genau das wollte ich gerade auch schreiben. Eine der besten Leistungen der letzten Jahre. Bzw. wann war seine letzte und richtig gute schauspielerische Leistung?

PD: Soeben fällt mir ein, dass er in „Cloud Atlas“ mehrere Rollen spielte und darin ganz gut war aber der ganze Film war ein ambitioniertes, aber nicht völlig überzeugendes Unterfangen. Ganz im Gegensatz zu „Captain Phillips“. In „Charlie Wilson’s War“ wurde er von Philip Seymour Hoffman überstrahlt obwohl Hanks darin auch ganz gut war.

YP: Das waren Peanuts für Hanks. Ich schaue gerade auf imdb.com und der letzte Kinofilm, den ich mit Tom Hanks gesehen habe, ist „Charlie Wilson’s War“. Ich habe weder “Larry Crowne” noch “Cloud Atlas” noch “Extremely Loud and Incredibly Close” gesehen.

PD: „Cloud Atlas“ hat einen ganz guten Eindruck hinterlassen, aber irgendwie ist das kein „Tom-Hanks-Film“. Die anderen beiden habe ich boykottiert.

YP: Und ich habe alle 3 Filme erfolgreich boykottiert. In „Captain Phillips“ liefert er wieder einmal eine großartige Leistung ab, die ihm körperlich genauso viel abverlangt wie ihm seine Rollen in „Philadelphia“ oder „Forrest Gump“ abverlangt haben.

PD: …oder in „Saving Private Ryan“. „Cloud Atlas“ ist ein spannender Film mit vielen interessanten Ideen und gut geschauspielert, aber der ist eben…ambitioniert und deshalb nicht sofort „gut“. In „Captain Phillips“ war ich vor allem von seiner eher schroffen, nüchternen Leistung in den ersten Minuten angetan. Er ist geradezu verbiestert, wenn es um den Umgang mit der Crew geht, mit den Abläufen an Bord des Schiffes. Erst wenn die Piraten das Schiff entern, beginnt Hanks bzw. der Charakter aus seiner Haut heraus zu treten. Plötzlich ist er der Beschützer der Crew, der mit den Piraten versucht auf einer nüchternen Ebene zu verhandeln und sie so schnell wie möglich von Bord zu schaffen.

YP: Genau. Besonders beeindruckt hat mich diese Zurückhaltung, die er beim Spielen an den Tag gelegt hat. Man könnte sagen, auch eine Art Disziplin. Die er über Längen aufrecht erhalten kann und in den letzten fünf Minuten des Films bricht er darunter zusammen. Ich fand die letzten fünf Minuten fantastisch. Genau so stelle ich mir jemanden in so einer Situation vor: wortlos, zitternd, erschöpft. Ohne die Situation zu herzugeben.

PD: Gut, versuchen wir es ohne Spoiler.

YP: Man muss auch dazusagen, dass es eine sehr herausfordernde Rolle war, die er da angenommen hat.

PD: Für mich sind gerade die letzten Minuten problematisch. Nicht wegen der Darstellung, die ich ebenso einprägsam fand und mir nahe ging, aber ich fand, nachdem der Film einen Doku-Stil an den Tag legte, es beinahe überzogen melodramatisch.

Es schien, als würde man Hanks noch eine „Oscar-Szene“ in den Schoß legen und Hanks nutzte diese Gelegenheit. Von der nüchternen, disziplinierten Haltung in den ersten Minuten über die Verhandlungssituation bis zum Zusammenbruch am Ende (puh, ohne Spoiler ist das schwer) musste Hanks seine Grenzen ausloten. Hier muss aber auch gesagt werden, dass Hanks‘ Darstellung ohne seinen Widerpart Barkhad Abdi nicht so gut funktioniert hätte. Greengrass hätte für den Piraten Muse auch irgendeinen Schauspieler nehmen können, der einen anonymen Piraten darstellt, aber in Abdi hat er einen Schauspielneuling gefunden, der dieses Figur ebenso viel Charakter und Hintergrundgeschichte gab, wie Hanks seinem Richard Phillips.

