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Film Im Dialog

~ Dialoge über aktuelle und weniger aktuelle Kinofilme

Film Im Dialog

Monatsarchiv: August 2014

Belle

30 Samstag Aug 2014

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

≈ 4 Kommentare

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Amma Asante, Belle, Emily Watson, Gugu Mbatha-Raw, Jane Austen, Matthew Goode, Miranda Richardson, Misa Sagay, Tom Felton, Tom Wilkinson

Ein von einem Gemälde aus circa 1778 inspirierter Kostümfilm über Dido Elizabeth Belle, eine junge Frau, deren dunkle Hautfarbe nicht so recht in das gesellschaftliche Bild des britischen Hochadels des 18. Jahrhunderts passte. Auf äußerst anspechende und geschickte Weise begleitet die Regisseurin Amma Asante Dido auf ihrem Weg durch das Dickicht der Konventionen ihrer Hautfarbe, ihres Geschlechts und ihres Gesellschaftstandes.

YP: Soeben habe ich auf Letterboxd nachgelesen, was du zu „Belle“ geschrieben hast. Ich hätte eine negative Bewertung deinerseits als schlechten Ausgangspunkt für diesen Dialog gehalten. So gehe ich beruhigt in das Gespräch.

PD: Es gibt Kleinigkeiten die ich an „Belle“ auszusetzen habe, aber die sind für mich nur Hindernisse auf dem Weg zum Meisterwerk. Kleine inszenatorische Stolpersteine. Etwa dass die Balance zwischen leichtgewichtiger Kostümromanze und engagiertem Sozialdrama nicht immer gelingt.

YP: Ich war so eingenommen von „Belle“ wie schon lange nicht mehr im Kino. Natürlich, genauer und nüchterner betrachtet, gibt es ein paar Kleinigkeiten, die mir auch nicht gefallen haben. Aber im Großen und Ganzen war das ein schöner Film.

PD: Das ist eine ganz große und nicht zu unterschätzende Qualität, die Amma Asante hier einbringt. Ein oberflächlich sehr leicht zu konsumierender Film, der sich aber, sobald man im Geschehen gelandet ist, mit Sklaverei, Rassismus und Klassendünkel beschäftigt.

YP: Dazusagen muss ich auch, dass die Romanze vordergründig für mich ist. Die Aspekte der gesellschaftlichen Stellung von Belle, ihrer politischen Emanzipation, ihrer Stellung betrachte ich nebensächlich. Der Film entfaltet sich erst mit der Beschäftigung mit der Materie. Ständig gibt es ein Zwischen-den-Zeilen-Lesen.

PD: Mich hat von Beginn an vor allem der Alltagsrassismus im England des 18. Jahrhunderts fasziniert. Wenn der Navy Captain seine illegitime Tochter Dido mit ins Herrenhaus seines Onkels bringt und sie nicht nur der Obhut seiner hoch gestellten Verwandtschaft anvertraut, sondern sie im Verlauf der Handlung auch noch als legitime Tochter anerkennt, dann sind da innerhalb weniger Minuten bereits so viele Konflikte aufbereitet, die kaum in zwei Stunden tiefer gehend behandelt werden können.

Das gelingt Asante auch nicht ganz, aber wie Dido einerseits als Angehörige der höheren Gesellschaft und andererseits als niedrig stehende „Mulattin“ betrachtet wird, war faszinierend.

YP: Aber so augenscheinlich wird das nicht gezeigt. Dieser Alltagsrassismus kommt erst vor, wenn sie auf die Gesellschaft trifft. In der Familie wird sie dann schnell akzeptiert.

PD: Exakt. Diese Fallen, die von einem nicht offensichtlich durchschaubaren Klassensystem gestellt werden.

YP: Interessant wird es erst, wenn sie die Sklaverei mit der Ehe vergleicht. Und als Frau sei man ohnehin das Eigentum des Mannes. In diesem Satz, den ihre Cousine Elizabeth sagt und sie dann John rezitiert, ist so viel drinnen. So viel Bewusstsein, so viel Kritik.

