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Film Im Dialog

~ Dialoge über aktuelle und weniger aktuelle Kinofilme

Film Im Dialog

Monatsarchiv: Juni 2015

Game of Thrones – Staffel 5, Teil 1

26 Freitag Jun 2015

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A Dance With Dragons, Game of Thrones, george r. r. martin, Hardhome

Mittlerweile befindet sich die Fantasy-Saga rund um die Machenschaften, Intrigen und Kämpfe in Westeros in der fünften Staffel und so langsam beginnen sich Ermüdungserscheinungen eingetreten. Sind die Macher zu blutrünstig in ihrem Streben nach Spektakel oder eifern sie nur der Vorlage „A Song of Ice and Fire“ von George R.R. Martin nach?

PD: Vorneweg muss ich gleich gestehen, dass ich das fünfte Buch „A Dance with Dragons“ noch nicht gelesen habe. Ein Muster bei mir, wenn man auf die Dialoge zu Staffel 3 und Staffel 4 zurück blickt. Die fünfte Staffel der TV-Adaption war mir lange Zeit viel zu langatmig. Erst mit Episode 8 „Hardhome“, beginnt die Serie sich wieder ein wenig vor zu bewegen.

YP: Die ersten beiden Serienstaffeln boten kaum Überraschungen, waren näher an den Vorlagen, bis auf ein paar Figurenkonstellationen, die dann modifiziert wurden. Ab der dritten Staffel bemühen sich die Macher um mehr Überraschungen für die Zuschauer, die auch die Vorlagen kennen. Du darfst nicht vergessen, dass die Romane 4 und 5 eigentlich zeitgleich spielen, G. RR Martin aber aufgrund der vielen Figuren das auf zwei Bücher ausgedehnt hat.

Tatsächlich sind erstmals Serie und Romane gleich auf. Wie sich das weiter entwickeln soll, wird bestimmt sehr aufregend, da viele Figuren noch gar nicht eingeführt wurden. Ich gehe davon aus, dass das auch gar nicht geschehen wird. Die übrigen drei Staffeln, sollte es noch drei davon geben, werden sich viel mehr von der Originalstory abweichen und nur noch Anhaltspunkte geben.

PD: Die Serie muss auch gar nicht sklavisch an den Romanen hängen bleiben. Einige Freiheiten dürfen schon sein, denn es gibt auch kaum etwas Langweiligeres als ein ideenlos abgefilmtes Buch oder Theaterstück. Wie du auch richtig sagst, spielen die Romane 4 und 5 zur selben Zeit und so wurde das Personal von Martin auf zwei Romane aufgeteilt. In der Serie war das nur schwer möglich. Über diese Änderung bin ich sehr froh, denn eine Staffel ohne Tyrion hätte ich nicht sehen wollen. Dafür ist mir dieser Charakter, ebenso wie Arya, zu sehr ans Herz gewachsen.

Dass wir in der nun zu Ende gegangenen fünften Staffel Bran nie zu Gesicht bekamen, hat mich jedoch wieder weniger gestört. Seine persönliche Reise hat mich bislang recht kalt gelassen.

YP: Ich bin grundsätzlich ein Fan davon, wenn es der Serie gelingt, mich – auch als Kennerin der Vorlage – zu überraschen. Ein reines Abfilmen nach Skript wäre auch eine langweiligere Angelegenheit. Allerdings macht die Serie einen mittlerweile fatalen Fehler – und zwar geben sie sich seit zwei Staffeln große Mühe, die Gewalt in den Romanen über übertreffen. Martins Vorlage ist bestimmt nicht ohne Blut, Schweiß und Tränen, aber es vergeht seit etwa 20 Folgen keine Episode ohne diese Zurschaustellung der Gewalt, wie sie in den Romanen nicht vorgekommen ist. Wenn nicht Gewalt gezeigt wird, dann wird davon gesprochen.