YP: Mir hat die letzte Szene eben deshalb so gut gefallen, weil ich keinen melodramatischen Hollywood-Kitsch darin wiederfand. Das war auch eine nüchterne Szene für mich. Ganz gut war die Tatsache, dass auf eine dramatisch Vereinigung mit der Familie verzichtet wurde. Rich Phillips erkundigt sich nach seiner Familie und die Ärztin informiert ihn. Die ärztliche Untersuchung ist eine Trockenübung, die auf das Melodrama gänzlich verzichtet.

PD: Ja, da muss ich zustimmen. Das erste Gefühl im Film war aber eines, des Melodrama, aber da hast du natürlich recht. Eine Familienzusammenführung – mit eilig heran laufender Ehefrau – wäre pures Melodrama gewesen.

YP: Und bis auf Tom Hanks – dem größten Star schlechthin – gibt’s kaum bekannte Gesichter oder A-List-Stars im Film. Catherine Keener spielt die Ehefrau und das war es auch schon.

PD: Möglicherweise hätte es ja noch mehrere Szenen mit Keener gegeben, aber die hat er vielleicht geschnitten. Hanks mag ja ein Star sein, aber seine Darstellung funktioniert ja auch, da er wieder seine Stärken ausspielen darf. Der Durchschnittsmann in einer außergewöhnlichen Situation. Überrascht war ich von dem Bild, welches Greengrass zu Beginn des Films aufwarf. Zunächst sieht man Phillips mit seiner Frau im Auto auf dem Weg zum Flughafen und sie diskutieren, die Situation am Arbeitsmarkt. Wie schwer es mittlerweile für die jungen Menschen geworden ist, einen Job zu finden, da sich um jede Stelle 50 Bewerber streiten und dann schneidet Greengrass an die somalische Küste und man sieht, wie sich im Dorf, die Männer um die Plätze im Boot streiten um mit auf die „Jagd“ zu gehen. Hervorragend. Ich war überhaupt angetan von der ersten „Hälfte“. Piraterie als Geduldsspiel. Das waren sehr spannende Momente. Danach fiel es ein wenig ins „übliche“ Geschehen ab. Dafür kann Greengrass wenig, schließlich hat sich das alles so zugetragen, wie er es erzählt.

YP: Abdi war ein Glücksgriff, vor allem, weil er physiognomisch eine beeindruckende Gestalt macht: ausgezerrt, groß, schlaksig und eine Hoffnungslosigkeit stand ihm ins Gesicht geschrieben. Ihm gegenüber steht Tom Hanks: wohlgenährt, zufrieden, selbstbewusst. Durchwegs spannend war das. Fast ein bisschen unerträglich spannend. Und was mir besonders gefallen hat, war die Kurzweiligkeit aufgrund der Spannung. Und das obwohl der Film über 130 Minuten gedauert hat. Diese Stehsätze beinhalten auch etwas sehr Realistisches. Rich und Muse haben sich keine Wortgefechte geliefert, jeder hat versucht, seinen Job zu machen, das war alles strengstens „business“. Salopp gesagt: was willst du da groß reden? Verhandelt wurde dann auch nur von den Navy Seals und das würde ich auch nicht groß als Verhandeln sehen. Eher ein überrumpeln. Der Auftritt der Navy Seals hinterließ ein bisschen einen Beigeschmack. Sehr triumphierend sind die da ins Geschehen hinein gestampft.

PD: Die Kameraschwenks über die verschiedenen Schiffe der Navy hatten einen „zelebrierenden“ Beigeschmack. Das Publikum – ohnehin in der Ecke von Captain Phillips – soll ein Gefühl des nahen Triumphes bekommen. Ein Ende des Martyriums. Und bei mir hat es ja funktioniert. Schließlich hätte ich auch am liebsten dem einen oder anderen der Piraten gerne eine runtergehauen.