PD: Das spricht auch die Rolle der Frau, als Handelsobjekt an. Dido ist durch das Erbe plötzlich eine „wertvolle“ Frau am Heiratsmarkt, so wie ihre Cousine, die durch das fehlende Vermögen plötzlich „wertlos“ erscheint.

In den Szenen, in denen um die beiden Frauen geworben wird, hat mir vor allem Tom Felton als kalt berechnender James gefallen. Im Grunde spielte er seine Draco-Rolle aus den „Harry Potter“-Filmen wieder.

YP: Er passte sehr gut in die Rolle, leider ist er ein wenig karikiert dargestellt worden. Der typische Böse. Wohingegen sein Bruder viel interessanter ist. Was mich ein wenig gestört hat an „Belle“, dass so Vieles ausgesprochen werden muss. Es wird alles sofort ausgesprochen, als bekäme es nur dadurch Existenzberechtigung. Die Begriffe „property“, „marriage“, „equals“. Vor allem als John sagt, seine Frau müsse ihm „gleichgestellt“ sein. Ach, das war doch eh offensichtlich. Wieso muss da noch der Stempel drauf.

PD: Diese sehr einseitige Darstellung der nur nach dem Geld gierenden Familie Ashford, war ein Schwachpunkt. Miranda Richardson als Mutter hat mir da aber noch weniger gefallen. All ihre Dialoge waren mir zu kalkuliert auf den Punkt hin gedreht, dass Dido schlussendlich sich auch ihr gegenüber selbst behauptet. Wobei ich hier anmerken möchte, dass mir Gugu Mbatha-Raw in der Titelrolle sehr gut gefiel.

Die fehlende Subtilität war auch im Sklaverei-Prozess vorhanden. Dort kann man es aber noch dadurch entschuldigen, dass vor Gericht die Dinge aussprechen muss.

Generell ein Problem hatte ich mit Johns Figur. Er war einfach zu gut, zu edel. Er war das exakte Gegenteil der Ashfords. Ohne Ecken und Kanten.

YP: Das stimmt, manchmal hatte das was von Einzeilern. Nichtsdestotrotz gelingt es in „Belle“ der Regisseurin sehr gut, mehrere Themen zu einem stimmigen und sehr schönen Film zu verbinden.

Deiner Beschreibung der Familie Ashford stimme ich 100-%ig zu. Allerdings repräsentiert diese Familie auch die gesamte Gesellschaft, demnach auch einige Facetten dieser sozialen Schicht.

Mir gefiel ja Lady Mansfield sehr gut, als Figur und von Emily Watson verkörpert. Ich hätte ihr mehr Rolle gewünscht. Das ist eine so starke Persönlichkeit, die auch sehr gut ihrem Mann, ergänzt.

PD: In manchen Aspekten erinnerte mich „Belle“ an „The Duchess“. Nur, wo „The Duchess“ trotz der starken Leistungen von Keira Knightley und Ralph Fiennes zu sehr im Kostümkitsch stecken bleibt, nimmt die Oberfläche des Kostümdramas bei „Belle“ weniger Raum ein. Die schönen Sets und Roben locken das Auge des Zusehers und die etwas zu dünn gestrickte Romanze zwischen Dido und John ist ein wenig der Mainstream-Aspekt von Asante.

Ansonsten war ich überrascht, wie gut hier diese ganzen Themen eingewoben wurden und man sich auch nach Ende des Films noch mit den aufgeworfenen Fragen beschäftigt.

Tom Wilkinson und Emily Watson haben gut gespielt, aber mir gefiel es, dass sie eher im Hintergrund blieben. Ein wenig mehr Zeit hätte ich mir für Matthew Goode und seinen Captain gewünscht.

YP: Da sind sehr stark die Vorlagen von „Jane Eyre“, „Wuthering Heights“ und am meisten „Pride and Prejudice“ wiederzuentdecken. Vor allem eben letzteren, weil es da die Überschneidungen mit der Cousine (Miss Murray), den sozialen Stand, Charaktereigenschaften einiger Figuren usw. gibt. Allerdings spielt „Belle“ in der Liga darüber. Aber es würde mich schon interessieren, wie ob es Zufall war, dass Jane Austen eine ihrer Romane „Mansfied Park“ betitelt hat.