Mit der Red Wedding haben sie Blut geleckt und seitdem ist das ein dramaturgisches Mittel. Hier insbesondere die Gewalt gegen Protagonistinnen. Nun habe ich ihnen nie verziehen, dass die Hochzeitsnacht zwischen Danaerys und Drogo falsch adaptiert und interpretiert wurde. In Staffel 4 gab es dann Cerseis Vergewaltigung durch Jamie am Totenbett ihres Sohnes. Und jetzt Sansa. Davon findest du nichts in den Büchern. Da stelle ich mir die Frage, warum?

PD: Die Serie hat die Gewaltszenen immer schon ein wenig anders interpretiert. So wurde ja auch Robbs schwangere Frau Talisa ermordet, was im Roman so nicht vorkam. Das war eine zusätzliche Schocknote, die mehr an einen blutigen Horrorfilm erinnerte. Um bei der aktuellen Staffel zu bleiben, finde ich mich selbst in einem Zwiespalt. Einerseits gab es die Hochzeitsnacht-Vergewaltigung von Sansa nicht im Buch, wie auch nicht jene heran drohende an Gilly.

Die Vergewaltigung von Sansa durch Ramsay Bolton war völlig sinnlos. Der Zuseher wusste bereits zur Genüge von Ramsays sadistischem Gehabe. Das war schon sehr zynisch.
Dennoch war die Szene mit Gilly nicht ohne Sinn, da sie dafür sorgte, dass man Sam in Heldenpositur zu sehen bekam und auch die beiden sich schließlich näher kamen. Das hätte man natürlich auch anders lösen können, aber immerhin befindet man sich in einer Art Zwangslager, in welcher Mörder und Vergewaltiger unter einem Dach hausen. Dass es dort beinahe zwangsläufig zu Übergriffen kommen könnte, erscheint mir weniger unlogisch. Zudem möchte ich hier auch George R.R. Martin anführen, der sich ja auch selbst in die Diskussion einschaltete.

Mehr Probleme hatte ich, Cerseis Handlungen zu verstehen. Die Förderung des High Sparrow (Jonathan Pryce gefiel mir sehr gut in der Rolle) war von Beginn an eine so offensichtlich dumme Idee. Dies konnte ich dem Charakter einfach nicht abkaufen.

YP: Martin schreibt: „“Now there are people who will say to that, ‘Well, he’s not writing history, he’s writing fantasy—he put in dragons, he should have made an egalitarian society.’ Just because you put in dragons doesn’t mean you can put in anything you want.“

Und genau dort liegt auch das Problem. Martin hat meiner Meinung nach für ein Gleichgewicht bei den Figuren gesorgt, er hat viele verdammt starke Frauen in den Romanen und genug von den Damsel in Distress. Und die HBO-Serie – anstatt die Frauenbilder, die Martin vorlegt, zu verbessern, daran zu arbeiten, zu kritisieren, zu hinterfragen – drängt jede Protagonistin – ich meine wirklich jede einzelne – in die Opferrolle. In dieses Mittelalter mit Drachen. Aus dramaturgischen Gründen.

Für viele aus dem Fernsehpublikum war das, was Theon durch Ramsay zugestoßen ist, die schlimmste Storyline in der Serie (in einem Jahrzehnt, für viele Mädchen Genitalverstümmelung noch immer an der Tagesordnung steht). Ohne Frage, das war schon heftig. Im Vergleich: Robbs Ehefrau wurde hochschwanger abgestochen. Das Bild ist folgendes: du kannst einem Mann alles antun, nur nicht die Männlichkeit nehmen. Wohingegen die Weiblichkeit erst dadurch definiert wird. Als Frau bist du verwundbar, die Sexualität ist zugleich Waffe gegen den Mann als auch ein Mittel zur Schädigung durch den Mann.

Bevor es für uns in die Sommerpause geht, erscheint noch Teil 2 dieses Dialogs am 3. Juli

Grace and Frankie – Staffel 1

19 Freitag Jun 2015

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Grace and Frankie, Jane Fonda, Lily Tomlin, Martin Sheen, Sam Waterston

Wie das Leben aussehen könnte, wenn sich der eigene Ehemann nach 40 gemeinsamen Ehejahren plötzlich und unerwartet mit dem Arbeitskollegen aus dem Staub macht, porträtiert auf äußerst charmante Art und Weise die Netflix-Serie „Grace and Frankie“. Jane Fonda und Lily Tomlin spielen die verlassenen Ehefrauen im besten Lebensalter.