Dennoch fand ich die erste Hälfte des Filmes spannender, intensiver. Grandioses Spannungskino. Diese Unterschiede sind schön zu sehen. Hanks hat ja tatsächlich noch einen Wohlstandsbauch. Ein anderer Darsteller wäre vielleicht trainiert ans Set gekommen, aber Hanks ist eben dieser Durchschnittsmann mit dem Bierbauch, dem grauen Bart und den dünner werdenden Haaren. Mich störten mehr die Dialoge, die den Charakteren in den Mund gelegt wurden. Oft genug wurden da Stehsätze einander zugesprochen, die einfach in den Ohren schmerzten. Nehmen wir einfach nur einen Dialog aus dem Trailer: „Es muss doch mehr geben als Schiffe und Menschen entführen.“- „Vielleicht in Amerika. Vielleicht in Amerika.“ Hier sehe ich schon die künstlerische Freiheit, dass man sich ein klein wenig von der Realität entfernt. Da darf dann von mir aus auch gerne Stille in diesem Moment herrschen oder einfach etwas nicht ganz so Klischeehaftes.

YP: Im Film meinte Rich Phillips zu Muse doch eher: Jeder habe eine Wahl und dann antwortete Muse drauf: In Amerika vielleicht. Das war doch passend. Insbesondere weil Rich am Anfang des Films meinte, dass in Amerika die Wahlfreiheit prekär werde uns sein Sohn aufpassen müsse. Rich hat darauf auch nichts gekontert, was für mich so viel bedeutet, als stimme er Muse stillschweigend zu.

PD: Die Frage ist eher ob Rich Muse zustimmt oder er ihm nicht die Realität des immer knapper werdenden Arbeitsmarktes erklären wollte, was in der Situation ja auch zynisch und zugleich zu kompliziert gewesen wäre. Denn zu Beginn hört man ja von den dutzenden Bewerbern für eine Stelle und dass es nicht mehr genügt nur fleißig zu sein.

YP: Ich weiß nicht, was es mit den Navy Seals auf sich hatte. Die Fallschirmsprünge, das waren alles Schränke von Männern und dann der Ton auf dem Schiff, das war alles sehr beklemmend.

PD: Mich erinnerten diese Szenen an „Zero Dark Thirty“, auch wenn ich die Soldaten in Bigelows Film nicht ganz so muskulös im Gedächtnis habe. Schön fand ich den Zwiespalt der aufkam, als die Verhandlungen zu stocken begannen. Wie weit könnte das Militär gehen und wie weit konnten die Piraten die Situation noch ausreizen, ehe alles eskalieren würde.

YP: Das wirkte alles irgendwie grotesk. Das waren auch die Szenen, die mich auflachen ließen. Besonders bei den Fallschirmsprüngen. Schöne Bilder waren das, doch hätte uns das imponieren sollen?

PD: Die Fallschirmsprünge wurden doch gegengeschnitten mit den Vorgängen bei den Piraten.

YP: Das war wieder unerträglich spannend: Da wollte der Regisseur beim Publikum auch was ausreizen. Wie lang kann ich das noch machen, ehe die Glaubwürdigkeit darunter leidet? Es ist ihm geglückt. Ich kann mich an keine Einbußen in puncto Spannung erinnern und zum Schluss hin wird es noch einmal hochgetrieben.

PD: Darin ist Greengrass ja ein Meister. Der quasi-dokumentarische Stil, den er schon in „Bloody Sunday“ zeigte, verbunden mit typischen Thriller-Elementen und dabei bleibt er immer in einer politisch „neutralen“ Ecke. Schließlich verurteilte er die Piraten nicht, er zeigte sie als Menschen, die keine andere Möglichkeit haben. Muses Kommentar zu den Hilfsgütern, die auf dem Frachtschiff waren, fand ich sehr gelungen.“Reiche Länder helfen gerne Afrika…“ …und dann Ende.