Andererseits sollten wir auch anmerken, dass „Belle“ – wie „Girl with a Pearl Earring“ auf einem Gemälde beruht.

PD: Der Gedanke mit dem Namen „Mansfield“ kam mir auch.  Allerdings nahmen sich Amma Asante und ihre Autorin Misa Sagay auch viele Freiheiten, was die Geschichte rund um Dido angeht. Über das Leben der echten Dido Elizabeth Belle ist ja so gut wie nichts bekannt. Mir war auch das der Filmidee zu Grunde liegende Gemälde völlig unbekannt. Wie auch das „Zong Massaker“.

Die Anleihen an Jane Austen waren sehr offensichtlich und haben mir großteils gefallen. Allerdings hat Austen ihre Liebesgeschichten um einiges gewitzter gestaltet. Da war mir „Belle“ zu bemüht.

YP: Wieso bemüht, da muss ich nachfragen, vor allem, weil ich es sehr schön verknüpft finde.

PD: Bemüht vor allem was die Charakterzeichnung Johns angeht. Er ist ja vom ersten Moment an Dido interessiert und zeigt sich als geradezu makelloser Verfechter von Gleichberechtigung. Dadurch wird der Liebesgeschichte zwischen den beiden jegliche Brisanz genommen.

YP: Belles politisches Erwachen geht eben nicht Hand in Hand mit ihrem Interesse an John Davinier (Sam Reid). Ich wusste auch nichts vom Zong Massaker obwohl es offensichtlich ein wichtiges Ereignis im Zusammenhang mit in der Abschaffung des Sklavenhandels war. Da finde ich „Belle“ viel gesellschaftskritischer als “Pride and Prejudice“ aus 2005, die Austen-Verfilmung von Joe Wright.

PD: „Pride and Prejudice“ ist schon eine Weile her, aber den habe ich vor allem als sehr unterhaltsam, jedoch keineswegs kritisch in Erinnerung.

YP: Amma Asante hat ihre Sache sehr gut gemacht hat. Vor allem, weil der Film auch von der Referenz mit literarischen Vorlagen lebt.

PD: Da gebe ich auch keinerlei Widerspruch. Wenn man bedenkt, dass es sich hierbei erst um ihren zweiten Film handelt, überrascht die äußerst reife Art der Inszenierung. Die Schwächen sehe ich vor allem im Drehbuch.

YP: Wichtig ist für mich auch, dass diese genannten Schwächen auf keinen Fall das gesamte Filmerlebnis trüben.

PD: Getrübt wird „Belle“ dadurch nicht, aber man kann doch nicht ganz darüber hinwegsehen. Eine zweite Sichtung ist da womöglich nötig. Thematisch ist er auf jeden Fall wertvoll, aber so ganz schlägt sich das nicht im Film nieder.

Scarlett Johansson

22 Freitag Aug 2014

Posted by filmimdialog in Personalia

≈ 4 Kommentare

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Brian De Palma, Captain America The Winter Soldier, Christopher Nolan, Her, Luc Besson, Lucy, Scarlett Johansson, Under the Skin, Woody Allen

Innerhalb eines Jahres sind vier Filme mit ihr in den heimischen Kinos zu sehen gewesen. Scarlett Johansson zeigt von „Her“ über „Under the Skin“ bis hin zum aktuell laufenden „Lucy“ die Facetten ihrer Schauspielerkunst. In unserem aktuellen Dialog betrachten wir einen Star, der mehr als nur oberflächlichen Glanz zu bieten hat.

PD: „Lucy“ hat einen überraschend starken Zuschauerzuspruch. Bereits 170 Millionen Dollar weltweit wurden eingespielt.

YP: Europäisches Actionkino gibt es nach wie vor und mit Luc Besson verbindet man noch immer kleine Perlen wie „Léon“, „Nikita“ und „The Fifth Element“.