PD: Wenn es einen wunderschönen Aspekt an „Grace and Frankie“ gibt, dann dass man hier wunderbare Darsteller um oder auch über die 70 in den Hauptrollen zu sehen bekommt. Zumeist werden Schauspieler und noch viel stärker Schauspielerinnen in diesem Alter nur noch für Cameo-Auftritte eingesetzt.

YP: Außerdem geht es in der Serie nicht nur um das Rollenangebot für die in die Jahre gekommenen Schauspielerinnen Lily Tomlin (Frankie) und Jane Fonda (Grace) und der Schauspieler Sam Waterson (Sol)  und Martin Sheen (Robert), sondern auch um eine herrlich erfrischende Post-Scheidungs-Handlung. Das Format ist bestimmt keine bahnbrechende Novität, aber umso mehr die Plotline.

Zwei von ihren Ehemännern verlassene Frauen im besten Alter haben wir schon oft zu sehen bekommen. Leider sind zwei homosexuelle Männer noch immer eine mainstreammediale Seltenheit. Und wenn diese dann befreundete Pärchen spielen und daraus dann Comedy wird, ist das schon sehr verlockend.

PD: Nun gerade die Handlung finde ich nun nicht so innovativ. In den letzten Jahren hatten wir in „Transparent“ einen Mann der sich seiner Familie gegenüber als Transgender outet und in „Girls“ gesteht Hannas Vater, dass er homosexuell ist. Zudem erinnerte mich der Handlungsbogen mit den Hochzeitsvorbereitungen von Sol (Waterston) und Robert (Sheen) sehr an die 5. Staffel von „Modern Family“, in welcher Mitchell und Cameron endlich heiraten.

YP: Der obligatorische Homosexuelle ist keine Seltenheit, aber wenn du dann tatsächlich Figuren auf einer Hand abzählen kannst, bleibt das fortschrittlich. Natürlich gab es Serien wie „Ellen“, „Will & Grace“, „Six Feet Under“ „Queer as Folk“ oder „The L Word“, „True Blood“, die auch eine nicht-heterogene Sichtweise präsentiert haben, manche mehr exploitativ als andere. Aber recht viele über 70-jährige Homosexuelle (vor allem Männer) sind darin nicht vorgekommen. Und innovativ ist für mich die Figurenaufstellung. Die zwei Männer heiraten und die zwei Frauen freunden sich an.

PD: Die Besonderheit besteht für mich eher in der Spielfreude der Darstellerinnen, die aus der amüsanten Grundsituation der zwei besten Feindinnen, die von ihren Männern – welche miteinander durchbrennen – verlassen werden, sich nun zusammenraufen müssen, gute Sitcom-Unterhaltung gestalten. So gut Lily Tomlin und Jane Fonda ihre Rollen auch spielen, hätte ich mir aber fast mehr Zeit gewünscht, die man mit Sam Waterston und Martin Sheen verbringt.

YP: Was mir an „Grace & Frankie“ so gefällt, ist wie beiläufig das Outing geschehen musste. Ohne wirklich großes Kaboom in den ersten fünf Minuten der ersten Folge. Und im Grunde geht es um die Freundschaft zwischen den beiden anfangs distanzierten Frauen, eingebettet im hektischen Rahmen des Familienlebens einer kunterbunten Patchwork-Familie. Die Folgen sind erfrischend, kurzweilig und flott, man bleibt sofort hängen, will wissen, wie es weitergeht.

PD: Das Rad erfindet die Serie nicht neu. Die Neu-Ausrichtung in den späten Jahren des Lebens konnte man ja auch schon in „Golden Girls“ wunderbar beobachten. Jedoch blieben solche Serien und Charaktere, vor allem als Hauptfiguren, in der Minderheit.