YP: Das war durchwegs neutraler Boden, den wir da betreten haben. Allerdings hätte ich mir zu Beginn mehr Einstellungen mit den Somaliern gewünscht. Eine noch längere Vorstellungssequenz und eine Identifikationsfigur ist in manchen Filmen notwendig und in „Captain Phillips“ ist das Rich Phillips.

PD: Die Identifikationsfigur ist eindeutig Captain Phillips. Dafür fand ich die Darstellung von Muse im Vergleich zu Phillips überraschend ausgewogen.

YP: Weil du es weiter oben bereits angeschnitten hast: Verherrlichung der Supermacht USA fand sich im Film nicht wirklich wieder. Mir gefiel die Einführung der Navy Seals nicht, aber schlussendlich haben sie nur ihren Job gemacht und das Militär ist nun mal kein Kinderspielplatz. Das ist ein Ort, wo Gehorsam über allem thront.

PD: Ganz genau. Sieht man vor allem wenn es um die Befehlsgewalt geht. Der Kommandant des ersten Schiffes hat nichts erreicht, also übernimmt nun ein anderer das Kommando. Punkt.

YP: Wir haben schon so viele verherrlichende USA-Filme gesehen, dass es einem als komisch erscheint, wenn ein Film beide Perspektiven liefert, oder nur eine. Erinnere dich mal an Clint Eastwoods „Flags from our Fathers/Letters From Iwo Jima“. Das war neu.

PD: Bereits zu Beginn von „Flags from our Fathers“ wird ein Soldat, der vom Schiff fällt, zurück gelassen. Die Helden von Iwo Jima versinken in der Propaganda. Es gibt für die Soldaten kein Happy End. Ihr einziger Glücksmoment ist das Hissen der Flagge. Danach: Alkoholismus, Anonymität, Ziellosigkeit.

YP: Um noch einmal auf Rich und seinen Widersacher Muse zu sprechen zu kommen: In einem Interview mit Greengrass, Hanks und Abdi meinte Greengrass, Hanks und Abdi haben sich erstmals am Set getroffen.

PD: Abdi hatte zuvor ja gar keine Schauspielerfahrung.

YP: Hast du gewusst, dass Ron Howard für „Captain Phillips“ im Gespräch war und Greengrass für „Rush“. Da bin ich froh, dass es anders gekommen ist.

PD: Das ist mal ein lustiges Gedankenexperiment. Nix gegen Ron Howard, aber man hat ja schon oft genug gesehen, dass er ein kompetenter Filmemacher und Rekonstrukteur ist aber da wäre sein „Captain Phillips“ wohl sehr zach geworden. Greengrass würde ich „Rush“ aber ohne Probleme zutrauen. Auch wenn Peter Morgan in der Vergangenheit mit Ron Howard gut zusammen gearbeitet hat – siehe „Frost/Nixon“.

YP: So wie du würde ich Greengrass Vieles zutrauen, Howard nicht. Wobei ich mit dem Endergebnis von „Rush“ sehr zufrieden bin.

PD: Ja, „Rush“ hat seine Fehler aber ist äußerst gelungen. Mal schauen wie nächste Woche „Catching Fire“ wird. Ein Film wo es beinahe egal ist, wer Regie führt.

YP: „Rush“ ist Unterhaltungskino. „Catching Fire“ ist bahnbrechend. Und wo es nicht egal ist, wer die Hauptrolle spielt.

PD: Ein Thema für nächste Woche. Denn da habe ich ja auch andere Ansichten.

Don Jon

16 Samstag Nov 2013

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

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Brie Larson, don jon, Julianne Moore, Scarlett Johansson, Tony Danza

Dies ist der Startschuss zu unserem Blogformat „Film im Dialog“. Meistens folgt an dieser Stelle ein Gespräch über aktuelle und nicht so aktuelle Kinofilme. Unterschiedliche Meinungen, Überschneidungen, Abschweifungen und der Versuch eines Dialogs über einen Film.