PD: „The Fifth Element“ würde ich keine kleine Perle nennen, aber ja, Besson ist der Markstein für das europäische Actionkino. Beinahe jede Produktion in Europa geht nur unter seiner Aufsicht über die Bühne. Darunter auch die Liam-Neeson-Actionfilme „Taken“ oder „Unknown“ und die „Transporter“-Reihe mit Jason Statham.

YP: Das stimmt, aber „Lucy“ ist sein eigener Kram.
So viel wie heuer war er schon lange nicht mehr in den Schlagzeilen präsent, findest du nicht?

PD: Finde ich gar nicht. In den letzten Jahren hat er sich als DER große Produzent von Mainstream-Ware in Europa profiliert und in Hintergrundberichten ist immer wieder seine Marktmacht behandelt worden. Auch jetzt berichtet man ja auch mehr von Scarlett Johansson und weniger von Luc Besson.

YP: Mir ist aufgefallen, dass er die letzten Jahre auch als Regisseur sehr geschäftig war, aber kann sein, dass Johanssons Hollywood-Image hilft, „Lucy“ zu hypen.

PD: Er ist wieder etwas aktiver, denn um die Jahrtausendwende herum. Nach „Angel-A“ schien mir, war er leer. Daher wohl auch seine Arbeit als Drehbuchautor und Produzent. So konnte er sich an vielen verschiedenen Filmen und Filmreihen abarbeiten, ohne selbst die Inszenierung verantworten zu müssen. Dass er jetzt wieder vermehrt als Regisseur arbeitet, ist ganz erfrischend, seine Filme kommen aber nicht an die Qualität von Klassikern wie „Léon“ heran.

Dass ein recht platter aber amüsanter Film wie „Lucy“ so erfolgreich und effektiv ist, hängt wohl vor allem mit dem Star-Faktor Scarlett Johanssons zusammen.

YP: Vielleicht ist auch die Zeit reifer als zuvor für weibliche Action-Stars.

PD: Daran musste ich ständig denken. Johansson verkörpert eine gänzlich andere Art von Actionheldin, denn etwa Bridget Fonda, Angelina Jolie oder Gina Carano zuvor.

YP: Johansson ist aber auch nicht gerade für RomComs bekannt.

PD: Die Auftritte in den Marvel-Filmen haben sicher ihrer Glaubwürdigkeit in Sachen Action geholfen, aber ich würde sie dennoch nicht als klassische Action-Darstellerin beschreiben.

YP: Ganz und gar nicht, ich bin aber froh, dass sie sich an die Marvel-Sachen und auch „Lucy“ herantraut. Johansson war niemals festgefahren in ihrer Rollenwahl, doch diesmal geht der Schuss nach vorne. Insbesondere die Filme, die sie 2014 herausbrachte. „The Winter Soldier“, „Her“, „Under the Skin“ und nun „Lucy“. Sie beweist Mut zur Abwechslung und es zahlt sich aus.

PD: Es sind auch Rollen, die sie in jeglicher Facette als Schauspielerin und „Star“ fordern. Schließlich stellen diese Rollen allesamt unterschiedliche Anforderungen an sie.

Im Arthouse-Sektor musste sie zunächst in „Her“ rein durch ihre Stimme einen lebendigen Charakter erschaffen und in „Under the Skin“ funktioniert ihr Schauspiel alleine durch Andeutungen, Gesten und eine sparsame Mimik.

Die beiden Blockbuster sind hingegen Beispiele dafür, wie sie sich langsam den Status erarbeitet, einen Mainstream-Film auch alleine tragen zu können. Als einst „The Island“ floppte, wurde das ihrem fehlenden Star-Status zugeschrieben. Mittlerweile wirkt sie sicherer und souveräner.