Der fehlende Überraschungsmoment beim Outing der Männer ist ja auch kalkuliert. Das Publikum, selbst wenn es von der Serie absolut nichts vorher weiß, wird bereits im Intro auf die kommende Situation vorbereitet. Überrascht sind „nur“ die Charaktere selbst und wie sie damit langsam umzugehen versuchen, ist schön zu beobachten. Darin liegt auch die Stärke dieser Serie, wie unaufgeregt sich alles entblättert. Die emotionalen Ausbrüche, etwa beim Kuchen essen, wenn darüber gestritten wird, dass man mit den beiden Männern anders umgehen würde, hätten sie die letzten 20 Jahren mit Frauen Affären gehabt, sind selten und dafür umso einprägsamer.

Ich kann aber dennoch nicht die Überschneidungen zu „Modern Family“, eine Sitcom ich vor allem in den ersten Staffeln großartig finde, nicht ganz abschütteln. Da haben andere Netflix-Serien in der Vergangenheit mehr „Wagemut“ gezeigt. Auch auf die Gefahr hin, in der eigenen Kuriosität zu versinken, wie etwa „Unbreakable Kimmy Schmidt“.

YP: Am meisten bin ich von diesem herrlichen Chaos angetan. Auf den ersten Blick gibt die Serie vor eine Sitcom zu sein und genauso finden sich tiefgehende Momente in den Szenen wieder. Worüber ich sehr froh bin, dass auf die Lachkonserve und das Live-Publikum verzichtet wurde.

PD: Das wird sehr schnell klar, dass man nicht nur auf den billigen Gag zielt, sondern den Charakteren auch ihre tiefer gehenden Momente und Krisen durchleben lässt. Allerdings trifft dies „nur“ auf das Hauptpersonal Grace, Frankie, Sol und Robert zu. Die Kinder verblassen trotz aller Bemühungen (der Alkoholiker-Sohn mit dem ungelösten „innerfamiliären“ Liebesdrama etwa) völlig.

Die Lachkonserve empfinde ich nicht so dramatisch störend, aber bei manchen Serien vermittelt das Studiopublikum diese gewisse eigene Atmosphäre. Bei „Grace and Frankie“ hätte dies aber nicht gepasst, alleine aufgrund der wechselnden Schauplätze. Hier sitzt man ja nicht ständig im immer selben Wohnzimmer.

YP: Ehrlich gesagt störe ich mich keineswegs daran, dass wir mehr von Grace und Frankie zu sehen bekommen als von Sol und Robert. Auch wenn ich sehr angetan bin von der Darstellung der sehr liebvollen Beziehung zwischen den beiden Männern, so haben das ungleiche Paar Grace und Frankie die Lacher auf ihrer Seite.

PD: Es stört mich auch absolut nicht, aber ich ertappe mich immer wieder dabei, dass ich gerne noch ein paar Szenen mit Robert und Sol sehen würde. Vor allem im Zusammenspiel mit den Kindern oder Grace und Frankie. Dass sich die in der 1. Staffel noch großräumig meiden, ist verständlich. Meine Hoffnung ist, dass in der nächsten Staffel die vier Hauptfiguren wieder etwas mehr miteinander zu tun haben.

YP: Davon gehe ich auch aus. In den letzten Folgen der Staffel waren die Plotlines ohnehin gut miteinander vermischt. Wenn du an die herrlichen Szenen der Folge zurückdenkst, wo Graces Geheimnis die Runde macht (Folge 11). Das ist bis dato eine meiner Lieblingsfolgen, weil es die natürlich noch immer vorhandene Dynamik der beiden Ehepartner mit der Vertrautheit der neuen Partnerschaften und Freundschaften zeigt, aber nie zweifelt man auch nur eine Sekunde an der Zuneigung aller Beteiligten. Das ist nicht nur lebensfroh, sondern auch schön.