Unser erstes Studienobjekt ist Joseph Gordon-Levitts Regiedebut „Don Jon“, zu welchem er das Drehbuch verfasste und auch die Titelrolle des nach Internet-Pornografie süchtigen Frauenhelden Don Martello spielt. Als Frau seiner Träume agiert Scarlett Johansson. In weiteren Rollen zu sehen sind die immer wunderbare Julianne Moore sowie Brie Larson als Dons beinahe stumme, Handysüchtige Schwester und Tony Danza als sein Vater.

YP: Wie hat dir Don Jon auf einer Skala von 1 bis 5 gefallen?

PD: Da würde ich wohl eine gut gemeinte 3 geben. „Gut gemeint“ ist glaube ich auch ein passender Begriff für den ganzen Film.

YP: 3 von 5 Punkten halte ich für durchaus gerecht. Vielleicht sogar 3,5 von 5, in Anbetracht der Tatsache, dass es sich um ein Regie-Debüt handelt.

PD: Aber macht man Regie-Debütanten einen Gefallen damit, ihre Erstwerke „sanfter“ zu benoten, „nur“ weil es Erstlingswerke sind? Schließlich sieht man ja, dass Levitt zu inszenieren versteht. Die Rituale im Leben von Don, der Gang ins Fitnessstudio, die Familienessen, der Gang in die Kirche zur Predigt, der Sex und natürlich der Konsum von Internet-Pornos, spiegeln sich schön in der Inszenierung wieder, die mit den immer selben Signalbildern aufwartet. Da spiegelt sich schon Talent wieder.

YP: Nehmen wir doch „Garden State“ von Zach Braff her, der bei mir auch nicht mehr als 3,5 von 5 Punkten bekommt. Das ist ja ein ganz nett gemachter, süßer Film. Im Vergleich dazu fand ich „Don Jon“ nicht schlechter.

PD: „Garden State“ – interessant, schließlich spielen beide in New Jersey – hat bei mir auch eine 3,5 und zwar, weil ich sowohl das Drehbuch als auch die Inszenierung für eine Spur gewitzter und „gereifter“ halte. Levitt verlässt sich zu sehr auf seinen Eröffnungsschmäh, mit der Pornoclip-Sucht. „Garden State“ vertraut auch sehr auf Klischees, hat dabei aber viele eigenständige Charaktere zu bieten, die abseits von einfachen Schmähs funktionieren. Die Charaktere bei „Don Jon“ sind mir hingegen viel zu sehr reine, wandelnde Klischees. Das Drehbuch ist voller Klischees, im Grunde eine äußerst simple „Vom Saulus zum Paulus“-Geschichte.

YP: Dem muss ich widersprechen. Ich habe zwar „Garden State“ länger nicht gesehen, aber der steckt doch auch voller Plattitüden die Charaktere betreffend. Alleine der Charakter von Natalie Portman, da kriege ich eine Gänsehaut. Das ist doch kein guter Frauencharakter, der da porträtiert wurde. Ich halte die „Don Jon“-Charaktere ebenso für stereotypisch, aber ich störe mich weniger daran, weil dadurch die Komik-Ebene mehr bedient wird.

PD: Plattitüden. Ja, sicher aber in „Don Jon“ werden ganze Charaktere verschenkt. Jons Schwester ist ein einziger billger Witz. Sie hängt am Handy und hat dann am Ende die einzig wahre Aussage. „Garden State“ ist sentimentaler während bei „Don Jon“ die Wuchtel ein wenig wichtiger ist.

YP: Die Schwester fand ich großartig! Das sind Teenager heutzutage, so siehts bei uns am Sonnstagstisch auch aus, mein Bruder lässt das Handy nicht aus der Hand. Vielleicht hat er Angst ihm würde es jemand stehlen …

PD: Ich verleugne ja gar nicht, dass es am Sonntagstisch zum Teil so aussieht aber der Charakter hat außer dieser Handysucht keinerlei Persönlichkeit.