YP: Allerdings hat sie auch sehr sehr viel gearbeitet. Bedenkt man, dass sie noch keine 30 ist, kann sie auf eine lange Filmliste zurückblicken. Klar, sie hat schon als Kind gedreht, aber eine Pause gab es für sie keine. Und an Rollenangeboten hat es auch nicht gemangelt. Mir schien, als hätte sie (so ziemlich) jedes Angebot angenommen. Jetzt wirkt sie selektiver. Und der Starstatus gebührt ihr.

Davor blieben höchstens „Lost in Translation“ und „Vicky Christina Barcelona“ hängen.

PD: Hängen geblieben wäre bei mir noch mehr. „Match Point“ oder „Ghost World“.

YP: Von mir aus, aber es bleibt nicht mehr als eine Handvoll guter Filme. Jetzt hat sie mit „Her“ und „Under the Skin“ zwei erinnerungswürdige Performances in einem Jahr.

PD: Das vergisst man bei ihr sehr leicht, dass sie noch so jung ist. Dadurch, dass sie in so vielen Filmen mitgespielt hat, erscheint sie bereits wie eine Altgediente.

Bei so einer jungen Schauspielerin stellt sich auch die Frage, ob man an ihrer Stelle, die Angebote von Woody Allen, Christopher Nolan oder Brian De Palma einfach so ausgeschlagen hätte.

YP: Dank ihr taugt „The Winter Soldier“ wenigstens ein bisschen was.

PD: Die erinnerungswürdigen Performances hatte sie auch zuvor schon. Die Fülle an verschiedenen Filmen – die dann nicht immer gelungen waren – hat ihre bisherige gute Arbeit ein wenig überschattet. Umso erfreuter war ich, sie in so toller Form in „Her“ oder dem fantastischen „Under the Skin“ zu sehen.

YP: Für mich ist Johansson im Cast ein Grund, ins Kino zu pilgern. Und das vielleicht seit „Match Point“.

PD: Bei „Lucy“ auf jeden Fall. Der Name Besson in Verbindung mit der Handlung, hätte mich nicht ins Kino gezogen. Ansonsten würde ich nicht so weit gehen. Sie war doch meist Teil eines starken Ensembles („The Black Dahlia“, „The Other Boleyn Girl“, usw.).

YP: „We Bought a zoo“, „The Nanny Diaries“, „Scoop“, „He’s Just Not That Into You“ usw. Allesamt weit von gut entfernt.

PD: Ersteren habe ich noch nicht gesehen, aber bei den restlichen würde sich wohl niemand darüber ärgern, würde man sie vergessen.

Ich halte sie für eine richtig gute Schauspielerin, aber sie neigte zumindest in der Vergangenheit oft dazu, ihre Rollen ein wenig eindimensional anzulegen.

Alleine in den vier Filmen, die dieses Jahr mit ihr zu sehen waren, sieht man, wie sich ihre schauspielerische Bandbreite langsam erweitert hat. Sie kann, so scheint mir, nun auch in ein und demselben Charakter all ihre Qualitäten einfließen lassen. Zuvor war sie entweder nur die süße Naive („The Nanny Diaries“) oder die Femme Fatale („The Spirit“).

Ausnahmen wie „Match Point“ und „Lost in Translation“ zeigen, wie viel Potential in ihr steckt.

YP: Ich mag sie als Schauspielerin auch sehr gerne und bin gespannt, was sie noch aus ihrer Karriere macht. Aber experimentierfreudig war sie schon immer, erinnere dich an ihr Tom-Waits-Album …

PD: Das Album war eine interessante Angelegenheit, auch wenn ich sie nicht für eine gute Sängerin halte. Sie versucht sich aber eben in anderen Bereichen aus. Deshalb bin ich auch schon gespannt, wie ihr Regiedebüt „Summer Crossing“ (nach einem Roman von Truman Capote) wird.

YP: Vor allem würde ich mir mehr Action-Filme mit ihr als Leading Lady wünschen.

PD: Das muss nicht unbedingt sein. Sie darf gerne weiterhin zwischen Action-Ware und Arthouse-Kino hin und her pendeln. Mir wäre es sehr recht, wenn es generell mehr Actionheldinnen gäbe. So wartet eine Gina Carano heute noch auf passable Rollen, nach ihrem tollen Auftritt in „Haywire“.