Tomorrowland

12 Freitag Jun 2015

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

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Brad Bird, Britt Robertson, Disney, George Clooney, Hugh Laurie, Raffey Cassidy, Tomorrowland

Wie sich Disneys Vergnügungspark-Thematik – von Brad Bird pompös, laut und farbgewaltig inszeniert – auf der großen Kinoleinwand macht, wollen wir in unserem Dialog zu „Tomorrowland“ besprechen.

PD: Der große Marketing-Gag hinter „Tomorrowland“ war offenbar, dass es sich um einen Vergnügungspark inmitten von Disney World handelt. Ich war zwar zwei Mal im Disneyland-Ressort in Paris, aber das dort beheimatete „Discoveryland“ ist mir kaum in Erinnerung geblieben.

YP: Was mich am aller meisten an „Tomorrowland“ irritiert hat: die Filmfiguren fanden alles, was sich in der Diegese dieser Welt abspielte, aufregender als ich. Zu gerne hätte ich die Begeisterung und die Hingabe für das Geschehen mit der Protagonistin Casey Newton (Britt Robertson) geteilt. Ich fand mich aber auf der Seite vom erwachsenen und von George Clooney gespielten Frank Walker wieder: er war ein missmutiger griesgrämiger Pessimist.

Gerne möchte ich diesen Film mögen, leider hat er mich nicht einmal unterhalten.

PD: Die nostalgische Optik der Zukunftsvisionen aus vergangenen Zeiten, hat mich sehr amüsiert, aber der Reiz dieser Welt verfliegt nun einmal sehr schnell.

Das Zusammenspiel von Casey und Frank war unterhaltsam, aber auch hier verflog der Reiz dieser Konstellation relativ schnell. Es war für mich nie wirklich klar, worauf der Film hinaus will. Die Angriffe von Robotern, die wie aus dem Nichts auftauchten, oder der Start einer Rakete aus dem Eiffelturm heraus, waren merkwürdig leblos. Ganz sicher sollte man da gebannt auf die Leinwand blicken, aber ich hab nur darauf gewartet, endlich zu erfahren, was Brad Bird mit dieser Geschichte erzählen will.

YP: Zusammenfassend sehe ich „A World Beyond“ (wie der Film fragwürdigerweise mit deutschem Verleihtitel heißt) als einen, der auf dem Papier besser funktioniert als auf dem Medium, für das er geschrieben wurde und gedacht war. Wie du schon schreibst, „Ah“- und „Aha“-Momente gibt es einige, aber die kann ich vielleicht auf einer Hand abzählen.

Gelungen finde ich die Geschlechterkonstellation. Die Geschichte beginnt mit dem jungen Frank Walker, um sich dann zu einem actionreichen Roadtrip mit zwei Teenager-Mädchen Athena und Casey (Raffey Cassidy und Brit Robertson) zu entwickeln. Als er ihnen schließlich Gesellschaft leistete, wirkte George Clooney als Frank Walker für eine geraume Zeit darin wie ein Fremdkörper, aber einen Disney-Deal lässt man sich wahrscheinlich nicht entgehen. Es brauchte einfach ein Zugpferd.

PD: Dabei hatte Brad Bird wie der perfekte Regisseur hierfür ausgesehen. Schon „The Incredibles“ zeigte in animierter Form, wie man moderne Action mit Nostalgie und Familienfreundlichem Witz verbinden konnte. Bei diesem zweistündigen Disney-Werbeclip fehlt aber das Gefühl dass die einzelnen Segmente auch zu etwas Spannendem oder Unterhaltsamen führen. Die Botschaft des „Wir können es schaffen“ und „Retten wir gemeinsam die Welt“ wird mit derart viel Schmalz vorgetragen, dass ich darüber hinaus kaum noch Willens war, mich mit dem Rest des Filmes auseinander zu setzen.Interessant wie du die Figurenkonstellation siehst. Clooney war eindeutig als prominentes Zugpferd gedacht und seine Szenen mit Athena haben aufgrund der zuvor gezeigten Hintergrundgeschichte auch gut funktioniert, aber dennoch kam es mir so vor, als wäre er eher unfreiwillig in ein Kinderabenteuer gestolpert, in dem Erwachsene höchstens Rollen wie jene des finsteren Bösewichts (Hugh Laurie) einnehmen dürfen.