YP: Und nehmen mir mal Barbara her, gespielt von der atemberaubenden Scarlett. Die ersten 5 Minuten wirkt sie wie eine Filmdiva, wie wir es vom Hitchcock inszeniert kennen. Und dann das Schmatzen mit dem Kaugummi, die vulgäre Art, sie entpuppt sich als absolute Tussi. Das hat mir so gut gefallen. Weil du richtig verarscht wirst vom Regisseur.

PD: Guter Punkt. Levitt hat generell gut gecastet aber zugleich sich schlicht auf das Image der Darstellerinnen verlassen. Johansson und Moore spielen kaum, sondern tragen das bekannte Image (Sexbombe dort, ein bisserl exzentrische Alternativ-Tante da) vor sich her. In diesem Punkt war ich von Levitts darstellerischer Leistung überzeugter. Er hat sich selbst mehr Möglichkeiten gegeben um zu schauspielern.

YP: Eben nicht, Sexbombe nur am Anfang und dann wird sie richtig unsympathisch, worunter auch das Image der Sexbombe leidet.

PD: Ich fand gar nicht dass sie wie eine Filmdiva wirkt, sondern wie eine Disco-Prinzessin. Durch die Augen von Jon war eindeutig zu sehen, dass er sie vergöttert aber bereits in den ersten Minuten war dieser omnipräsente Kaugummi. Das Image der Sexbombe leidet da Levitt auch Johanssons verzerrte Weltsicht darstellt. Eine Sicht in der ein Mann nicht zu putzen hat und Rom-Coms die wahre Welt spiegeln. Das wird geschickt gegeneinander ausgespielt. Seine verzerrte Sicht auf Sex durch die Porno-Clips vs. ihre verzerrte Weltsicht durch die Rom-Coms (schöne Cameos von Tatum und Hathaway übrigens).

YP: Genau, durch die Augen von Jon ist sie unglaublich schön und da schwingt viel Anbetung mit. Dann erlaubt die Kamera es uns ein eigenes Bild zu machen und es lichtet sich in die White Trash Bitch.

PD: Da sind wir dann beim Wechsel des erzählerischen Tonfalls, von der reinen Komödie hin zur Dramedy. Den kriegt Levitt inszenatorisch ganz gut hin aber das Drehbuch ist zum Teil schwach.

YP: Ich gebe dir schon Recht, dass man mehr aus den Charakteren hätte rausholen können. Ich bin auch überzeugt, hätte er weniger bekannte Darstellerinnen genommen, insbesondere Moore und Johansson, hätte das noch besser funktioniert, weil dann die Schauspieler nicht so in den Vordergrund treten. Wie gesagt, ich konnte mit den Stereotypen gut leben, da es durchwegs eine Comedy mit kleinen Drama-Elementen ist.

PD: Da sind wir dann beim ökonomischen Faktor. Du produzierst dein Regie-Debüt und kennst schon halb Hollywood. Natürlich möchtest du dein Geld wieder herein spielen und eventuell sogar einen feinen Gewinn machen.

YP: Absolut verständlich. Ich hätte es nicht anders gemacht.

PD: Die Drama-Elemente, die dann am Ende überwiegen, waren mir aber ein wenig zu plump aufgetragen. Das „ineinander aufgehen“ beim Liebesakt mit Esther hat sich bereits so weit im Voraus angekündigt. Zudem, da sind wir wieder bei der Ausarbeitung der Charaktere, war Esther auch ein reiner Stichwortgeber, wenn es um die eigene Hintergrundgeschichte ging. Sie war nur ein Katalysator für Jons Wandlung und Erkenntnis. Der Film hätte einfach unglaublich davon profitiert, wenn Levitt sich irgendeinen Rat beim Drehbuch geholt hätte. So wirkt es, als habe er das Drehbuch in den PC geklopft und einfach mal verfilmt. Eine Überarbeitung durch einen Profi hätte dem ganzen Projekt gut getan. „Don Jon“ ist ja kein schlechter Film, bei Gott nicht aber einfach einer der so viel mehr in sich trägt. Mir gefiel etwa auch die Darstellung der italo-amerikanischen Community. Dabei musste ich ein wenig an „Jersey Shore“ denken.