YP: Sie stellt beispielsweise in „The Winter Soldier“ den blassen Chris Evans locker in den Schatten. Und auch im starbesetzten „Avengers“ nimmt sie den Raum ein, den sie braucht.

PD: Evans würde ich gar nicht als blass bezeichnen. Der Charakter des Captain America ist einfach der etwas uninteressantere. Vor allem, im Vergleich zu den anderen Avengers.

Eyes Wide Shut

15 Freitag Aug 2014

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

≈ Ein Kommentar

Schlagwörter

Arthur Schnitzler, Eyes Wide Shut, Nicole Kidman, Sigmund Freud, Stanley Kubrick, Sydney Pollack, Tom Cruise, Traumnovelle, Vinessa Shaw

In Stanley Kubricks letztem Film begleiten wir den ruhelosen und von Eifersucht verfolgten Dr. Bill Harford (Tom Cruise) durch ein nächtliches Manhattan voller schummriger Geheimnisse und sexueller Fantasien. 15 Jahre liegt die Veröffentlichung des letzten Films des großen Regisseurs zurück. Im ersten Dialog nach der Sommerpause schwelgen in Erinnerungen und entdecken dabei auch Neues.

YP: Freud hätte dieser Film bestimmt gefallen. Aber Freud ging nicht allzu gerne ins Kino.

PD: Kein Wunder, basiert er doch auf dem von Freud hoch geschätzten Roman „Traumnovelle“ von Arthur Schnitzler.

YP: Was mir beim erneuten Sichten immer wieder durch den Kopf ging: Wie kann man aus so wenig, so viel machen? Im Grunde ist das nur eine auf Eifersucht basierende und davon ausgelöste milde Ehekrise. Nicht mehr, nicht weniger. Und wie das Kubrick zu einer Odyssee verdichtet. Jede noch so kleine Bewegung und Aktion dermaßen Bedeutungsschwanger. Alles ist dabei sexuell aufgeladen. Man könnte den Film als betörend beschreiben. Zumindest war er das für mich.

PD: Das macht den Film auch so interessant. Ich kann mich erinnern, dass ich bei der ersten Sichtung vor etwas mehr als zehn Jahren, zwar überwältigt von der Inszenierung und der Doppelbödigkeit war, mich allerdings nicht wirklich einfühlen konnte. Seitdem habe ich „Eyes Wide Shut“ immer wieder und wieder neu gesichtet und bin auf neue Details gestoßen.

Im Vergleich zu anderen, hoch gelobten und mit der Zeit neu bewerteten Werken wie „Full Metal Jacket“, finde ich diesen (Alb)Traum doch viel spannender. Und dabei hat Kubrick von Schnitzler nur die Grundstruktur des in ihrer gut-bürgerlichen Fassade ein wenig gefangenen Paares übernommen.

YP: Die Prostituierte Domino (Vinessa Shaw) sagt einmal im Film – den bevorstehenden sexuellen Akt mit Dr. Harford betreffend: „I’d rather not put it into words“. Und ich finde, da hat sich Kubrick auch zurückgehalten – bis auf die Ereignisse beim Maskenball. Er hat mehr die expliziten Bilder als die Figuren sprechen lassen.

Es hätte eigentlich die gesamte Handlung auch ein Traum sein können. Wie Alice (Nicole Kidman) das zum Schluss zusammenfasst: Es spiele keine Rolle, was Traum, was Wirklichkeit sei. Sie seien im Hier und Jetzt und nur das zähle.

PD: Dieser Punkt ist mir auch aufgefallen. Dr. Harford wandelt durch das Geschehen, als würde er Schlafwandeln. Die Grenze zwischen Traum und Wirklichkeit ist nicht immer vollständig gezogen. Dazu passt auch die sich steigernde Paranoia und die nicht immer schlüssigen Ereignisse.