YP: Vor allem „Ratatouille“ gehört für mich zu den gelungensten Computeranimationsfilmen der letzten 10 Jahre. Eine gewisse Detailverliebheit und einen flotten Erzählstil habe ich mir auch bei „Tomorrowland“ erwartet.

PD: Eine Frage die mich beschäftigt hat. Was wurde aus Caseys Mutter? Habe ich das überhört oder wurde die nie wieder erwähnt? Gut, in klassischen Disney-Produktionen haben die Heldinnen ja selten Mütter.

YP: Gut, dass du das ansprichst. Der Verbleib von Casey Mutter, die man nur in einer wackeligen Privataufnahme in der Nacherzählung sieht, ist natürlich für die Entwicklung des Charakters ihres später alleinerziehenden Vaters unbedeutend (Frauenopfer), die heile Familienidylle würde sich daran sogar stören. Die starke Heldin und Protagonistin muss sich den männlichen Erzieher – weil nur dieser brillant sein kann, frei, unabhängig, gutmütig usw. als Vorbild nehmen, damit sich ihr Charakter danach formt. Werfen wir nur einen Rückblick auf „Interstellar“.

PD: Mich hat vor allem verwundert, dass noch nicht einmal in einem Nebensatz (es sei denn, ich habe den überhört) auf das Schicksal der Mutter eingegangen wurde. Sie verschwindet nach dieser Rückblende einfach, als ob sie nie existiert hätte. Dafür wird ihr Vater zu einem Idealbild des idealistischen Wissenschaftlers empor gehoben.Bei Disney-Produktionen, vor allem den Animationsfilmen, ist man es gewohnt, dass die Mütter totgeschwiegen werden, aber bei den neueren Spielfilm-Produktionen, noch dazu unter der Regie eines einstigen Pixar-Filmemachers, hatte ich mir ein wenig mehr Fingerspitzengefühl gewünscht. Dass die einzige starke weibliche Bezugsperson für unsere beiden Helden auch noch ein Roboter in der Gestalt eines kleinen Mädchens ist, war dementsprechend irritierend.

Es war auch ein eigenartiger Stimmungswechsel mitten im Film, als Casey den Hintergrund des Pins erfahren will und in dem Comicshop (der mir außerordentlich gut gefiel) plötzlich gegen Roboter ankämpfen muss. Als würden wir eine Familien-Version von „Terminator“ zu sehen bekommen.

YP: Diesen Punkt der abwesenden Mütter würde ich gar nicht so sehr auf Disney beschränken, wobei das dort natürlich am ehesten auffällt, das ist für mich ein generelleres Frauenrollen-Problem.

PD: Er fällt bei Disney nur am stärksten auf, gerade da dort die Familienunterhaltung am dominantesten vertreten ist. Womöglich gibt es derartige Konstellationen auch in den Animations- und Familienfilmen von Warner oder Universal, aber da müsste man etwas intensiver suchen. Das Frauenrollen-Problem würde ich da eher gesondert betrachten, da man ja eine starke Protagonistin sieht, aber der Familienverband der um sie herum aufgebaut wird, ist eigenwillig.

YP: Die schwarz gekleideten Roboter kamen tatsächlich überraschend und ich fühlte mich prompt in eine Zahnpasta-Werbung versetzt. Hier sollte wohl ein konventioneller Spannungsbogen zum Einsatz kommen. Was in Anbetracht der Story erstaunt, bis zum Schluss waren diese Bösewichte lauwarm. Hugh Laurie hatte mehr Biss in einer Episode von „House“ als hier.

PD: Das künstlich strahlende Gebiss fand ich wieder lustig, da es die absolute Künstlichkeit der Bösen aufzeigte. Darin lag vielleicht auch ein wenig Kalkül. Das Publikum sollte sich gar nicht zu sehr vor diesen Figuren ängstigen, denn der wahre Bösewicht ist die negative Einstellung (gar nicht einmal der in Kinofilmen wie üblich völlig unterforderte Hugh Laurie), die uns am Fortschritt hindert. In dem Punkt unterscheidet sich „Tomorrowland“ dann auch gar nicht so sehr von „Interstellar“.