PD: Wie gefiel dir Tony Danza?

YP: Gut. Ich war erfreut, ihn mal wieder zu sehen in einem Film. Ehrlich gesagt, kann ich mich nicht erinnern, wann ich ihn das letzte Mal gesehen habe in einem Film. Als Kind habe ich so gerne die Serie „Wer ist hier der Boss?“ geschaut.

PD: Genau wie bei mir. Ich bin mir sicher, er hat schon x-Projekte seitdem gehabt und womöglich ist er mir irgendwo mal über den Weg gelaufen aber so prominent wurde er auch schon lange nicht mehr eingesetzt. Das war schön zu sehen.

YP: Eigentlich hat Levitt seine Sache gut gemacht. Ich würde nicht sagen, dass wir bei Debüt-Filmen zu milde mit den Neomachern ins Gericht gehen. Bei mir ist es eher so, dass ich es mit Filmen alteingesessener Regisseure vergleiche und mir denke, geh bitte!!! Denken wir nur an Komödien-Regisseure wie Judd Apatow.

PD: Ein großer Produzent aber ein schwacher Regisseur. Es ist ja schon länger her, dass ich einen „Directed by Judd Apatow“-Film gesehen habe aber er hat eine Tendenz seine Ideen einfach zu sehr auszureizen. Davor ist er als Produzent/Autor auch nicht gefeit aber Filme wie „Pineapple Express“ oder „Anchorman“ wissen sich ein wenig einzubremsen.

YP: Für mich zeigt Levitt extrem viel Potential und ich denke, dass das eine der besseren Komödien ist, die ich dieses Jahr gesehen habe.

PD: In diesem Jahr habe ich nur wenige gute Komödien gesehen. „The World’s End“ hat mir gut gefallen. „Last Vegas“ sehe ich mir eventuell an aber auch nur weil ich Kevin Kline schon lange nicht mehr auf der großen Leinwand sah. „Don Jon“ ist ja ein erfrischender Film, der so schön unverkrampft mit einem krampfigen Thema umgeht aber mir widerstrebt, eine so verbesserungswürdige Arbeit höher zu loben als sie es eben verdient hat. Levitt beweist mit „Don Jon“ auch, dass er absolut ein Leading Man ist.

YP: Ja, ich werde ihn mir auch bestimmt ansehen. Aber du sagst es, wo sind all die Komödien heuer hingekommen? Gab es welche? Ich müsste mich jetzt prompt für „This Is The End“ und „Don Jon“ als beste heuer aussprechen. Da siehst du wie wenige gute Komödien herausgekommen sind.

PD: Beziehungsweise wie viele Komödien im Grunde Dramen/Melodramen sind. Ich trau mich zum Beispiel gar nicht sagen ob „Filth“ (auf den ich schon gespannt bin) eine Komödie ist. Sieht mir eher nach einer bitterbösen Krimi-Satire aus.

YP: Ist „Spring Breakers“ eigentlich eine Komödie?

PD: Gute Frage. Wo ziehen wir die Grenze? „Spring Breakers“, „The Bling Ring“ sind für mich Satiren und würde ich nicht auf eine Stufe mit Filmen wie „Don Jon“ stellen. Da sind wir wieder bei der leidigen Frage, wo Genre-Grenzen verlaufen.

YP: Ich muss auch dazusagen, dass ich mit Komik in Filmen nicht so schnell was anfangen kann. Serienkomik und Comedy funktioniert allemal, aber in Filmen tue ich mir schwer damit. Steve Carrell ist einfach nur großartig in „The Office“. Denke ich an seine Filme (heuer „The Incredible Burt Wonderstone“) frage ich mich, warum er solche Filme macht. Ich habe auch bei „The Avengers“ mehr gelacht als bei irgendeiner Komödie … Von mir aus auch „Star Trek Into Darkness“. Ich war köstlich amüsiert.