Die Bilder von Sexualakten fand ich ganz und gar nicht explizit. Kubrick bleibt mit seiner Kamera in dem voyeuristischen und doch verschämten Blick von Dr. Harford. Bei der Zeremonie ist zwar oberflächlich viel zu sehen, doch gleichzeitig bleibt er weit genug von den Paaren entfernt. Es sind eher Seitenblicke und ich stellte mir die Frage, ob darin bereits die Art von Betrug liegt, die er die ganze Zeit gesucht hat. Alice betrog ihn in seinen Fantasien und er in seinen voyeuristischen Handlungen, in denen er stets ein passiver Teil blieb.

YP: Diese Besessenheit, die er aus seinem Unterbewusstsein zu befreien versucht ohne zu wissen, wie er das anstellen soll. Und wie sehr ihre Offenheit das heftige Gefühl der Eifersucht bei ihm auslösen. Wobei dann zum Schluss nur die gegenseitige Offenheit zueinander für die erlösende Katharsis sorgt.

PD: Wobei es ihm offenbar zuvor schon nie an Versuchungen gefehlt hat, wie man beim Weihnachtsfest bei Ziegler (Sydney Pollack) sehen konnte. Genauso wie Alice stets Verlockungen „ausgesetzt“ war. Die Frage ist auch, wie viel Offenheit eine Beziehung verträgt. Kubrick endet auf einer ambivalenten Note, indem er die beiden mehr oder weniger einfach ihr gewohntes Leben weiterleben lässt. Vor allem Bill scheint mit den Erlebnissen der Nächte davor kaum klar zu kommen, während Alice nur aus ihrer Langeweile entfliehen möchte.

YP: Für mich ist das Ende des Films so – wie es Kubrick zeigt – ziemlich nachvollziehbar. Mir scheint, als würde Kubrick sagen wollen: der einzige natürliche Feind der Ehe sind die Verlockungen und Versuchungen außerhalb dieser, aber diese gehören eben dazu.

PD: Allerdings unterlegt er den gemeinsamen Akt von Bill und Alice vor dem Spiegel, nach der Weihnachtsfeier, nicht ohne Ironie mit Chris Isaaks „Baby did a bad bad thing“. Zudem blickt Alice, während Bill ihren Hals küsst, in den Spiegel, als ob sie gar nicht dabei sein würde.

Diese von außen zugetragenen Versuchungen haben Dynamik in diese festgefahrene Ehe gebracht, die schließlich in dem Geständnis von Alice mündete und in der Folge in den „Abenteuern“ von Bill.

Da stellen sich mehrere Fragen: Ist eine Ehe von Außen bedroht oder kann sie von Außen auch revitalisiert werden? Wie viel Offenheit bedarf es in einer guten Ehe?

YP: Ach, ob gut oder schlecht ist doch irrelevant.

PD: Was mir nach all den Jahren auffiel: „Eyes Wide Shut“ ist im Kern wie ein Thriller aufgebaut.

YP: Ich finde, dass das zwar ein guter Ansatz ist, doch Bill ist in meinen Augen nur daran interessiert, herauszufinden, wohin ihn diese Abenteuer hinführen. Nicht, ob der tatsächlich dort oder irgendwo ankommt.

PD … und er bringt sich erst recht in Gefahr. Sobald er bei der Zeremonie eintritt, ist er in einer zwielichtigen Welt, die nie für seine Augen bestimmt war. So wie es auch nie für ihn bestimmt war, zu sehen, dass der Kostümhändler, seine Tochter feil bietet.

YP: Da bin ich nicht so sehr an der Auflösung der Ereignisse interessiert. Mir gefällt die Erzählung an sich. Es folgt ein Ereignis auf ein anderes. Gar nicht so sehr steht da eine Auflösung des Rätsels im Mittelpunkt.

PD: Darin ähnelt „Eyes Wide Shut“ auch „The Shining“. Die Lösung ist im Grunde sekundär. Die Inszenierung steht darüber.

YP: In den Szenen mit dem Kostümhändler nimmt Kubrick das „Lolita“-Topos mit hinein. Und unser Bill staunt nicht schlecht, er ist aber in gleicher Weise übermäßig angetan von der Tochter (Leelee Sobieski).