Chef

05 Freitag Jun 2015

Posted by filmimdialog in Filmdialoge

≈ Ein Kommentar

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Chef, Cowboys & Aliens, Iron Man, John Leguizamo, Jon Favreau, Oliver Platt, Sofia Vergara, Swingers

Die letzten Jahre machte sich Jon Favreau mehr einen Namen als Drehbuchautor und Regisseur von Blockbuster-Filmen als Schauspieler. In seinem Herzensprojekt „Chef“ ist er alle drei zugleich. Ob es sich dabei um eine Abrechnung mit den Kritikern seiner letzten Filme oder doch um ein filmisches Vergebungsschreiben an seine Anhänger aus Independent-Tagen handelt, ist Teil unseres neuesten Dialogs.

YP: Ein Glück, dass ich Chef vor dem Abendessen gesehen habe. Mit leerem Magen hätte ich wahrscheinlich noch während der Vorstellung das Kinobüffet im Filmcasino leergeräumt. Die Zubereitung der Speisen und die Leidenschaft für das Kochen und das Essen wurden sehr appetitanregend – wie in einem edlen Kochmagazin – zur Schau gestellt.

PD: Man merkt Favreau die Freude an der Arbeit mit den Speisen an. Die Kamera gleitet geradezu über die Gerichte und zeigt sie im besten Licht. Bereits wenn Chef Casper (Favreau) gemeinsam in der Küche mit Martin (John Leguizamo) ein ganzes Schwein zerteilt, geschieht dies nicht in blutigen Nahaufnahmen, sondern im Stil eines Werbevideos. Es ist nicht die schlechteste Idee zumindest in der Nähe eines guten Lokals zu sein, wenn der Film zu Ende ist.

Eigenartigerweise, blieb „Chef“ bei mir aber mehr aufgrund des relativ naiven Verhaltens der Charaktere gegenüber den sozialen Medien hängen. Casper gerät erst in die berufliche Abwärtsspirale, als er sich auf Twitter registriert.

YP: Witzigerweise sehe ich den Film auch als einen, der sich bemüht, Social Media für die Generation zu erklären, die sich dem Ganzen lange Zeit keine Beachtung schenkte bzw. auf den Zug nicht rechtzeitig aufgesprungen ist. Darüber hinaus ist die Charakterentwicklung und Motivation leider eine Spur zu platt. Das Drehbuch wirkte als wäre es über Nacht geschrieben worden und genauso schnell produziert worden. Dann hat Favreau hat seine Schauspiel-Freunde angeheuert mitzumachen und fertig war das vielversprechende Menü.

PD: Favreau, der ja nicht nur Regie führte und die Hauptrolle spielte, sondern auch das Drehbuch schrieb, treibt aber das Unverständnis gegenüber Social Media auf die Spitze. Sein noch nicht einmal 10 Jahre alter Sohn ist ein Experte und der einzige Mensch in diesem Filmuniversum, der damit umgehen kann, während alle nur ein wenig erwachseneren Charaktere völlig ahnungslos davor stehen. Das passt aber ins Bild, welches Favreau rund um seine Hauptfigur erstellt. Allesamt bestehen aus sehr simplen Anweisungen (ich möchte hier gar nicht von Motivationen sprechen), die dazu führen, dass am Ende allesamt sich in den Dienst der Selbstfindung Carls stellen.

Favreau arbeitet dabei aber mit leuchtend hellen Farben und ganz viel Charme und Schmalz um über derartige Oberflächlichkeiten hinweg zu gehen. Und es funktioniert.

YP: Der Charme besteht aber auch im Roadtrip und in Favreaus Leidenschaft für das Essen. Wobei der gesamte Film diesen „No Ma’am“-Charakter von Al Bundys Männerclub hatte, das hat mir natürlich nicht gefallen. Für Faveau scheinen Frauen in diesem Film der reinste Aufputz zu sein, was natürlich Vergeudung von Talent ist.