PD: Deshalb wirkt ja „Don Jon“ so wunderbar erfrischend. Man lacht über gelungene Gags, dass dahinter etliche „Fehler“ lauern, bemerkt man zunächst gar nicht und freut sich zunächst mal über den Unterhaltungswert. „Star Trek Into Darkness“ (laut ein paar verwirrten Trekkies der schlechteste Star Trek aller Zeiten…noch nie Teil 5 gesehen?) hat trotz seiner düsteren Atmosphäre wieder die typischen Star Trek-Schmähs und baut auch auf dem Vorwissen seines Publikums auf. Post-Moderner-Humor in Post-Modernen-Blockbustern.

YP: Damit kann ich gut leben, das ist Erlebniskino! Jetzt fällt mir ein toller Film ein, den ich heuer gesehen habe und den ich so toll finde: „Moonrise Kingdom“. Den könnte ich mir in regelmäßigen Abständen anschauen, ich kriege mich oft nicht ein vor Lachen und gut ist er auch noch!

PD: Wes Anderson vs. Joseph Gordon-Levitt. Anderson baut sehr auf dem Setdesign, den Kostümen und den Kamerafahrten auf. Zudem baut er unglaublich stimmungsvolle Musik in seine Filme ein. Levitt hatte auch eine glückliche Hand bei der Musikwahl aber sein Humor zielt dann doch mehr auf die Oberfläche ab. Dagegen ist ja gar nix zu sagen aber der „Apple-Ton“-Schmäh ist eben einfach auf etwas anderes abzielend, denn Andersons.

YP: Allerdings plädiere ich dafür, dass die Grenze gezogen werden muss: Wenn Komödie draufsteht, dann will ich unterhalten werden! Und welche Art von Humor das ist, das ist mir egal! Meistens werde ich von Wes Anderson Filmen unterhalten, immer auch von Edgar Wright! Positivbeispiele für humorvolle Filme, müssen nicht einmal als Komödien ausgewiesen sein. Manchmal denke ich in Schubladen, zumindest was mache Filme betrifft.

PD: „Don Jon“ funktioniert ja eben beim Humor, doch der Wechsel ins dramatische Fach, wenn Jon seine Wandlung durchlebt, ist nicht ganz stimmig inszeniert.

YP: Wie du dich erinnern kannst, hat „The Cabin in the Woods“ überhaupt nicht bei mir funktioniert. Als Horrorfilm nicht, jetzt im Genredenken. Aber sehr gelungener humorvoller Film, den ich mir unbedingt nochmal anschauen werde.

PD:„The Cabin in the Woods“ etwa, hat für mich als Horror-Komödie gut funktioniert. So wie „Shaun of the Dead“. Beide Filme funktionieren als Parodien und zugleich als Genre-Beiträge.

YP: „Shaun of the Dead“ fand ich großartig!

PD: „Hot Fuzz“ ist sogar eine Spur besser. „Shaun of the Dead“ ist bei mir auf einer Stufe mit „The World’s End“.

YP: Ich würde sagen 1. „Scott Pilgrim vs. The World“, 2. „Hot Fuzz“ und 3. „Shaun of the Dead“

PD: Keine schlechte Werkliste für so einen jungen Filmemacher.

YP: Einer meiner liebsten Regisseure.

PD: Deshalb freue ich mich schon ohne Ende auf „Ant-Man“. Das ist wie gemacht für Wright.

YP: Seien wir gespannt!

PD: Auch auf nächste Woche.

 

Zitat

„Always make th…

15 Freitag Nov 2013

Posted by filmimdialog in Uncategorized

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alfred, alfred hitchcock, audience, cinema, hitchcock, quote

„Always make the audience suffer as much as possible.“

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