PD: Es ist aber auch wieder ein weiterer Schritt in eine Parallelwelt, die er so nicht kannte, und so auch nie hätte kennen gelernt, wäre er nicht auf diese mysteriöse Reise gegangen. Angefangen mit der Fantasie seiner Frau über das Liebesgeständnis der Tochter seines verstorbenen Patienten.

YP: Spannend ist natürlich auch das Motiv mit den Masken. Steht im Grunde auch synonym für die Masken, die wir im täglichen Leben aufsetzen. Die Masken bei der Zeremonie, die sehr bedrohlich wirken. Dann Bills Maske, die Alice auf Bills Kopfpolster legt. Dann auch noch die Wandmasken in Dominos Wohnung. Es erscheint mir stets wie die Suche nach den wahren Gesichtern.

PD: Domino ist ein sehr interessanter Charakter, den man schnell abhaken könnte, doch es liegt auch hier wieder so viel Doppelbödiges.

Eben, in den Masken, die zu sehen sind, aber auch in dem nicht Gesagten. Es war auch überraschend, als Bill zu Domino zurück möchte, und dann auf ihre Zimmerkollegin trifft, mit der er ohne zu zögern geschlafen hätte. Da war er an einem Punkt, an dem aus den Fantasien Wirklichkeit hätte werden können.

Inszenatorisch sticht natürlich die Orgie bzw. Zeremonie heraus. Wie sich da, in dem Moment, in dem der Film in dieses Anwesen tritt, die Tonart des Filmes verändert, ist beeindruckend und beängstigend zugleich.

YP: Ja, vor allem weil er bei Domino auf mehr Zärtlichkeit trifft als bei seiner Frau zu Hause.

Und die Orgie wirkt ja gerade wegen der anonymen und maskierten Gesichter umso bedrohlicher. Wobei wir annehmen, dass sich Bill ohnehin in diesem gesellschaftlichen Kreis bewegt. Das sind bestimmt Bekannten und Freunde von ihm dabei, die sich hinter einigen Masken versteckt haben.

PD: Da muss ich widersprechen. Mir schien es eher, als wären dies Kreise, in denen er sich nicht bewegt. Er kam auf die Weihnachtsfeier von Ziegler, weil er eine persönliche Einladung erhielt. Ansonsten scheint er in diesem Kreis als Arbeiter und nicht als Gleichgesteller gesehen zu werden. Deshalb hat er ja auch nie das Passwort für die Orgie erhalten.

Dass sich Bekannte von ihm hinter den Masken verbergen, davon kann man ausgehen, aber es nicht klar. Es bleibt im Dunkeln.

YP: Ich nehme Ziegler als Beispiel her.

PD: Ziegler sagt ja auch, in der wunderbaren Aussprache am Pool-Tisch: „If I told you their names… no, I’m not going to tell you their names… but if I did, I don’t think you’d sleep so well at night.“ Es deutet darauf hin, dass Bill nicht alle kennt.

Überrascht bin ich im Nachhinein, wie sehr mir Tom Cruise in der Rolle des mit seinem Ausweises stehts herum wedelnden Dr. Bill gefiel. Dessen Leistung gewinnt, wie der gesamte Film, mit den erneuten Sichtungen immer mehr an Qualität.

YP: Der Filmstar Tom Cruise ist in diesem Film ein richtiger Schauspieler.

PD: Er opferte – so wie Nicole Kidman – auch beinahe drei Jahre, um mit Kubrick arbeiten zu können und diese Zeit haben scheinbar alle genutzt.

YP: Das war damals ein Mammutprojekt für alle Beteiligen. Wie hat dir das New York im Film gefallen, es wurde ausschließlich in England gedreht?

PD: Gerade diese Straßenszenen erweckten für mich den Eindruck, als wäre man in einer Traumwelt gefangen. Inwieweit Kubrick hier die Realität einfangen wollte, war mir nicht so ganz klar.

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