Darüber hinaus ist die Plotline mit dem Kritikergott natürlich auch ein offensichtlicher Seitenhieb auf seine Hollywood-Kritiker, von denen er auch genug abbekommen hat für „Cowboys and Aliens“ oder „Iron Man 2“. Es muss nicht subtil sein, aber bei Favreau hat man das Gefühl, als wäre er auf einem Kreuzzug durch die Sozialen Netzwerke. Ohne tatsächlich eine Ahnung davon zu haben, was das anrichtet, da er diese Netzwerke und Medien nicht nur nicht versteht, sondern sich auch irgendwie darüber lustig macht.

PD: Exakt. Dieser Charme durchzieht den gesamten Film und man wird auch aufgrund der tollen Präsentation der Gerichte schnell auf die Seite Carls gezogen. Dabei gibt es einige Dinge, die nicht so ganz funktionieren. Es sind ja nicht nur die Damen eindimensional – Sofia Vergara spielt etwa einfach nur dieselbe Rolle wie in „Modern Family“ – sondern auch die Männer rund um ihn herum. Als sein Souschef Martin eines Tages vor dem noch nicht fertig gestellten Foodtruck und bietet seine Dienste an. Für ihn springe nichts heraus aber das mache nichts. Welche Motivation hat Martin überhaupt seinem Ex-Chef zu helfen? Es ist so voller schöner Freundlichkeit, dass man fast übersieht, dass sich alles nur um Carl dreht.

Auf den Konflikt mit dem Kritiker (der stets unterschätzte Oliver Platt) wollte ich auch schon eingehen. Mit ein wenig Hintergrundwissen, wirkt „Chef“ zugleich wie eine Versöhnung hin zur Independent-Filmszene aus der Favreau ja stammt („Swingers“) und auch wie eine Abrechnung mit den Kritikern, die ihn für seine kommerziellen Filme kritisieren. Es mag sein Herzblut nicht in „Iron Man“ gesteckt haben, aber man solle ihm nicht die Qualität absprechen. Das war ebenfalls viel zu oberflächlich.

YP: Die Kritiker-Plotline erinnerte mich dann auch irgendwie an „Ratatouille“. Oliver Platts Rolle des Kritikers ist für Carl ein Motivator, allerdings ist es zu sehr die Abrechnung mit dem Kritikerberuf seitens des Künstlers. (Das hatten wir auch schon in  „Birdman“). Leider fand ich Favreaus Herangehensweise in diesen Punkt etwas naiv, vor allem bei Carls Wutanfall im Lokal. Einerseits will er Lob und Anerkennung hören, lechzt sogar danach, andererseits fürchtet er die negativ ausfallende Kritik wie der Teufel das Weihwasser.

Carl ist eine furchbar unsympatische Figur. Wie du oben schon schreibst, er empfindet sich als das Zentrum des Universums, aber er ist ein schlechter Chef und ein schlechter Vater, wahrscheinlich war er ein schlechter Ehemann und warum ihn eine Frau als Liebhaber nimmt, ist mir ein Rätsel. Das Alles sieht er nicht ein und ich finde das unerklärlich und furchtbar.

PD: Darin liegt dann aber auch wieder eine große Qualität in der Inszenierung Favreaus, dass er einen potentiell so unsympathischen Charakter dennoch ins Zentrum seiner Erzählung rücken kann und wir mit ihm auf das Gelingen seiner Unternehmung mit dem Food Truck hoffen.

YP: Auch wenn ich jetzt genug am Film auszusetzen hatte, die Atmospähre, der Vater-Sohn-bester-Buddy-Roadtrip und natürlich die kulinarische Reise mit dem Food Track, die von Miami bis nach Los Angeles geht, geschweige den die Essensaufnahmen, haben einen ganz unterhaltsamen und in manchen Szenen sogar sehr lustigen Film aus „Chef“ gemacht.

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